Anmerkung: Diese Geschichte ist nach einem Bild-Prompt aus der Gruppe „Beauties and Beasts – Adults only“ (https://belletristica.com/de/groups/432-beauties-and-beasts-adults-only#group) geschrieben worden. Das Bild zeigt einen – vermutlich – jungen Mann auf dem Gehweg einer verschneiten Straße (https://www.dropbox.com/s/uogmlgmfuvcqrdt/city-2561014_1920.jpg?dl=0).
Außerdem möchte ich anmerken, dass es keine meiner üblichen Geschichten ist. Ich würde sie auch eher im Bereich der „Beasts“ als der „Beauties“ ansiedeln. Außerdem wird es etwas blutig und nicht gerade zimperlich.
* * *
„Wo bin ich hier nur wieder gelandet?“, überlegte er sich. Der Zug, der ihn in dieser winterlichen Stadt ausgespuckt hatte, hatte einen Defekt an der Heizung. Das war sehr zu seinem Bedauern Grund genug für die ältere Frau neben ihm gewesen, mit ihm ein Gespräch anzufangen. Es käme wohl öfter vor, sie seien das gewohnt hier im Norden des Landes. Außerdem ist es immer noch besser, dass überhaupt ein Zug die Verbindung zur nächstgrößeren Stadt sicherstelle, als dass sie abgeschnitten wären vom Rest der Welt.
„Sieht gar nicht so klein aus“, meinte er, als sie in den Bahnhof einfuhren.
Sie lachte nur: „Es ist unsere Hauptstraße, die Sie gleich sehen werden. Die ist tatsächlich groß, weil alle dort durchfahren müssen und der Durchgangsverkehr auch noch dazu kommt. Aber dahinter ist alles etwas kleiner.“
Ihm war es egal. Die Hauptsache, es war eine Stadt, eine, in der er noch nicht war. So stand er jetzt auf der Hauptstraße, die tatsächlich auch in New York hätte sein können, doch er erkannte an den Geschäften, alles nur kleine Läden, dass es hier wohl etwas gemütlicher zuging. Er schaute die Straße hoch und runter und überlegte sich, wohin er wohl gehen könnte. Schließlich ließ er seine Intuition entscheiden, schulterte seinen Rucksack, folgte der Flugrichtung der Schneeflocken und schon zwei Blocks weiter bot sich ihm die Gelegenheit. Über dem Eingang eines Cafés strahlte eine Regenbogenfahne so bunt, als gäbe es keinen Winter. Sicherlich würde es dort jemanden geben, der ihm Unterkunft gewähren könnte. Er holte eine dickrandige Brille aus seiner Jackentasche und setzte sie auf. Um das Äußere noch stimmiger zu gestalten, zog er seine Mütze ab, um seine Haare zu verwuscheln. Im Spiegelbild eines Schaufensters sah er jedoch, dass die Mütze bereits selbst ein Chaos auf seinem Kopf hinterlassen hatte. Sein Look war schon mal perfekt.
Er betrat das Café, dessen Tür beim Öffnen ein helles Glockenspiel anstieß, doch kaum jemand nahm Notiz davon. Das Publikum war gemischt: viele, die zur queeren Familie gehörten, doch auch sicher deren Freunde. Eigentlich gemütlich. Doch sein Begehr war neben einer Tasse heißen Kaffees vor allem jemand, der ihn zu sich nach Hause nahm und seinen Hunger stillte. Mit Absicht stellte er sich etwas ungeschickt an, als er sich von Mütze, Handschuhen, Rucksack und Jacke befreite. Es löste regelmäßig den Helferinstinkt von jemandem aus, was ihm wiederum das Spiel vereinfachte.
Die erste, die reagierte, war die Kellnerin, eine junge Frau mit langen blonden Haaren und einem Tablett mit abgeräumtem Geschirr in der Hand. „Hallo, junger Mann. Willkommen in der warmen Stube. Kann ich etwas Gutes für dich tun?“
„Ach, äh, hallo“, stotterte er ein wenig unsicher. „Vielleicht einen Kaffee?“
„Kommt gleich. Wo möchtest du dich denn setzen? Da hinten ums Eck sind noch Plätze frei.“
Er sah in die Richtung, in die sie mit einer Kopfbewegung zeigte.
