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Prolog
Kaffee zum Frühstück
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Körperlich müde, aber dennoch aufgedreht durch das Koffein einiger Energydrinks, schlendere ich die Straße entlang. Es ist spät, genau genommen so spät, dass es schon wieder morgens ist. Der gestrige Auftritt lief ausgesprochen gut. Die Drinks, die unserer Band ausgegeben wurden, sprechen für sich. Wenn ich noch Alkohol trinken würde, würde ich jetzt vermutlich in meiner eigenen Kotze schlafen.
Die frische Luft tut gut, sie ist eine willkommene Abwechslung zur stickigen Atmosphäre des Clubs. Bevor ich nach Hause gehe, unter die Dusche springe und mich anschließend ins Bett schleife, gelüstet es mir allerdings noch nach etwas Süßem. Ein Stück Apple Pie und ein Kaffee wären genau das richtige, bevor ich vor dem Fernseher ins Koma falle und bis heute Abend durchschlafe.
Ich betrete den Coffeeshop. Ein Kerl im Anzug kommt mir entgegen. Sein abschätziger Blick bringt mich dazu, mit den Augen zu rollen. Nach einer durchgemachten Nacht sieht er bestimmt auch nicht wie aus dem Ei gepellt aus. Als ich den Duft von frisch gebrühtem Kaffee wahrnehme, ziehe ich allerdings einen Mundwinkel hoch. Kaffee macht alles besser, sogar das Leben. Die Schlange ist nicht lang, vor mir stehen nur zwei weitere Kunden. Während eine junge Frau ihre unnötig komplizierte koffeinfreie Vergewaltigung eines Kaffees bestellt, werfe ich einen Blick auf die Süßspeisen hinter dem makellos geputzten Glas. Mein Besuch in dem Coffeeshop steht unter einem schlechten Stern, denn der Apple Pie ist ausverkauft. Ich nehme mir Zeit, die Alternativen zu überfliegen, doch mir springt nichts ins Auge. Vielleicht sollte ich mir an der Ecke ein paar Donuts zum Trost mitnehmen.
Hinter vorgehaltener Hand gähne ich. Schon bin ich an der Reihe. Ich räuspere mich, ehe ich einen schwarzen Kaffee bestelle. Als ich meine schlichte Bestellung mit Karte bezahlt habe, stelle ich meinen Gitarrenkoffer kurz ab, um meine Hände frei zu haben. Ich süße mein Lebenselixier mit etwas Zucker, rühre einmal um, verschließe den To-Go-Deckel und mache mich auf den Weg nach Hause. Meine Gitarre nehme ich selbstverständlich wieder mit.
Gerade in der Bewegung erblicke ich ein Mädchen mit langen, dunkelblauen Haaren. Sie lächelt mir zu, zumindest bilde ich mir das ein. So müde wie ich im Moment aussehe, gilt dieses Lächeln wahrscheinlich jemand anderem. Vielleicht hat sie auch gar nicht erst gelächelt. Meine Augen sehnen sich genauso nach einigen Stunden Schlaf wie der Rest meines Körpers. Ich gehe einige Schritte Richtung Ausgang und weiche einer Gruppe Jugendlicher aus. Mit meiner Schulter drücke ich die Tür auf. Auch jetzt sehe ich wieder das Mädchen. Sie senkt ihren Blick und widmet ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Buch. War das Enttäuschung in ihrem Blick?
Ich halte inne. Nach einem tiefen Atemzug beschließe ich, mein Glück zu versuchen. Sie hat mich angesehen. Einen Versuch ist es wert. Mehr als Nein zu sagen, kann sie ja nicht. Bei dem Gedanken muss ich schnauben, denn aus Erfahrung weiß ich ganz genau, dass Frauen noch viel mehr als Nein sagen können, wenn man sie kennenlernen will, sie allerdings kein Interesse haben.
„Hi“, begrüße ich die schöne Fremde, die ganz alleine an einem Tisch sitzt.
