Eine kurze Episode aus dem "Kunoversum".
Lang, so unendlich lang und erschöpfend war dieser Tag gewesen. Die spätsommerliche Sonne hatte noch einmal meisterlich gezeigt, wozu sie wirklich fähig war. Nach den ergiebigen Regengüssen am Vortag war den beiden Hunden die Luft heute beinahe zähflüssig erschienen. Fast so zäh, wie der Schlamm auf der Schafweide, durch den sie den ganzen Tag getrabt waren. Jeder Atemzug hatte an ihren Kräften gezehrt und jedwede Bewegung war mit einer Mühsal verbunden gewesen, die Kuno an Schwimmzüge entgegen
Stromschnellen denken ließ. Ein kluger Hund hätte sich an solchen Tagen einen schattigen Platz gesucht und die bloße Herausforderung der Existenz durch Trinken und Hecheln gemeistert.
Ein kluger Hund.
Kuno beschlich jedoch der frevlerische Gedanke, dass ein Mann, respektive ein Rüde - ob kastriert oder im Vollbesitz seiner haarigen Cochones - jegliche Vernunft beim Eintritt in eine Liebesbeziehung schon an der Pforte der Glückseligkeit abgab. Anders ließ sich ihr selbstmörderisches Verhalten heute wohl kaum erklären.
Aber wie dem auch sei, sie hatten den elenden Tag überstanden. Und zwar nicht hechelnd und Wasser saufend im Schatten, sondern im Schweiße ihrer Füße Anstrengung. Vor allem: Sie hatten die vertrottelte Herde Schafe wieder beisammen. Ein alter Jagdhund und ein Chihuahua hatten das vollbracht, wozu es sonst eine Meute Hütehunde brauchte. Alle, selbst das letzte, dumme, stinkende, blökende, wiederkäuende Wollvieh war wieder hinter Stacheldraht gesichert. Er und Nappi hatten es geschafft. Und jetzt waren sie geschafft.
Restlos.
Endgültig!
Fix und alle!
Als die beiden müde Hunde sich schlurfend von der Schafweide entfernten und langsam dem Reiterhof näherten, wurden sie von Susi und Ivanka mit strahlendem Lächeln begrüßt. Möglicherweise war es auch ein gewisser Besitzerstolz, der in den Augen der Border Collie-Dame und der Orientalisch Kurzhaar leuchtete. Doch Kuno war zu erschöpft, um noch über solche Dinge nachzudenken.
»Oh, unserre beiden müden Helden kehrren heim zu ihrren Liebsten«, schnurrte die große Katze der schwarz/weißen Hündin zu, die entspannt neben ihr im Schatten der Scheune lag und an einem Stück Wassermelone nagte.
»Ich wäre ja so gerne dabei gewesen«, seufzte Susi bedauernd. Ihr entwich ein quietschiges »Tschiieh«, als Kuno sie zur Begrüßung mit der Nase anstupste.
»Aber du gehst dich jetzt sofort erstmal waschen«, kommandierte sie den Basset mit Kopfnicken Richtung Bach ab, »sonst ersticke ich gleich an dieser blöden Allergie.«
Ivanka blickte Napoleon an scharf: »Und du gehst mit! Du rriechst, als hättest du dich stundenlang in Schafsdung gewälzt.«
Als Nappi zur Antwort nur breit grinste, entwich ihr ein gefauchtes »Zhopa«. Ihre Krallen fuhren kurz aus, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
Dann in ruhigerem Ton: »Hast du währrenddessen zufällig unserren missrratenen Sohn irrgendwo entdecken können?«
»Nö.«
»Na immerrhin habt ihrr die Schafe wiederr zusammengetrrieben. Nicht auszumalen, wenn die auch noch aufgrrund von Errnies puberrtären Alberrnheiten zu Schaden gekommen wärren.«
Als Kuno und Napoleon ihre lehmverkrusteten und nach Schafsexkrementen riechenden Leiber zum Bach an der Pferdekoppel schleppten, grinste die große Katze die Hündin an: »Manchmal weiß ich nicht, werr mir grrößerre Sorrgen berreitet, mein Mann oderr unserr Kind.«
Die ungleichen Gefährtinnen kicherten wie Schulmädchen, während sie ihren Männern liebevoll nachblickten.