Rating: P12 [TW: Drittes-Reich-Thematik, Krieg]
Nach dem Prompt „Pyramiden-Kofferfisch“ der Gruppe „Crikey!“
Zusätzliche Inspiration: Sabaton, "Hearts of Iron":
https://www.sabaton.net/discography/heroes/hearts-of-iron/
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Als Junge hatte Xamito oft die Pyramidenfische beobachtet, die in der Bucht im Osten Akijamas lebten. Weiße Fische mit dunkleren Flecken, deren Form durch die Dornen an Pyramiden erinnerte. Er war davon fasziniert gewesen, hatte es jedoch als Erwachsener vergessen. Ein Elfenleben war lang, und so war die Erinnerung von anderem verdrängt worden. Eine halbe Ewigkeit als Soldat und schließlich Offizier und Kommandoführer unter Xpiakane.
Doch als er diesen Befehl in Händen hielt, glitten seine Gedanken urplötzlich zu den Fischen seiner Jugend zurück.
Die Schriftzeichen auf dem Pergament befahlen ihm, Hayira einzunehmen, den Sitz des castianischen Weilechs. 'Alle Kräfte' sollten für diese Schlacht aufgebracht werden. Die Stadt sollte in akijamische Hand fallen, um Casta zu unterwerfen.
Seufzend ließ Xamito das Pergament sinken. Er sah zu dem Palast mit der grünen Kuppel, umringt von den Palmen der Oase. Dichte Dschungel umgaben das Herz Castas. Eine Wildnis, die unter dem Krieg ebenso litt wie die Bevölkerung: Rauch stieg im Osten und Westen der Stadt auf. Das waren, wie er wusste, die Armeen von Casta und Dhubayaana, die die Zange von beiden Seiten unaufhörlich schlossen. Auch Teile der Stadt brannten bereits. Wenn es nach Xpiakane ging, der großen Führerin, würde Hayira heute bis auf die Grundfesten niedergebrannt. Seine 12. Armee war es, die mit diesem Auftrag betraut war.
Doch war es überhaupt Xpiakanes Willen? Gerüchte verbreiteten sich, dass sie entweder in einem eisernen, mechanischen Vogel geflohen oder getötet worden war. Xamito ließ den Blick über den vor ihm im Sand aufgebauten Kartentisch schweifen: Die orange und blaue Linie der beiden Armeen, die sich zuziehende Schlinge. Dann sah er wieder zur Stadt.
Er war ein paar Mal dort gewesen, um zu verhandeln. Dabei hatte er Kinder am Fluss mit den Fischen spielen sehen und Frauen, die vor kleinen Schreinen für die sichere Heimkehr ihrer Ehemänner beteten. Schreinen wie die kleinen Pyramiden auf den Hängen des höchsten Berges, zuhause in Akijama. Die schneebedeckten Steinpyramiden zu Ehren der Edelsteindrachen, wo sicherlich akijamische Frauen mit ganz ähnlichen Gebeten knieten.
"General?", fragte einer der Offiziere, die schweigend auf seinen Befehl gewartet hatten.
Xamito ballte die Faust um den Befehl. "Die Männer sollen sich rüsten. Wir bilden zwei Linien am Flussufer und von dort zur Stadt. Sie sollen sich eingraben."
"Verzeihung?" Die Offiziere sahen ihn an.
"Gräben ausheben", erklärte er.
"Das war nicht ... verzeiht, General. Mir ist die Position nicht ganz klar. Marschieren wir vom Fluss aus zur Stadt? Dort gibt es keine großen Tore, durch die unsere Männer ..."
"Ihr habt mich missverstanden, meine Herren. Das hier wird keine Schlacht."
Mit großen Augen starrten sie ihn an.
"Hayira zu stürmen, wäre ein Selbstmordkommando. Die castianischen Krieger sind fast hier. Sie werden uns umzingeln und aushungern, genau wie die Männer der Neunten!" Diese Armee war nämlich verantwortlich für einen Teil der Feuer in der Stadt. Xamito wusste, dass sie den Befehl eher erhalten hatten, da sie den schnellen Stoßtrupp bildeten. Sie warteten hinter den Mauern auf Verstärkung.
"Wenn wir in castianische Kriegsgefangenschaft kommen, können wir keine Gnade erwarten", fuhr er fort. "Wir müssen auf die Gerechtigkeit der Dhubyani vertrauen. Dafür müssen wir den Bakaronya überqueren." Ernst sah er seine Offiziere an. "Auf der anderen Flussseite wartet der Frieden auf uns. Und wir werden einen Korridor für die Neunte und alle Zivilisten bilden, die Hayira verlassen wollen."
"Ihr wollt Euch gegen die Führerin stellen?", fragte ein Offizier. "Gegen das Reich? Was ist mit der Bedeutung von Hayira für ..."
"Es geht hier weder um Hayira noch um das akijamische Reich oder Xpiakane!", donnerte Xamito. "Es geht um die Männer, die dafür gekämpft haben! Welches Schicksal sollen wir ihnen bereiten?"
Die Widersprüche erlahmten. Neue Zweifel kamen auf - warum nicht selbst fliehen, statt auf Zivilisten und Soldaten zu warten und dabei weitere Tote oder Gefangenschaft zu riskieren. Doch Xamito hielt dagegen, dass sie so viele wie möglich retten sollten.
Dann sprach er zu den Soldaten. Die Männer zogen los, schaufelten Gräben, legten sich mit Gewehren in Position. Warnschüsse zischten durch die Luft, während im Rücken der doppelten Reihe erste Zivilisten kamen. Frauen mit Kindern, das Nötigste aufgeladen, auf der Flucht vor den anrückenden Soldatenhorden. Sanitäter mit Verletzten, die fürchteten, Kollateralschaden zu werden. Dann kamen Soldaten der Neunten Armee, die genau wie Xamito die Wahrheit erkannt hatten: Der Krieg war verloren. Jetzt war nicht die Zeit, an falschen Idealen festzuhalten.
Als er mit dem letzten Floß über den Fluss setzte, sah Xamito zu der in Flammen stehenden Stadt zurück. Rauch hing schwer in der Luft. Das Ufer davor war gesäumt mit Gefallenen und getränkt von Blut. Die Castianer rückten über den roten Sand vor.
In diesem Moment fühlte er nichts als eine lähmende Schwere. Traurigkeit, nicht wegen des verlorenen Krieges, sondern weil er nicht alle hatte retten können.
Kugeln flogen über den Fluss, ohne ein Ziel zu suchen. Drüben, an der anderen Seite, wurde Xamiros Floß von Mooselfen aus Dhubayaana in Empfang genommen, die sich feixend über die durchnässten Gegner freuten oder den Verbündeten in castianischem Orange über den Fluss hinweg winkten.
Ihm wurden Handschellen angelegt. Als Xamiro zwischen seinen Männern im Sand am Flussufer kniete, sah er einen Fisch zwischen dem Seetang aufblitzen, nur für einen Moment: Weiß mit schwarzen Flecken.
Und da dachte er: Ich bin beinahe zuhause.