„Hallo“, erwidert sie meine Begrüßung und lässt ihr Buch sinken. Zeitgleich sieht sie zu mir nach oben. Mit Zeigefinger und Mittelfinger markiert sie die Stelle, an der sie aufgehört hat zu lesen.
„Darf ich mich zu dir setzen?“, frage ich.
Nachdem ich meine Worte ausgesprochen habe, registriere ich erst, dass ein zweiter Teller mit Kuchen auf dem Tisch steht. Das Lächeln war nicht für mich gedacht. Ich wusste es. Geistig bereit für eine Abfuhr des hübschen Mädchens, lasse ich meine Schultern sinken. Ich hätte gehen sollen.
„Liebend gerne, setz dich“, bietet sie mir mit sanfter, freundlicher Stimme an. Sie lächelt sogar.
Verdutzt darüber, dass sie mich nicht wegschickt, sehe ich sie an. Das Mädchen legt ihren Kopf ein wenig schief und mustert mich etwas verwirrt, doch dann lacht sie.
Erheitert fragt sie: „Willst du dich nun setzen oder nicht?“
„Entschuldige, war eine lange Nacht. Mein Gehirn braucht etwas länger, um Informationen zu verarbeiten.“ Ich räuspere mich ein weiteres Mal und nehme ihr gegenüber Platz. Meinen Gitarrenkoffer stelle ich neben mir ab, den Kaffee platziere ich auf dem Tisch, ehe ich noch meinen Rucksack ablege.
„Eine lange Nacht, hm?“, fragt sie interessiert und zieht ihre Tasche auf ihren Schoß. Ich beobachte sie dabei, wie sie ein farbenfrohes Seepferdchen-Lesezeichen zwischen die Seiten ihres Buches legt, ehe sie es zuklappt. Bevor sie das Buch in ihrer Tasche verschwinden lässt, kann ich noch ein weiteres Buch entdecken. Ein Reiseführer. Sie ist also eine Touristin. „Bist du Musiker?“ Mit einem bezaubernden Lächeln deutet sie auf meine Gitarre.
„Ja“, antworte ich ihr. „Meine Band ist aber nicht besonders erfolgreich. Das Leben als Musiker ist trotz Social Media nicht einfacher geworden.“
„Gefällt es dir trotzdem?“, fragt sie nach.
Ich ziehe einen Mundwinkel hoch. „Ja, sehr sogar. Manchmal ist es anstrengend und auslaugend wie jeder andere Job auch, aber ich mache schon mein Leben lang Musik. Eigentlich kann ich mir gar nichts Anderes mehr vorstellen.“
„Welche Art von Musik macht ihr denn?“
„Rock, Metal“, antworte ich. „Privat experimentiere ich aber immer gerne. Ich stehe auf die Klassiker. Beatles, Metallica, Queen.“
Sie beugt sich interessiert nach vorne und stützt ihr Kinn an ihrer Hand ab. Ich bemerke ihren aufmerksamen Blick, der über meinen Oberkörper wandert, doch auch ich riskiere einen Blick. Ihr Kleid ist tief ausgeschnitten und im Moment habe ich einen sehr schönen Ausblick auf ihre Brüste.
Fast schon verführerisch erklingt ihre Stimme: „Hast du Lust auf etwas Süßes?“
„Wie bitte?“, gebe ich verwirrt von mir. Hoffentlich habe ich nicht zu sehr in ihren Ausschnitt gestarrt. Das Mädchen kichert.
„Apple Pie“, antwortet sie und schiebt mir einen ihrer Teller zu. „Er ist köstlich. Ich schaffe kaum den ersten, nach dem zweiten würde ich platzen. Meine Augen waren hungriger als mein Magen.“
Grinsend antworte ich ihr: „Meine Mom hat mir verboten etwas Süßes von Fremden anzunehmen, auch wenn es sehr hübsche Fremde sind.“ Da sie mich noch nicht weggescheucht hat, sondern mit Kuchen ködert, fühle ich mich im Umgang mit ihr viel sicherer. Ich zwinkere ihr zu.
