One Sentence Challenge
-Er/Sie/Es/Ich versuchte sich/mir seine/ihre/meine Nervosität nicht anmerken zu lassen-
Als die spitzen Nadeln am Boden die blanken Zehen des Mädchens berührten, zuckte es unwillkürlich zusammen. Die Hand des Mannes spendete ihm Vertrauen, doch das Ziel, und das machte es verrückt, kannte es nicht. Es versuchte sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Der Mann griff fester zu und flüsterte leise beruhigende Worte. "Vertrau mir", meinte er und führte es weiter. Weiter hindurch zwischen verrenkten Bäumen, rauschenden Blättern und Tieren. Das Mädchen nickte und starrte stur nach vorne. Aber es konnte nichts sehen, nur Schwärze blendete es.
Dann, es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, stoppte der Mann mit Zylinder abrupt und das Mädchen schnappte überrascht nach Luft. Es spürte, dass sich unter ihren Füßen nur noch Moos befand und hörte den Wind, der um ihren Körper heulte. Doch sehen konnte es nichts. Es konnte nicht sehen, wie der Wald nun in völlige Dunkelheit getaucht wurde, wie nur einige seltsame, grell leuchtende Punkte die Umgebung erhellten. Es konnte die Bäume nicht sehen, wie sie sich bogen und verzerrten, bis sich ein unwirklicher Durchgang gebildet hatte. Das Mädchen stand da und starrte es an, seine Umgebung, als würde es sehen können. Doch das tat es nicht.
"Ich habe euch erwartet." Das Kind zuckte zusammen und trat näher an seinen Begleiter heran, der ihm beruhigend über den Rücken strich. "Niemand braucht Angst vor mir zu haben", wurde erneut die Stimme laut, doch diesmal klang sie anders. Melancholisch, doch gleichzeitig auf eine Art und Weise tonlos. Die Welt um die drei Wesen herum schien erstarrt zu sein, kein Blatt bewegte sich mehr und selbst der Wind war erfroren.
"Lass uns allein." Nur langsam löste sich der Mann mit Zylinder aus dem festen, fast flehenden Griff des Mädchens. Doch tapfer stand es da, rührte sich nicht, auch wenn es ein Zeichen dafür war, dass in ihm Angst aufstieg.
"Komm näher." Tief holte es Luft, bevor es auf wackeligen Beinen vorwärts schritt, als hätte es erst vor kurzer Zeit laufen gelernt. Dann konnte das Mädchen etwas spüren. Etwas, das weder unangenehm noch angenehm war. Etwas, das nicht da war und es doch berühren konnte. Die Angst in ihm erlosch wie ein Feuer im Regen.
"Wie heißt du, mein Kind." Das Mädchen zögerte, als wäre seine Stimme versiegt, doch dann sprach es mit zarter, fast schon zerbrechlicher Stimme: "Mina."
"Warum bist du hier, Mina", wurde das Kind gefragt ohne jedoch zu erkennen zu geben dass es sich tatsächlich um eine Frage handelte.
Kurz schwieg es, doch dann sprach es: "Ich wollte den Geschichten glauben schenken." Der vor ihr Stehende schien zu verstehen und berührte es sanft an der Stirn. Ein Schauer durchfuhr das Mädchen, doch weder gut noch böse schien er zu sein.
"Du kannst dein Augenlicht wieder zurückgewinnen, Mina." Das Mädchen riss die Augen auf, doch dadurch wurde ihre Sicht nicht aufgeklärt. "Wirklich?" Es warf sich nach vorne, in die Arme des Sprechenden und kuschelte sich eng an ihn. "Wie? Bitte sag mir wie!", rief es verzweifelt.
"Du kannst zurückkehren, in deine Welt, Mina. Dann wirst du wieder sehen können."
Mina zögerte. "Aber ich wollte doch hier bleiben", schluchzte sie und vergrub ihr Gesicht in dem sich seltsam anfühlenden Saum.
"Du hast eine zweite Wahl, Mina. Du kannst hier bleiben, doch dafür musst du eine Aufgabe bestehen. Eine Aufgabe, die alles von dir fordern kann. Dir alles nehmen wird."
Doch Mina ließ sich nicht verunsichern. "Ich mache es."
Sie klang fest entschlossen, doch ein Kind, wie sie es war, traf solche Entscheidungen leicht. Leichter, als wenn sie wüsste, was auf sie zukommt. Auf sie zukommen wird.