Inhalt: Wenn man auf einer Blumeninsel spazieren geht... spielt im Operation Nautilus - Universum
Start: 21:20
Ende: 22:10
Ich atmete tief durch. Leichter Blumenduft stieg mir in die Nase. Es war so lange her gewesen, seit dem ich mich auf dem Festland, geschweige denn irgendeiner Art von Land befand, dass ich den Moment einfach auskosten wollte. Der Bereich der Insel, auf den ich war, war mit verwittertem Basaltgestein bedeckt. Graue Felsen ragten vor meinen Augen, soweit ich blicken konnte, aus dem Boden. Zwischen den Felsen wuchsen grüne Ginstergewächse. Jedenfalls hatte man mir gesagt, das wäre Ginster gewesen - ich nannte es lieber stickiges, picksendes Zeug. Beim Aufstieg hatte es die ganze Zeit durch meine Hose gestochen. Der dicke Stoff war hilflos gegen die spitzen Blätter des mediterranen Gewächses gewesen. Leider auch gegen die Hitze- die Hose klebte und hatte bestimmt schon meine Beine teilweise blutig gerieben. Ich stand nun etwas erhöht auf einen Plateau und hatte so einen guten Blick über den Teil der Insel von hier bis zum Meer.
Ich hatte aber einen ungeheuren Bewegungsdrang verspürt und den Wunsch, endlich mal ein paar Stunden für mich alleine zu sein. So lieb mir auch die Gesellschaft meiner Freunde war - wir waren auf dem U-Boot, dass mein Vater mir hinterlassen hatte, der Nautilus, immer so eng nebeneinander eingefercht, dass wir, wie die Briten sagten, quasi in der Hosentasche des anderen lebten. Übrigens sehr schlecht belüftete Hosentaschen. Kein Vergleich zu dem Hier. Die frische Luft und der weite Blick waren definitiv den Aufstieg und die Ginsterbüsche wert gewesen. Ich drehte mich um und blickte über das weite Lavaplateau, was vor mir lag. Rechts ging eine Schlucht hinab, in ein enges Tal. Die Insel, auf der wir gelandet waren, wurde die Blumeninsel genannt. Und der süße Blumenduft, der um meine Nase wehte, machte mich neugierig. Und ausserdem hatte ich sowieso nichts anderes vor und genoss es gerade richtig, dass ich einfach nur müßig durch die Gegend laufen konnte.
Vorsichtig stieg ich über die Basaltfelsen in Richtung Schlucht. Der Abstieg sah schwierig, aber machbar aus. Überall an der Insel sickerte Wasser aus dem Boden. Die hohe Feuchtigkeit plus der fruchtbare Boden sorgte dafür, dass, je tiefer ich kam, das Leben explodierte. Nicht umsonst hatten wir uns zum Anlegen diese Insel ausgesucht - das tropische Paradise war der ideale Lieferant für frisches Obst wie Melonen, Mangos oder andere Früchte. Außerdem wollte Trautmann seinen Weinvorrat auffüllen. Ein Teil des Abstieges ging durch einen der kleinen Wasserläufe. Jemand hatte mehrere kleine Steine in Form einer Treppe übereinander gelegt. Leichter wohl zum Absteigen, aber durch das Wasser sehr glitschig. Mehr als einmal musste ich mein Gleichgewicht wieder fangen, um nicht den Halt zu verlieren. Bei einer Stelle half das auch nicht, und ich stürzte mit fliegenden Armen den Berg runter. Bevor ich mir sämtliche Knochen brechen konnte, fing mich eine Hand ab. Sie schien aus dem Nichts zu kommen, aber hielt glücklicherweise meinen Sturz auf. Schwer atmend drehte ich mich zu meinen Retter um. „Danke!“ Ein dunkles Gesicht mit schwarzen Haaren grinste mich an. Vor mir stand ein kleiner, wettergegerbter Mann, in einfacher Kleidung. Wahrscheinlich ein Bauer, der hier in der Nähe die Terrassen in den Talwänden bewirtschaftet.
„Kein Problem.“ Seine Augen fuhren interessiert über meinen Körper. „Was treibt so einen gutaussehenden jungen Mann hier in die Valles?“ Damit meinte er wohl die Täler.
„Das Abenteuer.“ Ich war einem Flirt nicht abgeneigt. Und trotz seines wettergegerbten Aussehens schien er nur wenige Jahre älter als ich zu sein. Sehr gutaussehend. Und ich hatte ein Schwäche für Männer, die kleiner als ich waren. „So. Das Abenteuer.“ zwinkerte er mir zu. „Dann hast du ja Glück. Ich kenne genau die richtigen Ecken." Eigentlich fand ich seinen Versuch zu flirten etwas plumb. Aber um ehrlich zu sein, ich war da auch etwas eingerostet. Also ließ ich fünfe gerade sein und mich von den Mann, lustigerweise hieß er auch Juan, genau wie mein Freund auf der Nautilus, tiefer ins Tal hinein führen. Nach einiger Zeit öffnete sich der enge Einschnitt zu einer grünen Talfläche. Einzelne Häuser hingen wie Vogelnester über bewirtschafteten Terrassenflächen an den steilen Hängen.
„Das ist meine Hütte.“ Juan zeigte mir ein kleines Gebäude. Es sah ziemlich heruntergekommen aus. Ein unregelmäßiger Pflasterweg, in dem zwischen den Steinen das Unkraut spross, endete vor einer windschiefen Tür. Juan führte mich über diese erneute Stolperfalle ins Innere des Gebäudes. Drinnen schien er etwas Angst vor seiner eigenen Courage zu haben - er wirkte unschlüssig und wusste nicht, was er sagen wollte. Ich hatte da keine Probleme - entschieden angelte ich mir sein Hemd und zog ihn an seinen Kragen an mich heran. Bevor er mehr tun konnte, als mich wie ein verwirrtes Eichhörnchen anzuschauen, fing ich an, ihn zu küssen. Und wie ich ihn küsste - all der Frust der letzten Monate schien sich aus mir heraus und in Juans Lippen hinein zu ergießen. Nach einem kurzen Moment krallte er seine Hände in meine Haare und erwiderte meinen Kuss.
