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Nach dem Prompt „Gold-Laubfrosch [Tierische Saunageschichten]“ der Gruppe „Crikey!“
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Atemlos rannte er durch das kniehohe Strauchwerk, dessen verkümmerte Äste sich dunkel zum Himmel reckten. Tmy beachtete die Schlange kaum, die zischend die Flucht ergriff, und wich den Kakteen oft erst im letzten Moment aus, ehe sich ihre Dornen in seine Beine bohren konnten.
Sein Herz ging schnell und panisch. Als er das glitzernde, dunkle Wasserband vor sich sah, schluchzte der Junge beinahe auf.
Er stolperte ans Ufer, sah sich nur flüchtig nach Krokodilen um. Mit einem Ast ging er bogenförmig durch das Schilf vor sich, beugte die langen, starken, scharfkantigen Halme. Er achtete kaum auf die Schnitte, die sich bald über seine Schuppen zogen, noch auf die steigende Sonne. Er sollte vor dem Ende der Dunkelheit heimkehren, hieß es immer, doch ohne das Heilmittel würde er nicht umkehren. Sollten die Womarry ihn doch bemerken, ihm war es gleich. Sie hätten ohnehin Angst vor ihm.
Und er brauchte das Heilmittel für seine Mutter. Sonst würde sie ihn am Ende verlassen, so wie sein Vater!
Aus dem Augenwinkel sah er etwas hüpfen. Tmy wirbelte herum und sah den Frosch, der auf einen anderen Schilfzweig sprang. Platschend lief Tmy tiefer in das Wasser und streckte die Hand aus. Noch einmal entwich ihm der Frosch, landete im vom aufgewirbelten Schlamm braunen Wasser zwischen den Schilfwurzeln. Tmy ging in die Hocke und wölbte die Hände über dem Tier, drückte es zum Boden des Flusses.
Der Frosch zappelte unter seinen Fingern. Als Tmy ihn aufhob, wusste er, dass es der richtige war. Ein bronzenes Tier, mit helleren Streifen auf dem Rücken, die hinter den Augen ansetzten - doch vor allem spürte er den brennenden Schleim auf der Haut.
"Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe", flüsterte er, während er den Beutel von der Hüfte zog. "Ich will dich nicht essen, aber ich brauche deine Hilfe!"
Er verstaute den Frosch im Beutel und kauerte sich nur einen Moment hin, um den Schleim von seiner Haut zu waschen. Er spürte immer noch ein leichtes Brennen, als er losrannte, doch er würde nicht wieder umkehren.
Mit weiten Sprüngen, den Beutel am ausgestreckten Arm vor sich halten, um dem Frosch das schlimmste Geschüttel zu ersparen, rannte Tmy zurück.
⁂
Als er in seine Wohnhöhle stolperte, völlig außer Atem, quollen ihm weiße Dämpfe entgegen. Auch der Tunnel vor der Höhle war von heißen Schwaden erfüllt. Tmy ächzte, als er nach der trockenen Hitze an der Oberfläche mit der feuchten Glut hier konfrontiert wurde.
"Ah, da bist du ja, Junge. Hast du den Frosch gefunden?" Die Heilerin hockte auf den Fersen neben seiner Mutter, nun drehte sie sich zu ihm. "Sehr gut!" Beim Anblick des Frosches, den Tmy hervorholte, teilte ein Lächeln das Gesicht der alten Schamanin.
Unruhig tigerte Tmy auf und ab, während die Schamanin den Schleim vom Rücken des Frosches erntete, in ein Glas strich und mit anderen Mitteln vermengte. Kräuter, Salbe, Wasser. Wasser brodelte auch in einem Topf, in den die Schamanin schon seit Stunden immer wieder glühende Steine legte, um die Luft so warm und feucht zu halten. Ein Nebel, durch den Tmy das Gesicht seiner Mutter kaum noch erkennen konnte.
Sein Atem rasselte im Hals. So still wie möglich sah er zu, wie die Heilerin die neue Paste aus Froschschleim auf die Wunden seiner Mutter strich. Diese wimmerte kaum hörbar, verzog das Gesicht. Tmy sprang auf, sein Herz klopfte schon wieder wild. Doch er wagte es nicht, näher heranzugehen.
"Deine Mutter braucht jetzt Ruhe", sagte die Heilerin schließlich. Sie lächelte auf den Jungen herab. "Und du siehst mir auch sehr müde aus! Willst du nicht schlafen?"
Er schüttelte den Kopf. "Ich warte, bis sie wach wird."
Die Heilerin schwieg einen Moment. "Guck mal, dem Frosch ist hier viel zu heiß. Willst du ihm nicht einen kühleren Platz anbieten? Als Dank dafür, dass er deine Mutter gesund macht?"
"Sie wird wieder ganz gesund?", fragte Tmy zaghaft.
"Aber ja, mein Kind. Das wird ein paar Tage dauern, aber ehe du dich versiehst, ist deine Mutter wieder die Alte." Die Schamanin legte ihm die Hand auf die Schultern und dirigierte ihn sanft nach draußen. "So lange wird auch der Frosch bei uns wohnen, bevor wir ihn zurück nach draußen bringen. Also sollten wir ihm besser ein kleines Zuhause bauen, wo er sich wohlfühlt."
Tmy nahm den Beutel ehrfurchtsvoll entgegen und nickte ernst. "Damit er ganz viel heilenden Schleim absondern kann!"
Die Schamanin schmunzelte. "Genau. Gehen wir!"
Und noch ehe Tmy mehr getan hatte, als einen Tonkrug mit Moos zu polstern, war er bereits eingeschlafen. Die Schamanin deckte ihn mit leisem Durchatmen zu und kümmerte sich dann alleine weiter um den Frosch. Der Junge konnte sich nach den sorgenvollen Tagen und den Strapazen der langen Suche endlich erholen.