Prompt vom 11.04.21
CW: toxische Beziehung, Blut
Es kostet mich all meine Kraft, mich wieder aufzurichten. Die Wunde in meiner Seite brennt und dicke rote Schlieren tropfen aus ihr auf die Erde.
"Gib endlich auf", höhnt Okis und lässt sein Schwert ein paar Mal durch die Luft zischen. Er selbst hat natürlich trotz all meiner Versuche nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
Mit zusammengebissenen Zähnen presse ich mir die Hand in meine Wunde. "Niemals", knurre ich, greife mein eigenes Schwert fester und wanke auf ihn zu. Meinem Schlag weicht er geschickt aus.
"Du musst wissen, wann du verloren hast", predigt Okis mir zum bestimmt fünfzigsten Mal. Er tänzelt einen Schritt zur Seite und schlägt mir das Schwert aus der Hand. In derselben Bewegung greift er mein Handgelenk und verdreht meinen Arm so sehr, dass ich vor Schmerz aufstöhne. "So verwundet bist du nicht sehr viel mehr als eine Zielscheibe. Jetzt gib endlich auf und lass mich deine Wunden versorgen."
Ich wäge meine Optionen ab. Okis steht vor mir, meinen Arm fest im Griff. Irgendwie müsste ich das doch ausnutzen können. Gerade verbiegt er ihn noch weiter, sodass sich mein Körper automatisch zu Boden krümmt, um ihn nicht zu brechen. Da kommt mir die Idee. Kontrolliert lasse ich die Luft aus meinen Lungen fahren, atme tief ein, dann spanne ich meinen Arm so fest an, wie ich kann, ziehe Okis zu mir und trete ihm gleichzeitig das Bein weg. Er gibt einen kurzen überraschten Ausruf von sich, bevor er auf mich fällt. Ich strauchele ein wenig nach hinten, schaffe es aber trotzdem, ihm in die Magengrube zu boxen, sodass er mit einem Stöhnen zu Boden sinkt.
Grinsend hebe ich sein Kinn an. "Sieht aus, als ob ich doch noch eine Chance gegen dich hatte." Es ist schwierig, gegen den Schmerz an zu kämpfen, aber Okis' dummes Gesicht ist das allemal wert.
Er guckt mich aus seinen braunen Augen an, mustert mich, dann gleitet sein Blick an mir hinab und sein Mund verzieht sich zu einem spottenden Lächeln. "Denkst du, ja?" Er hebt seine Hand und streichelt sanft über meinen Rücken, und mir kommt in den Sinn, irgendetwas vergessen zu haben, dann drückt er den Daumen tief in die Wunde in meiner Seite. "Du bist zu unachtsam, Liebes."
Ächzend spanne ich meinen Kiefer an. Auch, wenn der Schmerz alle Muskeln meines Körpers durchfährt, obwohl ich am gesamten Leib zittere, um ihm bloß nicht nachzugeben, will ich mich Okis nicht beugen. Dieses Mal werde ich gewinnen. Ich muss gewinnen.
Und doch ist meine Lage aussichtslos. Okis hat mich fest im Griff, obwohl er vor mir kniet. Und ich bin zu angespannt, zu geschwächt, um mich irgendwie bewegen zu können. Es ist eindeutig, dass Okis diesen Kampf für sich entschieden hat, wie so viele Male zuvor, trotzdem verbietet mein Trotz mir, aufzugeben. Dabei würde es einiges einfacher machen. Okis würde meine Wunden mit einem Zauber heilen, meine Schmerzen lindern und sich den Rest des Tages liebevoll um mich kümmern, bis das Spiel morgen von neuem losgeht. Er würde mich in warme flauschige Decken hüllen, mir ein Bad mit Blumen vorbereiten, köstliches Essen kochen, und mir meinen Tee nachfüllen, während ich lese. Doch all das ist es nicht wert, diesen triumphalen Blick in seinen Augen zu sehen. Bei allem, was er tut, hat er diesen Blick in seinen Augen, egal, ob wir streiten oder Zärtlichkeiten austauschen. Dieser Blick, der mir bedeutet, dass er genau weiß, dass ich keine Chance gegen ihn habe. Dass ich ihm niemals entkommen werde.
"Es steht dir frei zu gehen, wann auch immer du willst", hatte er gesagt, nachdem er mich in seinen unterirdischen Palast verschleppt hatte. "Aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um dich daran zu hindern." Diese Worte hatten sich in mein Hirn gebrannt wie die Narben, die er mir zugefügt hatte. An der Stelle, an der nun sein Daumen sitzt, würde wohl eine weitere entstehen, und er würde sie küssen und sagen, wie tapfer ich sei.
Ich hasste ihn.
Allmählich verschwimmt Okis vor meinen Augen. Mir wird schwindelig und kalt, unglaublich kalt. Aber ich lasse nicht zu, ein weiteres Mal zu verlieren. Also zwinge ich meine Beine dazu, standhaft zu bleiben.
"Gib auf." Allmählich schimmert in Okis' Stimme so etwas wie Sorge durch. "Ich möchte nicht, dass du wegen so einer Lapalie stirbst."
Hätte ich nicht am ganzen Leib gezittert, hätte ich laut aufgelacht. "Als ob du daran keine Schuld hättest", bringe ich hervor. Und da fällt mir auf, was meine eigentliche Stärke gegenüber Okis ist: Seine fanatische Liebe zu mir. Ob ich meine Niederlage laut ausspreche oder nicht, er wird mich nicht sterben lassen.
Ich lasse es zu, dass die Kälte Besitz von mir ergreift. Mein Blick wandert zu Boden, wo sich bereits eine kleine Lache meines Blutes gebildet hat. Allmählich entspannen sich meine Muskeln, meine Beine wollen mich nicht mehr aufrecht erhalten, und ich bemerke es nicht einmal, wie ich auf dem Boden aufschlage.