„Geh einfach mal, mir ist hier noch niemand weggelaufen, schon gar nicht bei diesem Wetter!“, lachte sie und überließ ihn sich selbst. Er mochte ihr fröhliches Wesen. Es erinnerte ihn irgendwie an seine Schwester, doch bevor sich der Kloß in seinem Hals bilden konnte, schob er den Gedanken schnell beiseite. Es würde sie nicht zurückbringen.
Er fand einen Tisch, stolperte aber erst noch über einen der eng stehenden Stühle, was nun definitiv die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. „Tschuldigung!“, sagte er leise in die Richtung des Mannes, dessen Stuhlbein er leicht angetreten hatte.
Die Reaktion des Angerempelten war ein freundliches Lächeln: „Kein Problem.“ Das kannte er aus anderen Städten definitiv anders. Hier schien die Welt tatsächlich noch in Ordnung zu sein.
Er setzte sich so, dass er von anderen gesehen werden konnte, vergrub jedoch sein Gesicht ein wenig in seine Hände. Es dauerte keine Minute, bis eine Stimme neben ihm sprach: „Alles in Ordnung?“
Bingo! Er blickte auf. Vor ihm stand ein nicht wirklich hübscher Kerl: Er trug eine Brille, die sich über eine Reinigung sicher auch gefreut hätte, war ein wenig rundlich um die Hüften und hatte ein paar Pickel im Gesicht. „Ja, also, nein, eigentlich nicht“, begann er.
„Darf ich?“, wollte der andere wissen und deutete auf einen Stuhl.
„Gerne.“
Der andere holte sein Getränk an den Tisch und schon kam die Kellnerin mit dem dampfenden Heißgetränk: „Bitteschön, dein Kaffee. Lass ihn dir schmecken. Noch ein Stück Kuchen? Wir haben noch von unserer Weihnachtstorte da!“
„Ja, die ist lecker, die solltest du probieren.“
Doch kein Kuchen dieser Welt hätte damit seinen Hunger stillen können. „Danke, vielleicht später.“
„Ok“, flötete die Kellnerin und ging wieder weg.
„Janina ist einfach toll“, schwärmte der andere.
„Janina?“
„Die Kellnerin. Sie ist die gute Seele hier.“
„Ah“, lächelte er verschwörerisch. „Stehst du auf sie?“
„Gott bewahre! Ich bin selbst eine Prinzessin.“ Er lachte über seine eigene Bemerkung und auch der andere lächelte darüber. „Und vergiss es, wenn du etwas von ihr willst, sie ist die Geliebte der Chefin. Du hast keine Chance.“
„Sie hätte bei mir auch keine“, grinste der Schlankere und beide lachten. Ja, es ging heute schnell.
„Siehst du, jetzt geht es dir schon besser.“
Doch die Mundwinkel änderten die Richtung wieder nach unten. „Eigentlich nicht. Mein Ex hat mich rausgeworfen, meine Eltern wollen mich nicht mehr sehen und ich bin hier gestrandet.“
„Oha, das tut mir leid.“
Das Schweigen zwischen ihnen wurde größer und größer. Musste er dem anderen tatsächlich auf die Sprünge helfen? Sonst ging das doch immer von alleine, schließlich war er jung, schlank, und ohne diese Brille auch attraktiv. Also half er doch nach: „Du weißt nicht, wo ich ein paar Tage mal unterkommen kann, bis ich mich sortiert habe?“
„Ach so! Ja“, überlegte er, „das müsste eigentlich gehen. In meiner WG bin nur ich über Weihnachten da. Da ist Platz auf der Couch.“
„Echt? Oh das wäre super!“
„Ja klar, wir helfen uns hier in der Stadt, wo es notwendig ist. Sonst geht ja nichts. Wie heißt du eigentlich?“
„Dave. Also“, er zögerte etwas, „also eigentlich David. Aber ich mag lieber Dave.“
„Cool. Ich bin Tom.“
„Danke, Tom, für deine Hilfe.“
Sie unterhielten sich noch über dies und das, über Weihnachten, das Alleinsein an Feiertagen, über eine Familie, die kein Verständnis hatte für einen schwulen Sohn. Mit der Ausnahme, dass er als Schwuler tatsächlich verbannt und verflucht wurde, war jedoch alles, was er erzählte, gelogen. Nicht einmal der Name stimmte. Das ganze Gespräch diente nur dem Zweck, dass er mitgenommen wurde, um endlich essen zu können. Und so dauerte es noch eine halbe Stunde, bis Tom mit Dave aufbrach, um wenig später in einer warmen Wohnung zu stehen.
„Hey Jim, du bist ja noch da“, begrüßte Tom einen anderen in der Wohnung.
