❆ One Shot
❆ Pairing: Max (OC) x Sebastian
❆ Weitere Charaktere: Dan (OC)
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16. Dezember
Suppenküche
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Ich fasse es nicht, dass ich mich dazu überreden lassen habe. Gutes tun ist ja nicht schlecht, aber dass meine Haare darunter leiden müssen ist wirklich das Letze. Egal, was passiert, ich werde dieses Ding auf keinen Fall tragen.
„Daaaaaad…“
„Was ist denn?“, fragt Dad genervt, vermutlich, da ich schon den ganzen Tag damit beschäftigt bin, ihn an genau diesen Punkt zu bringen.
„Muss ich dieses beschissene Haarnetz wirklich tragen? Damit sieht man doch absolut lächerlich aus“, beschwere ich mich verzweifelt.
„Also ich find’s nicht schlimm“, meint Max unberührt. Seine schwarzen Haare sind bereits platt gedrückt. Er trägt auch schon seine Schürze. Ja, einen schönen Menschen kann bekanntlich nichts entstellen, aber mich wird es definitiv trotzdem entstellen. Zu der Schürze könnte ich mich ja noch durchringen, weil sie wenigstens sauber ist, aber dieses verdammte Haarnetz geht einfach gar nicht.
„Setz das Haarnetz auf und hör auf dich zu beschweren. Sebastian, es geht hier nicht um dich oder deine Eitelkeit, es geht darum, hungernden Menschen zu helfen. Es wird dir gut tun, damit konfrontiert zu werden, dass es da draußen Menschen gibt, denen es weitaus schlechter geht als dir.“ Dad nimmt mir das Haarnetz aus den Händen, spannt es dann um meine Haare. Mit ein paar Handgriffen bändigt er auch die letzte Strähne mit dem Netz. „Ich war auch mal einer von ihnen, mein kleines Frettchen und glaub mir, das letzte, woran ein hungernder und frierender Mensch denkt sind die Haare der Helfer, naja… außer es befindet sich ein Haar in der Suppe, was aber mit durch das Netz verhindert wird.“
Max lacht, er schießt ein Selfie, auf dem er breit grinst. Mir hingegen ist nicht nach Lachen oder auch nur Grinsen zumute. Mein Freund stupst mich ein wenig an, drückt mir dann einen Kuss auf die Wange. „Komm Sebby, hör auf so grimmig zu schauen. Selfietime!“
„Na gut…“
Wir drei posen für ein Selfie, das definitiv erst nach meinem Ableben veröffentlicht werden darf. Ich werde solange ich lebe leugnen, dass ich jemals ein Haarnetz getragen habe. Ich sehe lächerlich aus.
Dad unterhält sich mit einem der Angestellten, wir werden für die Essensausgabe eingeteilt. Ich verteile Suppe, Dad die Hauptspeise und Max darf Nachspeisen ausgeben.
Irgendwie habe ich mir das ganz anders vorgestellt, als es ist. Der Speisesaal ist überfüllt, die Schlange endlos lang und die armen Menschen werden hier eigentlich eher abgefertigt als liebevoll bedient. In den Filmen kenne ich das ganz anders, da wirkt alles magischer, zauberhafter. Naja, besser eben.
„Oh, hi Chester, freut mich, dich hier zu sehen“, begrüßt Dan einen der Obdachlosen, als er ihm etwas zu essen reicht. „Alles okay bei dir?“ Ich betrachte den älteren Herren interessiert, sodass ich fast vergesse, weiter Suppe auszuschenken. Der alte Mann hat graue Haare, die aus einer abgetragenen Mütze hervorstehen und einen struppigen, längeren grauen Bart. Seine schmutzige Jacke hat einige Löcher, ich habe noch nie etwas Traurigeres gesehen… Jetzt verstehe ich es. Es geht mir richtig nah, wie wenig die Menschen, die dieses Angebot nutzen eigentlich haben.
„Ach Dan, du weißt ja… Der Winter…“
Dads Augen nehmen einen seltsamen Blick an, doch dann lächelt er wieder. „Wenn es dir draußen zu kalt wird, melde dich bitte im Heim. Ganz unter uns: Durch den Neubau haben wir noch ein paar Plätzchen frei. Außerdem haben wir den ganzen Winter eine Halle gemietet, um euch Notplätze zur Verfügung stellen zu können. Es ist nicht der Luxus, den ich euch gerne geben würde, aber es ist warm, für ein paar Nächte ist es sicher in Ordnung. Erzähl deinen Freunden, dass wir noch mindestens 80 Leute unterbringen können, okay? Die Betten sind viel bequemer als im Heim der Stadt. Ich habe persönlich Probegelegen.“
„Danke, Dan. Du bist ein wahrer Engel, ein Geschenk Yobas.“
„Ach, du machst mich ganz verlegen“, winkt Dad grinsend ab. „Ich will nur, dass hier keiner hungert oder friert. Max, gib meinem Kumpel ein großes Stück, er liebt Schokoladekuchen.“
Der ältere Herr lacht, lässt sich dann von Max ein Stück Kuchen reichen.
„Vielen Dank, Yoba schütze dich.“
„Es ist wirklich nett, was du für die Menschen machst, Dad…“, sage ich leise.
