Rating: P12
Nach dem Prompt „Pantherchamäleon/Farbwechsel“ der Gruppe „Crikey!“
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Es war ein friedlicher, sonniger Tag. Im klaren Schein beider Sonnen spülte das Meer an den weißen Strand, einen dünnen Sandstreifen, der rasch vom dichten Urwald überwältigt wurde. Die Wurzeln der Bäume reichten oft bis ins salzige Wasser. Mit ihren dünnen Stämmen konnten sie sich zu hunderten auf den winzigen, vorgelagerten Inseln halten. In ihren schilfartigen Kronen blühten große Blumen wie bunte Sterne, mal rot, mal gelb, mal blau.
Lange Zeit hörte man nur die Wellen und das trockene Rascheln unter der heißen Luft. Dann bewegte sich etwas dunkles am Rand des Sandstreifens. Ein schlankes, gepunktetes Fanaloka wieselte aus dem Wurzeldickicht und hielt an der Außengrenze der sicheren Deckung. Die Schnurrhaare bebten, als das Tier schnupperte und dann wachsam den Kopf mit den kleinen Ohren und Knopfaugen drehte.
Als es keine Gefahr erkennen konnte, schlich das Katzentier geduckt vorwärts und zum Wasser. Was es dazu gebracht hatte, auch am Tage sein Versteck zu verlassen, war ein angespülter Krebs, der an der Wellengrenze lag, gerade mittig auf einem besonders breiten Sandstück, und einen für das Raubtier unwiderstehlichen Duft ausströmte. Das Fanaloka schlich näher. Dann erstarrte es und drehte den Kopf lauschend. Seine runden Ohren zuckten, doch es entspannte sich wieder und trat neben den Krebs.
In diesem Moment flog ein buntbemalter Bumerang aus dem Wald. Schneller, als das Fanaloka reagieren konnte, traf die geschwungene Waffe. Das Raubtier war auf der Stelle tot, und der Bumerang kehrte in den Wald zurück. Er schien direkt auf einen Baum zuzufliegen, doch kurz, bevor er ihn erreichte, streckte sich plötzlich ein Arm vom Stamm und fing die Waffe auf.
Sesu kletterte langsam aus dem Geäst. Das Wesen war etwa zwergengroß, hatte Arme und Beine, die langsam sichtbar wurden, als die Schuppen eine violette Musterung annahmen, statt wie zuvor mit den Farben des Waldes zu verschmelzen. Zum Vorschein kam ein schlankes, geschupptes Erdwesen ohne Haar mit vorspringenden Augen, die sich unabhängig voneinander zu bewegen schienen, und einem an der Spitze eingerollten Schwanz. Sesu trug keine Kleidung, und ob es eher männlich oder weiblich war, ließ sich nicht erkennen.
Mit einem Auge den Wald im Blick behaltend setzte sich der Jäger neben die Beute und kontrollierte, dass das Fanaloka sich nicht mehr rührte. Dann zog Sesu an der Schlinge, die um siere Schulter geschlungen war, und befestigte das tote Tier an einer Schlaufe daran.
Auch den Krebs, der als Köder gedient hatte, steckte Sesu wieder an, dann huschte sier lautlos zurück in den dichten Urwald. Sier hatte gute Beute gemacht, nun musste das Chamäleonwesen zurück zum Dorf, bevor die Nacht hereinbrach. Kaum im Schatten zwischen den Bäumen angekommen, nahm Sesus Haut das fleckige Schattenspiel des Lichts unter den Wipfeln an, und war im nächsten Moment kaum noch wahrnehmbar. Nur das Rascheln der Schritte verriet den ansässigen Tieren, dass etwas in der Nähe war, ein großes Wesen, das all die Fanalokas und Tenreks um ein Vielfaches überragte, ein wahrer Riese dieser Welt, mit einer beängstigenden Fähigkeit zur Tarnung.
Aber für heute hatte Sesu genug gejagt, und so drohte der Tierwelt keine weitere Gefahr.