Du bist Brenna Sundergeer.

Du reißt Duma herum. Deine arme Stute schreit schrill auf, während sie mit schlitternden Hufen neuen Halt sucht. Karja und Elred folgen dir verwirrt zu dem Kanal, doch es bleibt keine Zeit, um ihnen etwas zu erklären.

Duma scheut am Rand der Kanalisation. Doch mit einem entschiedenen Schenkeldruck überzeugst du sie, hinabzuspringen.

Der Kanal ist hoch genug, dass du aufrecht im Sattel sitzen kannst, während Duma durch die schäumende, braune Brühe rennt. Abwasser spritzt bis über deine Ohren. Du presst die Lippen zusammen, hältst den Atem an und betest, dass die Zwerge euch nicht abschießen.

Das wäre es noch – in Scheiße erschossen werden!

Nacheinander galoppieren Duma, Coritas und der Esel in den Berg hinein. Es wird dunkel, nur einige vereinzelte Laternen erhellen euren Weg, der unter dem Tor hindurch und immer weiter nach draußen führt. Der Gestank ist bestialisch. Offenbar werden hier die schlimmsten Abwasser abgeführt, jene, die die Zwerge nicht im Berg haben wollen. Die Luft ist zum Schneiden dick.

Doch ihr habt Barkan’dor verlassen. Die Erleichterung, die dich bei dieser Erkenntnis durchflutet, ist berauschend. So berauschend, dass du sogar den Kanal um dich her vergessen kannst.

Du bist entkommen. Du hast überlebt! Die Prophezeiung, vor der Allyster euch gewarnt hat, ist nicht eingetroffen.

Du wolltest es nicht zugeben, aber die Angst vor dem Tod saß dir die ganze Zeit im Nacken. Die Angst vor Feuer und Sturz hat dich fast um den Verstand gebracht. Jetzt fällt eine gewaltige Last von deinen Schultern, deren Gewicht selbst dir nicht völlig bewusst war.

Ihr habt überlebt! Du bist in Sicherheit.

Große Ratten fliehen keckernd vor euren Pferden. Du wirst aus den Gedanken gerissen und versuchst, Duma zu beruhigen. Deine arme Stute zittert am ganzen Leib. Sie hat Angst und sie versteht nicht, was ihr in diesem dunklen Tunnel zu suchen habt. Du flüsterst ihren Namen und kraulst sie beruhigend.

Elred und Karja lenken ihre Tiere neben Duma. So trottet ihr eine Weile weiter.

„Denkt ihr, es gibt einen Ausgang?“

„Sehr wahrscheinlich“, sagt Karja. „Irgendwohin muss dieses Zeug fließen. Vermutlich in ein entlegenes Tal. Wir sollten dort nur ankommen, bevor die Zwerge es abriegeln können.“

„Wenn wir aber einmal dort sind, können wir uns einfach durch die Wildnis schlagen“, ergänzt Elred. „Immer nach Westen, zum Dornenwald. Der Heimat meines Volkes.“

Du lächelst sehnsüchtig. „Kalynor.“

Dort wirst du deinen Bruder wiedersehen, der sich nun keine Sorgen mehr zu machen braucht. Ihr wärt in Sicherheit.

Etwas kratzt in deinem Hals. Schlagartig brennen deine Augen, du musst husten. Ihr seid in eine Wolke von etwas geritten.

„Los!“, ruft Elred, worauf Coritas vorwärts rennt. Duma und der Esel laufen einfach mit, doch Duma gleitet auf dem algenglitschigen Boden aus. Du fällst aus ihrem Sattel, stürzt in die Wand und dann in das Wasser.

Vor Schreck über die Kälte schnappst du nach Luft – ein Fehler. Das Wasser, das du verschluckst, ist nicht nur widerlich, es brennt auch auf deiner Zunge. Keuchend rappelst du dich auf und stolperst deinen Gefährten nach. Deine Augen brennen noch schlimmer. Du taumelst, dir ist schwindelig und übel. Panisch und blind tastest du um dich. Wage kannst du die Rufe deiner Freunde vernehmen. Das Wasser in deinen Ohren verhindert, dass du ihre Worte erkennst, bis es zu spät ist.

„Brenna, andersherum! Du läufst wieder rein!“

Ächzend sinkst du zu Boden. Deine Füße haben nachgegeben. Du rings um Luft. Dein Hals fühlt sich an, als wäre er zerschnitten.

„Brenna!“, heult einer deiner Gefährten. Wer, kannst du schon nicht mehr sagen. Du schwankst, dann kippst du nach vorne ins Wasser.

Es brennt. Welches Gift auch immer es ist, du kannst dich ihm nicht mehr widersetzen. Gurgelnd spürst du es in deinem Mund, deinem Rachen, deinen Ohren und Augen. Die Luft geht dir aus und du sinkst.

Als letztes geht dir durch den Kopf, wie unfair das alles ist. Du warst doch in Sicherheit!

Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.

Allerdings gibt es ein Multiversums-Ende, eine längere Kurzgeschichte, die dieses Ende ausbaut.

• "Gebrochene Herzen"

[https://belletristica.com/de/chapters/350314/edit]

Anm.: In der Kurzgeschichte wird eine andere Pairingoption genutzt.

Um das Canon-Ende für Brennas Teil der Geschichte zu erreichen, musst du versuchen, den Obsidianspiegel zu stehlen.

Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!