Mit bebendem Herzen flog ich im Wohnzimmer umher. Caliquelas wochenlange Geheimnistuerei ergab nach so langem Ausharren einen Sinn. Wenn ich in seiner Nähe war, senkte er die Stimme oder verstummte völlig. Ob am Telefon oder in Gesprächen mit den anderen Bewohnern der Villa. Ich hatte schon befürchtet, dass er eine Frau kennen- und liebengelernt hatte. Doch dafür verließ er das Anwesen zu selten.
„Jetzt gib doch mal Ruhe, mi amore“, brummte mein stattlicher Italiener, der mit einem Cuttermesser auf dem Boden hockte. Leises Ratschen, erneut ein Karton geöffnet. Ich tauchte hinein, fand mich zwischen Pappe und Plastik wieder. Meine Pfoten buddelten den Müll zur Seite, ertasteten den weichen plüschigen Stoff. Herrlich zum stundenlang darauf Schlummern!
„Bau ihn endlich auf, Onkel Cali.“ Clara pulte etwas aus einer anderen Box heraus. Ein Stück Hartplastik, an das sie eine Schnur bastelte, an der ein kleiner grauer Gegenstand baumelte.
„Wenn du Matteo holst, damit er mir hilft, gerne.“ Lächelnd sah er zu, wie die Tochter seines Dons mit geschäftiger Miene davonstürmte. Sie würde den widerspenstigen Bodyguard mit Leichtigkeit überreden. Im Notfall drohte sie ihm damit, seine Weigerung ihr zu helfen, ihrem Vater zu erzählen. Das Kind eines Mafiabosses zu sein, hatte seine Vorteile, sinnierte ich. Mein Fell putzend wartete ich ihre Rückkehr ab. Kleine Füße, die über Fliesen und Parkett tanzten, gefolgt von schweren Schritten.
„Clara meinte, du benötigst Unterstützung.“ Matteo sah stirnrunzelnd auf das Chaos zu seinen Schuhen. „Ist hier eine Bombe hochgegangen oder haben die Wachhunde das Katzenvieh gejagt? Wo steckt die Teufelin überhaupt?“ Just in dem Moment, als er sich über meinen Karton beugte, schoss ich hoch. Ein Flügel streifte sein Gesicht, er taumelte rückwärts und fiel mit einem dumpfen Knall auf eine der Bodenplatten für den neuen Kratzbaum, den Caliquela für mich bestellt hatte. Die kleine Spielzeugangel, die Clara zuvor ausgepackt hatte, wurde dabei in die Luft katapultiert. Fasziniert sah ich vom hohen Regal zu, wie sie nach unten segelte. Die Spielzeugmaus der Angel landete genau zwischen Matteos Augen, wie das Tüpfelchen auf dem i in diesem chaotischen Stillleben, das sich den Anwesenden bot.