Samstag. Frühstück nur im Kreise der Familie. Immerhin sieben Personen, wenn zwei davon auch noch ungeboren in Lis schlummerten. Mom residierte wie immer am Kopf Tafel. Sie ist inzwischen wieder fit wie ein Turnschuh, trotzdem, hoch in die Beletage ging sie nur am Arm von Pop oder mir. Kim oder Lis waren ihr nicht sicher genug. Der Sturz von der Treppe, der einst ihre beiden Knie zerschmettert hatte, hinterließ ein tiefes Trauma bei ihr. Die Knie, in den USA operiert, waren nun mehr oder weniger wieder funktionstüchtig und Mom war happy.
Kim, ursprünglich als Krankenschwester und Haushaltshilfe eingestellt - inzwischen zu meiner Nebenfrau avanciert, war bald nur noch selten für Mom privat tätig. Der Haushalt wurde jetzt gemeinsam von allen Frauen im Hause gemacht. Fürs Grobe gab es neuerdings ein Mädchen, das Kim besorgt hatte.
Keiner wunderte sich, dass es eine kleine Thai war: Sara Wongsawa ist die Tochter von Kims Pflegemutter. Offensichtlich war diese Einstellung schon lange geplant gewesen, denn Sara sprach ein halbwegs verständliches Deutsch. Sie fand sich so still und unauffällig in unseren Familienverband ein, wie einst Kim. Man sah Sara kaum, sie weigerte sich auch mit uns am Tisch zu sitzen.
„Sara muss sich erst akklimatisieren. Sie hat zwar im Royal Cliff gelernt, was ein Zimmermädchen tun muss, sie wurde dort hart rangenommen“, erklärte uns Kim. „Aber sie hat nun doch einen Kulturschock. Das vergeht aber schnell. Erst gestern hat sie mir gesagt, ihr kleines Zimmer bei mir oben, sei für sie wie der Himmel. Sie freue sich schon darauf, dass sie in den Garten könne, wenn es endlich Frühling wird. Die Kälte ist für sie momentan das ärgste Problem. Ich denke, wir bekommen Sara schon hin. Sie ist viel aufgeklärter, als ich es in ihrem Alter war. Mit siebzehn hatte ich eine härtere Zeit.“
„Aber so gut erzogen wie du, ist sie auf alle Fälle. Nun, deine Pflegemutter, hat da ganze Arbeit geleistet, meine liebe Kim“, meinte Mom und Pop nickte. „Auf alle Fälle passt sie gut ins Haus. Sag ihr noch mal ausdrücklich, schon beim leisesten Ansatz eines Problems, soll sie zu mir kommen. Wir wollen nicht die Herrschaft sein und sie soll nicht die Dienerin sein. Sie ist quasi deine Halbschwester, die uns im Haushalt hilft; eine Hilfe, für die wir ihr dankbar sind“, ergänze Mom.
„Für sie muss es doch schrecklich sein, so ganz ohne Freunde zu sein?“, vermutete Lis. Sie war schon damals so voll von Gefühlen, dass sie mir damit schon so Einiges eingebrockt hatte, wie der verehrte Leser sich wohl noch erinnern wird.
„Sara ist jetzt gerade mal 14 Tage hier. Ich habe fast zwei Monate gebraucht, um alleine den Kopf aus der Türe zu strecken. Sie hat immerhin schon Wanda und Arena besucht. Beide haben inzwischen einen großen Freundeskreis von Thais, die hier in Stuttgart arbeiten. Dabei sind auch ein paar Jungs ... Ich sehe keine Probleme für Sara. Ich muss eher aufpassen, dass sie nicht zu sehr den lockeren Stil von Paul und Lis übernimmt“, erklärte uns Kim nüchtern.
