Mit Argusaugen beobachtete ich die Bemühungen des lackschwarzen Katzenkindes, das in den Raum, in dem ich hoch oben auf einem der Schränke saß, hineinschlich. Wie eine Mutter wachte ich über ihn, jederzeit bereit, den kleinen Kater aus der gefährlichen Situation zu befreien, sollte ihn jemand entdecken. Mein Blick glitt zum großen Tisch, auf dem drei Messer, ein Beil und das Ziel der Mission lagen.
Unser Feind stand nur wenige Meter entfernt, im lautstarken Italienisch am Smartphone diskutierend. Wild gestikulierte er dabei, wippte auf den Fußballen. Leise schnaubte ich in mich hinein. Es gab weitaus würdigere Gegner, doch hatte ich diesen spezifisch ausgesucht, um Leo zu trainieren. Das Katzenkind hatte noch einen weiten Weg vor sich, um ein erfolgreicher Jäger zu werden. Im übertragenen Sinne, denn in genau diesem Moment huschte er unter den Stuhl, der nicht ganz an den Tisch herangeschoben stand. Nadeldünne Krallen kratzten über die Fliesen.
Der Italiener drehte sich ruckartig um, ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Ich duckte mich tiefer auf dem Schrank. Es wäre zu peinlich, wenn ich entdeckt würde und dem Katerchen die Mission vermasselte. Dieser hockte stocksteif halb hinter einem Tischbein versteckt. Sah unser Feind unter den Tisch, gab es kein Entkommen. Das Fell in meinem Nacken sträubte sich. Ich zwang mich zu einer entspannten Atmung. Leo war kein törichter Hundewelpe, der jedem vor die Füße latschte. Er wusste um die Wichtigkeit seines Auftrags. Nicht das geringste Geräusch war zu hören. Unser Gegner wandte sich wieder ab, redete erneut auf seinen Gesprächspartner ein, als ob sein Leben davon abhinge.
Der kleine Kater löste sich unter meinem sorgenvollen Blick aus seiner Starre. Geschickt hüpfte er auf den Stuhl, kletterte von dort geräuschlos weiter auf die Tischplatte. Geduckt huschte er zu seinem Ziel, vergrub seine spitzen weißen Zähnchen darin und sprang zurück auf den Boden. Ich nutzte den Moment und glitt auf leisen Schwingen durch die offenstehende Tür hinaus. Als wenn der Teufel persönlich hinter ihm her war, rannte Leo mir folgend aus der Küche. Der Klang seiner ausgefahrenen Krallen hallte durch den Raum.
„Cazzo!“ Matteo starrte uns fassungslos hinterher, dann brüllte er so laut, dass man es vermutlich auf dem gesamten Anwesen hörte. „Caliquela! Deine verdammte Katze bringt Claras Haustier nur Mist bei.“
Ich kicherte in mich hinein, schaute stolz auf Leo und unsere Beute, ein saftiges Stück Schweinefilet, hinunter. Ein erfolgreicher Diebstahl. Dies war mit Sicherheit die erste Sternstunde für den jungen Kater, dessen Augen vergnügt aufblitzten.