Ein Engel mir im Traum erschienen,
Engel sollen den Menschen dienen.
So hab' ich ihn mir ausgeliehen,
Der liebe Gott hat's nie verziehen.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Mit Eisenschellen und Manschetten,
Legte ich ihn gut in Ketten,
Kein Engel wird den Engel retten,
Ich würd' darauf 'nen Engel wetten.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Ich hab' den Engel angefasst,
Und ihn dabei ganz heiß gemacht,
Hab' ihn unsittlich berührt,
Wollte wissen, ob er's spürt.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Ich setzte den Engel unter Strom,
Genoss es wie ein kleiner Gnom,
Voller Spott und voller Hohn,
Hohe Spannung war sein Lohn.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Ich schmierte ihm, mit Staub und Schlamm,
Auf seinen Leib, ein Pentagramm,
Ich köpfte über ihm ein Lamm,
Hängte es auf spitzen Stamm.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Rammte ein Kreuz in seine Brust,
Doch ich hatte nicht gewusst,
Zu sterben, hatte er keine Lust,
Er lebte noch, was für ein Frust.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Ich nahm ein Messer zu Gebrauch,
Und schnitt den schönen Engel auf,
Vom Himmel haschen, nur einen Hauch,
Dann klebe ich auch ein Pflaster drauf.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für jeden Himmelschor.
Doch kein Engel leiht ihm Ohr
Und steigt für ihn entpor.
Ich trieb ihm Nägel in die Hände,
Ein wenig Mull, keine Verbände,
Ans Kreuz gehämmert, welche Wende,
Fand der Engel so sein Ende.
Und der Engel ist verstummt,
Es wird nicht gesummt,
Es wird nicht gebrummt.
Er ist verstummt.
Ich hab' den Engel massakriert,
Hab' ihn lustvoll degradiert,
Mit seinem Blut hab ihn verziert,
Und ihn dann eleminiert.
Ihr sagt, dass Sünde auch verjährt,
Ich sage euch, ihr liegt verkehrt,
Der Engel hat sich nicht gewehrt,
Er wusste, dass sie mich verzehrt.
Mein Traum wird aufgerissen,
Und mit schuldigem Gewissen,
Schau' ich, was da strudelt,
Ich habe den Engel besudelt.
Ein Engel mit rabenschwarzem Haar,
Und einem weißen Flügelpaar,
Augen wie Mitternacht, wunderbar,
Wird für mich zum schlimmsten Mahr.
Es erscheint, sehr geehrt,
Der Hüter der Träume, ohne Schwert.
Er bringt den Mond, er bringt die Sterne,
Die Trance, den Schlaf, die Nacht sehr gerne.
„Sei gegrüßt, tief Schlafender,
Leider zu Bestrafender.
Ich, Somniel, bin erwacht,
Und wünsche dir eine gute Nacht."
„Ich sandte dir, in deinen Traum,
Einen Engel, man glaubt es kaum.
Doch hast du dummer Mensch gedacht,
Dass man zum Sklaven ihn dir gemacht!"
„Diese Illusion lass mich dir nehmen,
Der Schleier birgt dich, dunkler Schemen.
Du solltest an seiner Kunde reifen
Und dich nicht an ihm vergreifen!"
„Da ich über Träume wache,
Ist die Strafe meine Sache.
Und bevor ich Gladiel wecke,
Lieber ich diese vollstrecke!"
„Du sollst auf ewig schlafen,
Ohne Zählen von Schafen.
Nie wirst du mehr erwachen,
Und wahrlich nimmer lachen."
„Du harrst in diesem Traum,
In völlig leerem Raum.
Und des Engels Hilfeschrei,
Begleitet dich dabei."
So hebt er den Finger im Mondenschein,
Und deutet auf mich, niederes Sein.
Der Bann umschlingt mich, wie verlangt,
Von Albtraumranken ich umrankt.
Ein weißer Raum,
Ein böser Traum,
Ewiger Gesang,
Trauriger Klang.
Und der Engel singt Tenor,
Er singt für immer in mein Ohr.
Es kommt mir unerträglich vor,
Kein Engel steigt für mich entpor.
Ein Engel mir im Traum erschienen,
Engel sollen dem Lichte dienen.
Sie setzen sich für Gutes ein,
Drum sperrt sie niemals ein.