Es war so weit, Russland lag an. Zwischenlandung in Moskau. Ein kräftiger, gut aussehender Herr und Julia Tomarowa mit Boris Kuschow, unsere Bekannten vom letzten Jahr, erwarteten uns. Natürlich gab es eine freudige Begrüßung. Bei Julia blieb es nicht beim obligatorischen Bruderkuss, wir kannten uns ja gut genug. Auch Kim freute sich, Julia wieder zu sehen.
„Ich bin Pjotr Iwanowich Petrowski“, stellte sich der gut aussehende Herr vor. „Persönlicher Referent des Ministers für Kultur. Ich freue mich, sie und ihre reizende Schwester kennenzulernen.“
Er sprach ein gutes Französisch. Ich war verblüfft, nicht über die Sprache sondern, dass er Kim als meine Schwester begrüßte.
„Die Freude ist ganz meinerseits“, antwortete ich. „Auch im Namen meiner Schwester. Sie kann zwar einige Sprachen, Französisch ist leider nicht darunter. Es wird ihr Ansporn sein, es zu lernen.“
Pjotr lachte. „Wir haben uns über sie erkundigt, nach dem sie diese ganz hervorragende Arbeit im letzten Herbst für uns machten. Doch lassen sie uns erst die Formalitäten erledigen, dann können wir in einer VIP-Lounge in aller Ruhe plaudern. Julia wird sie dann in ihr Hotelzimmer bringen. Sie sind auch im Verlag ein gerne gesehener Gast. Morgen, in der späten Nacht, fliegen sie dann weiter nach Jalta. Mit einem VIP-Flug der Regierung.“
Mein persischer Diplomatenpass und der Schrieb des Ministeriums halfen uns, blitzartig alle Hindernisse zu überwinden. In einer recht netten Lounge setzte sich Pjotr mit mir in eine Ecke. Kim wurde von Julia und Boris in Beschlag genommen. Zwei dienstbare Ministeriumsgeister kümmerten sich um unser reichliches Gepäck.
„Nun, noch einmal, ich freue mich, sie kennenzulernen“, begann Pjotr. „Ich weiß, dass sie Wert darauf legen, ihre Opfer, aber auch ihre Freunde zu duzen. Nenn mich Peter, das fällt deiner Zunge sicher leichter.“
Wir tranken uns mit rotem Krimsekt zu, der inzwischen serviert war. Zu meiner Freude kein Weißer, der ist mir nämlich viel zu süß.
„Sehr freundlich, ich bin natürlich Paul und meine Schwester ist Kim. Zu was aber diese Auskunft? Ihr hättet mich nur fragen müssen.“
„Ich weiß, dass ihr eine unpolitische Familie seid, Graf Paul.“ Ich schluckte, da hatten sie wohl ganze Arbeit geleistet. „Das war es, was uns am meisten interessierte. Wir mussten sicher sein, dass du kein Spion bist. Wir sind keine Engel, ich will dir da nichts vormachen und du weißt es sicher, aber wir haben auch einschlägig schlechte Erfahrung. Meist waren es die vermeintlich Harmlosesten, die wir erwischten, wie sie Geheimnisse ausspähten. Das Haus Radama, mit dem wir ein gutes ...“ er lachte „unpolitisches Verhältnis haben, hat uns garantiert, dass du kein Spion bist. Salut.“
Wir tranken uns zu. „Ich möchte dich nicht ungebührlich lange aufhalten, sondern dir nur das Wichtigste mitteilen, da es dir Julia nicht sagen kann. Sie weiß es nicht. Bitte, es soll auch unter uns bleiben. Im Zweifelsfall habe ich nie etwas davon gesagt“, hüstelte er. „Alles begann mit der englischen Fiesta zum Thema Russland. Auch die Geschichte deiner Frau Mutter passte gut dazu. Man spürte, dass hier mit Liebe, wenn ich so sagen darf, ein schöner Beitrag über das Leben in der UdSSR geschrieben wurde. Über das Leben der einfachen Bürger. Natürlich spielt bei uns die Sexualität eine ebenso große Rolle, wie überall auf der Welt. Unsere Spezialisten stürzten sich über das Heft. Zur Analyse.
Heraus kam, dass zwei unbedeutende Kritiken gefunden wurden, im Übrigen, dass dieses Heft sehr wohl einen gewissen Aspekt der UdSSR zeigte. Vor allem, ich sagte es schon, der Text einer gewissen Beatrix Mai war sehr einfühlsam; ganz zur russischen Seele passend. Wir wollten mehr über sie wissen und so - kamen wir zur Familie Oktober. Es tat uns nicht leid.“ Peter schenkte uns Sekt nach.
Inzwischen standen Blinis mit Kaviar und saurer Sahne auf dem Tisch. Ich sah, dass Kim ebenfalls bestens versorgt war. Sie hatte offensichtlich auch ihren Spaß, ihr glockenhelles Lachen erfüllte den Raum. Da wurden offensichtlich freche Geschichten erzählt, denn auch Julia und Boris lachten.
„Nun, unsere Propagandaabteilung wurde hinzugezogen“, setzte Peter seine Informationen fort. „Alle waren der Meinung, dafür müsse man sich bedanken, bei dir und Kim, daher die Einladung. Damit war es jedoch noch lange nicht getan. Das PRM hatte eine Idee. Unsere Regierung ist, zugegeben, sehr langsam in ihren Entschlüssen. Es half, dass das PRM an passende Stellen Ausgaben der Fiesta verteilte. Dann griff der Genosse Generalsek ... Egal, es wurde festgestellt, dass die sexuelle Neugierde sehr wohl ein gutes Mittel sein kann, sich Freunde im Ausland zu schaffen.
