Ich fahre mit meinem roten New Bettle durch eine malerische Berglandschaft. Felsen, Wasserfälle und Wälder. In einem Waldabschnitt bleibt der Wagen plötzlich stehen. Eine Panne hatte mir gerade noch gefehlt. Der nächstgelegene Ort liegt am Fuß des Berges, weshalb ich mich aufmache, quer durch den Forst, den Hang hinab.
Nach wenigen Metern erreiche ich einen Bergbach. Die Landschaft besteht derweilen aus Felsen und Schotter. Weiter oben sehe ich den Wald. Auf der linken Seite mit Sicht auf den Gipfel ist ein Wasserfall von ungefähr 10 Metern Höhe. Der Bach sammelt sich unterhalb der Kaskade in einer Schlucht oder passend gesagt einer Klamm. Ein kleines Rinnsal fließt auf der rechten Seite den Berg hinab. Diesem wollte ich folgen, um nicht den unsicheren Weg über die Felsen sowie die Schlucht zunehmen. Also ziehe ich meine Schuhe aus, um das Wasser an meinen Füßen zu spüren. Bereits nach den ersten Schritten, versinken sie im Schlamm.
Da ich kein Handtuch dabei habe, beschließe ich, doch den anderen Weg zu nehmen. Er führt an einem Haus vorbei. Doch Haus ist zweifelsohne untertrieben. Villa scheint eine bessere Beschreibung des Gebäudes. Es macht einen verlassenen Eindruck. Große Fenster zeigen Richtung der Schlucht, die in einer Linkskurve um das Haus verläuft. Direkt an der Krümmung befindet sich eine Terrasse aus Beton.
Ich gehe vorsichtig auf dem Felsvorsprung um die Kurve, blicke dabei hinab in die Klamm. Große Felsen ragen heraus, das Wasser schlängelt sich langsam um diese herum. Dazwischen haben sich Baumstämme verkeilt. Der Pegel ist nicht besonders hoch, was die Schlucht jedoch nicht weniger gefährlich macht. Dennoch fasziniert mich der Anblick jedes Mal aufs Neue.
Wieder sehe ich zu den Fenstern. Sie sind schmucklos ohne Gardinen, sodass man ins Innere blicken kann. Staubige Flechtkörbe stehen dort. Dieser Raum wird wohl überhaupt nicht mehr genutzt, denn der Rest des Hauses sieht bewohnt aus. Es ist modern gehalten mit einem terracottafarbenen Anstrich.
Mein Blick wandert zurück in die Klamm. Plötzlich entdecke ich ein menschliches Bein im Wasser. Schnell gehe ich weiter, um hinter den Felsen sehen zu können. Zwischen dem Gestein und einem Baumstamm schwimmt eine brünette Frau, gehüllt in ein weißes, leichtes Kleid. Der Stoff scheint um sie herum zu schweben, was ihr das Aussehen eines gefallenen Engels verleiht.
Anhand ihrer bleichen Haut erkenne ich sofort, dass sie tot sein muss. Hektisch blicke ich mich um, doch niemand ist zu sehen. Und niemand hat wohl bisher diese Frau entdeckt, obwohl dieses Haus hier steht und nach der nächsten Rechtskurve die Stadt anfängt.
Ich konzentriere mich auf die 10 Meter entfernte Kurve der Klamm. Weißer Stoff hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich gehe näher und sehe eine zweite tote Frau im Wasser.
Nun hält mich nichts mehr auf dem Felsen. Schnellen Schrittes laufe ich zurück, um über das schlammige Rinnsal ins Dorf zu kommen. Dabei fällt mir nicht auf, dass ich beobachtet worden bin. Ein Mann aus dem Haus direkt neben der Klamm.
Ich gelange auf eine gepflasterte Straße, die in eine Unterführung übergeht. Menschen wuseln an mir vorbei, beachten mich nicht, während ich nach einer Polizeistation suche. Der Mann aus dem Haus folgt mir in einem für ihn passenden Abstand, dass ich ihn nicht entdecken kann.
Einige Stunden sind vergangen und ich sitze in dem Haus des Mannes, der mich verfolgt hat. Ich weiß, dass nur er der Mörder der beiden Frauen sein kann. Was er allerdings nicht ahnt, dass ich mit der Polizei kontakt aufnehmen konnte. Er glaubt, dass ich mit einer Werkstatt gesprochen habe, die sich um meinen Wagen kümmert.
Ich sitze vor seinem Laptop, um eine Mail an die Ordnungshüter zu schreiben. Außerdem wühle ich etwas auf seiner Festplatte herum, kann auf die Schnelle nichts finden, was für ihn als Mörder spricht. Allerdings würde er wohl kaum Beweise öffentlich aufheben. Ich klicke mich durch ein paar Powerpoints und versuche, mit diesem Programm eine verschlüsselte Botschaft an die Polizei zu kreieren.
Der Mann taucht im sonnendurchfluteten Wohnzimmer auf und will wissen, ob er mir etwas bringen kann. Ich verneine höflich, da ich nicht sicher bin, ob er etwas in Getränk oder Speise gibt. Denn mir ist bewusst, dass ich die nächste auf seine Liste bin.
Seine Enttäuschung über meine Verneinung kann er nur schwer verbergen, geht jedoch wieder aus dem Zimmer. Schnell schicke ich die Mail von seiner Adresse aus ab und lösche diese anschließend aus dem Postausgang. So könnte die Polizei meinen letzten Aufenthaltsort definitiv ermitteln. Jetzt konnte ich nur darauf hoffen, dass sie die Hinweise schneller herausfanden, als der Mann mich töten würde.