In meiner Heimatstadt findet das alljährliche Residenzfest statt. Natürlich lasse ich mir das nicht entgehen und besuche es zusammen mit meinem Lebensgefährten sowie meinen besten Freundinnen. Zunächst kehren wir in eine Art Kaufhaus (was es nicht mal annähernd dort gibt) und entdecken allerlei Kunst. Im oberen Stockwerk werden Dekoartikel zu Harry Potter angeboten. Nicht das, was man an jeder Ecke kaufen kann, nein. Individuell angefertigte Meisterwerke, die mein Fanherz haben höher schlagen lassen.
„Hier muss ich unbedingt mit meinem Freund her“, sage ich, als ich mir Zaubertränkelampen genauer anschaue.
Meine Freundinnen nicken begeistert und ich sehe auf die Uhr. Beeilung ist angesagt, damit das Fest nicht beendet werden würde, bevor wir etwas gekauft hätten.
Also beschlossen wir uns den Rückweg anzutreten.
Das Kaufhaus ist überfüllt. Wir drängen uns durch die Menschenmassen, vorbei an jeder Altersgruppe. Zum Glück gibt es keine Treppen. Der Abstieg erflogt einzig über eine lange Rampe, die hin und wieder im zick zack verlief. Auf halben Weg begegne ich einem Kind aus der Kita, in der ich arbeite.
„Hey“, begrüße ich sie mit einem breiten Lächeln und sie erwidert es.
Ich schaue mich um, ob ich ihre Eltern in dem Gedränge entdecke.
„Ist deine Mama hier?“, frage ich.
Sie nickt und zeigt mit dem Finger in eine Richtung. Erst erkenne ich niemanden. Nach Sekunden schiebt sich das bekannte Gesicht der Mutter in mein Sichtfeld. Ich bin erleichtert, begrüße auch sie und gehe weiter.
Bald komme ich am Ende des Kaufhauses an. Ich stehe im nicht zugänglichen Teil einer Feuerwache. Es sieht alles chaotisch aus und anders, als auf dem Hinweg. Nach kurzem umherirren im Dunkeln, denn überall ist weder das Licht eingeschaltet, noch befinden sich Fenster in den Wänden, bitte ich einen Feuerwehrmann um Hilfe.
„Wie sind Sie überhaupt hier reingekommen?“, will er wissen, während er mich an den Spinden vorbei führt.
„Ach, das ist kein Problem. Ich bin auch so hereingekommen“, winke ich lächelnd ab.
Er öffnet eine Tür und ich trete in Sonnenlicht auf einen großen Platz. Einige Menschen haben sich hier versammelt. Ich bedanke mich und gehe auf eine Vorführung der Feuerwehr zu. Jemand versucht, mit dem Wasserschlauch eine Reihe von Jugendlichen umzuspritzen. Schließlich gelingt es und die Lacher sind auf der Seite der Zuschauer.
Die Moderatorin bedankt sich und bittet das nächste Team auf die „Bühne“. Zwei Radfahrer rasen heran in den angrenzenden Graswall. Dort kippen sie reglos um. Es soll eine Rettung gezeigt werden. Da ich diese Vorführung bereits kenne, gehe ich weiter in Richtung Innenstadt.
Auf dem Weg kommt mir mein Lebensgefährte entgegen. Wir begrüßen uns mit einem Kuss und schlendern Hand in Hand weiter. Die ersten Süßigkeitenstände und Schießbuden tauchen auf. Begeistert kommen wir den eigentlichen Attraktionen näher. Links von uns ist ein Freilicht 4D-Kino aufgebaut. Zwei Sitzblöcke á 50 Sitzplätze versetzt hintereinander bieten einigen Platz.
Es läuft kein Film, da erst eingelassen wird, darum folgen wir der ansteigenden Straße zu einer T-Kreuzung. Rechts weiter kommen wir zu zwei Fahrgeschäften. Eines davon, Transformer, kenne ich bereits und möchte heute lieber etwas Neues ausprobieren. Das andere ist eine Neuheit und steht daher auf der „Noch zu fahren“-Liste. Leider ist es trotz Mittagszeit voll, weshalb wir entscheiden weiterzugehen.