Nun lacht das Mädchen ein weiteres Mal. Sie streicht sich eine Strähne hinter ihr Ohr und atmet tief durch. „Du bist wirklich lustig.“ Sie legt eine Hand an ihr Dekolleté, bevor sie weiterspricht: „Ich bin Ilaria. Und du bist?“
„Killian“, antworte ich und ziehe den Teller zu mir. „Danke.“ Zufrieden greife ich nach der Gabel und esse ein Stück. Nachdem ich hinuntergeschluckt habe, deute ich mit meinem Besteck auf den Kuchen. „Der beste Apple Pie der ganzen Stadt. Ich war schon enttäuscht, weil ich keinen mehr bekommen habe.“
„Es war wohl Schicksal, dass ich mir ausgerechnet den Apple Pie ausgesucht habe, bevor wir uns getroffen haben.“
Ich schnaube amüsiert. „Dann hat uns deiner Meinung nach der Apple Pie zusammengeführt?“
„Wer weiß“, antwortet sie vage. „Vielleicht habe ich ihn auch als Köder benutzt, um mir einen Mann zu angeln.“
Überrascht ziehe ich die Brauen hoch, doch dann lache ich. „Hoffentlich hast du hierfür keine KO-Tropfen verschwendet, mich bewusstlos auf dein Boot zu schleifen ist sicher nicht einfach für so ein zartes Mädchen.“ Ilaria lacht über meine Antwort, sie hält sich die Hand vor den Mund und kichert weiter. „Nach einer Nacht wie gestern muss ich meine Augen nur für zwei Minuten schließen und falle selbstständig ins Koma. Da muss man wirklich nicht mehr nachhelfen.“
Sie nimmt ihre Hand aus ihrem Gesicht und atmet tief durch. „Du bist wirklich sehr lustig.“
Da meine Synapsen zu müde sind, um meine Worte zu filtern, antworte ich ihr überraschend selbstbewusst: „Und du hast ein sehr charmantes Lachen. Es macht dich noch hübscher.“
Sie lehnt sich ein weiteres Mal nach vorne. Ich muss darauf achten, dass mich ihr Ausschnitt nicht von ihrem schönen Gesicht ablenkt. Einen ganz kurzen Blick riskiere ich zwar, doch dann sehe ich in ihre ungewöhnlich großen, dunklen Augen. Ilarias Lächeln ist wunderschön. Es wirkt nicht so aufgesetzt wie das Lächeln, das mir öfter unterkommt, wenn ich mich mit Frauen unterhalte. Auch, dass sie auf Makeup verzichtet, gefällt mir gut. Sie ist eine ausgesprochen schöne Frau, auch wenn sie nicht makellos ist. Eigentlich gefällt sie mir genau deswegen so gut.
„Woran denkst du?“, fragt sie mich. Sie richtet sich wieder auf und greift nach ihrem Kaffee, um davon zu trinken. Nachdem sie ihn abgestellt hat, nascht sie ein Stückchen ihres Apple Pies.
„Ich habe mich gefragt, was ein schönes Mädchen wie dich so früh am Morgen in einen Coffeeshop treibt. So ganz alleine und dann noch mit zwei Stück Kuchen.“
„Nun, zum einen locke ich mit leckerem Kuchen Männer an“, antwortet sie amüsiert. „Und zum anderen lese ich gerne in Gesellschaft.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Selbst wenn es nur Fremde sind.“
„Dann bin ich dein Traummann. Ich esse gerne Kuchen und ich kann lesen.“
Kaum verlassen meine Worte meine Lippen, könnte ich mich innerlich ohrfeigen. Obwohl ich meine unüberlegte Aussage als peinlich empfinde, lacht Ilaria erneut. Entweder sie ist äußerst leicht zu unterhalten, sie macht sich über mich lustig oder sie steht auf mich. Was es ist, muss ich wohl noch herausfinden. Ich nehme noch ein Stück von dem Kuchen und mustere die Frau gegenüber genau. Sie trinkt von ihrem Kaffee und lächelt mich im Anschluss an, eine Antwort bekomme ich leider nicht.