Dein Verlag hat uns inzwischen Kopien von Leserbriefen geschickt, die des Lobes voll von unseren schönen Mädchen sind. Der Beschluss lautete nun: Die schönsten Mädchen sollen geschult werden um, neben dem Bolschoi Ballett und dem Staatszirkus, die besten Nachtklubs der Welt zu erobern. Ein Programm wurde ausgearbeitet, von den besten Lehrern für Schauspiel, Tanz und Zirkus. Geeignete Mädchen wurden gesucht, gefunden, begutachtet und am Schluss drei Dutzend davon ausgewählt. Wir suchten bewusst, frische Gesichter mit jungem Körper, die nicht durch Chirurgie verunstaltet sind. Wir wollen den Unterschied zu den ... den Playgirls zeigen.
Die Mädchen wurden auf die Krim verfrachtet und - sie sollen deine nächsten Opfer sein. Wir möchten, dass du sie zwei Wochen lang täglich drei Stunden auf die Probe stellst. Dein Verlag hat das Veröffentlichungsrecht gekauft. Die Mädchen sind also bezahlt. Die restliche Zeit des Tages sei euch ein schöner Urlaub auf der Krim gegönnt.“
Ich musste mit dem gerade gehörten, erst mal ins Reine kommen, es verdauen, da griff Peter bereits in seine Tasche:
„Hier sind eure VIP-Ausweise. Damit habt ihr Anspruch auf vier Plätze in allen VIP-Restaurants und könnt im Freundschaftshaus einkaufen. Das Abendessen mit Getränken ist gratis, mittags gegen Devisen. Das Frühstück gibt es in eurer Datscha. Sie liegt sehr günstig am Meer und in der Nähe der Wohnungen der Mädchen. Es gibt im Garten sogar ein kleines Schwimmbecken. Es ist üblicherweise für Staatssekretäre reserviert“, lächelte er. „Ein Graf aus dem Hause Radama kann ja schlecht in einer einfachen Absteige wohnen. Es bleibt euch überlassen, wen ihr zum Abendessen mitnehmt. Ich schlage jedoch vor, es als Belohnung ...“
„Für gute Arbeit der Models vorzusehen. Das ist eine prächtige Idee“, lachte ich. Inzwischen hatte ich den Schock verdaut. „Werden wir dich auch dort sehen?“
„Ja. Ich komme in fünf Tagen. Du kennst das ja, das Ministerium will einen ersten Bericht. Wenn es geht, wollen wir, natürlich nur leihweise, die ersten Ergebnisse sehen und deine Meinung hören. Die Filme bekommst du zuverlässig vor deiner Heimfahrt zurück. Hast du genug Material dabei?“
„Ich habe meine 14 Tage Ration mit. 200 Filme. Das sind über 7000 Bilder zur Auswahl. Alles Kodak, wie gefordert. Gibt es dort einen Entwicklungsladen, wie in dem Hotel in Moskau?“
„Nein, wir haben jedoch für dich, ins Haus der Stadt, die Kodakmaschine aus dem Hotel, mit Personal, auf Urlaub geschickt. Sie ist heute eingetroffen, wie mir glaubhaft versichert wurde. Sogar mit genügend Material. Diese Kosten übernehmen wir.“
Das sah ja gut aus. „Und wie ist das Wetter in Jalta?
„Es ist Frühsommer und warm, 24 Grad. Das Meer hat 18 Grad, etwas kalt für Leute, die eher an die Karibik gewöhnt sind. Ich hoffe, dass es euch trotzdem gefällt. Nun“, er gab mir die Hand: „Wir sehen uns in fünf Tagen. Heute Abend habt ihr wohl eine kleine Feier. Morgen macht Julia eine Stadtrundfahrt mit dir und Kim. Vergnügt euch.“
Peter erhob sich, ging zu Kim, gab ihr die Hand und zeigte zu mir herüber. Er ging und die Drei kamen, die Gläser in der Hand, zu mir an den Tisch. Boris brachte ihre Blinis und den Kaviar mit.
„Na, Paul, gab es etwas Wichtiges?“, wollte Kim wissen.
„Schon, aber mehr Basisinformation. Nichts was uns den heutigen Abend verderben könnte. Ich habe gehört, da es gäbe eine Feier?“
„Das wissen die Burschen also auch schon wieder. Ja, es gibt eine Feier“, lachte Boris. „Eine bombastische Feier, wenn du dir im Intershop ein paar Flaschen Wässerchen vom Herzen reißen kannst. Wir haben zwar welchen, auch Krimsekt, dazu reichlich Kaviar und Räucherfisch, aber so die Krone wäre doch ...“
Ich griff in die Tasche, gab ihm meinen VIP-Ausweis von Peter, dazu 200 Dollar und sagte „wenn du besorgst, was wir brauchen. Ich habe keine Lust meine Zeit in einem Laden zu verbringen. Bringe Kim und mir eine halbe Kiste Moet mit. Den mag sie. Geht das, einfach so mit dem Ausweis?“
„Hauptsache Devisen. Ich danke dir. Kannst du mir fünf Dollar davon leihen, du bekommst sie zu Hause zurück? Im Intershop bekommt man gute und sichere Kondome. Brauchst du auch welche? Bringe ich gerne mit“
„Danke für das Angebot, aber du weißt es doch, ich schlafe hier nur mit Kim“, lachte ich und gab ihm noch fünf Dollar.
„Ist das nicht langweilig? Nur mit Einer?“
„Schade für dich, Kim wird dich kaum lassen, sonst hättest du diese Frage gar nicht erst gestellt.“ Kim errötete ganz entzückend.
Zur Party, im Verlag am Abend, waren Igor Blaski mit Freundin, Jana die Sekretärin und ein paar meiner alten Models da. Es hatte sich kaum etwas verändert, vielleicht war alles noch etwas chaotischer. Auf einer Tafel hingen Seiten der letzten Ausgabe des Elefant, so hieß ihre Zeitschrift. Es war immer noch eine wilde Mischung aus Klamauk und Sex. Es fiel jedoch auf, die Bilder waren erheblich besser seit meinem letzten Besuch. Die Herren Fotografen hatten ihre Lektion gelernt. Was kann man mehr wollen?
Am angenehmsten allerdings fiel mir aber Julia auf. Sie war viele schöner gekleidet und bewegte sich irgendwie eleganter. Ihr Englisch war ebenfalls sehr viel besser geworden und - sie wirkte irgendwie fröhlicher.
