Drehwoche 6. Langsam kommen wir zum Ende der Geschichte. Hier oben im Schwarzwald ist der Frühling angekommen. Endlich werden die Tage länger.
Heute werden wir dort anschließen, wo Beth und Phil aus New York wiederkommen. Ihr Verhältnis ist gespannt. Die Nacht im Plaza hat irgendwas verändert. Phil versucht Distanz zwischen sich und Beth herzustellen.
Gestern haben wir getrennt gedreht. Viele Szenen waren ohne Text. Phil versucht nach wie vor heraus zu finden, wer die Drohbriefe geschrieben hat, wer Beth Leben bedroht. Beth hingegen macht sich Gedanken, wie sie ihre zukünftige Rolle als Königin von Aragonien sieht.
Heute werden wir nur einen Teil hier im Haus drehen, den anderen unten in Baden-Baden vor einer großen wunderschönen Gründerzeit Villa.
SZENE:
Beth kommt aus er Stadt zurück. Phil ist sauer, weil er nur durch Zufall erfahren hat, dass die Kronprinzessin einen Termin bei ihrem Frauenarzt wahrnahm. Als sie zurückkommt packt er sie, noch bevor sie ihre Räume betreten kann.
Er drückt sie an die Wand. Läßt sie seine Wut spüren.
Gerade als sie sich erklären will, gibt es einen riesigen Knall. Eine Explosion. Schnell ist klar, dass diese die Räume der Prinzessin zerstört hat. Phil und der König entscheiden die Prinzessin in Sicherheit zu bringen.
Philip und Beth verlassen auf verschlungenen Wegen den Palast und fahren an einen Ort, den Beth noch nie betreten hat, aber doch alles darüber weiß.
Ich freue mich auf die nächsten Tage. Beth und ich werden uns praktisch auf engem Raum zusammen befinden. Laut Drehbuch für mehr als eine Woche. Wir haben viel Text, der uns aber frei gegeben ist. Der Sinn muss stimmen. Wahrscheinlich werden wir einige Proben brauchen.
Seit ein paar Tagen haben Jess und ich nur noch meine Suite. Sie ist komplett bei mir eingezogen. Wir verbringen eh jede freie Minute zusammen. Immer besser lernen wir uns kennen. Seit hier Frühling ist sind wir viel draußen gewesen. Nachdem Sam uns einmal beobachtet hat, hat sie uns einmal mit der Kamera begleitet.
Auf einem langen Spaziergang zur Badener Höhe haben Jess und ich viel geredet. Wir haben Pläne geschmiedet für die Zukunft. Eigentlich sollte ich ja nach London fliegen, aber Maggie hat diesen Termin auf die Woche nach Beendigung dieser Dreharbeiten gelegt. Jess wird mich begleiten. Ich freue mich darauf mit ihr gemeinsam London zu erkunden. Jamie und Millie werden wir besuchen und einen Termin in der Graham Norton Show habe ich. Das ist Teil meiner Promo für meinen aktuellen Film. Gott sei Dank ist Claire nicht dabei.
„Hey.“ Jess kommt aus dem Bad. Sie muss gleich nach dem Frühstück in die Maske. Ich hab noch eine halbe Stunde mehr. Danach geht es dann gleich zum Set in einem der Gänge des Hauses. Gestern haben wir lange gesucht, bis wir einen Gang gefunden haben, der als Kulisse passt und in dem man gut drehen kann. Wahrscheinlich brauchen wir mehrere Takes, da doch alles sehr eng ist, aber es wird schon gehen.
„Bad ist frei.“ sagt sie mir und küsst mich. Es ist verrückt, aber ohne ihre Küsse kann ich glaube ich nicht mehr leben. Ohne sie nicht mehr. Da bin ich mir inzwischen sehr sicher. Andere Frauen interessieren mich überhaupt nicht mehr. Früher, wenn ich mal eine Set-Affäre hatte oder so, dann hab ich mich trotzdem immer weiter ‚umgesehen‘. Als ob ich nach was besserem gesucht habe. Diesen Drang verspüre ich gar nicht. Und an Angeboten mangelt es nicht. Selbst Bea war so unverschämt und hat vor Jess Augen mit mir geflirtet. Aber ich hab es ignoriert und statt dessen meine Zuneigung zu Jess mehr als offensichtlich bekundet. Sie vor dem ganzen Team zu küssen fällt mir gar nicht mehr schwer. Allerdings geht immer alles von mir aus. Jess ergreift nie die Initiative und ich befürchte das liegt an dem, was ich ihr gesagt habe.
