Du bist Aji.
„Meister? Sollten wir nicht zuerst gucken, was hier in der Nähe liegt?“
Allyster dreht sich zu dir herum, die Stirn in Furchen gelegt. „Und wo willst du das bitte herausfinden?“
„Auf einem Berg.“
Allyster schweigt, dann schnauft er. „Gut, suchen wir eben einen Berg.“ Er wirbelt so schnell herum, dass sich sein Umhang um ihn bauscht, und marschiert auf die leichte Steigung zu.
Die tauschst einen kurzen Blick mit Allyster und ihr zuckt die Schultern. Dein Mentor kann es nicht zugeben, wenn er einen Fehler gemacht hat. In gewisser Weise seid ihr euch da sehr ähnlich.
Nun stapft Allyster zornig den Berg herauf. Er tritt dabei so fest auf, als wollte er das Erdreich bestrafen. Es dauert nicht lange, und ihr erreicht eine Kuppe, die euch etwas über die Spitzen der Tannen trägt. Allerdings wachsen auch viele Bäume auf der Kuppe selbst, sodass ihr nicht sonderlich viel sehen könnt.
Du versuchst, es positiv zu sehen: Immerhin kann man so auch euch nicht so leicht entdecken.
In einiger Entfernung seht ihr eine größere Lichtung. Dort, auf den offenen Wiesen, erhebt sich ein Kreis aus großen Findlingen. Die meisten stecken senkrecht im Boden, doch über einige wurde ein dritter als Balken gelegt.
„Na, bitte. Das Steinrund, genau dort, wo ich ohnehin hinwollten“, erklärt Allyster euch gereizt. „Können wir dann gehen?“
Statt zu antworten, betrachtest du euer Ziel genauer. Die Wiesen dort drüben wirken dunkel, dichter Nebel steigt dort fast wie Rauch in den Himmel. Nur noch blutige Tannen umringen den Kreis, der Wald wird dunkelrot zu eurem Ziel hin. Unheimlich!
„Gehen wir“, sagst du schließlich und trittst zu Allyster, als Arthrax einen Finger vor die Lippen legt und euch zu sich winkt.
„Seht ihr das?“, fragt er euch flüsternd, als ihr bei ihm seid.
Ihr beugt euch vor. Zunächst erkennst du nichts im Wald unter euch, doch dann siehst du ein schwaches Flackern. Eine Fackel, die im Morgengrauen nicht gut zu erkennen ist.
„Da ist jemand!“, flüsterst du.
„Druiden, vermutlich“, knurrt Allyster. Sein finsterer Blick sucht den schwachen Schein noch immer.
„Leise“, haucht Arthrax. Gleich darauf vernimmst auch du schwache Stimmen.
„Ich hasse diesen Kerl aber“, grollt jemand, scheinbar ein Mann. Die Stimme ist so unangenehm krächzend, dass es auch eine alte Frau sein könnte.
„Er ist ein Kalynorer. Niemand von uns kann ihn leiden“, zischt ein anderer Mann. „Trotzdem brauchen wir ihn. Stell dir nur mal vor, diese Söldner wären unbemerkt über unsere Grenze gekommen. Das wäre eine Katastrophe gewesen.“
Ihr tauscht alarmierte Blicke. Wer mit den Söldnern gemeint ist, ist nicht schwer zu erraten. Nur dass ihr bereits hier seid, erwarten die Druiden nicht.
„Was sie wohl vorhaben? Er sagte, es sind drei und sie haben ein Kind dabei?“, fährt ein dritter Mann fort. Er klingt noch sehr jung.
„Sicherlich ein Zauberlehring. Die Kalynorer mit ihrer ‚hohen Magie‘“, schimpft ein vierter. Der Trupp scheint wirklich groß zu sein.
„Ja, aber was wollen sie hier? Zu dritt? Das wäre Selbstmord“, fährt der Dritte vor. „Wir werden sie rasch aufspüren und töten. Den Suchzauber beherrscht doch jedes Kind.“
Allyster sieht euch beide ernst an, während sich die Stimmen entfernen. „Das könnte unsere Chance sein, die Druiden zu überrumpeln.“
„Wir sollen angreifen?“, fragt Arthrax zweifelnd. „Wir wissen nicht einmal, wie viele es sind.“
„Wir folgen ihnen leise. Noch haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Der eine von ihnen hat recht – sobald sie einen Suchzauber vollführen, finden sie uns. Und den werden sie machen, wenn wir ihnen nicht an der Grenze in die Arme laufen.“
„Aber … einfach angreifen?“ Das klingt selbst dir zu riskant.
„Wir können sie nicht weiterziehen lassen“, sagt Allyster ernst.
„Und was, wenn wir ihnen an der Grenze in die Arme laufen?“, schlägt Arthrax vor.
Ihr starrt ihn an.
„Sie haben keine Ahnung, was wir planen.“ Der Krieger grinst. „Wir sind Söldner. Wir können uns von ihnen anwerben lassen oder tun, als suchen wir nach neuer Arbeit außerhalb von Kalynor. Sie scheinen kalynorische Magie nicht zu mögen – also könnt ihr behaupten, ihr wollt Aji in ‚ordentlicher Naturmagie‘ unterrichten lassen. Was weiß ich – irgendwas fällt uns schon ein.“
„Das durchschauen die doch sofort“, widerspricht Allyster.
Arthrax schüttelt siegessicher den Kopf. „So haben Elred und ich bei den Orks und den Wissenden überlebt. Ihr werdet schon sehen!“
Nicht überzeugt runzelt Allyster die Stirn.
Dir gefällt keiner der Pläne, aber für einen musst du stimmen:
- Die Druiden angreifen. Lies weiter in Kapitel 10.
[https://belletristica.com/de/chapters/212695/edit]
- Die Druiden täuschen. Lies weiter in Kapitel 11.