Kim hockte bei den Models. Sie tranken Krimsekt und quatschten. Eines der Models schien mir ordentlich zugenommen zu haben. Füllig war seit Kurzem auch vom Verlag gefragt. War es der neueste Modetrend?
Ich setzte mich neben Julia auf das Sofa. „Nun, meine liebe Julia, dir scheint es ja recht gut zu gehen?“
„Nun, Brüderchen Pawel (was Paul auf Russisch bedeutet), mir geht es auch gut. Ich bedauere nur, dass du auch dieses Mal nicht mit mir schlafen willst, wie ich deinen Ausspruch gegenüber Boris interpretiere. Ich habe dir doch so sehr zu danken.“
„Wie das denn?“
„Ich schwamm auf der Welle der Sympathie für dich, bekam sozusagen eine Woge mit. Pjotr ist jetzt mein Chef. Ich bin gleich drei Stufen ... wie sagt man? Hochgeflogen?“
„Du hast drei Stufen übersprungen“, lachte ich. „Wenn wir auch nie miteinander ins Bett hüpfen, Freunde sind wir doch immer noch? Meine Frau ist übrigens glühende Anhängerin des Küssens.“ Ich nahm sie in den Arm und küsste sie. Feste.
„Hm ...“, holte sie tief Luft. „Ich auch. Wenn es auch kein voller Ersatz ist. Kim ist wirklich nicht böse, wenn wir uns küssen?“
„Kim ist nicht böse und meine Frau auch nicht“, erklärte ich.
„Ahm ... ehrlich, ahm ... heißt das, dass Kim nicht deine Frau ist?“, schien Julia voll geschockt.
„Dein Chef hat dir also nichts davon gesagt?“
„Was sollte er gesagt haben?“
Ich erklärte ihr die Zusammenhänge. Nicht bis ins Detail natürlich, doch das Wesentliche. Auch, dass Lis daheim auf unsere Zwillinge wartet.
„Hm ... aber mit seiner Schwester darf man doch nicht schlafen. Oder bei euch doch?“
„Nein.“ Was nützt es, ich musste nun auch das noch erklären. „Ich hatte mit Kim ein Verhältnis, von meiner Frau Lis akzeptiert, denn damals durften wir ja noch nicht miteinander schlafen. Lis war zu jung. Dann wurde Kim Haushaltshilfe bei meinen Eltern und Assistentin bei mir. Sie ist eine Waise. Meine Eltern adoptierten sie. Und nun? Ganz einfach. Die Schwester ist in meiner Familie und von Lis auch, als meine Nebenfrau akzeptiert.“
Julia hatte ganz offensichtlich sehr große Verständnisprobleme.
„Als Fürst, Graf Paul Oktober Radama von Karaj, das ist ein moslemisches Fürstenhaus, ist das mein gutes Recht. Ich darf bis zu vier Frauen haben und Kim ist nicht blutsverwandt mit mir. Alles klar jetzt, Julia?“
„Oh - du sagst das so locker. Es könnte sein, dass jemand mithört ... dass jemand ... Ahm ... weiß Pjotr das?“, flüsterte sie plötzlich.
„Er weiß es, sonst hätte ich es dir nicht so offen erzählt.“
„Du bist wirklich ein Graf?“
„Ja. Ein Graf in Persien. Ihr sagt ja wohl Iran dazu.“
Sie fiel mir um den Hals und küsste mich, absolut nicht unschuldig. Kim sah es. Ich zuckte, ihr Gegenüber die Schulter. Kim grinste.
Julia holte Luft. „Ich habe einen Grafen geküsst“, stöhnte sie „Communism meets Noblesse. I love it.” Dann hing sie wieder an mir. Sie erinnerte mich an Lis, aber auch an Kim. Ich liebe knabenhafte Figuren, aber, um das auch absolut klarzustellen, ich liebe keine Knaben.
Die Party ging weiter. Ich hielt mich an den Moet. Wie ich sah, Kim ebenfalls. Natürlich musste ich mit Boris und Igor auch Wässerchen schlucken. Vom Guten, dem vom Intershop. Zu vorgerückter Stunde machte ich noch ein paar Bilder der Models. Vor der Tafel, mit den Ausschnitten vom Elefant, gaben zwei der Mädchen ziemlich viel von sich frei. Sie hatten da wohl Hoffnungen. Die erfüllten sich dann anderweitig; ihre Freunde kamen und schleppten sie ins Nebenzimmer ab. Es war bald zu hören, was sich dort abspielte. Keiner nahm es zur Kenntnis. Es waren halt immer noch die gleichen Spiele, die hier getrieben werden. Auch im warmen Sommer.
Noch gab es keinen Grund für uns aufzubrechen. Kim fühlte sich offenbar auch noch sicher. Als es nach Mitternacht dann aber etwas hektischer wurde, verzog ich mich mit ihr zurück ins Hotel.
Wir hatten eine andere Suite, im Gang saß aber immer noch die gleiche grimmige Flurfrau wie im Vorjahr. Sie erkannte mich und schaltete auf freundlich. Dieses Erkennen lag ganz sicher nicht an meinem VIP-Status, sondern eher an meinem Bakschisch. Ich drückte ihr wieder 20 Dollar in die Hand. Minuten später hatten wir heißen Tee in der Kanne und heißes Wasser im Bad. Auf dem Zimmer wartete eine Flasche Champagner, im bereits geschmolzenen Eiswasser schwamm eine Dose Kaviar. Das Eis wurde blitzartig nachgefüllt. Wenn die Zimmer auch dringend renoviert werden müssten, leben ließ es sich, mit VIP-Status, hier schon.
„Was hat denn Julia heute mit dir gehabt?“, fragte Kim, Champagner schlürfend und Kaviar futternd. Morgens um eins.