Pop lacht: „Das würde noch fehlen. Es ist ja gerade eure Liebenswürdigkeit, die euch auszeichnet. Lis geht ja noch, aber mein Sohn Paul ist ein Musterbeispiel an Frechheit. Da müssen wir in der Erziehung voll versagt haben, was meinst du Mom?“
„Paul ist ein Mann, der muss sich durchsetzen können. Mit Frechheit geht das oft viel besser, als mit Gebrüll“, lächelte Mom. „Er ist kein Macho, das hat er mit seinen zwei Frauen gar nicht nötig, er ist aber, und das liebe ich an meinem Sohn, er ist nie langweilig. Ich fürchte, wir hätten es schlimmer mit ihm hinkriegen können.“
Ich spürte, dass ich einen heißen Kopf bekam. Lis und Kim lächelten und Pop grinste unverschämt. „Apropos langweilig, Sohn. Ich denke, der normale Alltag fängt wieder an. Wie sehen deine Pläne für die nahe Zukunft aus, neben deinem Studium? “
„Nun, Mikel dürfte mit den Bildern, die ich auf der Reise machte, voll ausgelastet sein. Neue Termine für die Nachbarn müssen erst noch gemacht werden. Der einzige Termin, den mir Mikel aufdrückte, sind die D-Girls am nächsten Samstag. Ansonsten müssen wir, alle zusammen, mal reden, wie es weiter geht. Dazu wollte ich Mikel und Willi einladen. Ich kann nicht mehr so in den Tag hinein arbeiten, wir müssen planen. Bedenkt, ich bin jetzt Familienvater. Kim hat reichlich Arbeit in ihrem Laden und Lis steht auch nicht mehr unbegrenzt zur Verfügung. Dann liegt da noch die Krim an. Wir sind uns schon darüber im Klaren, dass da Kim noch mal mit muss, das verwirrt erstens die Russen nicht und zweitens ist Lis dann wohl auch nicht mehr so ganz … gesund wäre da wohl der falsche Ausdruck“, grinste ich.
„Nützlich, vielleicht eher. Und so tief in der Walachei - das möchte ich meinen Kindern nicht antun“, half mir Lis aus. „Dazu kommt, dass Kim das ganze Theater ja schon kennt und ich ihr die zwei Wochen mit dir Paul, von Herzen gönne.“
Kim wurde rot und verlegen. „Ihr seid doch aber jetzt verheiratet und ...“, dann grinste sie ebenfalls „Aber gefallen würde es mir schon. Ich denke, wir drei haben da keine Probleme, hatten nie welche und werden nie welche haben. Es wäre gelacht, wenn wir unser bestens funktionierendes Familienleben wegen einer Dummheit drangeben müssten.“
„Nein, davon gehe ich auch nicht aus“, schmunzelte Mom. „Am Anfang hatte ich Bedenken, sehr viele Bedenken. Inzwischen sehe ich nicht einmal mehr einen möglichen Anlass für eine Gefahr, die den Haussegen schief rücken könnte. Das war mit ein Grund, dass ich der Anstellung von Sara zustimmte. Sie ist hier so sicher wie in Abrahams Schoß. Ihr seid erwachsen und ihr benehmt euch auch so. Das Schönste daran, ihr seid es aus euch selbst heraus geworden. Unsere Erziehung war nur der Grundstein dazu.“
„Grundstein“, unterbrach sie Pop. „Das ist das richtige Stichwort. Vor eurer Hochzeitsreise sprach ich dich ja bereits an, seit gestern ist die Angelegenheit nun sozusagen amtlich und beschlossen. Es geht darum, dass wir ein neues Seminar einrichten. Es geht dabei um die dynamische Fotografie.“
„Da muss ja was dabei herausgekommen sein“, lachte ich. „Habt ihr denn einen Dozenten gefunden, der davon Ahnung hat? Den müsste ich ja eigentlich kennen, denn noch steckt die dynamische Fotografie in den Kinderschuhen, noch sind die Bilder alten Stils in der Mehrzahl, nur unser Verlag hat da die Nase etwas vorne - und das auch noch nicht in allen Publikationen, die er herausbringt. Aber ich denke schon, dass ich mit meinen Bildern, dem Verlag einen guten Umsatz bringen konnte.“
