. ∘ * . • ° • . * ° ❆ ° * . • ° • . * ∘ .
Kapitel 16
Night Market
Tag 2: Die perfekte Location
Während Sebastian an seinem Laptop arbeitet, verstecke ich mich im Schlafzimmer, um an seinem Geschenk zu arbeiten. Nachdem ihm gestern Abend beim Night Market so kalt war, denke ich, dass ich das richtige Geschenk für ihn habe. Naja, zumindest ist es in Arbeit. Ich muss viel Zeit abzweigen, damit ich noch rechtzeitig fertig werde. Wenn ich gleich gewusst hätte, dass wir uns etwas schenken werden, dann hätte ich angefangen zu stricken, als der erste Schnee gefallen ist.
Es klopft an der Schlafzimmertür. „Ryan, ich fange an zu kochen. Magst du helfen oder bist du beschäftigt?“
„Ich würde gerne helfen, Sebastian, aber ich sollte lieber hier drinnen bleiben.“
„…bist du nackt?“
„Wa- nein!“
„Oh, sorry, dann masturbier brav weiter. Falls du Inspiration brauchst, kann ich mich ein bisschen auf dich setzen…“
„Ich masturbiere nicht! Sebastian, ich bin echt beschäftigt.“
„Ich hör schon auf, dich zu ärgern.“ Sebastian klingt belustigt. „Es gibt übrigens Spaghetti Bolognese, ist das okay?“
„Das ist mehr als okay, ich hab ewig keine mehr gegessen.“
„Dann mach dich darauf gefasst, dass deine Geschmacksnerven durchdrehen.“
„Mach ich.“
Ich bin gespannt, ob Sebastian an dieses Versprechen auch mit seinen Kochkünsten anknüpfen kann. Wenn ich an seine köstlichen Pfannkuchen denke, klingt es auf jeden Fall vielversprechend.
…
Abends sind meine Finger vom Stricken ganz schön müde. Sebastian und ich essen noch eine Portion seiner fabelhaften Spaghetti, die es bereits zum Mittagessen gab.
„Wenn ich mal in der Todeszelle lande, will ich deine Spaghetti als Henkersmahlzeit“, schwärme ich glücklich. Mit meiner Gabel drehe ich einige Nudeln ein. Die mundgerechte Portion landet genau dort: In meinem Mund. Genüsslich kauend sehe ich Sebastian an, der sich gerade mit einer Serviette über die Wange streicht, um etwas Sauce von seiner Haut zu wischen.
„Wieso solltest du in der Todeszelle landen? Ich kenne keinen Menschen der netter und aufrichtiger ist, als du.“
Ich zucke mit den Schultern und überlege, was ich anstellen könnte, um in der Todeszelle zu landen. „Vielleicht…“ Ich schlucke hinunter. „Vielleicht überfällt mich jemand und ich steche ihn ab.“
„Das ist wahrscheinlich nur Notwehr und es ist schwer vorzustellen, dass du jemanden abstichst.“ Sebastian schmunzelt. „Wahrscheinlich bleibst du brav stehen und gibst dem Räuber alles, was du dabei hast und wünschst ihm dann noch einen schönen Abend.“
„Stimmt, ich würde mich nie wehren, ich hätte Angst um mein Leben… Also… Keine Ahnung, irgendwer hängt mir etwas an, weil ich ein gutes Opfer bin.“
Sebastian nickt. „Ja, genau das ist es.“ Er hebt seine linke Hand, deutet mit seinem Zeigefinger in meine Richtung. „Das ist es. Du bist ein leichtes Opfer, weil du zu nett bist. Also… Wenn dir jemand ein Messer in die Hand drückt und dich fragt, ob du es für ihn aufbewahren kannst, dann sagst du nein.“
Es klingt wie ein mieser Krimi, den sich ein recht unkreativer junger Mensch ohne Lebenserfahrung ausgedacht hat, doch ich bin fast sicher, dass so etwas schon vorgekommen ist. „Verstanden. Ich bewahre keine Messer für irgendwelche Leute auf.“
„So ist’s brav“, lobt Sebastian mich lächelnd. „Willst du noch Nachschlag haben? Ein bisschen ist noch da. Wäre schade, das wieder einzukühlen, für eine Portion reicht es nicht mehr.“
„Immer her damit. Bevor wir gehen muss ich aber noch ein Nickerchen zur Verdauung machen.“
„Klingt super, da schließe ich mich an.“
Mein Freund serviert mir den Rest unseres Mittag- beziehungsweise Abendessens, auch auf seinem Teller landen noch einige Nudeln und etwas Sauce.