Ich erzählte es ihr. Sie lachte. „Wenn es unbedingt sein muss, wir können darüber reden. Ich habe solche Notfälle mit Lis besprochen.“
„Es ist kein Notfall. Lis erwartet meine Kinder und du bist bei mir. So nötig habe ich es nicht und Julia? Ich mag sie, sie erinnert mich an euch, Lis und dich, aber bumsen? Nein. Ich kann doch Klein Paul nicht in alles stecken, was ich nett finde.“
In dieser Nacht steckte ich ihn auch nicht in Kim. Wir waren zu müde und auch ein wenig angeheitert. Gut geschlafen haben wir dann aber doch.
***
Moskau im Mai. Das Wetter spielte mit. Julia, ganz Mitarbeiterin des Ministeriums, holte uns in einer Limousine ab, mit Fahrer. Stadtrundfahrt. Kim und mir gefiel es jetzt viel besser als letztes Jahr im Herbst. Wir aßen recht gut in einem netten Gartenlokal. Julia fühlte sich sichtlich wohl mit uns. Ähnlich den Thais, fühlte sie sich offensichtlich, als hätte sie ein großes Gesicht bekommen. Vielleicht war es aber auch nur die Freude.
„Nach dem Essen werden wir noch Lenin besuchen, dann, so würde ich vorschlagen, schlaft ihr euch aus. Kurz nach Mitternacht, geht der Flug. Ich komme übrigens mit. Im Auftrag der Staatssicherheit. Ich wurde dazu genötigt, ist das der richtige Ausdruck?“, fragte unsere Begleitung.
„Du? Nun, Pjotr hat mir gesagt, ich sei ein unpolitischer Mensch. Bin ich auch, ich bin Fotograf weiblicher Schönheit. Scheiße. Habt ihr denn nichts anderes im Kopf? Könnt ihr denn nicht, auch nur einmal, geradeaus denken? Glaubt ihr es gibt nur … lassen wir das.“
„Mach dir keine Gedanken. Ich habe mit Pjotr geredet. Ihr seid sehr willkommene Gäste. Ich habe einen klaren Auftrag. Sogar Model darf ich für dich spielen, Paul. Vielleicht wirst du ja doch noch scharf auf mich.“
„Mann soll nie, nie sagen“, brummte ich, halbwegs beruhigt.
„Lenin? Ist das wieder ein Museum?“, unterbrach uns Kim.
„Ja, in gewisser Weise“, antwortete Julia.
„Nein. Da gibt es nur Lenin. Als Leiche, einbalsamiert, aber geehrt“, sagte ich roh.
„Und ... da muss ich mit?“
„Julia, du musst jetzt sicher mal aufs Klo“, empfahl ich.
Julia kannte sich aus im Wurstkessel, sie zog los.
Ich erklärte Kim, dass es ein Affront sei, wenn wir da nicht mitgingen. Mom und Pop erwähnten es nämlich ausdrücklich.
„Und der ist wirklich tot und wirklich echt? Nicht aus Wachs?“
„Ja.“
„Scheiße.“
Julia kam, wir fuhren los. Als VIPs konnten wir die ewig lange Schlange vermeiden. Julia ging mit uns einfach an der Schlange vorbei zum Eingang.
Lenin im Sarkophag, mumifiziert. Kim reagierte seltsam. Sie verbeugte sich vor ihm, Hände vor dem Gesicht gefaltet, sehr tief. Sie murmelte ein paar Worte, verbeugte sich noch zweimal, dann zog sie mich weg von dem Sarg.
„Oh, mein Gott, Paul. Wie können die einen Leichnam so ausstellen? Das ist schändlich. Ich schäme mich für die Russen.“
Julia erklärte ihr den Symbolcharakter. „Für uns ist er ... Es wäre falsch ihn mit deinem Buddha zu vergleichen, von dem ihr ja auch Zähne und Knochen verehrt, für uns ist er die Ideologie schlechthin. Ich kann es nicht besser erklären.“
„Es ist euer Lenin“, sagte ich. Kim nickte heftig. „Es ist wohl kein Sakrileg, wenn ich sage, es ist nicht unser Lenin, Julia?“
„Es ist ganz einfach ein Teil der Stadtrundfahrt und kein Thema für uns. Ich habe keinen Auftrag zu berichten.“
Berichten? Irgendwie kam mir das sehr bekannt vor.
„Ach“, lenkte mich Julia ab. „Habe ich es dir denn schon gesagt? Ich komme mit euch nach Jalta, als eure Betreuerin. Würdest du, Pawel, das wohl mögen? Bitte mag es. Hier muss ich berichten.“
„Das finde ich prima“, nahm mir Kim das Wort aus dem Mund.
„Ich auch. Schläfst du bei uns?“
„Natürlich nicht. Die Regierung der UdSSR unterstütz kein ... ahm … ihr wisst schon“, lachte sie fröhlich los. „Nein, ich schlafe bei den Mädchen, deinen Opfern. Wo weiß ich noch nicht. Es ist auf alle Fälle besser, als bei euch zu schlafen. Nicht wegen, eher wegen, weil, besser, weil nicht. Ihr versteht mich schon.“
***
Der Flug ging um zwei Uhr in der Frühe. Fröhliche Beamte - so etwas gibt es. Es ging für sie in den Urlaub. Wohlverdient? Wir flogen in einer Maschine mit vier Propellern. Die Bestuhlung war recht bequem, der Service miserabel. Es gab lauwarmen Tee - auf Anfrage. Kim und ich schliefen einfach.
Jalta. Schwarzes Meer. Kurz vor sechs. Es war schon hell. Ausweiskontrolle. Unsere Diplomatenpässe wurden bestaunt. Julia, sie saß weiter hinten, drang zu uns vor und sagte, wir sollen bitte die VIP-Ausweise zeigen. Dann klappte alles. Eine Limousine wartete auf uns. Der Fahrer beschaffte unser Gepäck, die Fahrt ging los. Wir hielten vor einem kleinen, zweistöckigen Haus. Unserer Datscha. Das Gepäck wurde in ein großes Wohnzimmer geschafft. Ich bekam einen Schlüsselbund in die Hand gedrückt. Julia meinte, sie würde uns zum Mittagessen abholen, dann verschwand sie. Mit der Limousine.
