„Ich werde nicht das kaufen.“ Zweifelnd blickte meine Freundin mich an. Sie drehte sich im Kleid vor dem Spiegel. „Da sehe ich viel zu dick drin aus.“ Eigentlich nicht, aber mit Maske total dämlich fand ich. Hüttete mich aber, dass zu erwähnen.
„Ist aber deine Farbe.“ versuchte ich es diplomatisch. Wir standen zum ersten Mal seit den Lockerungen wieder in einen der Klamottenläden im Einkaufzentrum.
„Ja, aber wo soll ich das tragen?“
„Zur nächsten Firmenfeier?“ Sandra schaute mich ungläubig an.
„Ja, ok.“ Automatisch duckte sich mein Kopf leicht. Gab ja gerade keine Feiern mehr.
„Irgendwann gibt es vielleicht welche?“ bot ich schwach an.
„Lohnt nicht.“ Sie schloss den Vorhang und zog sich das blaue Kleid wieder aus.
„Was ist mit den anderen Sachen?“ fragte ich sie. „Passen alle nicht.“ Sie stampfte mit den Kleidern auf den Arm aus der Umkleide raus und legte die vorne bei den Kleiderständern wieder ab. „Lass uns woanders hin gehen.“ Als wir aus dem Laden herausgingen, hörte ich ein leichtes Zischeln aus der hinteren Ecke. Auf meinen wütenden Blick hin verstummte es. Dennoch hatte ich es eilig, Sandra schnell aus dem Laden zu schieben.
Ein Geschäft weiter sahen wir mehrere Taschen im Schaufenster. „Ach du je, schau dir das mal an.“ Das waren wirklich ausgesprochen seltene Modelle. Eine sah aus wie ein Igel. Eine wie eine Uhr. Die sogar noch tickte. Und ein paar weitere Exemplare in der Richtung - schien ein Steampunkladen zu sein.
„Die Tasche muss ich haben“ Sandra starrte den Igel an. Ich hielt den für das hässlichste Teil im ganzen Laden. Sah aus, als ob jemand aus einen dieser pflanzenfressenden Dinosaurier eine Handtasche gemacht und die als Igel verkleidet hätte.
„Das wäre auf jeden Fall ein Blickfang.“ Zweifelnd musterte ich das Modell. Wie sage ich ihr am besten, dass diese eher die Blicke auf negative Art einfing?
„Die kaufe ich!“ Und leider konnte ich sie nicht davon abhalten. Und meine inoffiziellen Modeberater waren im letzten Laden stecken geblieben. Ich hatte gesehen, wie sie das Glas mit Bonbons beäugt hatten.
Wir hatten auf unterschiedlichen Parkplätzen geparkt, also trennten wir uns, nachdem wir auf der Ebene mit Zugang zu den Parkhäusern waren. Sandra deutete eine Umarmung an. Mit 1.5 m professionellen Abstand natürlich. Die Igeltasche hing stolz an ihren Arm. „War so richtig schön mit dir. Sollten wir öfters machen.“ Sie deute eine weitere Corona-Umarmung an.
„Find ich auch.“ Lächelnd sah ich zu, wie sie in den Aufzug stieg.
Dann stampfte ich zurück zum Klamottenladen.
„Wo seid ihr???“ Die hinteren Ecken waren leer, aber das war keine Überraschung. Ein raschelndes Geräusch lenkte meinen Blick nach oben.
„Fiona, Chrissi. Runter da.“ Befehlend deutete ich auf den Boden. In einen leichten wirbeln aus Staubbällen und Bonbonpapier schwebten meine beiden Elfchen von oben runter. Beide ca. 10 cm. groß. Mit einen Nervpotential ungefähr das 100fache ihrer Größe.
„Ihr solltet mir doch beim shoppen helfen.“ flüsterte ich ihnen wütend zu.
„Haben wir doch.“ Chrissie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und stampfte wütend mit den Fuß.
„Aber weder ich, noch Sandra, haben was zum Anziehen gefunden. Sie hat jetzt so eine Monstertasche gekauft, die sie garantiert bei jeden Treffen tragen wird und sie wird mich umbringen, wenn ich ihr sage, dass mir vom Anblick des Teils übel wird.“
„Was haben wir damit zu tun?“ wollte Fiona rebellisch wissen. Sie rückte den Blumenhut auf ihren kleinen Kopf gerade.
„Seid ihr Kleiderelfen oder nicht???“
„Wir können auch keine Magie bewirken, wenn das Material kacke ist.“ Fiona war fast am schmollen.
„Ich dachte, das wäre euer Talent!“ fauchte ich leise. Damit die Verkäuferin vorne an der Kasse nicht merkt, was los war, die schaute schon so seltsam.
„Unser Talent ist, jedem beim Shoppen das beste für ihm oder sie passende Kleidungsstück zu besorgen.“ spezifizierte Chrissie .
„Ja, aber wenn er oder sie sich ständig nur hässliche Sachen nehmen, und alles, was wir dazwischen schmuggeln, nicht anzieht, ist Hopfen und Malz verloren.“ Fiona schmollte jetzt richtig.
„Da bringt auch zaubern nicht, um eventuelle schlecht sitzende Teile besser anzupassen.“
„Und wieso habt ihr dann mir nicht geholfen??“ Ich war brav gewesen. Hatte die Elfen mir unauffällig Sachen in die Hand drücken lassen und alles auch angezogen, was sie rausgesucht hatten. Aber es stand mir einfach nicht.
Beide blickten sich an und kicherten. „Was?“
„Wir können auch nichts machen, wen die Person, die wir helfen, einfach zu viele Kilos drauf hat. Und der Laden, wo sie einkauft, nur für schlanke Leute gemacht ist.“
„Sehr schlanke“ bestätigte Chrissi ernst.
Fassungslos sah ich die Elfen an. Die paar Kilos mehr?? Das waren alles natürlich Muskeln.
Grummelig schubste ich die beiden in meiner Handtasche. Auf dem nächsten Magiebasar würde ich direkt den Zauberer suchen, der mir diese beiden Möchtegern-Modeberater verkauft hatte und die sofort umtauschen.