Prompt vom 26. Februar 2020
CW: leichter Horror
Sie werden dich testen. Höre nicht auf meine Schreie, Geliebter, denn sie lügen.
"Ich liebe dich", flüsterte sie in die Nacht hinein und legte ihre blutroten Lippen auf meinen Mund. Meine Lider flatterten verlegen. Sie schmeckte metallisch und sinnlich, wie eine Rose, die verblüht, ohne jemals gesehen worden zu sein. Sie schmeckte nach der Liebe, die auf dem Boden neben uns verblutete.
Als sie mir gestattete, sie wieder anzusehen, hatte meine Sicht sich verändert. Ihre Haut war nicht länger nur weiß und rot, zusätzlich war sie von einem schwarzen Schimmer bedeckt. Alles drehte sich und ich war dankbar für ihre Arme, die mich festhielten. Ein paar mal musste ich blinzeln, bis ich wieder gerade sehen konnte. Sanft blickte sie in mein Gesicht, ein leichtes Lächeln umspielte ihre triefenden Züge. Dann ließ sie mich los und trat einige Schritte zurück. "Willkommen", schnarrte sie.
Ich streckte mich. Eine neue Kraft floss durch meine Venen, zog gemächlich in jeden Zentimeter meines Körpers, bis ich vollkommen zu vibrieren schien. Ein angenehmes Kribbeln breitete sich auf meiner Haut aus und bald fühlte es sich seltsam an, sich nicht zu bewegen.
Sie hielt mir ihre Hand hin, die ich dankend annahm. "Begrüße deine Geschwister", lächelte sie und führte mich an einen der fünf Außenstehenden heran.
Dieser nahm mich entgegen, hielt meine Hände in seinen, und sah mich erwartungsvoll an. "Gegrüßt seist du, Liebe meines Lebens", sagte ich und konnte das rote Schimmern in seinem Gesicht erkennen, als ich mich zu dem erwarteten Kuss zu ihm neigte.
"Ich nehme dich an als meinen Bruder", sagte er und reichte mich weiter. Die nächste Person nahm mich in ihre Hände, und wieder sprach ich die magischen Worte: "Gegrüßt seist du, Liebe meines Lebens."
Sie lächelte ein grausames Lächeln, bis ich sie küsste. "Ich nehme dich an als meinen Bruder", krächzte sie. Gerade wollte sie mich an die nächste düstere Gestalt weiter reichen, da erklang ein Stöhnen aus der Mitte des Kreises. Es drang bis in meine Knochen ein und ließ mich erschaudern. Irritiert drehte ich mich um und sah gerade noch, wie die Frau auf meine Freundin eintrat. "Beachte sie nicht, meine Liebe", knarzte die Person an meinen Händen. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass sie länger überleben als sie sollten."
"Aber-", wollte ich einwenden, doch sie gab mich bereits weiter.
"Vertrau uns", flüsterte die dritte Gestalt und sah mich erwartungsvoll an. "Und sag die Worte."
"Gegrüßt seist du, Liebe meines Lebens", murmelte ich undeutlich. Ein paar erstickte Schreie suchten hinter mir nach Hilfe. Etwas Unsichtbares zog mich nach hinten. Ich bekam kaum mit, wie die Gestalt ihren Mund auf meinen presste, ihre Worte sprach und mich weiterreichte.
Eine Zeit lang war nur das Keuchen hinter mir zu hören. Ich durfte mich nicht umdrehen, doch richtig sprechen konnte ich auch nicht. "Sei gegrüßt..." Das hier fühlte sich auf einmal gar nicht mehr richtig an.
"Du kanntest den Preis", knurrte die vierte Gestalt, deren Hände ich nun hielt. "Sei bereit ihn zu zahlen, oder stirb mit dem Weib dort."
Verwirrt sah ich in sein dunkles Gesicht. "Nein", sagte ich. Heftig entriss mich ihm und stolperte einen Schritt zurück. Alles erstarrte, nur das Mädchen auf dem Boden schrie verzweifelt meinen Namen.
Schlagartig wurde mir bewusst, was nun geschehen würde. Sechs Blutsauger standen um mich herum, wütend über meinen frühen Verrat. Die Regeln waren klar. Ich war keiner von ihnen geworden, also würden sie mich töten. Hastig stürzte ich zu der Frau am Boden. "Ich hole uns hier raus", versprach ich ihr und versuchte, sie hochzuheben. "Du wirst das hier überleben."
"Dafür ist es zu spät, Liebster", schnarrte die Stimme der Obersten.
Der Boden bebte leicht durch die Schritte, die die Blutsauger auf mich zukamen.
Der Körper in meinen Armen war schlaff und stumm. "Wach auf", fuhr ich die Leiche an, "Na los!" Ihr Kopf klappte nach hinten, doch anstatt eines Gesichtes sah ich nur in ein blankes Hautfarbenes Feld.
"Genießt ihn", wieß die Oberste an und sogleich spürte ich, wie vier Wesen über mich herfielen.
Ich wünschte, ich hätte den Worten meiner Liebsten vertraut und ihre Schreie etwas länger ausgehalten. Denn der Zirkel spricht nicht umsonst immerzu von Liebe - Meine Freundin hatte als letzte der fünf Mitglieder auf mich gewartet. Ihr verletzter Blick war es, unter dem ich verging.