„Ja, mein Zug fährt bald, und ich will auf keinen Fall etwas vergessen!“
„Das hier ist übrigens Dave. Dave, das ist Jim, und er ist wohl nur deshalb so fit, weil er ständig etwas vergisst.“
Jim verdrehte die Augen. „Hoffentlich klappt es heute mal ohne Rennerei.“
„Ist es für dich ok, wenn er ein paar Tage hier übernachtet?“
Jim schaute seinen Mitbewohner kurz an, dann zu Dave, wieder zurück zu Tom und grinste breit. „Ja klar. Willkommen in unserer kleinen Männer-WG. Fühl dich hier wohl. So, aber ich muss jetzt.“
„Ok, cool. Hab ein schönes Weihnachtsfest.“
„Naja, du kennst meine Eltern. Es wird anstrengend.“
„Vielleicht solltest du dich endlich mal outen.“
„Hör auf. Nicht an Weihnachten. Ich sehe ja bei dir, wohin das geführt hat.“
„Schon gut. Hab trotzdem ein paar schöne Tage daheim.“
„Ciao Tom, ciao David, richtig?“
„Dave“, nickte der.
„Dave.“ Jims Blicke ruhten für einen Moment auf dem Körper des Fremden. Ob er wahrnahm, was für ein Körper sich unter der dicken Kleidung versteckten? Schließlich riss er sich los, winkte kurz und verschwand.
„Tja, dann zeige ich dir mal die Wohnung. Hier kannst du deine Sachen ablegen, und dieses Zimmer ist mein heiliges Reich.“ Er öffnete die Tür. Die Wände waren voller Regenbogensymbole, Poster mit jungen Männern, unter denen irgendwelche Bandnamen standen, die Dave alle nicht kannte. Es war wie eines dieser Teenie-Zimmer, die er aus billigen TV-Serien kannte, aber ganz sicher nicht wie ein Zimmer eines Erwachsenen.
„Kann ich vielleicht mal duschen?“
„Achso, ja, und hier ist das Bad“, und deutete auf eine andere Tür. „Warte, ich gebe dir ein Handtuch. Duschgel steht in der Dusche.“
„Danke“, lächelte er. Es war Zeit für das Vorspiel, denn er spürte, dass Toms Blicke auf ihm ruhten. Vor dessen Augen zog er sich aus, ließ seine Kleidung auf dem Sofa zurück, und nahm das Handtuch. Von der Scheu, mit der er im Café kokettierte, war nichts mehr zu spüren, doch diesen Wechsel merkte Tom nicht. Zu sehr regte sich die Lust in ihm. Der Blick auf diesen knackigen Hintern, der gerade ins Bad wanderte, nahm ihm jeglichen Verstand.
Nur ein paar Minuten später kam Dave auch schon wieder aus dem Bad. Nun sah Tom auch die Vorderseite. Ein Körper, perfekter als jeder auf den Plakaten, die in seinem Zimmer hingen, und, was ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, ein wahrlich hübsches Geschlechtsteil. So angeschaut zu werden, ließ Daves Herz höher schlagen. Er war quasi am Ziel und würde sogar noch etwas Spaß haben.
„Sag mal, hast du da ein Tattoo?“
„Was? Wo?“ Er erschrak. War es etwa schon zu sehen?
„Ich hätte schwören können, dass auf deinem Herzen eben ein rotes Feuertattoo gewesen wäre.
Dave lachte die Frage weg. „Achso, das ist nur ein alter Zaubertrick.“
„Zaubertrick?“
Dave stand jetzt direkt vor Tom, der den Geruch seines eigenen Duschgels am Körper des anderen in sich aufsog. Wie gut es an diesem Kerl doch roch! Dave nahm Toms rechte Hand und drückte sie an seine eigene linke Brust.
„Wohooo, man, du glühst ja.“
„Schau nach!“, forderte er den anderen auf.
Der nahm seine Hand wieder weg und bekam große Augen. Da war das Tattoo wieder! Doch er traute seinen Augen nicht. Bewegte sich das Feuer?
„Nur ein Zauber, keine Angst.“ Er blickte in das fragende Gesicht seines Gegenübers und übernahm die Führung, drückte ihm einen Kuss auf den Mund und ließ seine Zunge vorsichtig spielen. Tom wusste nicht, wie ihm geschah, doch diese Gelegenheit konnte er sich nicht mehr entgehen lassen, zu sehr drückte bereits seine Erektion gegen die Hose. Dave war geschickt darin, ihn an den richtigen Stellen zu berühren, die ihn aufstöhnen ließen. Er halt ihm aus seiner Kleidung.