„Ich hole etwas aus“, begann nun Pop. „Diese dynamische Fotografie, wie ich sie bei dir sah, begeisterte mich sehr schnell. Ich sprach mit meinem Kollegen Lothar, der genau dasselbe Empfinden für diese Art der Fotografie hatte. Dann hatten wir, wie ich dir ja sagte, eine Idee. Die musste aber erst durchgesetzt werden, Universitäten tendieren halt dazu, beim alten, bewährten zu bleiben und das zu lehren“, ein Schluck Kaffee war dran und ein Biss in sein Brötchen. „Nun waren Lisl und Roland, mit ihren Bildern, vor Weihnachten bei mir an der Uni. Wir übten ein wenig, dann hielten sie einen Vortrag über ihre Kunst, Bilder zu Art zu machen. Auch Lothar hatte Interesse und hörte mit. Die Studenten, für die der Vortrag ja gedacht war, waren begeistert. Die beiden haben bereits einen Vertrag für zwei weitere Vortragsreihen in der Tasche, nach dem zweiten Tag mussten wir nämlich die Anzahl der Zuhörer begrenzen. Wir sprachen mit den Studenten. Es kam heraus, dass nicht nur diese Verfremdungstechnik sehr gefragt war, sondern vor allem deine ganz spezifische Art der Fotografie - weg vom Statischen, hin zum Dynamischen. In letzter Zeit sieht man jetzt zwar öfter Bilder dieser Art, aber, und das sieht man deutlich, da ist Gewolltes nicht so ganz geworden“, wieder unterbrach sich Pop und trank seine Tasse leer. Kim schenkte nach. „Nun, Lothar sprach mit mir, er hatte eine Vision, wie wir die dynamische Fotografie, nach deiner Methode, in unseren Lehrbetrieb einbringen konnten. Zuerst sprachen wir mit den Studenten, sie waren es ja, die ein eventuell neues Fach akzeptieren mussten, danach sprachen wir mit dem Dekan und nun, nun spreche ich mit dir“, er holte tief Luft.
„Sprich, wenn ich auch fürchte, ich ahne etwas ... du willst mich ebenfalls als Referendar oder als Dozent, für meine Art Fotos zu machen? Das bedeutet - ein längeres Studium!“
„Jein. Viel schlimmer ... lasst mich reden, unterbrecht mich bitte nicht, denn es geht da um ein Gesamtpaket. Bitte. Vorher brauche ich aber, auch wenn es noch sehr früh ist, einen Cognac. Du auch Paul?“
„Wenn ich sehe, wie aufgeregt du bist, dann schenke mir lieber gleich einen Doppelten ein“, wurde ich nun von seiner Aufgeregtheit ebenfalls angesteckt.
Pop schenkte ein, Mom wollte einen Kleinen, Lis und Kim winkten ab. Neugierde hing wie Nebel über dem Frühstückstisch.
„Also los. Du Paul bist, obwohl bisher ein selten fauler Student, wenn auch mit guten Scheinen, bereits in dieser Angelegenheit sehr weit verstrickt, Lothar will dich am Montag sehen. Von der Praxisarbeit bist du auch weiterhin befreit, nur das Kaufmännische und die Theorie sind für dich Pflicht. Diese Vorlesungen sind morgens. Wir sind eine Behörde, solche Sonderregelungen gehen natürlich nur nach Genehmigungen. Da hat sich Lothar stark gemacht. Der Pferdefuß kommt jetzt. Du magst dich gefragt haben, was wir mit den Studenten besprochen haben - ganz einfach: Es ist wie immer ein Praxisseminar geplant. Dieses Mal sollen da nicht, wie üblich in der näheren Umgebung, Fotos zu reinen Übungszwecken in gemacht werden, sondern die Studenten sollen von dir lernen, wie man dynamische Bilder macht. Rede nicht dazwischen. Du hast in Russland gezeigt, dass du es den Leuten beibringen kannst. Du hast, wenn ich es recht verstanden habe, eine weitere Gelegenheit dazu, im Mai, auf Jalta. Du beherrschst das Metier, wie nun schon viele, viele Ausgaben der Fiesta zeigen. Du kannst es auch vermitteln, denn du bist mein Sohn. Danach wirst du deinen Meistertitel, verdient, bekommen. Das einzige Problem, an dem wir noch knabbern, ist nun nur noch eine passende Location zu finden. Die Uni fällt aus, da fehlen derzeit einfach die geeigneten Räumlichkeiten, wir platzen so schon aus allen Nähten. Kurz dachte ich, ob unser Haus nicht, für ein erstes Seminar, geeignet sei, aber nach dem ihr oben alles so schön ausgebaut habt, da kann man rund drei Dutzend Studenten nicht rumtrampeln lassen. Jetzt bist du dran eine Idee zu haben“, Pop lehnte sich zurück, trank seinen Cognac aus.
