nachgeschrieben am 15.03.2020
Noch ist Wintersperre und ich nehme den langen Weg statt der Treppe, von der mich ein Gatter trennt. Es ist nicht das Schlechteste, denn der Weg führt mich näher an den alten Bäumen vorbei, die hier stehen und ich sehe kleine Feuerwanzen sich auf dem Randstein tummeln. Früher fuhren hier Autos hinauf. Nun ist diese Stelle ruhiger, idyllischer. So wie es passend ist vor dem eisenen Tor und den hohen gelben Mauern dieses Parks der Stille, der Ruhe, der Toten.
Klimpernd fällt meine Münze in den Automaten und ich nehme zwei Kerzen heraus. Es sind immer zwei...
Meine Füße tragen mich durch das Tor, vorbei an den Paten und Gedenkschriften, der aktuellsten Fälle. Mein Beileid an alle, die Verluste ertragen müssen. Es ist nicht leicht.
Ich habe nicht weit. Zwei Reihen später biege ich ein und wandere übers Gras. Gänseblümchen trauen sich langsam hervor. Ein Zeichen des Frühlings, das mich lächeln lässt. Auf meinem Weg bis hierher habe ich auch Schneeglöckchen im Garten meiner Nachbarn gesehen und die kleinen grünen Knospen an den Büschen. Es wird wärmer und die kalte Jahreszeit weicht.
Sicherlich... Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Charme und jeder von uns bevorzugt eine andere.
Ich öffne die kleine Laterne neben dem glatt geschliffenen Stein und entnehme die abgebrannte Kerze.
Für mich ist der Winter ab Weihnachten nicht mehr wirklich mein Freund, auch, wenn ich stets versuche die Schönheit darin zu finden. Ich mag Schnee. Selbst die kahlen Bäume mag ich, denn so kann ich deren Skelette studieren. Auch der kalte Wind kann mir ein tröstender Freund sein.
Dennoch... Die Lichter fehlen mir und mein Herz schreit früher oder später nach neuem Leben, neuer Hoffnung.
Vor kurzem habe ich neue Hoffnung in meinen kleinen Weihnachtsstern gesetzt, der mcih seit mindestens drei Jahren begleitet. Ich habe ihn geschnitten und Setzlinge gebastelt und einer von ihnen trägt winzig kleine Blätter, während die alte Pflanze neu austreibt.
Vielleicht habe ich dieses Jahr einen roten Weihnachtsstern neben mir am Tisch stehen.
Wer weiß...
Mit einem Zischen entfacht die kleine Flamme am Streichholz. Ich bin kein Fan von Feuerzeugen. Irgendwie geben sie mir nicht das gleiche, magische Gefühl, dass ein Streichholz in mir erfüllt, während ich eine Kerze entzünde und diese in die Laterne packe.
Eine Umdrehung und die zweite Kerze steht entflammt bei einem weiteren Grab. Ich kenne die Menschen nicht, die hier ruhen, doch sie gehören zu meinen Vorfahren.
Ich vermisse euch alle, die hier liegen. Ihr, die ihr so viele Bilder hinterlassen habt von Blumen und Bergen, festgehalten in Öl und Acryl.
Euch würde der junge Frühling gefallen.
Ist es eigenartig, dass ein Besuch hier mich mit neuer Energie erfüllt? An einem solchen Platz besinne ich mich auf das Wichtigste und finde Trost und inneren Frieden.
So stehe ich nun hier, am Ende des Winters, besuche euch mal wieder und finde Ruhe in der Stille an diesem Ort und der Natur, die hier überall bald erblühen wird. Bald schon werde ich hier wieder zahlreiche Eichhörnchen herumhuschen sehen und Vögel singen hören.
Bis dahin, auf Wiedersehen. Wacht über uns, so gut ihr könnt. Auf dass alle düsteren Tage besseren weichen. Ich schreite voran und mache das Beste.