„Was liest du denn aktuell?“, frage ich nach, um das Gespräch am Laufen zu halten.
„Einen Fantasy-Liebesroman“, antwortet sie und zieht das Buch aus ihrer Tasche. „Symphonie des Meeres.“ Sie deutet auf das Cover, auf dem eine Meerjungfrau zu sehen ist. „Eine Meerjungfrau strandet in San Francisco und stolpert in die Arme eines Musikers. Ein bisschen wie bei uns. Verrückt, oder?“
Ich schnaube. „Und dann verlieben sie sich und sind bis ans Ende ihrer Tage glücklich?“
Sie sieht auf das Buchcover und lässt ihren Lesestoff dann wieder in ihrer Tasche verschwinden. „So weit bin ich noch nicht, aber ich wünsche es mir. Im richtigen Leben gibt es leider keine Romantiker mehr. Ich stolpere leider eher über Männer, die mir ungefragt an den Hintern tatschen.“
Ilarias Worte bringen mich dazu, die Stirn zu runzeln. „Solchen Männern sollte man die Finger brechen.“
„Dann bist du keiner von ihnen?“, hakt sie nach, wobei sie mir fast schon aufdringlich in die Augen sieht.
Um etwas Abstand zu ihrem Blick zu bekommen, lehne ich mich zurück, bis ich die Polsterung der Sitzbank in meinem Rücken spüre. „Ich bin kein Held. Ein hübscher Hintern kann sehr anziehend sein.“ Nervös räuspere ich mich. „Aber jemanden ungefragt anzufassen, zeigt, dass man eine scheiß Erziehung genossen und dadurch kein Benehmen hat.“
Das Mädchen nickt zustimmend. „Das sehe ich ähnlich. Ein kurzes Kleid zu tragen heißt nicht, dass man es darauf anlegt, angefasst zu werden.“ Sie lehnt sich wieder an den Tisch und stützt ihr Kinn auf ihre Handfläche. Nach einem Seitenblick zu ihrer Tasche, spricht sie weiter: „Wenn es doch nur so einfach wie in Liebesromanen wäre.“
Kauend beobachte ich Ilaria. Einerseits würde ich gerne mit der Tür ins Haus fallen und sie nach einem Date fragen. Anderseits sehe ich aus wie ein Obdachloser und rieche wahrscheinlich auch nicht besser als einer. Wenn sie nur jemanden gesucht hat, der ihr zuhört, dann weißt sie mich ohnehin ab. Anderseits durfte ich mich zu ihr setzen und ihren Kuchen habe ich auch gegessen. Vielleicht war der Kuchen als Köder auch gar kein Scherz und sie sucht tatsächlich einen dicken, hungrigen Kerl wie mich. Ich lege die Gabel auf den leeren Teller.
„Was müsste ein Mann tun, um dir das Gefühl zu geben, dass Romantiker nicht ausgestorben sind?“
Überrascht sieht Ilaria mich an. „Oh. Das ist eine gute Frage.“
Während sie überlegt, streicht sie durch ihr Haar und schlingt eine Strähne um ihren Zeigefinger. Sie hebt ihren Kopf ein wenig und sieht nach oben. Von links nach rechts und wieder von rechts nach links. Es wirkt ein bisschen, als würden ihre Augen ihre Gedanken sortieren. Ilarias Körpersprache bringt mich zum Schmunzeln. Diese Frau gefällt mir.