„Lass uns das Haus erkunden“, bat Kim. „So schlecht scheint es hier ja gar nicht zu sein.“
Wir fanden im Untergeschoss das bereits erwähnte Wohnzimmer. Eine reichlich benutzte Polstergarnitur mit drei Sesseln und einem Sofa, eine Essecke und einen Schreibtisch mit Stuhl, an einem Fenster. Vor einer großen Doppeltüre, großzügig verglast, lag eine große Terrasse zu einem Garten hin. Da gab es sogar Gartenmöbel, alle scheinbar sogar ganz. Eine Türe führte zu einer Küche. Alles da, wenn auch keine Spülmaschine. Kim nahm es unbewegt zur Kenntnis. Dann richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf eine Tüte. Sie sah hinein.
„Brötchen“, jubelte sie. Nun riss sie den Kühlschrank auf. „Marmelade, Honig, Käse, Wurst, Butter. Verhungern müssen wir wohl nicht.“ Sie untersuchte den Küchenschrank. „Geschirr genug.“ Die Inspektion brachte Tee, Zucker, süße Dosenmilch, Pfeffer, Salz, Essig und Öl zutage. „Dann werde ich jetzt erst mal Frühstück für uns machen. Bringst du das Gepäck ins Schlafzimmer? Wo ist das überhaupt?“, fiel ihr dann ein.
„Ich denke oben.“
„Ich setzte schnell Wasser auf, dann komme ich mit.“
Gesagt, getan. Die dritte Türe unten entpuppte sich als WC. Oben gab es zwei Schlafzimmer und ein Bad, ebenfalls mit Toilette. Vor dem großen Schlafzimmer war ein Balkon. Von dort sah man das Meer und unseren Garten. Der war recht nett und hatte, wie versprochen, einen kleinen Pool. Eine Türe, in der Hecke, führte zum Meer. Ich räumte unseren Kram in das kleine Schlafzimmer. Nur der Koffer mit der Kleidung kam ins unser angenehm großes Schlafzimmer.
Kim machte das Frühstück. Als ich runterkam, war es bereits fertig. Der Tisch war liebevoll gedeckt, sogar einen Blumenstrauß gab es, den sie frisch aus dem Garten geholt hatte. Ohne Blumen geht bei Kim nichts. Notfalls ging auch ein beliebiger Zweig eines Baumes.
Kim saß da und strahlte. „Paul, nun habe ich dich 14 Tage in unserem eigenen kleinen Reich. Nur du und ich. Ich freue mich ja so sehr.“ Sie errötete. „Lis hat gesagt, wenn du mitspielst, dürfe ich mir einbilden wir wären ein echtes Ehepaar. Mit Renate hättest du das wohl auch mal gemacht. Ich weiß, wir werden es nie sein, ich glaube ich wollte es auch gar nicht, aber für 14 Tage?“
Ich ging zu ihr hin, hob sie aus dem Stuhl und küsste sie mit all der Liebe, die ich für sie empfinde. Und das ist eine Menge.
Sie schmolz in meinen Armen und seufzte. „Ach Paul. Lieber Paul.“ Sie schenkte mir Tee ein, sie schmierte mir Brötchen, sie himmelte mich an, als sei es das erste Mal, dass wir zusammen sind. „Paul, in Moskau, im Herbst war es schon schön, aber jetzt, hier; wir haben ein kleines Häuschen, nur für uns.“ Dann riss sie sich zusammen. „Wir brauchen einen Ventilator, besser zwei. Wir brauchen Kaffee. Der Kühlschrank muss gefüllt werden. Getränke müssen her. Wein, Sekt, Bier und Schnaps. Liköre und Pralinen für den Damenbesuch, der unweigerlich kommen wird. Ich muss unbedingt einkaufen.“
„Aber nicht jetzt. Wir werden jetzt duschen, dann eine Runde schlafen, nochmals duschen, dann wird es zwölf sein. Wir werden Mittagessen, mit Julia, dann erst gehen wir einkaufen.“
Genau so wurde es gemacht. Eines hatte ich jedoch vergessen, den Drang von Kim, mir ihre Liebe zu beweisen.
***
Julia kam. Sie selbst fuhr einen wohl ausgestatteten Wolga. „Er steht dir zur Verfügung, solange du hier bist. Er funktioniert sogar. Die Reifen sind gut, der Tank ist voll, sogar die Scheibenwischer sind dran“, erfuhr ich als erstes von der lachenden Julia.
„Kennst du dich aus hier? Wir müssten einkaufen. Kim hat eine große Liste. Geht das?“, fragte danach ich sie.
„Nimm genug Dollars und eure VIP-Ausweise mit. Doch zuerst Mittagessen, solange es das gibt. Ich habe mich kundig gemacht und kenne die besten Restaurants.“
Wir zogen los. Das Essen war gut. Große Portionen. Spottbillig. Devisen wurden freudig genommen. 10 Dollar für drei Personen, einschließlich einer Flasche Wein. Auch das Einkaufen klappte. Wir bekamen alles in einem Freundschaftsladen, ähnlich dem Intershop. Gegen Devisen. Kim kaufte zwei riesige Tauchsieder, eigentlich Ersatzteile für Badewannenboiler. Was hat sie damit bloß vor? Unsere Dusche tat es doch. Zwei Ventilatoren kaufte sie ebenfalls. Made in USA, der Klassenfeind gilt wohl nur dem Volk gegenüber. Neben Kaffee und Getränken kaufte sie noch Unmengen an Knabberzeug. Der Süßzahn schlug wieder einmal durch, hier hatte er ein Paradies. Devisen scheinen am besten mit Zigaretten, Alkohol und herrlichen Süßigkeiten zu verdienen zu sein. Nachdem Kim auch noch Parfum kaufte, schloss ich es in die Liste ein. Sie benutzt eigentlich selten solche Duftwässerchen und wenn, dann sehr sparsam. Auch Lis hält es so. Dafür muss es dann aber auch immer gleich das Teuerste sein. Lis sagte einmal, dass die einfach länger halten und besser riechen. Als sie in Jamaika das VIP-Mädchen spielte, hatte sie nur wenige Tropfen eines Parfüms, aus Japan, in den Whirlpool getan, das war schon fast zu viel.