Tiefes Schweigen, nur Mom lächelte. Sie wusste wohl Bescheid. Kim war sichtlich stolz auf Pop, dass er so eine gute Idee hatte und bei Lis, das konnte jeder sehen, bei Lis drehten sich die Gedankenmühlsteine im Kopf. Nach knapp einer Minute sah sie hoch: „Die Idee mit dem Seminar, das Paul leiten soll, ist spitze. Paul kann seinen Pop halt nicht verleugnen. Ich denke, ich könnte dazu etwas beitragen, wenn es gewünscht wird.“
„Ich habe es gehofft, dass meine Frau uns da aus der Patsche hilft. Lass hören, geliebte Elisabeth“, lachte ich erleichtert.
„Eigentlich ist es doch ganz einfach, wir haben ja praktisch Zeit bis Mitte Mai. Nun wundert euch nicht, wenn ich etwas abschweife: Wir haben mit unserem Flug nach Jamaika schon einmal gezeigt, dass wir Menschenmassen bewegen können. Diesmal werden wir sie eben per Bus nach Neapel bewegen, in unser Schlösschen. Schon gut, ich weiß, dass es näher bei Mondragione liegt. Neapel klingt halt besser. Es ist jedoch die ideale Location, wie ihr zugeben müsst. Ich bin ganz sicher, dass wir einen guten Preis dafür hinbekommen. Zum Anfang können die Studenten selbst ihre Models sein, danach dürfte es kein Problem sein, Mädchen und Jungs aus der Gegend zu bekommen. Das kostet natürlich mehr, als wenn das alles in Stuttgart anfällt. Dazu, denke ich, muss natürlich ein Professor dabei sein. Oder gar zwei? Ich denke, da sind ja zusätzlich noch andere Fächer zu unterrichten - oder könnten bis Mai alle Scheine zusammen sein? Das Ganze kann locker bis zu den Sommerferien dauern, na und?
Nun denke ich, dass da viele brauchbare Bilder herauskommen. Und jetzt ist der Verlag gefragt. Sonderausgabe: Die Fotografen und die Models oder etwas in dieser Richtung und - bien fait, die Kosten sind gedeckt. Es darf jetzt diskutiert werden“ Lis lehnte sich lächelnd zurück.
Mom sah sie mit großen Augen an und Pop hatte den Mund offen, ohne vorerst ein Wort herauszubekommen. Er fasste sich aber schnell wieder.
„Ich glaube es einfach nicht. Diese Juniors, da ist ja die eine schlimmer als der andere. Das verspricht, ein Knüller zu werden. Der Dekan fällt in Ohnmacht, doch die Idee ist superb. Ich bringe ihm bei, dass Lothar und ich mitfahren. Es gibt da zwar noch eine Menge Detailarbeit, doch das ist der große Wurf.
Paul, kannst du Mikel erreichen? Frag, was er zahlt. Lis, kannst du Preise für den Bus herausbekommen? Du Kim, du kannst das ohne jeden Zweifel, kalkuliere die Kosten vor Ort und mache dir Gedanken über die Unterkunft für die Studenten, ist das Haus dort groß genug? Paul, du machst mir einen Plan, wie du dir deinen Unterricht vorstellst. Täglich dreimal zwei Schulstunden. Lothar und ich machen den Rest, ich rufe ihn gleich an. Bewegung! Das Frühstück ist beendet!“ Pop erhob sich. Ist er einmal aktiv, ist alles zu spät. Jetzt war er sehr, sehr aktiv.
Kim klingelte nach Sara, den Tisch abzuräumen. Dann wurden die Telefone heiß. Das geringste Problem war Mikel. Er hatte sehr schnell erkannt, wo der Vorteil für den Verlag lag. Ich bekam von ihm einen Etat, genug für alle Kosten und genug für mich und zwei Assistenten.
„Das löst auch ein Zukunftsproblem, mein lieber Paul. Die Branche boomt, ein paar Fotografen mehr, die es können, sind da höchst willkommen. Du bist die nächsten Jahre ausgebucht und irgendwann wirst du den Stress nicht mehr mitmachen wollen. Dann bist du der Senior für das Beste vom Besten. Dann kannst du selbst entscheiden, was du fotografieren willst. Ich hoffe, nur für den Verlag!“
„Angst vor Konkurrenz habe ich nicht, die solltest eher du haben, es gibt da ja auch noch andere Magazine auf dem Markt.“
„Ja, zu meiner Freude. Wir können und wollen auch nicht jeden Geschmack abdecken. Wir haben schon einige der kleineren Zeitschriften verkauft. Die Fiesta, die Nachbarn und die Teens halten uns voll in Trab. Die Guys muss noch etwas forciert werden, vielleicht findest du ja einen schwulen Fotografen. Dazu kommen die Kunsthefte und die Sonderausgaben, die einem Thema gewidmet sind und dann, dann die Bücher von deiner Mom. Ich glaube, vom primitiven Pornomarkt entfernen wir uns immer mehr ...“
„Du meinst, was ich produziere, sei keine Pornografie mehr?“, stutzte ich dann doch.