Nach dem Essen landen wir zusammen auf der Couch. Der Nachschlag war keine gute Idee, ich kann mich kaum bewegen. Aber manchmal ist das Essen so lecker, dass man nicht anders kann, als weiter zu essen und immer weiter zu essen. Dafür muss man manchmal seine Beweglichkeit einbüßen.
Ich atme geschafft aus. Sebastian schiebt mein Shirt hoch. „Awww… wir bekommen ein Baby? Wieso sagst du mir das nicht?“
Ich blicke auf meinen Bauch. „Ich dachte du glaubst mir nicht, wegen der unbefleckten Empfängnis“, spiele ich grinsend mit. Mein Magen sieht aus als hätte ich eine Melone im Ganzen verschluckt.
„Egal was es wird, ich werde unser Baby ewig lieben und anbeten.“
„Du bist ja richtiges Heiratsmaterial, Sebastian“, scherze ich grinsend.
„Du auch, Ryan.“
Sanft streichelt Sebastian über meinen Bauch, ich schiebe seine Hand von meinem Magen zu meinem Unterleib, ein paar Zentimeter unter meinen Bauchnabel. Dort fühlen sich die Streicheleinheiten gleich besser an. Ich werde nicht nur gestreichelt, sondern auch geküsst.
„Ich liebe deinen Bauch“, erzählt Sebastian ein wenig verträumt.
„Und ich deine Spaghetti… viel zu sehr übrigens, ich kann mich nicht mehr bewegen.“
„Willst du heute wirklich noch raus gehen? Wir können auch hier bleiben. Morgen ist ja auch noch ein Tag.“
„Ja, ich will heute wieder auf den Night Market. Wir haben uns gar nicht alles angesehen. Ich hab so viel herumgeschleppt, dass ich gar nicht mehr die Kraft hatte, alles zu bewundern. Ich wollte mir ja noch das U-Boot ansehen. Ich hab das Meer immer nur von oben gesehen, aber so können wir abtauchen und die Unterwasserwelt um uns herum betrachten. So eine Gelegenheit bekomme ich nicht mehr so schnell. Ich werde ein kleines Nickerchen machen und dann sehen wir uns das an. Wenn du nicht mitkommen willst, dann gehe ich alleine.“
Sebastian schüttelt gleich den Kopf. „Ich lasse dich nicht alleine in der Dunkelheit rausgehen. Ich will dich beschützen.“
„Und wovor?“
„Unbefleckter Empfängnis zum Beispiel“, antwortet er lachend.
„Du bist ein Idiot. Lass mich ein bisschen schlafen.“
„Sorry.“ Mein Freund kuschelt sich an meine Seite, ich bekomme sogar einen Kuss auf die Wange. „Ich stelle noch einen Wecker, dass wir deine Pläne ja nicht verwerfen.“
„Danke, das ist lieb.“
…
Auch wenn ich heute das zweite Mal den Night Market betrachte, ist er noch genauso beeindruckend wie gestern. Als ich das letzte Mal wegen einem Festival so aufgeregt war, habe ich mich auf der Stardew Valley Fair umgesehen. Sebastian und ich spazieren den Strand entlang. Ich genieße die frische, kalte Winterluft. Nach einem Nickerchen gibt es wohl nichts Schöneres als einen Spaziergang am Strand. Wir bleiben am Ufer stehen und betrachten die Lichter des Festivals, die sich im Wasser des Meeres spiegeln. Sebastian drückt meine Hand ein wenig.
