Hatte ich erwähnt, dass der Lieferdienst des Götterboten mir die Liebsten sind? Aber nur, weil sie mit unter ihren Pflichten mit sehr viel Phantasie nachkommen. An dieser Stelle will ich wahrlich nicht behaupten, dass sie ihre Pflichten irgendwie vernachlässigten, dies liegt mir gänzlich fern, es ist eben die Auslegung der Vorschriften und dann auch noch deren laxen Umsetzung.
Erwähnte ich, dass sich das Haus, in dem ich zu diesem Zeitpunkt wohnte, sich arglistig und mit voller Absicht einer Findung durch Paketdienste entzog und somit eine Zustellung durch diese gar unmöglich machte? Wie soll ich sagen, es tat es schon wieder. Vermutlich hatte es sich leise kichernd hinter die Buchenhecke gekauert und darauf gewartet, dass das Auto wieder fortfuhr.
Leider kam zu diesem Moment erschwerend hinzu, dass eine Paketverfolgung durch diesen Anbieter noch nicht für alle Kunden zugänglich war. So sind sie eben in ihrer göttlichen Weisheit und Güte. Zum Glück ist heute dem nicht mehr so. Wie soll ich es beschreiben, ein Paket durch diesen Zusteller zu erhalten war quasi mit einer göttlichen Überraschung und Freude verbunden. Überraschung, da er nun mich arme Sünderin mit seiner Anwesenheit beglückte und Freude darüber, dass er mich überhaupt fand. Wie machte er es in der Antike, als es noch keine Postleitzahlen gab?
Da ich noch nicht in Kenntnis darüber war, ob und wann die Stunde wäre, es erinnerte mich unweigerlich an das Gleichnis, mit den klugen und törichten Dienerinnen, die auf ihren Herrn warteten, der des Nächtens kommen sollte... Aber ich schweife ab. So ignorierte ich natürlich das Paketauto besagten Zustellers, da diese in einer Großstadt des Öfteren zu sehen sind. Als ich jedoch an meinen Briefkasten kam und meine Ausbeute der unterschiedlichen Zusteller begutachtete, war ich sichtlich erstaunt, eine Benachrichtigungskarte des Götterboten vorzufinden. In Gedanken ging ich meinen Tagesablauf durch, wann ich eventuell nicht die Klingel gehört hätte und konnte leider einen derartigen Zeitpunkt nicht ausmachen. So las ich, was mir in göttlicher Eingebung verkündet wurde.
„Eine Zustellung war nicht möglich, da die Adresse nicht ermittelt werden konnte. Angegebene Adresse ist nicht existent. Bitte holen Sie Ihre Paketsendung im Paketshop blablabla ab.“
Meine Augen wurden groß. Verdutzt las ich es ein zweites Mal. Der Inhalt änderte sich nicht. Auf dem Weg nach oben, und ich wohnte 2. Etage Altbau, sprach ich mit lauter Stimme die feinsäuberlich geschriebene Nachricht aus. Ob des Tönens im Hausflur öffnete sich die Türe meiner Mitbewohner in der 1. Etage, um sich nach meinem Befinden auf Grund des seltsamen Verhaltens meinerseits zu erkundigen.
„Ach, ich habe nur eine Benachrichtigungskarte in meinem vorbildlich beschrifteten Briefkasten gefunden, die aussagt, dass es weder mich hier in diesem Haus noch das Haus an dieser Stelle gibt.“
Nachdem die Mitbewohnerin meine Worte kurz auf sich hatte wirken lassen, lachte sie aus vollem Herzen, dass ihr die Tränen über die Wangen kullerten.
„Sage es nicht. Hermes?“ Brachte sie zwischen zwei Lachsalven heraus.
„Wer sonst“, antwortete ich resignierend.
Nun denn, am nächsten Tage fuhr ich zu besagtem Paketshop, um mich in Besitz meiner Sendung zu bringen. Wie es sich für eine erfahrene Paketabholerin mit Benachrichtigung gehörte, hatte ich sowohl besagte Benachrichtigung als auch meine Ausweispapiere dabei.
Freundlich lächelnd übergab ich meine Benachrichtigungskarte an den Herren im Paketshop. Ob ich einen Ausweis dabei hätte, wollte er von mir wissen. Eine Frage, die ich selbstverständlich bejahte. Kurz darauf war er mit meiner Sendung wieder am Tresen.
„Könnten Sie vielleicht die Adressen abgleichen“, bat ich ihn.
Er schaute mich ob des seltsamen Wunsches verwirrt an, tat es dann aber doch. Und erstaunlicherweise waren die beiden Adressen, also die auf dem Paket und in meinem Personalausweis, identisch.
„Haben Sie auch schon gelesen, was der freundliche Zusteller auf die Karte geschrieben hatte?“ Fragte ich ihn dann.
Er schaute erst auf die handgeschriebene Nachricht und dann ungläubig in meine Richtung.
„Ich wundere mich auch nur noch“, hub ich dann an. „Wenn es weder mich noch das Haus gibt, wie konnte er dann die Benachrichtigungskarte korrekt abliefern?“
Wunder über Wunder oder gar göttliche Fügung? In einer weinseligen Runde überlegten wir in der Hausgemeinschaft, ob wir ein solches Paket- und Zustellwunder durch den Heiligen Vater in Rom zertifizieren lassen sollten.