Unter der Dusche gehe ich nochmal die Szenen für heute durch. Fange an mich in Phil zu verwandeln. Versuche seinen Zustand zu fühlen. Ein Zustand, der ihm unbekannt ist und der ihm Unbehagen bereitet. Viele kleine Parallelen gibt es zwischen mir und Phil. Jess und Beth. Unser Altersunterschied stimmt, das mal als erstes. Wir sind wie Bruder und Schwester aufgewachsen. Das trifft zwar auf Beth und Phil nicht zu, aber ich bin sicher, sie fühlten nicht anders. Dann werden sie für lange Zeit getrennt und treffen sich unter extremen Umständen wieder. Nun, das stimmt dann nicht mehr so ganz, denn Phil treibt sein Pflichtgefühl dem Königshaus gegenüber in die alte Heimat zurück. Aber was wieder stimmt ist, dass uns die Frau von Anfang an total umhaut.
Ja, Jess hat mich total umgehauen und ich habe mich verliebt. Ich liebe sie. Und ganz sicher nicht wie ein Bruder. Einer Beziehung mit ihr steht nichts im Wege. Bei Phil ist das anders. Eigentlich ist er einer der Männer, die die Kronprinzessin heiraten dürfte. Er ist adelig, wenn auch in Amerika aufgewachsen, so doch gehört seine Familie zu den Wichtigen in Aragonien. Sein Vater legt darauf keinen Wert, lebt lieber mit seiner Familie in Amerika, aber eine gewisse Verpflichtung fühlt er genau wie sein Sohn.
Langsam beginnt Phil sich einzugestehen, dass er in Beth verliebt ist. Aber er will diesem Gefühl nicht nachgeben. Er beschützt sie, aber der Mann an ihrer Seite kann und will er nicht werden. Immer in ihrem Schatten zu stehen, nichts zu sagen, dass entspricht nicht seiner Natur. Er ist ein Alphamännchen. Ein Anführer, ein Leader. Seine Seal-Einheit hat er in viele schwierige Missionen geführt, wie kann er da nur noch als Anhängsel einer Frau leben?
Diese Denkweise muss ich mir erst noch aneignen. Das muss ich wirklich spüren. Und dabei hilft mir das Gespräch, dass ich einst mit Prinz Daniel von Schweden hatte. Während Jess sich mit der Kronprinzessin unterhalten hat, hatten wir ein sehr nettes Gespräch.
Im Bad brauche ich heute nicht allzu lange. Ich schlüpfe in Hoodie und Jogginghose und verlasse das Bad. Jess ist auch ganz leger gekleidet. Ihre Haar sind noch feucht, deshalb hat sie sie unter einem Handtuch versteckt.
„Wir können.“ sage ich zu ihr, küsse sie nochmal und nehme ihre Hand. Gemeinsam gehen wir zum Restaurant und nehmen dort unser Frühstück zu uns. Dabei sprechen wir nicht viel. Das ist normal und jeden Morgen ähnlich.
Wie erwartet waren die letzten beiden Woche ziemlich zäh. Wir haben viele Takes mehrfach gedreht, auch weil wir einfach mehr Kamera-Perspektiven brauchten, aber leider auch, weil Jess und ich Probleme hatten uns in die Rolle zu finden. Was ich eigentlich nie vermutet hatte.
Während sie in diesem Versteck sind sprechen sich Phil und Beth aus. Sie erfährt, dass er ein adliger Prinz aus ihrem Land ist und sein Vater einst der beste Freund ihres Vaters war. Für Beth ändert diese Tatsache so einiges. In ihr keimt Hoffnung auf, dass dieser wundervolle Mann an ihrer Seite doch mehr sein könnte als eine heiße Affäre. Aber diesen Zahn zieht Phil ihr direkt nach der ersten Nacht. In einem Gefühl des Glücks hatte Beth ihn gefragt, ob er sich Heirat und Familie vorstellen können.
Als wir abends in unserer Suite waren und gemeinsam auf dem Sofa kuschelten, da hat Jess mir genau die selbe Frage gestellt. Ich war ein wenig überrumpelt und habe wohl nicht so reagiert, wie sie es sich vorgestellt hat. Seitdem ist bei uns beiden der Wurm drin. Privat wie auch am Set. Manchmal giften wir uns regelrecht an.
Ich frage mich, womit sie plötzlich ein Problem hat? Ist es, weil ich gesagt habe, dass für mich eine Heirat nicht unbedingt nötig ist für eine funktionierende und lange Beziehung. Oder mit der Tatsache, dass ich für die nächsten Jahre kein Kind in meinem Leben sehe? Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass ich mir mit keiner Anderen als mit ihr überhaupt vorstellen kann Kinder zu haben.