„Hey, Ryan, ich würde dir gerne etwas sagen.“
„Was denn?“, frage ich nach. „Das klingt ernst.“
Ich drehe mich zu meinem Freund, auch er dreht sich zu mir. Sebastian lehnt sich zu mir, um mich zu küssen. Er hat den gestrigen Wink mit dem Lippenbalsam verstanden und heute gleich welchen aufgetragen. Ich erwidere den Kuss sanft, doch Sebastian löst sich wieder von mir.
„Ernst ist das falsche Wort. Es ist nur so, dass ich dir etwas sagen möchte und dachte, dass die Location passend wäre.“ Ich sehe auf das Meer. Die gespiegelten Lichter tanzen regelrecht auf der Wasseroberfläche. Als mein Blick wieder zu Sebastian gleitet, atmet er tief durch. „Ich liebe dich, Ryan.“
Die Worte lösen in mir große Aufregung aus. Ist es schon so weit? Unsere starke Anziehungskraft… ist das wirklich Liebe?
Hibbelig greife ich nach seinen Händen. Er drückt meine Finger fest, als ich mich vorbeuge, um ihn zu küssen.
Es ist Liebe, da bin ich mir ganz sicher. Ich hatte noch nie so starke und intensive Gefühle für jemanden. Sebastian ist etwas Besonderes. Er könnte der Richtige sein. Nein, er ist der Richtige. Ganz sicher.
„Ich liebe dich auch, Sebastian.“
Weitere Worte brauchen wir nicht. Im Prinzip könnten wir auch gar nicht sprechen, denn Sebastian verwickelt mich bereits wieder in einen Kuss. Wir bewegen unsere Lippen aneinander, es dauert auch nicht lange, schon setzen wir unsere Zungen ein. Sebastian hebt seine Arme und legt sie um meinen Hals. Glücklich schmiege ich mich an meinen Freund. Wie lieben uns! Jetzt wo wir es ausgesprochen haben, ist alles so offiziell. Ich bin vor Freude ganz aufgeregt.
„Du kannst dich ja gar nicht mehr auf den Kuss konzentrieren“, stellt Sebastian lächelnd fest. Ein letzter, sanfter Kuss wird noch auf meinen Lippen platziert. „Ich liebe dich so sehr, du aufgeregtes Ding.“
„Entschuldige, ich freue mich gerade so sehr, dass ich gar nicht mehr still stehen kann. Ich würde meine Freude am liebsten rausschreien.“
„Entschuldige dich niemals dafür, dass du dich über etwas freust.“ Sebastian nimmt mich an der Hand. „Komm, Ryan. Die nächste Fahrt mit dem U-Boot sollte in ein paar Minuten starten.“
„Okay.“
Wir bezahlen unsere Tickets für die U-Bootfahrt. Der Preis ist höher, als ich erwartet habe, aber ich bin sicher, dass es sich auszahlt.
Wir steigen ein und nehmen gleich am Fenster Platz.
Ich mache meinen Bedanken ein wenig Luft: „Hoffentlich sehen wir genug. Draußen ist es dunkel und wenn wir unter Wasser sind, ist es bestimmt auch dunkel.“
„Die nehmen uns kein Geld ab, um uns Dunkelheit zu zeigen“, erklärt Sebastian schmunzelnd. „Sie sorgen für genug Licht. Man sieht zwar nicht weit, aber man bekommt etwas zu sehen.“
„Ich bin schon ganz gespannt, was für Fische wir sehen werden.“ Ich blicke aus dem großen Fenster, sehe allerdings nur die Docks. Auch mein Freund sieht sich um. Er beginnt zu lachen.