Julia fuhr uns nach dem Einkauf wieder nach Hause, in unsere Datscha. „So schön bin ich natürlich nicht untergebracht“, bemerkte sie. „Aber, besser als in Moskau. Ich habe ein eigenes Zimmer mit eigenem kleinem Bad. Mein Posten gibt anscheinend schon etwas her, wenn ich es mir so überlege“, lachte sie dann: „Wir sind um vier in der Turnhalle, wie die Mädchen dazu sagen, verabredet“, wurde uns der weitere Zeitplan erklärt. Ich war schon mal sehr gespannt, was da auf uns zukommt.
„Es war eine Turnhalle, jetzt ist es Schulungsraum für die Mädchen. Diese haben bereits viel gelernt und müssen noch viel lernen. Außer Englisch noch eine zweite westliche Sprache, als Wahlfach.“
„Da haben sie ja ein enormes Programm vor. Wie lange dauert das denn schon?“, war ich neugierig.
„Bereits seit dem 1. Februar. Ob die Mädchen schön genug sind, das sollst du entscheiden. Intelligent sind sie allemal, alle haben das Abitur. Mit solchen Leuten kann man schon so ein Programm durchziehen. Die meisten sind verlobt, ein paar verheiratet, Bindungen haben sie alle und stehen fest zur Part... aber das willst du ja gar nicht wissen. Sie betrachten das Ganze als Beruf und geben ihr Bestes“, erfuhr ich von Julia.
„Beruf: Nachtklubtänzerin? Warum nicht. Verlobt, verheiratet? Das könnte Probleme geben. Gott sei Dank nicht meine.“
„Du wirst dich wundern. Die Mädchen haben ein Revers unterschrieben, dass sie bei der Ausübung ihres Berufes nie mit einem Gast oder Ähnlichem ...“ sie grinste „... wie einem Fotografen, schlafen werden. Dafür wurde ihnen volle Sicherheit versprochen. In Notfällen sind die drei Männer der Gruppe, sozusagen als Notnagel erlaubt. Sie führen ja auch - eben das vor. Wenn auch nur gespielt. Richtig passieren tut nichts. Da wird schon mal was rein gesteckt, aber so richtig eben nicht. Du wirst es zu sehen bekommen.“
Wir waren inzwischen losgefahren. „Hast du nähere Information über die Mädchen? Du sagtest Gruppen? Ich brauche alles“, war meine Bitte.
„Wer Augen hat, der sehe, wer Ohren hat, der höre, wer einen Mund hat, der schweige. Oberstes Gebot eines guten Genossen“, grinste Julia. „Mir wurde gesagt, du seist ein guter Genosse, was das Schweigen angeht. Wir sind da, wir sprechen später darüber, bitte.“
Julia hielt vor einem zweistöckigen Haus. Irgendwie sah es mehr wie eine Feuerwache aus. Oben waren offensichtlich Wohnungen. Wir gingen hinein. Es wirkte fast wie eine moderne Schulklasse. An kleinen Tischen saßen 36 Mädchen und drei Jungs. Eine ältere Dame war offensichtlich die Lehrerin. Als wir hereinkamen, standen alle auf. Julia sagte ein paar Worte auf Russisch. Die Lehrerin wollte gehen und die Herren ebenfalls.“
„Stoi!“, rief ich. Dann in Englisch. „Ich möchte nicht unterbrechen. Zumindest möchte ich vorgestellt werden. Der Dame, dann den Herrn und danach den Gruppenführerinnen. So viel Zeit muss sein.“
„Tut mir leid, sagte Julia. Ich wollte nur helfen.“
„Das tust du mein Schatz. So wertvoll ist meine Freizeit dann auch nicht.“ Ich sah ein paar der Mädchen kichern.
Julia flüsterte mit der Dame und den Herren. Dann wurde vorgestellt: „Das ist Madame Ekaterina Julianowa Kutschera. Lehrerin für Benimm und Französisch. Auch für Spanisch. Sie wird mit einer der Gruppen mitreisen. Als Betreuerin.“
„Sehr erfreut, gnädige Frau, sie kennenzulernen“, sagte ich und gab ihr, so galant, wie es mir möglich war, einen Handkuss. Ich sprach mit ihr Französisch.
„Es ist mir eine Ehre, Senora“, sagte Kim auf Spanisch und verbeugte sich tief. Sie macht so was gerne mit Fremdsprachen. Die Dame fühlte sich sichtlich sehr geehrt. Sie sah irgendwie triumphierend in die Menge.
„Das sind die Herren Michael Petrowitsch Jonas, Nika Vladowitsch Komski und Wladimir Nikowitsch Flusow“ erfuhren wir dann.
„Genossen, mein Russisch sein mehr als dürftig. Gerne sagen Hallo. Wir werden sehen, später. Danke für Gespräch“, radebrechte ich in Russisch. Die Herren grinsten erfreut.
„Herren sein mächtig schön. Ich freuen auf gute Zusammenarbeit. Ich sein Kim Wongsawa Oktober. Bitte mich nennen Kim“, lächelte sie russisch. Sie hatte wohl die Sache mit dem wa und witsch, dem Vatername, sofort begriffen. Vielleicht ist es in Thailand ähnlich?
Die Herren fühlten sich gemüßigt, ihr ebenfalls einen Handkuss zu geben. Kim sah es schon, wie ich einen Ekaterina gab. Sie hatte noch nie einen bekommen. Jetzt gleich drei. Sie errötete. Höflichkeit wirkt bei ihr unmittelbar und sofort.
„Bitte Graf Paul“, grinste Julia. „Darf ich nun die Dame Varja Petrowa Gorin vorstellen?“
Eine blonde, schlanke Freche gab mir die Hand. Was mache ich nur? Ich nahm sie in den Arm und küsste sie. Bruderkuss, wie es die Russen tun. Sie küsste mich auf den Mund zurück.