Nach einiger Zeit verabschiedet sich mein Freund vorerst von mir. Wir würden uns später wieder treffen. Ich hingeben bleibe und schlage nach der Runde den erneuten Weg zu dem Fahrgeschäft ein. Dabei komme ich abermals am 4D-Kino vorbei. Teilweise leere Sitze tauchen in meinem Sichtfeld auf. Diese sind teils falsch herum oder aus ihrer Verankerung gerissen. Irritiert laufe ich weiter und will einen Blick auf die Leinwand werfen, doch da ist keine mehr. Stattdessen sehe ich die blanke Wand, eingehüllt in einen Wandteppich, der in den 60er oder 70er Jahren entstanden sein musste.
Mein Blick wandert nach unten. Ein glatzköpfiger Mann steckte, einer ägyptischen Wandmalerei gleich, in der Wand fest. So als würde sein Körper sich perfekt einfügen. Die beiden Besitzer stellen sich vor ihn, um ihn vor neugierigen Blicken zu schützen, während das Fahrgeschäft evakuiert wird.
Ich laufe rückwärts die Straße hinauf und versuche mir, einen Reim auf das Geschehene zu machen.
Mit Kopfschütteln biege ich nach links. Auf dieser Seite war ich noch nicht. Interessiert folge ich der Gasse mit einer Rechtsbiegung. Die Menschen in ihren Vorgärten bieten ebenfalls Waren oder Getränke an, manche machen Musik. Bei einer Melodie horche ich auf. Ich kenne sie, doch das Zuordnen fällt mir schwer. Die einzige Verknüpfung besteht zu einem Fahrgeschäft, vermutlich eine Geisterbahn.
Ich laufe weiter, gehe jedoch anders und verpasse das Schaustellergeschäft meiner Liste. Doch ich treffe auf meinen Lebensgefährten und seinen Vater. Gemeinsam besteigen wir eine Art Seilbahn über die Stadt. Dabei erzähle ich mein Erlebnis beim 4D-Kino. Den Rest der Fahrt bestaune ich die Altstadt. In den Straßen, neben den Fachwerkhäusern stehen bunt blinkende Fahrgeschäfte aller Art.
Dabei entdecke ich Airwolf und weiter hinten eine sehr große Achterbahn in Blau. Empört wende ich mich an meinen Freund: „Du hast mir gar nicht gesagt, dass es in Bad Kreuznach noch mehr Fahrgeschäfte gibt.“
Er hebt entschuldigend die Hände. Dann wir kommen an der Endstation an. Sein Vater ist nicht mehr anwesend und wir beide schauen von der Brüstung aus hinunter. Zwei weitere Fahrgeschäfte stehen dort. Eines sah aus wie ein Drehteller mit Sitzen nach Außen gerichtet. Es hält an. Einer der Passagiere bleibt sitzen, sein Gesicht weiß vor Übelkeit.
Aus der Bar, welche sich auf dem Stockwerk befindet, tritt ein Gast mit einem aufblasbaren Kinderschwimmbecken, gefüllt mit Wasser. Er möchte dem benommenen Mann helfen und schüttet das Wasser in dessen Richtung. Doch er trifft stattdessen zwei Sitzer weiter das Leere. Wir schütteln den Kopf, gehen die Treppen hinunter zum zweiten Fahrgeschäft: eine Bungeekugel.
Da mein letzter Ritt auf der Höllenkugel bereits sehr lange her ist, entscheide ich mich dafür, diese zu fahren. Mein Freund begleitet mich zu meiner Überraschung. Wir setzen uns hinein und halten uns fest. Dann erfolgt der Abschuss. Adrenalin durchströmt meinen Körper und ich kann nicht aufhören zu grinsen. Viel zu schnell ist die wilde Fahrt vorbei und wir haben wieder festen Boden unter den Füßen. Ich werfe noch einen letzten Blick auf das Fahrgeschäft, ehe wir Hand in Hand weiterschlendern.