„Was ist?“
„Dein geliebter Yoba bestraft Shane dafür, dass er uns den Sex versaut hat.“
„Was?“, frage ich nach und versuche gleich einen Blick auf Shane zu erhaschen.
„Da beim Mülleimer“, erzählt er, zeigt dabei in Shanes Richtung. „Er übergibt sich.“
Ich folge Sebastians Finger und erblicke Shane. Der Arme ist über eine Mülltonne gebeugt. Zu genau sehe ich es nicht, doch an seinen Bewegungen und seiner verkrampften Körperhaltung erkenne ich genau, dass er sich übergibt. „Tja… Alkohol ist ein Gift und der Körper will es loswerden.“ Sebastian stimmt mir nickend zu. „Ich bin froh, dass ich das nicht aufwischen muss“, lege ich scherzend nach. „Hoffentlich merkt Shane bald, dass er sich damit keinen Gefallen tut. Dad hat auch ewig gebraucht, bis er es verstanden hat.“
„Er ist bereit, wenn er bereit ist“, meint Sebastian recht emotionslos. „Du kannst nicht jeden retten, vor allem, wenn er gar nicht gerettet werden will.“
„Stimmt wohl.“
Eine Durchsage ertönt. Obwohl ich damit gerechnet habe, dass wir uns das U-Boot mit anderen Mitfahrern teilen müssen, sind wir alleine. Das Boot legt ab, wir tauchen immer tiefer ins Wasser ein. Je tiefer wir eintauchen, desto spannender wird alles um mich herum. Dieser Abend bringt meine Emotionen zum Kochen. Es ist so viel los, dass ich heute Nacht wahrscheinlich vor Aufregung gar nicht richtig schlafen kann. Doch an Schlaf ist jetzt ohnehin noch nicht zu denken, es gibt zu viel zu sehen.
Ich betrachte die Unterwasserwelt des Meeres, gehe freudig auf und ab. Jedes Fenster wird von mir erkundet. Ich sehe hauptsächlich Seetang oder irgendwelche anderen Pflanzen, allerdings auch viele verschiedene Fische. Unter dem Licht der Scheinwerfer wirkt es, als ob einige der Fische schimmern und fast schon glitzern. Ich bin mit so vielen Informationen fast schon überfordert. Während ich auf und ab gehe, damit mir auch wirklich nichts entgeht, bleibt Sebastian sitzen und konzentriert sich auf ein einziges Fenster. Er kniet auf der Sitzbank, die direkt an ein Fenster grenzt. Seine Arme liegen verschränkt auf der Lehne, sein Blick ist interessiert nach draußen gerichtet.
„Hey Ryan, komm mal her.“ Ich eile sofort zu meinem Freund. Er deutet auf etwas, das ich für eine große Pflanze halte.
„Seetang.“
„Nein, sieh genau hin, da ist etwas.“
Ich setze mich neben Sebastian und nehme eine ähnliche Position ein wie er. Doch anstatt mich abzustützen, hebe ich meinen Kopf neugierig. Ich versuche einen Blick auf das zu erhaschen, was Sebastian mir zeigen möchte, doch ich entdecke nichts.
„Ich seh nichts…“
„Mist, ich auch nicht mehr… Entschuldige, Ryan, ich hätte dich früher holen sollen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt jemanden sehe.“
„Jemanden? Was hast du denn gesehen?“
Sebastian dreht sich zu mir. „Eine Meerjungfrau.“
„Klar…“, stimme ich sarkastisch zu. „Eine Meerjungfrau.“
„Ryan, im Ernst, sie ist hinter dir.“
„Was?“, frage ich verwirrt. Ich drehe mich sofort um.
