Der Online-Shop, der die Pakete mit dem Lächeln versehen hat, verfügt nun über einen eigenen Zustelldienst. Leider ist diese Tatsache für meine Waren doch eher ein Rück- denn ein Fortschritt, denn mittlerweile wissen die meisten Paketboten, dass es das Haus gibt, in dem ich wohne und finden sogar selbsttätig den Hauseingang.
Nun denn. Das Lächeln sollte sowohl dem Fahrer als auch mir noch vergehen. Da der Zustelldienst und der Onlineverkäufer quasi in Personalunion vorhanden waren, war die Verfolgung der Pakete nahezu in Echtzeit möglich. Schnell das Emailprogramm und die Email geöffnet und den Link in der Mail geklickt. So man den eigenen Standort am Handy aktiviert hat, zeigt einem die Karte minutiös, wo sich das Lieferfahrzeug mit dem Paket just gerade in diesem Moment befindet. Natürlich wird auch übermittelt, wie viele Kunden vorher noch beliefert werden sollen.
So betrachtete ich gebannt die Karte und der Fahrer war schon in meinem Wohnviertel, also nicht nur Stadtteil. Mich wunderte einwenig die Routenführung, aber was zerbrach ich mir den Kopf des Disponenten. Der rote Punkt, der das Paket darstellte kreiste nun schon zum dritten Mal um meine Adresse herum. Ich schaute auf die Uhr, nahezu 21 Uhr und im November ist es zu dieser Uhrzeit stockduster, finster. Aber die App suggerierte mir, dass die Zustellung noch an diesem Tage erfolgen sollte. Da war ich aber mal so was von gespannt.
Der Punkt bewegte sich nun einige Zeit nicht mehr. Scheinbar parkte das Fahrzeug vor der Tür. Ich ging zum Fenster und schaute in die schwarze Nacht, irgendwo da unten musste das weiße Fahrzeug mit dem Lächeln stehen. Während ich mich noch suchend umblickte, begann mein Handy zu bellen. Unbekannte Nummer, aber zum Glück nicht aus Mauretanien, also ging ich ran.
„Hallo?“ Fragte ich ins Telefon.
„Frau zu Tanabe?“
„Ja“, bestätigte ich.
„Ich stehe an der Adresse, aber da ist kein Haus. Wie finde ich Sie?“ Er war sichtlich verzweifelt. Aber ihr erinnert euch, das Haus machte das öfter, so auch an diesem Tage.
„Wo stehen Sie?“ Wollte ich dann wissen.
„Am Kiosk“, gab er zur Antwort.
„Dann fahren Sie bitte noch 20 Meter und biegen dann links vor den Häusern in den Garagenhof ab. Dann ist auf der linken Seite ein Gartentor. Der Hauseingang ist auf der Rückseite.“ Versuchte ich ihn einzuweisen.
„Ich kann Sie sehen. Schauen Sie bitte nach oben... Nein, mehr nach rechts... Nein, das andere rechts...“ Ich winkte ihm, da er mich nun endlich im Nichts in luftiger Höhe sah, winkte er zurück. Vermutlich hatte er nun auch eine Illusion, wo er hinfahren musste.
Während der Fahrer sein Auto nun seitwärts in die Privatstraße steuerte und hernach parkierte, waren wir weiterhin am Telefon in Konferenz. Wer nun glaubt, dass nun einer korrekten und zügigen Zustellung nichts mehr im Wege stand, hatte die Rechnung ohne den Schließmechanismus unseres Gartentors gemacht.
„Das Tor geht nicht auf“, weinerlich plärrte seine nicht mehr ganz so männliche Stimme aus meinem Handy.
„Kein Problem, ich komme zu Ihnen runter“, beruhigte ich ihn und lief behände die bereits erwähnte zwei Etagen hinunter.
Dann erkannte ich sein Malheur. November, nahezu 21 Uhr, da war es in unserer Seitengasse finster wie in einem Pavianpopo und Erleuchtung wurde ihm erst dann plötzlich und unerwartet zuteil, als ich aus der Tür trat und die Lampe dank Bewegungsmelder das Tor gleißend hell anstrahlte. Schnell war ich am Tor und öffnete. Zum Glück stand er immer noch im Spot, denn ansonsten hätte ich ihn wiederum nicht gesehen, denn der Fahrer war schwarz wie die Nacht, so dass nur das Weiß der Augen und seiner Zähne sichtbar waren.
Freudestrahlend und mehr als erleichtert händigte er mir das Paket aus. Auf dem Weg nach oben in meine Wohnung hatte ich mit dem Fahrer dann doch noch etwas Mitleid, da ich mir etwas Besseres vorstellen konnte, als abends um 21 Uhr Pakete auszufahren.