Hinterher lagen wir verschwitzt nebeneinander auf Juans schmaler Liege. Es war schon spät am Tag und ich wusste, ich müsste langsam zur Nautilus zurückkehren. Allerdings war mir noch nicht ganz danach, Juan zu verlassen. Er hatte sich als großartiger Liebhaber erwiesen. Und auf der Nautilus würde mir nur wieder meine eigene Hand bleiben. Also wollte ich den Moment noch möglichst lange auskosten. Langsam strick meine Hand über Juans schwitzige Haut. Er hatte sich eng an mich gekuschelt. „Du kannst nicht bleiben, oder?“ fragte er mich nach einiger Zeit.
„Leider nein.“ Wir würden wahrscheinlich heute Abend wieder ablegen. Seufzend setzte ich mich auf. Es war wirklich langsam Zeit, so sehr ich es auch hasste. Auf den Boden im Staub lagen unsere Kleider. Ich schmunzelte bei der Erinnerung, wie schnell ich Juan aus seinen Klamotten befreit hatte. Leider ging es meinen eigenen Klamotten nicht besser. Ich fürchte, sie waren zerknitterter als ein normaler Spaziergang es erlaubt hätte. Und die Staubspuren machte es auch nicht besser. Trotzdem versuchte ich mein bestes im Ausschlagen der Kleidung und durchs Glattstreichen beim Anziehen. Bedauernd blickte ich auf Juan runter, der sich immer noch nackend im Bett räkelte. Seine Gesellschaft war wirklich sehr angenehm gewesen.
Als er sah, dass ich fertig angezogen war, richtete er sich auf. „Warte!“ Er stieg nackend aus dem Bett und ohne Scham ging er quer durch den Raum zu einem kleinen Tisch der in der Ecke stand. Ein großer Blumenstraus stand da. Er nahm zwei weiße Orchideen aus dem Strauß und kam zu mir zurück. Eine steckte er hinter meine Ohren und eine in mein Knopfloch. „Hier.“ Seine Hände glitten über mein mit dem Hemd bedeckten Brust. Verschmitzt lächelte er mich an. „Zur Erinnerung.“
Ich beugte mich kurz zu ihn runter und küsste ihn. „Ich habe unser Zusammensein sehr genossen.“
„Ich auch.“ Er lächelte.
Mit einem letzten Blick verabschiedete ich mich von ihm und machte mich auf den Weg zurück.
Als ich Stunden später an der Nautilus ankam, dämmerte es schon. Singh befand sich auf dem Deck und wartete auf mich. „Du warst lange weg.“ stellte er fest. Sein Blick glitt über meine Kleidung, immer noch zerknittert, verstaubt und mittlerweile durch den langen Marsch auch komplett verschwitzt. Die Orchidee hinter meinem Ohr hatte ich beim Abstieg verloren. Die an meinen Knopfloch fing aber kurz seinen Blick ein. In seinen Augen zuckte es. Er musste nichts sagen, damit ich seine Missbilligung spüren konnte. Ohne ein Wort drehte ich mich stattdessen um und stieg in die Tiefen der Nautilus hinab. Beim Herabgehen hörte ich, wie Singh Trautmann das Signal zum Tauchen gab. Anscheinend war ich der Letzte gewesen.
Müde ließ ich mich in meiner Kabine ins Bett fallen. Die Dusche hatte ich echt gebraucht. Müßig drehte ich die Orchidee in meinen Fingern. Ein kurzes Klopfen ließ mich aufblicken. „Herein.“
Singh öffnete die Tür und betrat meine Kabine. Nachdem er die Türe wieder geschlossen hatte drehte er sich um und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Augenverdrehend ließ ich mich ins Bett zurückfallen. Die erwartete Predigt stand wohl an.
„Hör zu.“ Bevor er starten konnte, nahm ich ihm die Arbeit ab. „Es tut mir leid, dass ich mich heimlich abgeseilt habe und dass ich den ganzen Tag weg war. Ich verspreche, dass es nie wieder passiert.“
Singh hob nur eine schwarze Augenbraue.
Ich seufzte. „Was willst du noch von mir hören?“
Er trat langsam an mich heran und setzte sich an meine Bettkante. „Ich wünschte nur, du wärest vorsichtiger. La Gomera ist dicht besiedelt. Dich hätte jemand entdecken können.“ Sein Blick fiel auf meine Orchidee. „Und wie ich sehe, ist das auch passiert.“ „Ich muss mich dir nicht gegenüber rechtfertigen.“ „Nein, aber ich wünschte, du hättest mich mitgenommen.“ Ich schmunzelte. „Es gibt Situationen, da kannst du nicht bei mir sein, Singh.“ Mein ehemaliger Leibwächter sah mich lange an. Dann beugte er sich vor, nahm die Orchidee aus meinen Händen und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. Bevor ich mich noch aus meiner Erstarrung lösen konnte, zog er sich zurück und sah mir tief in die Augen. „Sei dir da nicht so sicher.“ Dann verließ er die Kabine.
Völlig perplex lag ich in meinem Bett. Hatte er wirklich? Aber stand doch gar nicht auf Männer. Oder auf mich. Oder überhaupt auf irgendwen. Vor lauter Verwirrung merkte ich erst am nächsten Morgen, dass er die Orchidee mitgenommen hatte.