CN: Beginnende Panikattacke
Ich streckte mich, damit Trevs Hand über die angenehme Stelle dicht unter meinem Bauchnabel streichelte. Offenbar hatten die Geräusche aus der Küche nicht nur mich geweckt.
Bevor er mich am Hals küsste, strich seine Nase kurz sanft über die empfindliche Haut hinter meinem Ohr. »Guten Morgen.«
»Hey. Hast du gut geschlafen?« Da ich nur dort rankam, streichelte ich über seinen Rücken.
Bestätigend brummte er und rieb dabei sein Becken gegen meines.
»Schon so wach?« Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass wir noch etwas Zeit hatten. Der Tag würde stressig werden, warum ihn dann nicht entspannt angehen lassen, wenn wir eh schon wach waren.
Trev folgte meinem Blick. Dann rollte er sich auf mich. Nach einem kurzen Kuss richtete er sich auf. »Ich weiß nicht, wie du bei der Geräuschkulisse schlafen kannst; ich bin schon ein wenig länger wach.«
Hm, dabei war Tino sogar noch recht leise. Offenbar gab er sich Mühe, mich nicht zu wecken.
»Sollen wir die Zeit nutzen? Oder hast du schon Sehnsucht nach dem Tourbus?«, raunte Trev mir ins Ohr.
Wortlos bewegte ich mein Becken unter ihm. Das war nicht wirklich eine Frage, sondern eine Aufforderung.
Für die nächsten Minuten richtete ich meine ganze Aufmerksamkeit auf Trev, dessen einziges Ziel es schien, mich zu reizen. Er bewegte sich mit mir – seine Hüfte gegen meine gepresst – strich mit den Händen über meinen Oberkörper, aber dabei blieb er auch. Stumm, mit einem sanften Lächeln hielt er meinen Blick gefangen, während er sich langsam vor und zurück wog. Mir war es recht. Wenn das alles war, was er für den Moment wollte, war ich ebenfalls zufrieden.
Daher bemerkte ich die Schritte auf der Treppe auch erst, als die letzte Stufe verräterisch knarrte. Sofort löste sich mein Blick von Trev und ging dorthin, wo Tino um die Ecke kam.
Für einen Moment lächelte er mich an, doch dann war er weit genug heran, um vollständig unter die Treppe und damit auf mein Bett zu sehen. Kurz zogen sich seine Augenbrauen verwirrt zusammen, dann bildete sich eine Zornesfalte auf seiner Stirn. »Isaac! Was soll das?«
Ich spürte, dass Trevor in der Bewegung stoppte und eine Ecke der Decke über meine Hüfte zog und auch sich damit bedeckte. Doch so wirklich nahm ich ihn nicht mehr wahr. Meine Gedanken rasten unkontrolliert, zeigten mir die schlimmsten Befürchtungen, was als Nächstes passierte. Mit einer derart feindlichen Reaktion von Tino hatte ich nicht gerechnet. Sie überforderte mich.
Die einzige Reaktion, die mir in dem Moment sinnvoll erschien, war genauso feindselig.
Ich stützte mich mit den Ellenbogen hinter dem Rücken ab, um nicht ganz flach zu liegen und mich notfalls wehren zu können. »Was machst du hier? Ich hab dich nicht gebeten, runterzukommen.«
Die Falte auf Tinos Stirn wurde tiefer und sein linkes Auge zuckte. »Ich hab deine Sachen im Flur gesehen und wollte sehen, wie es dir nach gestern geht. Aber scheinbar bin ich hier überflüssig.«
Während sich ein Teil meines Hirns verzweifelt fragte, was zur Hölle los war, bereitete der andere sich darauf vor, dass ich mich gleich verteidigen musste. Ich hatte Tino schon wütend erlebt, aber diese Art kannte ich von ihm nicht. Sie machte mir höllische Angst und verlangte mir alles ab, nicht in eine Panikattacke zu rutschen. Die Flashbacks, die bereits seit dem Abend lauerten, wollten sich in den Vordergrund drängen.
»Wer zum Fick bist du? Verpiss dich, Samsa hat dir gesagt, du bist hier nicht willkommen.«
Für einen Moment stand Tino der Mund offen, bevor er mit einer Mischung aus Wut und Verwirrung fragte: »Versuchst du gerade, mich aus meiner Wohnung zu werfen?«
Trevor stand auf, versuchte gar nicht mehr, sich zu bedecken, und stellte sich zwischen Tino und mich. »Nein, aber aus dem Zimmer, dass ganz offensichtlich nicht deins ist und dessen Bewohner du gerade Angst machst.«
Tino, der noch immer einen Kopf größer war als Trevor, sah an diesem vorbei auf mich. Langsam zog sie die Zornesfalte zurück. Er schluckte und leise rang sich ein »Fuck« über seine Lippen. Die ersten paar Schritte machte er rückwärts, dann stieg er langsam die Treppen hinauf.
Ich wartete auf den Knall der Tür, doch tatsächlich schloss Tino sie sehr leise.
»Bist du okay?« Trev setzte sich neben mich auf die Bettkante.
