Nach dem Oktober-Prompt der Gruppe "Beauties and Beasts - Adults Only".
Wie konnte man dieses Gegacker nur aushalten, fragte sich Dirk auch dieses Jahr, als er vor dem Hotel mit den anderen aus dem Bus ausstieg. Er war so dankbar, dass seine Frau nicht wie seine Kolleginnen so eine Prosecco-Lerche war. Eine Jahrestagung der Konzernbuchhaltung in einem Hinterwaldhotel, Einführungsschulung in die neue Software. Immerhin, dieses Mal hatte er nichts vorbereiten müssen. Sonst teilte er sich mit seiner Kollegin Linda den Job, die drei Tage zu moderieren. Das blieb ihm dieses Jahr erspart. Was muss man auch immer den Clown für die Mitarbeiterinnen spielen? Stopp. „Mitarbeitenden“ korrigierte er sich in Gedanken. Dieses Jahr war er nicht der einzige Mann, es gab einen neuen Mitarbeiter unter Linda. Irgendwie haben sich in ihrer Firma immer nur Frauen in die Buchhaltung begeben, dabei fand er die Welt der Zahlen durchaus spannend. Es sei ein netter Ausgleich zu seinem Sport, scherzte er gerne.
Die Frauen stürmten die Rezeption, und so musterte er ein wenig den neuen Kollegen. Nicht einmal zu dieser Tagung, wo legere Kleidung ausdrücklich gewünscht war, verzichtete der auf Stoffhosen und ein bis zum obersten Knopf geschlossenes Hemd. Warum hat Linda ihn wohl eingestellt? Er ist ein derart krasses Gegenstück zu den etwas zu schrillen Frauen: Still, nachdenklich, schlank und in seiner Motorik nicht nur sparsam, sondern deutlich langsam. Sein Name passte komplett zu ihm: Frieder. Der Name so halbgaren wie das Männlein, das ihn trug. „Mann“ konnte man wahrhaftig nicht sagen. Dirk zuckte bei diesem Gedanken mit den Schultern: „Bunt ist die Welt und für alles gibt es einen Platz.“ Ja, er beurteilte, aber er verurteilte nicht. Wenn jemand mit sich glücklich ist, war ihm alles egal.
Endlich waren Frieder und er an der Reihe, ihre Schlüssel zu bekommen.
„Herzlich Willkommen im Gasthof Grüne Fichte.“ Dann stockte die Frau hinter dem Tresen. „Noch zwei Einzelzimmer?“ fragte sich vorsichtig.
„Ja, bitte“, lächelte Dirk.
Die Wangen der Frau färbten sich rötlich.
„Stimmt etwas nicht?“
„Äh, ja, also“, stotterte sie. „Wir haben nur noch ein Doppelzimmer frei, irgendetwas stimmt hier nicht.“
Dirk atmete tief durch. Er hatte sich so sehr auf etwas Ruhe gefreut. Morgens früh joggen gehen im Wald, abends in Ruhe ein Buch lesen, während der Secco im Restaurant in Strömen floss. Er drehte sich zu Frieder um: „Schnarchst du?“
Doch der reagierte nicht.
„Erde an Frieder“, rief er. Dann reagierte der andere und hob seinen Blick. „Schnarchst du?“
„Nur, wenn ich Alkohol trinke.“
„Schade, das heißt Alkoholverbot für dich.“
„Ist ok.“ Es schien ihm komplett egal zu sein.
„Ok“, wandte sich Dirk wieder zur Rezeptionistin. „Wir nehmen das Zimmer.“
„Äh Moment“, unterbrach Frieder. „Schnarchst du denn?“
„Nicht, wenn ich ausgepowert bin.“
„Ah, Sport?“
„Genau.“
„Na dann.“
Sie nahmen den Schlüssel entgegen und wurden mit unzähligen Entschuldigungen übersät.
Noch vor dem Abendessen ging Dirk im Wald joggen. Der Nachteil an Hotels in der Pampa? Sie sind weit weg von allem. Der Vorteil? Gute Luft. Er genoss den Lauf und vergaß dabei die lange Anfahrt und die Umstände, die dieser Aufenthalt mit sich brachte.