„Naja, nett… Es sollte eigentlich gar nicht nötig sein. Niemand sollte unfreiwillig auf der Straße landen, aber manchmal geht es einfach schneller, als man denkt. …und ich weiß, wie es sich anfühlt zu frieren, ich muss einfach etwas tun.“
Das alles stimmt mich nachdenklich. Während ich weiter Schüsseln mit Suppe verteile, sehe ich mir die Menschen, die diese Dienste in Anspruch nehmen genauer an. Sie haben nicht den Luxus, jeden Tag warmes Essen zu bekommen, ein heißes Bad zu nehmen oder gar in einem Bett zu schlafen. Ihre Klamotten sind nicht zerfetzt oder zerrissen, weil sie modisch sein möchten, sondern weil das vielleicht das letzte Kleidungsstück ist, was sie haben. Ich weiß nicht genau, wie das passiert ist, aber ich bin in den letzten Jahren verdammt oberflächlich geworden. Ich fasse es nicht. Die meisten dieser Menschen haben keine Möglichkeit sich zu pflegen, sie schlafen draußen auf dem Boden und ich Idiot mache mir Sorgen um meine Haare.
Um. Meine. Haare.
Wegen einem Haarnetz…
Ich bin echt ein verdammt selbstsüchtiges, dummes Arschloch…
…
Wir verbringen Stunden in der Suppenküche, gegen Abend werden wir von anderen Freiwilligen abgelöst. Dad verschwindet noch kurz in das Büro des Verantwortlichen dieser Stiftung, während Max und ich draußen warten.
„Du bist den ganzen Tag schon so still“, bemerkt Max. Liebevoll streicht er ein wenig durch meine Haare, legt dann einen Arm um mich.
„Es tut mir leid, dass ich mich immer so furchtbar benehme, Max.“
„Was meinst du?“
„Irgendwie… ich bin ziemlich oberflächlich geworden und mir ist klar geworden, dass das so nicht weiter geht. Ich sollte dem Beispiel meines Dads folgen und mich mehr für die Menschen einsetzen. Dann wär mir auch nicht mehr so langweilig…“, erzähle ich, wonach ich seufze. „Ich kann so nicht weiter machen. Ich kann unmöglich Essen wegwerfen, während hier alle hungern und sich über jede Nudel freuen würden, die ich Idiot aus Eitelkeit übrig lasse. Ich muss etwas zurückgeben, meinen Luxus teilen… Ich fühle mich schrecklich, weil ich mich so egoistisch verhalte… Ich bin ein verwöhntes, faules Stück geworden und ich ekle mich vor mir selbst.“
„Ich finde, dass das ein sehr schöner und löblicher Vorsatz ist, dass du etwas ändern willt, mein kleiner Frosch“, freut Max sich. Ich sehe zu ihm nach oben, er lächelt mich an. „Wenn du magst, unterstütze ich dich und wir helfen den Menschen zusammen. Dan freut sich bestimmt über freiwillig Helfer.“
„Danke.“
Ich überlege, wie ich am besten helfen könnte. Es wäre natürlich einfach, Geld auszugeben, um Decken oder Jacken oder ähnliches zu kaufen, aber… ich habe kein eigenes Geld und lebe auf Dads Kosten, also…
Dad kommt zu uns nach draußen, er steckt sich eine Zigarette an, wendet sich dann zufrieden an uns. „Ich bin stolz auf euch beide, vielen Dank, dass ihr heute mitgekommen seid, es bedeutet mir wirklich viel.“
„Dan, ich glaube, dass Sebby dir etwas sagen möchte.“
„Schieß los, mein kleines Frettchen“, bittet Dad, nimmt dann einen Zug seiner Zigarette, wobei er mich ansieht.
„Dad, ich… Ich will dir in Zukunft öfter helfen, ich weiß aber nicht wie“, erkläre ich.
„Du willst öfter helfen?“, fragt Dad glücklich nach. „Es gibt immer viel zu tun, aber jetzt im Winter würden mir hunderte zusätzliche Sachen einfallen, bei denen du mir helfen kannst.“
„Wirklich?“, frage ich neugierig nach.
„Ja, wirklich.“ Dad tätschelt meinen Kopf. „Ich bin so stolz auf dich. Hey, ich lade euch zum Essen ein, dann können wir besprechen, wo ich euch als nächstes als Sklaven einsetzen kann.“
„Was? Ich muss auch mitmachen? Wenn ich ein noch besserer Mensch werde, bekomme ich einen Heiligenschein“, scherzt Max grinsend.
„Mitgehangen, mitgefangen. Ich hätte Lust auf Burger, ihr habt übrigens kein Mitspracherecht, weil ich schon den ganzen Tag an Burger denken muss“, erklärt Dad freudig. „In der Stadt gibt es ein neues Steakhaus, du wirst vielleicht nicht so glücklich sein, weil sie da deinen rohen Fisch nicht haben, Sebby, aber ich muss dich heute einfach elegant übergehen.“
„Schon gut, ich werde bestimmt etwas finden, was ich essen möchte.“
…
Auf dem Weg zu besagtem Steakhaus blicke ich nachdenklich aus dem Fenster. Ich könnte meine alten Klamotten spenden, was allerdings nicht viel helfen wird, meine Klamotten passen niemandem, außerdem sind sie noch löchriger als die Jeans, die die meisten ohnehin schon tragen müssen. Ich könnte meine Klamotten allerdings aussortieren, sie im Internet verkaufen und mit dem Geld dann Dinge besorgen, die gebraucht werden.
Ein Tropfen auf den heißen Stein…
Das alles sind Dinge, die wenig helfen werden…
Naja, es ist besser, als nichts zu tun, oder?
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