»Nicht wirklich. Aber du kannst auch grad nichts für mich tun.«
Verstehend nickte er. »Wer war das und was sollte das?«
»Mein Mitbewohner ... und Partner. Ich hab keine Ahnung, was in ihn gefahren ist. Ich versuche auch gerade, es zu verstehen.« Eifersucht. So viel konnte ich mir erklären. Aber Tino wusste, dass ich nicht gut damit klarkam, wenn er Eifersucht zeigte. Und das war bei weitem kein normales Maß mehr.
»Kommt das öfter vor?«, fragte Trev vorsichtig nach.
Ich zog die Arme hinter meinem Rücken vor und ließ mich damit zurückfallen. Die Hände legte ich über mein Gesicht, während ich verzweifelt lachte. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass mich das jemand früher gefragt hätte. Vermutlich hätte es nicht mehr gebraucht, um mich zum Reden zu bringen.
Vorsichtig zog Trev eine Hand von meinem Gesicht. Nachdenklich sah er mich an.
»Nein«, beantwortete ich seine Frage verspätet. »Ich weiß ehrlich nicht, was gerade passiert ist. Ich ...« Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Würdest du duschen gehen? Ich brauch einen Moment allein, um das zu verarbeiten.«
»Sicher.« Er stand wieder auf, drehte sich dann noch einmal um und küsste mich auf die Stirn – nachdem ich ihm mit einem Nicken gezeigt hatte, dass das in Ordnung war.
»Isaac«, sprach Tino mich mit reumütigem Ton an, sobald Trevor und ich durch die Kellertür kamen. Er saß am Küchentisch, so weit wie möglich von der Tür entfernt. »Können wir reden?«
Ich hatte damit gerechnet, dass er nicht mehr da war, daher erschrak ich im ersten Moment. Doch dann riss ich mich zusammen, ignorierte, dass Tinos Ton unangenehm in mir resonierte, und bedeutete Trevor, dass er vorgehen sollte.
Unsicher musterte er mich für einen Moment, nahm mir dann aber meine Tasche ab und verließ durch das Wohnzimmer die Wohnung.
Tino öffnete den Mund, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Halt die Klappe, ich will keine Entschuldigung hören. Was du da gerade getan hast, kannst du nicht wieder gut machen. Nicht mit Worten und ich fürchte auch nicht mit Taten. Du hast gerade jegliches Vertrauen zerstört.«
Kurz sah es aus, als wollte er widersprechen, doch dann nickte er einfach nur.
Unverständig spiegelte ich die Geste. »Fuck, was sollte das?«
»Du hattest mich vor der Tour gefragt, ob ich nach dem Konzert gestern für dich da sein könnte. Ich hatte also nicht damit gerechnet, dass du stattdessen wen anders hier her bringst, um dich zu trösten und mich so auflaufen zu lassen.«
»Ich hatte dich darum gebeten, dass du gestern nach dem Konzert dagewesen wärst, um mich aufzufangen. Du hättest nicht einmal währenddessen anwesend sein müssen, sondern einfach nur danach auf mich warten, um mit mir nach Hause zu fahren. Du warst derjenige, der abgelehnt hat. Also habe ich mir wen anders gesucht, um mich von den Flashbacks abzulenken. Die du mit deiner Aktion jetzt ganz hervorragend hervorgerufen hast. Nachdem ich gestern auch ohne deine Hilfe sehr gut damit klargekommen bin!«
»Es tut mir leid, ich wusste nicht ...«
Bevor Tino seinen Satz beenden konnte, klingelte mein Telefon. Eine Nachricht von Trevor, dass das Taxi vor der Tür stand, dass uns zum Bus bringen würde. Ich steckte das Handy zurück in die Hosentasche und drehte mich um. »Ich muss los. Wir sehen uns nach der Tour.«
Tino sprang auf. »Du kannst jetzt nicht einfach gehen!«
An der Küchentür blieb ich stehen. »Ich muss arbeiten. Ich hab keine Zeit.«
»Klar, du musst arbeiten. Wie praktisch, um dem Gespräch zu entkommen. Wenn es dir wichtig wäre, würdest du dir die Zeit nehmen!«
»Tino!« Diesmal wurde ich laut. »Jetzt wirst du unfair! Die anderen warten nicht auf mich, weil du plötzlich meinst, die Regeln ändern zu müssen. Ich habe nichts getan, was zwischen uns nicht abgesprochen war. Aber du überschreitest hier gerade gewaltig eine Grenze! Der Job ist mein Leben und er wird immer vorgehen. Das wusstest du von Anfang an. Wenn du etwas zu besprechen hast, was unsere Beziehung angeht, dann wird das warten müssen, bis ich wieder zu Hause bin.«
Ich wartete nicht darauf, ob er noch etwas zu sagen hatte, sondern verließ die Wohnung.
Es war Trev anzusehen, dass er nachfragen wollte, doch als ich nur an ihm vorbeiging und ins Taxi stieg, folgte er und schwieg die gesamte Fahrt über mit mir. Er hielt lediglich meine Hand und drückte sie, wenn ich gelegentlich zu ihm herübersah.