Was mir Sorgen macht ist, dass sie in den letzten Tagen nur wie ein Spatz isst. Ein klares Indiz dafür, dass es ihr nicht gut geht. Das sie irgendwas belastet.
Vielleicht muss ich ihr endlich auch einfach nur signalisieren, dass ich gerne mit ihr schlafen möchte. Denn genau dass geht mir seit Tagen im Kopf herum. Immer, wenn sie sich nachts an mich kuschelt, dann würde ich mich am liebsten umdrehen und sie ganz zärtlich verführen.
„Na, was geht Dir im Kopf herum?“ Mit dieser Frage holt mich Jamie aus meinen Gedanken. Die ganze Zeit saß ich alleine hier im ehemaligen Raucherzimmer des Hotels. Das Ambiente hier ist sehr gediegen. Dunkle Holzvertäflung, grüne, große Ledersessel. Kleine Beistelltische. Kleine Lampen, die nur wenig Licht. Ein Raum in dem sich Männer wohl fühlen.
Neben mir steht ein Glas mit einer sehr köstlichen braunen Flüssigkeit. Ein alter schottischer Whiskey. Ohne Eis, das wäre ein Frevel.
„Die immer währende Frage: Wie tickt eine Frau?“ antworte ich meinem Freund und Kollegen.
„Oh ha. Wenn Du die Antwort findest, dann wirst Du ein Kandidat auf den Nobelpreis.“
„Hast Du einen Rat, als Ehemann, Vater von Drei Töchtern?“
„Ich.“ Er lacht. „Ich hab aufgehört zu glauben ich würde Millie jemals durchschauen. Das ist einfach unmöglich. Wir sind jetzt 13 Jahre zusammen und es gibt immer wieder Tage, an denen ich mich frage, was ich nun schon wieder falsch gemacht habe. Aber..“ Er nimmt einen Schluck aus seinem Glas. „Eines weiß ich mittlerweile: Hormone sind richtige Biester und können aus sanften Geschöpfen richtige Zicken machen.“
„Mit keiner Frau war ich je lange genug zusammen um mir darüber ein Urteil zu erlauben.“
„Bleib einfach cool und versuche sie nicht zu sehr zu reizen.“
„Du bist also auch der Meinung, dass sie ungewöhnlich gereizt ist?“ Ich muss nicht mal ihren Namen nennen, er weiß ohnehin, wen ich meine.
„Nicht nur gereizt, auch sehr ruhig und nachdenklich.“ Damit hat er Recht.
„Meinst Du ich sollte mit ihr sprechen?“
„Du kannst es versuchen, aber rechne damit, dass sie dann wieder in ihr altes Zimmer zieht. Manchmal wollen Frauen einfach nicht reden.“
„Mhh.“ Aber wenn nicht reden, wie soll ich dann heraus finden, was sie hat.
„Lass uns schlafen gehen. Morgen ist wieder ein anstrengender Tag.“
Erschrocken schaue ich auf die Uhr. Himmel, schon wieder nach Mitternacht. Jess wird sicher schon im Bett liegen.
Auf dem Weg ins Zimmer denke ich weiter über Jess nach. Ich versuche heraus zu finden, wann ihre Stimmung so umgeschlagen ist und ob ich eventuell dafür verantwortlich bin.
Ich hab gerade die Türe aufgeschlossen, als ich Jess Stimme höre. Sie telefoniert offensichtlich. Sicher mit Maggie. Ich bin ganz leise und ziehe mich ins Bad zurück. Jess bemerkt mich nicht einmal.
„Mum, ich liebe ihn und ich wünsche mir sehr, mit ihm zusammen zu sein. Aber er ….Gott, er ist zurückhaltend, ein wundervoller Freund. Seine Nähe ist…schön, aber …ich will mehr Mum und ich weiß nicht, wie ich ihm das klar machen soll.“
Wow, sie spricht mir ihrer Mum über mich und ihre Gefühle für mich und….sie will Sex mit mir. Warum sagt sie mir das nicht? <musst Du das jetzt fragen?> Ja, meine innere Stimme hat ja Recht, schließlich war ich es, der sie ausgebremst hat. Einen zweiten Korb will sie sich sicher nicht holen. Das heißt dann wohl, dass ich die Initiative ergreifen muss.
Ist das alles, was ihr in der letzten Woche durch den Kopf gegangen ist?