Eine Episode aus dem "Kunoversum".
CN: Fäkalien
»Boah, du bist ekelig!«
»Ach jetzt stell dich nicht so an, Susi«, sagte Napoleon zu der Border Collie Hündin. »Vogelkacke ist halt weiß.«
»Aber musst du jetzt echt jeden einzelnen Stuhlgang im Umkreis farblich bestimmen? Ich meine, es gibt doch hier noch andere Dinge, nicht nur ... Kacke.«
Der Chihuahua hob den Kopf, stieß ein Schnauben aus und blickte Susi pikiert von der Seite an: »Dann mach es doch besser.«
Die Hündin blickte sich suchend auf dem Hofgelände um. Die Tore der alten Scheune von ehemals Bauer Brunos Hof standen offen. Darin waren mit Absperrgittern mehrere Bereiche abgetrennt worden, in denen sich nun blökende Schafe drängten. Der neue Hofbesitzer Hiram Hirsch prüfte die Absperrungen bereits zum dritten Mal. Schnaufend sah er auf seine Uhr und sah hoffnungsvoll zur Straße.
»Ich frage mich, wo Kuno bleibt. Normalerweise ist er pünktlich.« Susi Blick wanderte ebenfalls zur Straße. Doch anstatt des alten Bassets näherte sich nur der Landrover der neuen Tierärztin. Hiram Hirsch schwenkte beide Händen über seinem Kopf.
»Will der Fliegen verscheuchen?«, spöttelte Napoleon. »Als ob die Frau noch niemals hier gewesen wäre.«
»Er ist vermutlich nervös. Sie muss die Tiere erst alle untersuchen und melden, bevor er vom Veterinäramt das Okay für die Freilandhaltung bekommt.«
Der Wagen der Ärztin hielt mitten auf dem Hof. Die Tür schwang auf und eine schlanke, junge Frau stieg aus. Sie strich eine verirrte Strähne ihres schwarzen Haars hinters Ohr, bevor sie sich an den frischgebackenen Schafzüchter wandte.
»Ich wüsste ja schon gerne, was die jetzt dort bereden.« Susi seufzte schwer. »Vielleicht darf ich ja bald Schafe hüten. Das wäre schön.«
Doch Napoleon hörte ihr in diesem Moment gar nicht zu. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt der hochbeinigen Pudeldame, die hinter der Tierärztin aus dem Auto stieg. Das Tier ging zwei Schritte, hob dann die Pfote, als sie in eine Pfütze trat und zog die Nase kraus. Hochmütig sah sie sich um, bevor sie wieder im Landrover verschwand. Ihr Gesicht erschien hinter der Heckscheibe. Der Chihuahua seufzte schwer.
Susi blickte ihn fragend an: »Weiß Ivanka, dass du anderen Damen hinterherblickst?«
Napoleon sog einen langen Speichelfaden geräuschvoll ein. »Wollten wir nicht spielen, bis Kuno da ist? Du bist übrigens dran.«
Susi knurrte leise, dann sagte sie: »Ich sehe was, dass du nicht siehst, und das ist blau.«
Der Chihuahua blickte sich hektisch um. »Der Himmel? Also jedenfalls hinter den dunklen Wolken?«
»Nein.«
»Dann vielleicht ... ähhh ... du hast jetzt aber nicht eines der Autos da hinten gemeint, die vorbeigefahren sind?«
Der Border Collie verneinte abermals. Napoleon Kopf zuckte hin und her, doch er konnte nichts weiter erkennen.
»Die werte Pudeldame dort hinter der Scheibe«, erklärte eine ruhige Stimme von hinten.
»KUNO!« Susi sprang vor Freude hoch. Schwanzwedelnd begrüßte sie ihren Freund mit einem Nasenstüber.
»Die scharfe Braut da hinten ist weiß, nicht blau. Wunderbarstes, reinstes weiß!«, stellte Napoleon fest. »Ihre Nase ist zartrosa und ihr Halsband ebenfalls weiß, mit Strass besetzt. Der Verschluss ist vergoldet.«
Susi lachte. »Kuno hat aber recht.«
»Sie ist nicht blau«, beharrte der Chihuahua knurrend.
»Susi meint ihr Blut«, erklärte Kuno.
»Blut ist auch nicht blau, du Schlauberger.«
Kuno schüttelte tadelnd den Kopf. »Tztztz, weiß du denn nicht, wie die Dame dort unten im Wagen heißt?«
»Dora«, seufzte der kleine Hund.
Susi kicherte: »Klar, das ist ihr Rufname. Dich nennt hier auch jeder nur Nappi. Aber ihr voller Name lautet Pandora Paulina von Protz und Prunk.«
»Und mit DEM Namen hat sie garantiert blaues Blut«, ergänzte Kuno.
Napoleon sah seine beiden Freunde abwechselnd an, bevor er sich an den Basset wandte: »Du musst es ja wissen, Herr Kunibert vom Krötenteich.« Er drehte sich um. »Macht doch, was ihr wollt. Ich such mir jetzt was Gutes zum wälzen. Und wer weiß, vielleicht werden ich auch noch an Pandoras Büxe schnüffeln.«
Damit verschwand der kleine Hund im hohen Gras.