An der Glaswand schwimmt doch tatsächlich eine Meerjungfrau. Sie winkt uns. Ich stehe schnell auf, um näher an sie heran zu kommen. Ich habe noch nie eine Meerjungfrau gesehen, doch das, was ich erblicke ist garantiert eine. Sie sieht genauso aus, wie man sie sich vorstellt. Vorsichtig lege ich meine Hand an die Glasscheibe. Die Meerjungfrau blickt auf meine Hand, irgendwie wirkt sie interessiert. Sie legt ihren Kopf von schief, erst nach links, dann nach rechts. Die Meerjungfrau betrachtet meine Hand, als hätte sie noch nie eine menschliche Hand aus der Nähe gesehen. Ein wenig zögert sie, doch dann legt sie ihre Hand an meine. Ihr dunkles, bläuliches Haar schwebt um sie herum. Ich kann mich an diesem Wesen gar nicht satt sehen. Noch nie habe ich etwas Schönes gesehen. Die Meerjungfrau verzaubert mich regelrecht.
„Du flirtest mit einem Fisch und das vor meinen Augen? Tz, tz, tz…“, zieht Sebastian mich auf.
„Sieh sie dir an, Sebastian. Sie ist atemberaubend.“
„Apropos Atem. Ich frag mich, wie lange sie die Luft anhalten kann. Muss ein harter Job sein.“
„Ein… Job…?“
Sebastian wirkt verwirrt. „Du denkst, dass sie echt ist? Ich glaube eher, dass sie zu dieser Meerjungfrauenshow gehört.“ Ich seufze, richte meinen Blick dann wieder auf die Meerjungfrau. Sie winkt mir zu, nimmt dann ihre Hand von dem Glas. Sie schwimmt hin und her, ihre Schwanzflosse bewegt sich geschmeidig im Wasser. Sie wirkt, als würde sie für uns tanzen. „Wir können uns die Show morgen ansehen, heute ist es leider schon zu spät.“
„Die Show…“
Die Meerjungfrau legt beide Hände an das Glas, sie sieht sich um, nimmt dann allerdings wieder Abstand vom Boot. Die Meerjungfrau haucht mir einen Kuss zu, außerdem winkt sie mir. Ein wenig nervös blicke ich zu meinem Freund, der bloß schmunzelt. „Ich glaub sie mag dich.“
„Kann sein“, antworte ich leise. „Ich bin grade total verlegen deswegen. Sie ist eine Meerjungfrau und sie mag mich, das ist so verrückt.“
Nach einem weiteren Winken, das ich vorsichtig erwidere, nimmt sie immer mehr und mehr Abstand von dem Boot. Sie verschwindet in den dunklen Bereich des Wassers. Ich versuche, sie wieder zu entdecken, doch die Meerjungfrau bleibt zwischen im Wasser schwingendem Seetang verschwunden.
„Ich wünsche mir so sehr, dass sie echt ist, Sebastian.“
Mein Freund legt seinen Arm um mich. Ich bekomme einen zarten Kuss auf die Wange. „Das ist sie bestimmt.“
„Meinst du das echt oder sagst du das nur so?“, frage ich ein wenig skeptisch nach.
„Ich meine es so“, versichert Sebastian mit einem Lächeln.
Die restliche Fahrt mit dem U-Boot ist spannend, doch nichts, was ich sehe ist so aufregend oder zauberhaft wie die Meerjungfrau, die sich mit ihren geschmeidigen Bewegungen in mein Herz getanzt hat.
Ich kann verstehen, dass die Seemänner auf ihren Booten so verrückt nach ihnen sind und sich für sie ins unbekannte Wasser stürzen würden.
„Ach fuck, wir hätten ein Foto von ihr machen sollen“, erklingt Sebastian plötzlich neben mir. Er klatscht mit seiner Handfläche gegen seine Stirn. „Wieso komme ich erst jetzt darauf?“
„Wa-oh… ja. Mist.“
„Wozu haben wir Smartphones, wenn wir sie nicht smart nutzen?“, regt Sebastian sich gekünstelt auf, doch dann lacht er. „Oh Mann. Wir sind echt doof. Die Gelegenheit bekommen wir nie wieder.“
„Vielleicht ist es ja besser. Wenn alle glauben, dass es Meerjungfrauen gar nicht gibt, dann will sie auch keiner jagen. Menschen haben ja irgendwie so einen Schaden, dass sie alles Schöne kaputt machen müssen.“
„Ja, leider“, stimmt Sebastian mir zu.