Frieder war schon Richtung Restaurant aufgebrochen, als er im Zimmer ankam. Perfekt, dann konnte er noch mit seiner Frau kurz telefonieren. Er berichtete von dem Malheur bei der Buchung, doch seine Angetraute nahm es mit Humor: „So lange du nicht mit einer von denen oder gar mit Linda in ein Zimmer musst, ist doch alles gut, oder?“
„Danke für dein Vertrau...“ Er stockte. „Das kannst du dir jetzt nicht vorstellen. Ich schau hier gerade im Bad: Frieder hat seinen Kulturbeutel ausgepackt. Ich glaube, ich kann nachmessen, dass er genau die Hälfte der Ablage in Anspruch nimmt. Wie mit dem Lineal hat er alles hier aufgereiht. Unglaublich.“
„Dann schau dir da was ab, mein Lieblings-Chaot!“
„Ich bin kein Chaot, ich arbeite in einer Buchhaltung!“ beschwerte er sich künstlich.
„Ich erinnere dich bei Gelegenheit daran.“
Nach ein paar weiteren Sätzen über den überbordenden Ordnungssinn seines Zimmergenossen beendeten sie das Gespräch und auch er machte sich fertig fürs Restaurant.
Das Dessert war gerade serviert, als sich Mathilda dank des ihr innewohnenden Alkohols endlich die Frage stellte, die Dirk jedes Jahr zu hören bekam: „Na, Dirk, möchtest du nicht...?“
Er wusste, dass jetzt eine flegelhafte Frage nach Sex kam, und antwortete direkt mein: „Nein, das weißt du.“
Doch Mathilda rechnete damit und konterte treffsicher: „Ach, dir ist Frieder lieber?“ Der Lacher ging ganz klar an die Mädels.
Dirk schaute in dem Gejohle kurz zu Frieder: Er lächelte, doch es sah künstlich aus. Nein, innerlich lächelte er gar nicht. Im Gegenteil, ein wenig zu fahl war dessen Gesicht. Da jeder wusste, dass Frieder Ordnung liebte, wagte er zu antworten: „Wir haben uns das Zimmer genau aufgeteilt. Es wird nichts passieren.“
Das „Ohhhh“ einzelner Frauen ließ jedoch Frieder etwas durchatmen.
Eine halbe Stunde später klatschte Linda in die Hände: „So, genug für heute, morgen gibt es backfrische Software, wir brauchen euch fit. Ab ins Bett.“ Sie meinte das eher scherzhaft, was zwar keiner wahrnahm, jedoch widersetzten sich ein paar Leute. Die anderen standen tatsächlich auf.
Auch die beiden Herren gingen auf ihr Zimmer und begannen sich auszuziehen. Jeder an seiner Bettseite achteten sie darauf, dass sie sich vom anderen abkehrten. Doch beide stockten im gleichen Moment und sahen sich über die Schultern an:
„Äh, ich schlafe nackt“, kam wie aus einem Mund.
Dirk lachte. Im Fitnessstudio hat er schon andere Männer gesehen, es machte ihm nichts aus. „Kann ich als erster ins Bad?“
„Ja klar.“ War Frieder wirklich alles egal?
Mit geputzten Zähnen kam Dirk zurück und Frieder huschte in die Nasszelle. Moment, hatte der Sportler da etwa einen kleinen Blutstau in seines Zimmernachbarns Körpermitte gesehen? Quatsch. Und wenn schon. Vielleicht musste der dringend auf die Toilette.
Er legte sich ins Bett und deckte sich zu. Die Zahnputzgeräusche der elektrischen Zahnbürste ließen seine Gedanken ein wenig kreisen. Was war das nur für ein Mensch, dass er so zurückgezogen und gründlich war? Seine Neugierde wuchs und er ließ ihr vorsichtigen Lauf, als auch der andere sich in die Bettdecke einmummelte.
„Frieder?“
„Mmh?“ antwortete der mit geschlossenen Augen.
„Darf ich dir eine Frage stellen?“
„Ok.“ Jetzt war Frieder neugierig und öffnete seine Augen wieder.
„Du bist sehr ordentlich mit allem.“
„Mmh, ich weiß, sagt mein Freund auch immer.“
Mein Freund? Auf diesen Gedanken war Dirk noch gar nicht gekommen. Du liebes bisschen, wenn das herauskommt, wird das Geschwätz in der Abteilung gar nicht stillstehen.
„War das alles, was du wissen wolltest?“ Offensichtlich hatte Dirk etwas Schwierigkeiten mit der Verarbeitung dieses Gedankens.
„Äh, ja, äh, nein.“
„Aber naja, es stimmt nicht“, setzte Frieder fort, ohne auf Dirks Stammeln zu hören. „Ich brauche in vielen Dingen Ordnung. Es gibt mir Sicherheit. Aber nicht überall. Richtig abschalten kann ich nur beim Sex.“ Er sprach das aus, als würde die langweiligen Mitteilungen eines Newstickers vorlesen. In China ist ein Sack Reis umgefallen. In Schweden wurde ein Elch gesichtet. Beim Sex bin ich anders.