„Lenka Hansowa Maier. Ihr Vater ist Deutscher.“ Gleiche Prozedur. Lenka ist brünett und ebenfalls sympathisch.
„Und, nicht zuletzt, Zusan Petrowa Balkow. Leiterin der ersten Gruppe und Sprecherin aller Mädchen.“
Ich war nahe an einem Schock, Kim hatte ganz große Augen, denn - Zusan hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit Renate. Nur die Haare waren länger und röter. Sie merkte mein Erschrecken.
„Sie sehen mich erstaunt, Zusan. Sie gleichen Renate, einer uns sehr nahen Freundin, bis aufs Haar.“ Im wahrsten Sinne des Wortes, dachte ich. „Darf ich vielleicht mehr als ein Bruderkuss? Es ist mir ein Bedürfnis, meine alte Freundin Renate zu ehren.“
Zusan übernahm das Weitere. Sie küsste mich wie Renate es nicht besser konnte. Vielleicht etwas zu lange für eine erste Vorstellung. Ich hörte die Mädchen im Hintergrund kichern. Wir lösten uns voneinander. „Bitte, Graf Paul, es war mir ein Vergnügen. Darf ich aber bitte, in aller Ehrfurcht, hinzufügen, dass ich verheiratet bin.“
„Ich ebenfalls. Ich liebe meine Frau und denke nicht daran fremde Gefilde zu betreten. Meine Frau hat und hatte jedoch nie Einwände gegen das Küssen. Wenn es denn dabei bleibt.“
„Ich denke, mein Mann auch nicht. Selbst unser Vertrag mit der UdSSR hat nichts dagegen.“ Zusan lachte jetzt so richtig befreit los. Die Menge klatschte gar.
„Frau Ekaterina, ihnen will ich nicht ihren sicher verdienten Feierabend stehlen, die Herren bleiben aber bitte da. Es gilt den Tagesablauf zu besprechen.“ Ekaterina gab uns die Hand und verließ daraufhin den Saal. „Meine Damen und Herren. Wir werden uns in den nächsten Tagen sicher noch besser kennenlernen. Wenn ich es richtig verstanden habe, sprechen sie alle Englisch. Sie können mich alle verstehen?“ Eifriges Nicken. „Mir wurde gesagt, sie wissen, was von ihnen verlangt wird. Trotzdem wird ihnen Kim, meine Schwester, jetzt einen kurzen Vortrag halten. Danach habe ich ein Attentat auf sie alle vor. Es soll nicht so sehr der Völkerverständigung dienen, sondern mir helfen, sie alle besser kennenzulernen. Zuerst aber das Wichtigste. Mein Name ist Paul, nur Paul, ohne Graf. Pawel lasse ich gelten. Ich werde sie ... euch, ebenfalls beim Vornamen anreden. Diesen werde ich ja wohl noch kennenlernen. Es vereinfacht mir die Arbeit, wenn ich nicht immer eure langen russischen Namen sagen muss. Wer einen Kosenamen hat, bitte. Es macht mir das Leben um so viel leichter.“
„Sagen wir zu deiner Schwester dann auch Kim?“, fragte eine.
„Ich bitte darum“, bat Kim. „Dann werde ich also jetzt meinen Vortrag halten. Ich bin sicher, ihr seid so gut ausgebildet, dass ihr das alles schon kennt. Lasst es mich aus Pauls Sicht erklären.“
Kim machte es prima. Die Mädchen verstanden sie wohl gut genug, sie lachten an den passenden Stellen. Es gab Beifall, als sie zu Ende war. Die Mädchen wirkten völlig gelöst.
„Nun, meine Freundinnen und Freunde, nun kommt der Schock.“ Ich griff in meine Hosentasche und holte die kleine Kamera hervor. „Ich bitte euch alle, Damen und Herren, euch jetzt nackt auszuziehen. Damen, die ihre Zeit haben, können den Schlüpfer anbehalten. Ich benötige die Bilder, um bei der Menge von Models irgendwie Ordnung in meinem Hirn zu schaffen. Morgen werden wir Abzüge davon haben, hoffe ich, von denen ihr eure Abzüge mit Namen und Alter verseht. Ist das wohl möglich?“
Die Damen und Herren waren schon dabei, sich auszuziehen. Voll gelassen und keineswegs gehemmt. Den Herren sah man an, dass sie keine Probleme hatten. Sie waren alle sehr gut gebaut, alle boten etwas Nettes für die Damen, wenn es sich auch völlig ruhig verhielt.
Die Damen kicherten nicht einmal. Sie fanden es offenbar absolut normal. Ich zog zwei Filme durch. 144 Bilder im halben Format. Ja, ich gebe es zu, von Zusan ein paar mehr als notwendig. Es war ein Glückstag, keine der Damen fiel aus. Es kann sein, dass sie es aber auch einfach nicht zeigten.
„Fertig! Was ich sah, lässt hoffen. Ich werde mit Julia die Termine für morgen ...“, wollte ich mich bedanken.
„Ausziehen, ausziehen ...“, riefen die Mädchen.
„Ihr wollt, dass ich ...“
„Ja. Ausziehen“, brüllte der Chor.
„Du, Kim und Julia“, rief Zusan, die Sprecherin. Gleiches Recht für alle. Das ist Demokratie.“
Ich sah hilflos zu Kim. Die hatte ein breites Lächeln im Gesicht und meine nur: „Ich finde das gut. Denke doch einfach daran, dass wir nackt baden. Deine eigene alte Therapie. Oder steht er dir?“ Wir zogen uns aus. Applaus. Fertig. Wir gehörten zur Gruppe.
„Dann hätten wir es ja fast für heute“, sagte ich. „Aber Strafe muss sein. Ich bitte Zusan, um Viertel vor sieben bei uns in der Datscha zu sein. Du, Julia, ebenfalls, zuvor erledige das mit den Filmen. Ihr seid unsere heutigen Gäste beim Abendessen, wir gehen aus. Kann ich vorher aber noch sehen, wo ich morgen fotografieren werde?
