Nivram steht auf einem Dach und betrachtet das Un-Chaos, das seine Luftschlangen anrichten. Der Wind streicht durch sein Fell, das genau wie meines von vier langen Narben auf dem Rücken gezeichnet ist.
Seine Ohren zucken nervös und er dreht den Kopf. Doch es ist nichts zu sehen, was ihn beunruhigen kann.
Er sieht wieder nach vorne.
"JETZT!", brüllt jemand, und aus dem Nichts stürzen sich sechs Personen über den Dachrand und auf Vram.
"Ahhh!", kreischt der Wolf und wirft sich auf den Boden. Kitsune, die ihn mit einem schicken Seitwärtstritt treffen wollte, segelt über den Rücken des Grauwolfs und stolpert in Centaurs Schussbahn. Der Weltenwanderer kann den Pfeil im letzten Moment festhalten.
Ich selbst, Urdoggo, Knochenknurpsler und Cyb stürzen uns auf Vram. Für die beiden menschlichen Helden verwandeln sich die fünf Wölfe in ein knurrendes Knäuel, das über das Dach rollt und aus dem gelegentlich Fellfetzen fliegen. Man hört verschiedene Stimmen: "Au! Lass mich los. Mein Ohr! Ey, wer tritt hier? Unfair! Autsch. Aua."
Dann löst sich das Chaos auf. Urdoggo und Knochi drücken einen Grauwolf zu Boden, Cyb einen zweiten. Centaur schwenkt den Bogen hin und her, während er überlegt, auf wen er zielen soll. Kitsune und die Wölfe blinzeln verwirrt.
"Lasst mich los!", knurrt Marv 1.
"Hör auf, an meinem Ohr zu nagen!", schimpft Marv 2.
"Wer von euch ist denn jetzt Marv und wer ist Vram?", fragt Kitsune.
"Er!" Beide Grauwölfe deuten auf den anderen.
Cyb piepst drängend. Auf seinem Visier erscheint Minion. Das Kreaich grüßt: (°^°)7, ehe es auf den Wolf deutet, den Cyb festgepinnt hat.
Eine Sekunde überlegen alle, wie sie das interpretieren sollen.
"Ohhh!", sagt die Fuchsmaske dann. "Natürlich. Cybs Scanner kann die beiden unterscheiden."
Knochi und Urdoggo lassen Marv los und stürzen sich auf Vram.
Im nächsten Moment lacht der befreite 'Marv' gehässig und hopst vom Dach.
"Verdammt! Er hat Minion getäuscht!", ruft Centaur und jagt an den Dachrand.
"Lasst mich endlich los, das ziept", schimpfe ich meine Pseudonyme aus.
Wir sortieren uns aus unserem Haufen. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment hebt eine Luftschlange ihren hässlichen Kopf über das Dach. Auf ihrer Stirn steht Nivram und lacht. "Ihr könnt mich nicht besiegen. Ich bin ein Gott! Ich werde ..."
Ein Seilpfeil von Centaur fegt Vram die Pfoten weg und er purzelt von der Luftschlange.
"Au. Au! Aua. Au, au. Au!"
Die Schlange dreht sich nach ihrem stürzenden Herrn um und fängt ihn auf, bevor die Tiefe uns noch die Aufgabe abnimmt, Vram besiegen zu müssen.
"Das ist nicht nett!", schimpft er, während er sich aus dem Seil befreit.
"Los!", rufe ich und wir stürmen auf den Rücken der Schlange. Kitsune ist diesmal zuerst bei Nivram und landet ein paar fiese Tritte und Schläge, und dann balgen wir uns wieder einmal unter Wölfen und bieten unseren Verbündeten keine Chance auf eine freie Schussbahn. Blaue Blitze zucken durch Fell und Zähne schnappen nach Pfoten und Schweifen. Es ist ein reines Chaos. Ich glaube, ich habe zwischendurch mehrmals meine eigenen Pfoten im Maul. Irgendwann rollen wir von der Luftschlange herunter und verteilen uns auf einer Kreuzung zwischen brav im gleichen Tempo tuckernden Autos, die alle Verkehrsregeln beachten.
Wieder einmal sehen die anderen verwirrt zwischen Nivram und mir hin und her.
"Leute, ich bin es", sage ich.
"Glaubt ihm kein Wort!", brüllt Vram.
Ich rolle mit den Augen. "Wir brauchen wirklich dringend mal ein Geheimzeichen für solche Fälle."
"Nein, Marv. Es reicht, wenn du dich einfach mal aus dem Kampf raushalten würdest", schimpft die Fuchsmaske.
Da haben sie recht. Ich mache ein paar Schritte nach hinten.
"Moment. Wartet - nein!", heult Vram, als sich die Wölfe sofort auf ihn stürzen und ihn in einen gefährlichen Beiß-Tanz verwickeln. Panisch weicht Vram den Wölfen, Kitsunes Tritten und Centaurs Pfeilen aus.
Ich rette mich auf ein Auto, hebe den Kopf in den Nacken und stoße ein Heulen aus. Die Luftschlangen erkennen mein Signal und greifen die Superhelden sofort an.
Halt!
Moment mal, was mache ich da? Seit wann kann ich das überhaupt?
Oh ... oh, ich weiß, was passiert ist. Mein Erzählerbewusstsein ist während des Kampfes irgendwie in Nivram gelandet. Ich bin gar nicht Marv.
Entschuldigung. Sekunde, das haben wir gleich ...
"Hinter euch!", warne ich meine Verbündeten verzweifelt, die mich unnachgiebig angreifen.
"Das ist echt der älteste Trick, Vram", sagt Urdoggo. "Darauf fallen wir nicht rein."
Im nächsten Moment ist die Luftschlange da. Eine Kaskade von Regalen spült uns durch die nächste Hauswand. Schutt regnet auf uns herab. Ächzend und stöhnend bleiben wir liegen.
Wir sind ja sechs schöne Helden ... ich sehe, dass Cyb versucht, auf die Pfoten zu kommen, doch seine Mechanik streikt. Kitsune ist unter einem Trümmerteil eingeklemmt.
Die Luftschlange reckt sich drohend über uns. Nivram steht mal wieder auf ihrem Kopf. "Hahaha! Dachtet ihr echt, ihr könntet mich besiegen? Lächerlich. Ich bin ein Gott des Chaos', mächtig genug, um sogar die Ordnung zu überblicken!"
Neben mir stößt der Knochenknurpsler ein tiefes Grollen aus, das mir bis in jede Fellspitze fährt. Brrr, gruselig klingt das!
"Seht es ein, ihr Helden - ihr habt verloren!", triumphiert Vram weiter. "Ihr werdet mich niemals aufhalten können."
Neben mir macht der Weltenwanderer komische Verrenkungen und flüstert irgendwas von "Sechs Avengers! Und wir sind zu sechst!"
Bei mir macht es ganz leise 'Plink!'.
Nivram starrt uns lächelnd nieder. "Was habt ihr mir schon entgegen zu setzen?"
"Wir haben", ächze ich mühsam, "einen Hulk."
Mit einem wilden Gebrüll wühlt sich ein deutlich größerer, deutlich grünerer Knochenknurpsler aus den Trümmern und stürmt auf die Luftschlange und Nivram zu. Der Doppelgänger-Wolf kann nur noch erschrocken die Augen aufreißen.