Mit leise surrenden Düsen schwebt der etwas malträtierte Jet über die Landeplattform und senkt sich dann vorsichtig ab. Schließlich öffnet sich die Luke und wir können nach draußen. Begrüßt werden wir von einem kühlen Windzug, der die obere Etage des Wolkenkratzers umweht, herrlichem Sonnenschein und Nick Calm.
"Ich freue mich so, dass ihr weiter mit uns zusammenarbeiten wollt", begrüßt uns der Mensch.
"Wollen wir?", fragt Urdoggo. "Ich glaube, davon hat niemand gesprochen."
Nick sieht uns ehrlich überrascht und ziemlich enttäuscht an. "Aber ... ihr habt doch Bestellungen für bessere Kostüme abgegeben."
"Bestellungen?" Die drei Brüder und ich tauschen Blicke.
"Also, ich nicht", sagt Urdoggo.
"Ich auch nicht", sagt der Knochenknurpsler.
Ich schüttele den Kopf.
Cyber_doggo allerdings stößt glückliche Piepslaute aus.
"Du hast was?!", entfährt es Urdoggo. Gleich darauf erklingt ein lautes Pänk!, als der Knochenknurpsler Cyb mit Urdoggos Hammer haut.
Der Mech-Wolf lässt sich davon nicht beeindrucken, sondern läuft federnden Schrittes zu Nick. Der nickt ihm zu. "Na, dann kommt mal mit."
*
Zähneknirschend stehen wir drei wenig später in einer großen Halle, an deren Seiten sich lauter Mechanikgedöns stapelt, und sehen Cyb dabei zu, wie er überglücklich sein neues Jetpack ausprobiert, Laserstrahlen auf Ziele abfeuert und kleine Raketen starten, aber glücklicherweise nicht einschlagen lässt. Sein mechanischer Körper wurde grundlegend überholt und ist nicht länger silbern, sondern rot-grau. Auf dem Kopf trägt er nun einen roten Helm mit Visier, auf dem diverse Anzeigen leuchten. Ab und zu sehe ich Minion, Cybs Kreaich, über die Anzeigen flackern. So: (°^°)7
Offenbar ist Minion der neue Assistent für Cybs ... wie auch immer man es nennen will. Körper? Anzug?
Für uns gab es auch ein paar Ergänzungen. Da ich meinen Schild während der Gefangenschaft verloren habe, hat Nick mir einen neuen besorgt. Dieser ist super: Er ist klein und mehr schildförmig, nicht so langweilig rund. Man kann ihn ans Bein schnallen oder auf dem Rücken am Lederoutfit tragen. Und das beste: Ich kann das Ding mit einem Stupser umstellen und bin nicht länger darauf angewiesen, dass mir ein Mensch den Schild umschnallt. Die fünf Schuppen des Schildes werden nämlich von Nanobots gesteuert, die sich an die gewünschte Position schieben. Herrlich! Etwas versöhnt damit, dass wir hier noch festsitzen, sehe ich einem zappelnden Nanobot zu, der von meinem Rücken gepurzelt ist. Putzig!
Urdoggo hat metallene Ringe um die Pfoten bekommen, die seine Blitzkräfte etwas im Bann halten, und eine Kette um Hals und Brust, an der er den Hammer festmachen kann, sodass er ihn nicht immer tragen muss. Er sieht damit ziemlich kämpferisch aus, muss man sagen.
Nun ja, und der Knochenknurpsler hat eine Brille bekommen.
Wir haben geguckt, ob die Brille vielleicht einen Computer steuern kann oder so, aber sie scheint ehrlich gesagt ziemlich nutzlos zu sein. Sie bleibt nicht einmal auf seiner Nase. Ob er wohl Clark Kent darstellen soll? Jedenfalls ist seine Stimmung am Tiefpunkt.
Mit einem Zischen öffnen sich die Türen zur Halle. Cyb kommt zu uns gerauscht und landet, als Nick Calm hereintritt.
"Na, gefallen euch eure Upgrades?"
"Schon, aber ... haben wir uns die verdient?", frage ich.
Knochi mustert Nick durch seine neue Brille. "War deine Augenklappe nicht auf der anderen Seite?"
Nick übergeht uns beide und deutet zur Tür. "Ich habe hier noch etwas Unterstützung für euch!"
Erstaunt sehen wir zwei Menschen eintreten.
Na ja ... ich muss das etwas berichtigen. Ein Wesen ist auf jeden Fall ein Mensch, allerdings trägt er eine Kapuze, die sein Gesicht verbirgt. Er scheint männlich zu sein, aber ganz genau kann man es nicht sagen. Er trägt einen schlabbrigen Pulli und weite Hosen, Wanderstiefel, einen Rucksack und einen Köcher und Bogen.
Köcher und Bogen sind neu.
"Weltenwanderer? Was ... machst du hier?"
Der Weltenwanderer nickt mir zu. "Ich bin jetzt Centaur. Ich unterstützte euch bei eurem Kampf."
"Das ist gar nicht unser Kampf!", verbessere ich, bevor ich meine Aufmerksamkeit dem zweiten Wesen zuwende.
Es ist eine Frau mit langem, roten Haar, die eine japanische Fuchsmaske trägt. Ich verenge die Augen. "Fuchsmaske?"
Zum Beweis verwandelt sich die Gestalt in einen blonden Mantelträger mit Schwalbenschwingen. "Ich bin jetzt Kitsune. Ich helfe euch auch ein bisschen", erklärt sie uns mit der Stimme des gefallenen Engels Mirael. Das ist eine der liebsten Gestalten meines wandlungsfähigen Pseudonyms.
"Centaur steht für Hawk-Eye", erklärt uns der Weltenwanderer. "Und sie ist sozusagen Black Widow, aber eigentlich nicht."
Mir schwirrt der Kopf. "Warte mal ... Marvel? Das hier ist eine Marvel-Parodie?"
Der Weltenwanderer mustert die vier Wölfe ihm gegenüber. "Also, der Schild deutet auf Captain Amerika hin, und der Hammer ist natürlich Thor. Cyb, ich glaube, du bist Iron Man."
"Iron Wolf", wirft Nick ein. Ich glaube langsam auch, dass er die Augenklappe jetzt auf der falschen Seite trägt.
"Weißt du auch, wer ich bin?", fragt Knochi hoffnungsvoll.
Der Weltenwanderer zögert. "Öh ... was kannst du denn?"
"Nichts", gibt der Horrorwolf zerknirscht zu. "Gar nichts!"
"Na gut, das weiß ich dann nicht." Der Weltenwanderer zuckt mit den Schultern, dann wendet er sich an mich. "Du wirkst so entsetzt, dass wir hier sind. Freust du dich nicht?"
"Ich will nach Hause!", schimpfe ich. "Aber stattdessen machen immer mehr von euch bei diesem Superhelden-Zirkus mit! Das ist doch gemein. Wir wollen gar nicht für Nick arbeiten."
"Hey, ich verstehe das", sagt Nick und hebt beschwichtigend die Hände. "Nein, ehrlich. Was haltet ihr davon? Ihr bleibt noch die Nacht hier und morgen dürfen die, die wollen, wieder gehen. Wie klingt das?"
"Ehrlich?", frage ich überrumpelt.
"Du hast mein Wort", sagt Nick.