„Schon. Aber eher Edelklasse.“
Mikel und ich quatschten noch ein wenig, dann rief ich Willi an. Er war zu Hause bei Frau und Tochter. „Hallo Blondi, wie geht es deiner entzückenden Tochter, unserem Blumenmädchen. Ich konnte mich noch gar nicht dafür bedanken. Kannst du ihr bitte ein wunderschönes Geschenk kaufen, ich schicke dir 100 Mark. Geht das?“
„Das ist doch nicht nötig. Trotzdem tue ich es natürlich gerne. Willi und ich waren ja so stolz auf sie, wie ernsthaft sie ihre Pflicht tat. Ich gebe dir jetzt Willi, tschüss ...“
„Hallo Paul, am Samstagmorgen? Brennt es irgendwo?“
„Hallo Willi. Ja, es brennt lichterloh. Eine Idee steht vor der Tür; ob wir sie rein lassen hängt auch von dir ab.“ Ich schilderte ihm, was Pop vorschlug und Lis mit ihrer Idee, wegen des Schlösschens in Italien, ausbaute. Danach erweiterte ich alles indem ich Willi anbot, einige hundert Aufnahmen in seiner Wäsche machen zu lassen. Es war mir völlig klar, dass er zuschnappt wie ein Bluthund.
„In eurem Schloss bei Neapel? Da könnt ihr doch auch sicher Italienerinnen fotografieren?“
„So ist es geplant.“
„Meinst du, es wird genug für eine italienische Fiesta? Das wäre der Hammer. Da würden wir voll einsteigen. Noch ist für uns Italien Neuland, fast ohne Verbindungen. Die vornehme Italienerin kauft ihre Wäsche in Frankreich, Deutschland hat dort so gut wie keinen Markt.“
„Was die Studenten nicht bringen, das mache ich für dich. Weil du ein Freund bist, sogar zum Studentenpreis, über so etwas müssen wir doch gar nicht reden. Du sagst einfach, was du brauchst.“
„Hättest du dort während dieses Seminars, noch ein kleines Zimmer für uns? Mit Kind? Wir müssen mal wieder raus. Ich könnte dir dann auch die Wäsche bringen.“
„Ich denke schon. Je mehr ich mich in den Gedanken verliebe, um so mehr fällt mir dazu ein. Hinter unserem Haus dort, gibt es noch eine Art Gästehaus. Das würde ich gerne dazu kaufen, dann sind wir ganz alleine auf dem Hügel. Dort bringen wir die Studenten unter, dann haben wir Platz satt. Und, ich denke, wir bleiben bis Lis soweit ist, einfach in Neapel. Fotografieren kann ich dort auch, Models werden sich sicher finden.“
„Gut“, lachte Willi. „Ich mache dir einen Vorschlag, 500 Mark pro Student, für alle Models das Honorar wie bisher. Die Rechte teile ich mir mit Mikel, wie gehabt; ich suche mir passende Fotos aus, Mikel bekommt den Rest - oder umgekehrt, Mikel gibt mir eine Auswahl, die er nicht verwenden kann oder will. Dein Honorar bleibt wie gehabt. Die Kopien, ebenfalls wie bisher. Du hast da ja wohl jemand in Stuttgart, der das machen kann.“
„Ja, Roland steht dir dort voll zur Verfügung, du kennst ihn ja. Im Übrigen bin ich mit dem Angebot einverstanden, das passt. Nur noch eine letzte Frage, die Wäsche frei an die Models, auch wie bisher?“
„Ja, klar. In beliebigen Mengen, wenn sie halt auch fotografiert wird. Grüße Lis und Kim.“
Zum Mittagessen war alles erledigt. Zahlen lagen auf dem Tisch. Zwar erst einmal grob, es war aber sofort ersichtlich, dass es ein guter Einfall von Lis war. Pop meinte dann auch: „Ich habe mit Lothar gesprochen. Der hat den Dekan angerufen, die beiden sind befreundet, die Sache ist klar. Er ruft noch den Oberkult an. Er ist sich jedoch sicher, dass das Ministerium seine Zustimmung gibt. Jetzt ist unsere interne Oberfinanzdirektion gefragt. Kim?“