„Ich hoffe“, stöhnte der andere zwischendrin, „ich bin auch irgendwie dein Typ.“
„Deine Rundungen?“
„Mmh.“
„Die sind perfekt.“ Sie waren es nicht, aber auch sein Verstand verschwand zusehends und es war ihm schlicht und ergreifend egal. Er kniete sich vor dem inzwischen ebenfalls kleiderlosen Tom nieder und ließ dessen harten Penis in seinem Mund verschwinden. Der griff in Daves nasse Haare und sie fanden in den Rhythmus, der beiden zu noch mehr Lust verhalf. Dave spielte mit seinen Fingern an Toms Rosette. Der drückte sich sogar gegen seinen Finger und stöhnte dabei voller Hingabe.
Dave ließ von ihm ab und stand wieder auf. Tom hauchte ihm ein „Nimm mich!“ ins Ohr. Als er sich umdrehte, um nach einem Gleitgel zu greifen, sah er ein rot flammendes Tattoo auf der Brust des anderen, doch die Lust war größer als die Frage. Er beugte sich vor, wartete, bis der andere sein Glied eingecremt hatte, und stemmte sich der Lust entgegen. Der Schmerz des zu schnellen Eindringens wich wenige Augenblicke später der Lust; der Lust, in der sich auch Daves wahres Ich nicht mehr unterdrücken ließ. Sein Rücken brannte bereits und im Schmerz der Verwandlung stieß er stürmisch zu.
„Au!“, schrie Tom. Doch es war zu spät. Daves Hände waren bereits riesige Pranken, die ihre Krallen in Toms Brust jagten. Fest hielt er ihn an sich und wollte gerade zum Ende kommen, als die Tür wieder aufging.
„Ich habe doch noch was ver...“ Mit vor Schreck aufgerissenen Augen und unfähig zu einer Bewegung starrte er auf das brennende Ding, das sich über Tom hermachte. „Thomas?“, war das Letzte, was er sagte. Nicht einmal eine halbe Sekunde später war das brennende Monster über ihm und drehte ihm den Kopf zur Seite. Es schaute ihm zu, wie es starb, und beinahe andächtig, legte es Jim auf die Erde. Warum war er nur so vergesslich?
Der quälende Hunger kam jedoch zurück. Tom, bereits schwer verletzt, lag mit dem Rücken auf dem Boden. Der immer noch brennende Dave beugte sich über ihn und vollendete, was er angefangen hatte. In den tränenden Augen seines Opfers konnte er sich selbst sehen, seinen Kopf, aus dem drei Hörner Richtung Rücken gewachsen waren, und aus dessen riesigem Maul der Speichel tropfte. Für einen kurzen Moment ließ ihn das zögern, doch sein Hunger war stärker. Es war eine schnelle Bewegung seiner riesigen Kralle, die Tom das Herz entriss, das ihm die Befriedigung gab, die er so dringend brauchte, und das ihm als einziges Mittel half, das Feuer in ihm zu stillen.
Es dauerte ein paar Minuten, bis er sich beruhigt hatte. Irgendwo hörte er eine blecherne Stimme: „Hallo, sind Sie noch dran?“ Verdammt, Tom hatte den Notruf gewählt. Und als würde die Person am Handy mit jemand anderem sprechen: „Chef, ich glaube, das Monster ist bei uns in der Stadt.“ Das hieß nichts Gutes. So nah waren sie ihm noch nie auf den Fersen. Er war unvorsichtig geworden. Schnell zog er sich an und schnappte seine Sachen und verließ das Haus nach oben, weil sich auf der Straße bereits die Sirenen der Polizei näherten.
Er prüfte, dass niemand nach oben schaute, und hüpfte, als wäre es nur ein großer Schritt, vom Dach auf das nächste und noch eins weiter. Spät in der Nacht, als sich alles beruhigt hatte, sprang er schließlich vom Haus. Toms Herz, das wirklich für ihn geschlagen hatte, verlieh ihm diese Kräfte, die ihm das ermöglichten. Sie waren so stark, dass dort, wo er landete, sogar der Schnee aufloderte.
Wenn er doch nur gewusst hätte, dass er die Liebe, die ihm entgegengebracht wurde, einfach nur mit gleicher Liebe erwidern müsste, wäre der Fluch gebrochen gewesen.