Die Meute löste sich auf. Zusan und Lenka gingen mit uns in das Obergeschoss. Es war so primitiv, wie ich es ahnte, wenn auch nicht so primitiv wie ich es fürchtete. Zusan erklärte: „Die Zimmer hier oben wurden leer geräumt, als unsere Schulung unten begann. Wir üben in kleineren Gruppen, was wir später in den Nachtklubs vor echter Dekoration zu tun haben. Ein paar Decken auf Kisten, zwei Betten, ein paar Stühle - zum Proben reichte es allemal. Tücher an den Wänden machte es etwas freundlicher. Es hat den Vorteil, hier oben wird uns nichts von unserer Vorstellung ablenken.“
„Ich denke, ich komme damit klar. Wir werden alles besprechen, dann wird nur noch eure Schönheit wirken. Was ich sah, lässt wirklich hoffen. Vor allem eure Natürlichkeit, eben beim Ausziehen.“
Zusan errötete etwas.
Julia kam zu mir. „Das war wirklich prima. Ich fand es toll, dass wir uns auch auszogen, wenn ich auch nicht die tollste Unterwäsche anhatte. Wie ich sah, bist du ganz sicher kein schlechter Liebhaber. Können wir nicht noch mal über dieses freudige Thema reden?“
„Zumindest nicht heute. Ich fürchte jedoch eher gar nicht.“
„Ich gebe die Hoffnung nicht auf, wenn ich auch fast fürchte, dass Zusan bessere Chancen hat“, lachte sie lauthals. „Habe ich dich jetzt in Verlegenheit gebracht?“
„Oh Mädchen. Dazu habe ich schon zu viel erlebt. Fremde Muschis locken nicht mehr. Ich habe nur noch zwei Schüsse frei, sagt meine Frau. Ich hoffe, mein Leben ist noch lang, da kann ich sie nicht alle in meiner Jugend verschwenden.“
„Dazu hat Zusan ja auch ein Revers unterschrieben. Somit kann sie mir nicht in die Quere kommen“, grinste Julia frech. „Was natürlich nicht heißen soll, dass ich ihr dieses, so nehme ich doch an, Vergnügen nicht gönnen würde.“
„So spielt eben das Leben, man, in diesem Fall Frau, kann halt nicht alles bekommen was gewünscht wird“, grinste ich zurück.
Wir erregten Aufmerksamkeit als ich, in Begleitung meiner drei bildhübschen Damen, in das von Julia vorgeschlagene Lokal kamen. Ich drückte, sehr unauffällig, dem Zerberus am Empfangstisch einen 5-Dollarschein in die Hand. Wir bekamen einen sehr schönen Tisch. Weitere fünf Dollar für die Bedienung. Wir bekamen den totalen Service.
Julia meinte, man gäbe hier kein Trinkgeld.
„Eben“, sagte Kim lakonisch.
***
Das Essen war sehr viel besser als erwartet. Die Prominenz in Russland weiß sehr wohl gut zu leben. Irgendwo muss ja auch das Geld ... Ich will nicht blöde daher reden.
Wir hatten unseren Spaß und ich war der Hahn im Korb. Kim lächelte nur. Sie kennt mich halt schon zu gut. Leider. Sie hatte meine Abfuhr, gegenüber Julia, sehr wohl mitbekommen. Ihr Problem war wohl im Moment sehr viel eher Zusan. Trotz des Verbotes.
„Möchtest du mir ein wenig mehr von dir erzählen, Zusan?“, fragte ich diese.
Sie gab uns ungehemmt ihren ganzen Lebenslauf.
„Und macht dir deine neue Aufgabe Spaß?“
„Ja, ja. Ich bin von Natur aus ein kleines geiles Ferkel. Ich kann die Hand nicht von meiner ... eben davon lassen. Nun, ich zeige gerne was ich habe. Mein Mann weiß das. Es ist natürlich schon hart für uns solange getrennt zu sein. Wir haben uns inzwischen nur zweimal, an einem Wochenende, gesehen. Das wird wohl auch die nächsten zwei Jahre über so bleiben. Wir sollen dann vier Wochen Einsatz und eine Woche zu Hause haben. Wir bekommen einen Anteil der Gage in Devisen, nur die normalen Gehälter sind in Rubel. Ich wollte eigentlich Jura studieren, das hier ist mir aber eine Pause wert. In staubigen Amtsstuben kann ich noch lange genug vertrocknen. Und so geht es uns allen, die wir hier sind, denke ich.“
„Ich kann es dir nachempfinden, nur sag, mit, wie geht ihr mit euren Gefühlen um? Auch dein Mann?“, war Kim ungewohnt neugierig.
„Der darf einmal in der Woche zu einem dieser Mädchen. Mit Kondom. Er hat versprochen, die Damen zu wechseln. Wir haben uns überlegt, so eine Bekanntschaft ist etwas Unverbindliches und hat nichts mit Liebe zu tun. Durch die Rippen kann er es ja nicht schwitzen. Ich habe ihm geschworen, wenn es mir mal ganz schlecht geht, mit einem Mann zwar sehr heftig zu schmusen, aber ihn niemals in mich eindringen zu lassen. Er darf an mir spielen und ich werde ihm einen blasen, mehr nie.“
„Ja“, gab Kim zu. „Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass du damit über die Runden kommst. Ich habe das, genau so, auch schon gemacht. Nicht so sehr aus der Not heraus, als vielmehr aus Freude einem Freund zu helfen. Für mich blieb es immer eine sehr schöne Erinnerung. Es sollte nicht zur Gewohnheit werde und vor allem, man muss mit dem Partner darüber reden. Sonst kann es ins Auge gehen.“
„Und, ich denke ...“ sagte ich „der Partner muss zuverlässig und die Frau stark sein. Vor allem, wenn sie, du hast es selbst gesagt Zusan, ein kleines geiles Ferkel ist.“ Meine drei Begleiterinnen lachten laut und fröhlich. Die Gäste schauten lächelnd zu uns rüber.
Wir tranken in unserer Datscha noch etwas, Kim machte uns später einen Kaffee und opferte ein paar Pralinen, dann zogen unsere Gäste los, zurück in ihr Zuhause.