„Es geht also um sechs Wochen“, sagte Kim völlig gelassen. „Ich habe mit Alfonso, unserem Hausmeister dort, gesprochen. Bei über 30 Personen, kann er einen Koch bekommen der Frühstück, Mittag- und Abendessen für 900 Mark macht. Alles pro Person natürlich. Gutes Essen mit Wein dabei. Ein Mädchen macht für 100 Mark die Zimmer und die Wäsche. Die Studenten wohnen hauptsächlich die alten Möbel aus dem Schloss ab und die von zu Hause, die ich bereits hinschickte. Dafür, denke ich, sind 300 Mark genug. Ich meine, verdienen wollen wir daran nichts, das kommt später. Der Bus kostet uns 1700 Mark pro Weg. Das macht ein Freund von Alfonso. Das sind rund 120 Mark pro Person. Ich denke, für 1500 Mark sind die Studenten dabei.“
„Davon zahlt Willi 500 Mark pro Person und Mikel ebenfalls. Er übernimmt dazu die ganzen Materialkosten“, setzte ich hinzu. „Im Gegenzug erhält er das Recht der Erstveröffentlichung. Alle Models bekommen eine Pauschale von 100 Mark pro Tag sowie das übliche Honorar bei Veröffentlichung. Da haben die Damen und Herren Studenten, wenn sie selbst auch aktiv tätig werden, schon nach fünf Vorstellungen als Model, die verbliebenen 500 Mark raus. Und das für sechs Wochen Lehrgang mit Verpflegung und Unterkunft, wenn auch einfache Unterkunft. Ich denke Pop, du kannst dir ein OK holen. Der Fall ist klar.“
Und wie sieht es mit deiner Arbeit, für den Verlag und IGDuM, aus?“, wollte Pop noch wissen. „Dir und deinen Assistentinnen steht zwar ein gewisses Honorar von der Uni zu, so arg viel wird das aber nicht; du bist halt, für die Uni, noch mehr oder weniger ein No-Name.“
„Keine Panik“, grinste ich. „Mikel gegenüber kann ich alle für ihn brauchbaren Filme, völlig normal abrechnen. Er wird die Wäschefotos mit Willi teilen, so kommt dessen Honorar dazu. Mikel möchte das Ganze zwar nicht als Auslandseinsatz sehen, das würde wohl auch zu teuer, er rückt aber eine passende Aufwendungspauschale raus, für mich und meine Assistentinnen. Genug, um davon zu leben. Es wird wohl sehr viel mehr werden, als wir in Stuttgart nur an den Wochenenden verdient hatten. Auch Lis und Kim können also zufrieden sein.“
Pop lachte mal wieder überlaut: „So was konntest auch nur du denen mal wieder beibringen. Mein Sohn bekommt den Meister und, anders als andere, muss er nicht dafür bezahlen, sondern verdient auch noch daran. Ich sehe, das Projekt scheint gelaufen zu sein. Wir können wohl den Fall vorerst abschließen, dank der guten Idee von Lis.“
„Nicht so schnell“, insistierte meine Frau. „Ich will, sobald das Okay da ist, mit Paul nach Neapel. Papa und Rama haben mich schon angesprochen, wegen der neuen Einrichtung. Die alten Möbel brauchen wir ja, wie Kim gerade feststellte. Ich denke, wir sollten das bald klären, damit wir mit den Unterkünften nicht in Schwierigkeiten kommen. Es wäre zumindest peinlich, wenn wir kein Bett hätten.“
Es gab keinen Hinderungsgrund, nur Mom meinte, wenn wir einen klitzekleinen Platz im Flugzeug fänden, käme sie auch gerne mit. „Ich war so lange immobil und überhaupt, ich muss meine Beine trainieren. Kim und Sara sorgen inzwischen sicher gut für Pop. Die paar Tage kommst du doch sicher ohne mich aus, mein Schatz.“
„Ich fürchte schon, du Nestflüchter“, sagte Pop lachend. „Wie ich dich kenne, willst du von Paul nur wieder das schönste Zimmer im Hause ergattern. Für diese Mai, diese Beatrix.“
„Da habe ich schon was im Kopf, zwei ganz kleine Zimmerchen und ein Kämmerchen, nur für dich und mich ...“
Kim grinste und Lis lachte „Mit einem ganz kleinen Erkerchen und einer winzigen Terrasse. Meinst du das? Du kannst es haben, aber einrichten müsst ihr es selbst. Es sind immerhin gute 80 qm. Da passt so einiges rein.“
„Ich habe einen ganz winzigen Scheck von Mikel für meine letzte kleine Novelle in der Fiesta!“, sie lachte laut und sehr zufrieden.