Um die U-Bootfahrt nicht ganz zu vergessen, schießen Sebastian und ich trotzdem noch das eine oder andere Foto. Leider ohne Meerjungfrau.
Für den Heimweg holen wir uns noch einen großen, heißen Kaffee. Auch wenn man in Pelican Town alles locker zu Fuß erledigen kann, kommt einem der Weg manchmal ewig vor, vor allem, wenn man in der Kälte unterwegs ist.
Der teilweise eisige Weg wird durch Sebastians Smartphone erleuchtet. Er hat es in seine Brusttasche geklemmt, sodass wir nicht im Dunkeln durch den Schnee stapfen müssen. Unsere Schritte und leichter fallender Schnee ist das einzige, was auf unserem Heimweg zu hören ist. Der Winter ist so unfassbar still. Keine zwitschernden Vögel, kein Rascheln in den Büschen und auch keine Fledermäuse, die nachts ihre Runden ziehen. Die Natur hält ihren wohlverdienten Winterschlaf.
„Ich liebe dich, Ryan.“
Sebastian drückt meine Hand ein wenig fester, es wirkt, als würde er mich bei jedem ‚Ich liebe dich‘ fester halten, um mich davon abzubringen, zu fliehen. …und dabei ist das das Letzte, woran ich denke. Ich würde niemals vor einer Beziehung wie dieser fliehen. Zwischen Sebastian und mir wirkt alles so einfach. Ich fühle mich nicht nur zu ihm hingezogen, sondern spüre eine tiefe Verbindung, als wären wir beide genau da, wo wir sein sollten.
„Ich liebe dich auch und ich bin froh, dass du es zuerst gesagt hast. Wahrscheinlich hätte ich mich nicht so schnell getraut, obwohl sich das alles mehr als richtig anfühlt.“
„Ich hatte Angst, dass ich es vielleicht zu schnell sage, aber es musste raus. Es ist erleichternd, dass ich es los bin. Klingt blöd, aber ich hatte Angst, dass du… naja…“
„Musst du nicht“, versichere ich ihm. Auch wenn Sebastian es nicht ausgesprochen hat, bin ich mir sicher, was er mir sagen möchte. „Ich hatte auch Angst, dass ein zu schnelles ‚Ich liebe dich‘ dich verschreckt. Ich bin mir sicher, dass Yoba das alles für uns geplant hat. Er hat uns zueinander geführt. Unsere Wege waren teilweise sehr steinig, aber es hat sich gelohnt. Zumindest für mich… Wie siehst du das?“
„Yoba hat uns zueinander geführt…“, wiederholt Sebastian leise. „Naja, ich weiß nicht.“
„Ich aber. Ich bin mir sicher. Ich liebe dich, Sebastian.“
Mein Freund atmet tief durch. „Wenn du dir sicher bist, sollte ich vielleicht nicht daran zweifeln, dass es Yobas Idee war. Du bist der Experte auf diesem Gebiet.“
„Sag mir noch einmal, dass du mich auch liebst, dann höre ich auf, dich mit Yoba zu nerven“, antworte ich grinsend.
„Ich liebe dich, Ryan, aber dein Glaube nervt nicht. Wenn es für dich funktioniert, dann ist das für mich okay, nur fürs Protokoll.“
„Na dann werde ich dich demnächst sonntags mal zu Yobas Schrein mitnehmen. Nur ein einziges Mal, vielleicht habt ihr ja auf dem falschen Fuß angefangen.“
„Oh ja, ich kann’s kaum erwarten…“
. ∘ * . • ° • . * ° ❆ ° * . • ° • . * ∘ .