„Äh, ja, äh, ok.“ Es war mehr Information als er hören wollte. „Kann ich mir so gar nicht... Habe ich gerade laut gesprochen? Shit!... Entschuldige. Ich wollte dir nicht...“
„Schon gut. Es klappt eh nur bei Kerlen, die es drauf haben.“ Schon wieder zu viel Information. Hätte er es drauf? Was? Was für Gedanken sind das denn?
„Äh, ok, äh,...“
„Hast du es drauf?“ Wie konnte der immer noch diese monotone Stimme zu so einer Frage haben? Oder bluffte er?
Dirk schwieg einfach. Frieder auch. Bis ein leises, gleichmäßiges Atmen verriet, dass er schlief. Dirk jedoch nicht. Als würde ihn der Vollmond anbrüllen, so wach war er. Eine Stunde. Dann noch eine. Irgendwann hörte er die Kirchenglocke zwei Uhr schlagen.
Jetzt reichte es ihm. Seit Stunden die gleichen Gedanken. Er stand auf, um auf die Toilette zu gehen. Vielleicht stoppte das ja Gehirn beim Denken? Als er zurückkam, brannte Frieders Licht am Bett. Er betrachtete Dirk von oben bis unten – und lächelte. War das etwa sein Plan? „Komm her und setz dich.“ Wie in Trance machte Dirk, was ihm gesagt wurde. Frieder setzte sich auf und berührte mit seiner rechten die nackte rechte Brust mit seiner Hand. Dabei schaute er tief in Dirks Augen. Dessen Herz klopfte immer stärker.
Ganz leicht neigte Frieder seinen Kopf und öffnete ein wenig seinen Mund, leckte sich über seine schmalen Lippen. Endlich bewegte sich Dirks Kopf hin zu ihm. Die Entscheidung war gefallen.
Ganz sanft begannen die Zungen ihr Spiel. „Warm, weich, er schmeckt mir.“ Beide hatten die gleichen Gedanken und ließen sich ineinander fallen. Dirk fand, dass er guten Sex mit seiner Frau hat, doch die Berührungen dieses Mannes lösten etwas in ihm. War es Lust? War es Vertrauen? War es nur Neugierde? Oder war es nur Schlaflosigkeit? Mit einem gekonnten Griff ins Zentrum des Sportlers prüfte der sonst so Schüchterne die Bereitschaft für mehr. Sie war da, ganz eindeutig und in ausreichender Größe. Unerwartet kräftig schupste er den Großen auf den Rücken, machte sich über dessen senkrechtes Glied hier. Dirk wusste nicht wie ihm geschah und schloss die Augen, genoss, was passierte, die Berührung, die Wärme, das Feuchte, waren es Lippen? Saß er auf ihm? Wo überall hatte er seine Hände? Er nahm den Rhythmus auf, mit dem er behandelt wurde und stieß ihm entgegen. Spürte, wie das Kribbeln in ihm aufloderte. Wie Feuer, das nicht verbrennt, sondern gibt. Das pure Leben machte sich in jeder Zelle seines Körpers breit, bis der Orgasmus Bahn brach und ihn schier flutete. Alles zuckte in ihm und nur wenig später spürte er, wie mit gleichem Schlag sein Glied gepresst wurde. Etwas Nasses landete ihm am Kinn und lief seinen Hals herunter. Eine Zunge kam zur Hilfe und leckte es auf, bevor das Kopfkissen damit getränkt wurde. Was, um alles in der Welt, hat er jetzt nur erlebt?
Der andere befreite ihn vom Gewicht, das auf ihm lastete, und er drehte sich auf den Bauch. Spürte, wie ein Arm zwischen seine Arschbacken gelegt wurde und eine Hand sein Steißbein wärmte. Langsam kamen sie wieder zur Ruhe. Die Müdigkeit in den Knochen schlief Dirk sofort ein und schnarchte leise.
„Ach“, flüsterte die monotone Stimme Frieders in die Schlafgeräusche seines Bettnachbarn. „Das hat dich noch gar nicht ausgepowert?“ Er lächelte genüsslich. Seine Finger kreisten auf dem Rücken und suchten sich langsam den Weg zwischen den Pobacken bis zur Rosette, gegen die er liebevoll drückte. „Ich würde schon gerne wissen, ob ich dich auspowern kann. Es würde mich wundern, wenn du dann noch schnarchst.“