***
Alles in der Angelegenheit Studienfahrt war geklärt. Solche Kleinigkeiten, wie die, dass der Dekan eine Endprüfung vor Ort ankündigte, natürlich persönlich und in Anwesenheit eines Vertreters des Herrn Minister, konnten uns kaum noch tangieren. Nur Kim fragte, auf wessen Kosten das ginge. Pop meinte, auf die des Staates natürlich, zu bestimmten Pauschalen. „Es ihnen so angenehm wie möglich zu machen, das geht dann allerdings auf eure Kosten.“
Nachdem Kim hörte, wie hoch die Pauschale war, hatte sie keine Einwände mehr, aber eine Frage: „Bekommen Professoren denn auch so eine Pauschale?“
Pop verschluckte sich fast an seinem Cognac, dann prustete er los: „Da habe ich noch gar nicht daran gedacht. Natürlich. Und Spesen. Es ist ja eine Dienstreise und es ist ja auch nicht mein Haus, in dem ich dort wohnen werde.“
Kim grinste. Sie machte ja, mit dem vollen Einverständnis von Lis, immer noch unsere Finanzen, hatte dazu sogar einen Kursus besucht. „Wir machen dir einen Sonderpreis, zusammen mit deiner Frau musst du nur 1000 Mark pro Woche bezahlen. Mit kompletter Verpflegung. Natürlich mit Rechnung. Dein Freund zahlt 600 Mark, mit Frau 1100 Mark. Da habt ihr noch ein kleines Taschengeld von den Spesen übrig. Hahaha ...“
„Du bist ja schlimmer als mein Sohn ... Oh Lis, ist das rechtens?“, jammerte Pop prompt.
„Wenn du mich fragst, an eine junge Familie, die jeden Pfennig zusammenkratzen muss, daran denkst du wohl gar nicht. Ich hätte eher von dir erwartet, bei diesem Preis würdest du uns mindestens einmal in der Woche in ein gutes Ristorante einladen“, sagte Lis voll brutal - und lachend.
„Oh Santa Maria, oh Mom, was haben wir uns da für eine Brut aufgehalst. Uns droht das Armenheim im Alter“, klagte Pop grinsend.
Kim rannte zu ihm hin und massierte seine Schulter. „Oh du Ärmster aller Pops, oh du Ärmste aller Moms, oh sagt mir, wie kannst du den Staat schädigen, wenn wir dir keine Rechnung schreiben? Lis, meine beste Freundin, hat dir den Königsweg gezeigt, einmal Ristorante in der Woche. Ich habe da mal mit unserem Steuerberater gesprochen …“
„Paul sagte einmal, dass Lis ein Satansbraten sei. Sag mir, was mein Gott, bist denn dann du?“, fragte Pop zurück.
„Lieber Pop, ganz einfach, ich bin deine liebe Tochter.“
Pop brachte es mit seinem Lachen fertig, sein Glas Cognac zu zerstören. Kim holte ihm ein neues, gefülltes, dann jammerte sie:
„Ich brauche schon wieder neue Gläser für dich. Kannst du mir Geld geben? Übrigens, Geld für Kerzen brauche ich auch. In dieser Familie hat Buddha ja so viel zu regeln. Ich dachte schon daran, Ihm einen größeren Kerzenständer zu spenden. Hast du da vielleicht auch ein paar Mark dafür übrig? Ich frag ja nur.“
Pop rückte tatsächlich Geld raus und das ohne zu murren. Das hätte ich nicht so ohne Weiteres von ihm erwartet.