„Unser Treffen sollte ungezwungen passieren. Keine Dating-App“, erklärt sie. „Ich möchte, dass wir uns begegnen und einander interessant finden.“ Sie presst für den Bruchteil einer Sekunde ihre Lippen zusammen. „Er muss nicht den Standards entsprechen, die man in den Liebesromanen vorgelegt bekommt. Ich brauche kein Sixpack. Ich will tiefgründige, aber auch alberne Unterhaltungen, ich will lachen und ich will das Gefühl haben, dass ich nach einem langen Tag im Büro in seinen Armen neue Kraft tanken kann. Ich will nicht mehr diejenige sein, die die Schmutzwäsche ihres Mannes aufsammelt, weil er nicht versteht, wie ein Wäschekorb funktioniert.“ Ilaria seufzt. „Und wenn ich schlafe, will ich schlafen und mich nicht zu Sex überreden lassen, den ich eigentlich gar nicht will, weil ich weiß, dass er ohnehin nach drei Minuten fertig ist.“ Sie streicht durch ihr Haar. „Er muss mich nicht mit roten Rosen überraschen oder mir teuren Schmuck schenken. Alles, was ich will ist, mit Respekt und Liebe behandelt zu werden.“
Irritiert schüttle ich den Kopf. Da wusste jemand nicht, was er an seiner Frau hat. Ich nicke nachdenklich. „Auch wenn ich mein Glück wahrscheinlich überstrapaziere... Würdest du dich auf ein Date mit einem erfolglosen Gitarristen einlassen, der in seiner Freizeit zu viel Zeit auf der Couch verbringt, aber auch seinen Arsch hochbekommt, um seiner Frau die Welt zu Füßen zu legen?“
Ilaria kichert. „Ist das eine Einladung?“
„Wenn du sie annimmst ja, wenn nicht, dann ist es ein weiterer Fehlversuch, bei einer Frau zu landen, die zu gut für mich ist.“
„Was ist denn das für ein Unsinn?“ Sie winkt ab. Ilaria legt ihre Hand an meinen Unterarm und tätschelt mich. Ihre Finger fühlen sich kalt an, doch eigentlich ist das ganz angenehm. „Dank dir habe ich in den letzten fünf Minuten herzhafter gelacht, als in den letzten fünf Monaten meiner letzten Beziehung. Wann rufst du mich an?“
„Vermutlich sobald ich aus meinem Koma erwache und wieder weiß, wie man ein Smartphone bedient“, antworte ich grinsend. „Wie lange bleibst du in San Francisco?“
„Solange ich mir die Miete meiner Wohnung leisten kann“, antwortet sie mit einem leichten Grinsen. „Hast du Angst, dass ich weglaufe?“ Sie legt ihre Hand an ihre Lippen, um dieses Grinsen zu verbergen. Erfolglos. An ihren Augen erkenne ich ganz genau, dass sie Spaß an unserer Unterhaltung hat.
„Bis jetzt ist mir jede Frau weggelaufen“, antworte ich scherzhaft, doch dann deute ich mit dem Kopf zu ihrer Tasche. „Mir ist der Reiseführer aufgefallen.“
„Oh.“ Sie folgt meinem Deut, sieht mich dann aber gleich wieder an. „Ich bin gerade erst hergezogen“, antwortet sie mir. „San Francisco hat viel zu bieten. Ich wollte mir einen Überblick verschaffen.“
„Zu deinem Glück bin ich hier aufgewachsen. Ich kenne also viele Geheimtipps, die dir nicht von deinem schlauen Reiseführer verraten werden.“ Ich mache eine ausladende Handgeste. „Wenn du möchtest, kann ich dir einige meiner Lieblingsorte zeigen.“
„Und was erwartest du im Gegenzug?“
„Hm.“ Ich überlege gespielt, dabei streiche ich durch meinen Kinnbart. „Wenn dir danach ist, mich zu küssen, wenn wir bei Sonnenuntergang am Strand spazieren gehen, dann hätte ich nichts dagegen einzuwenden.“ Frech grinse ich sie an.
Ilaria lacht, dabei schüttelt sie amüsiert den Kopf. „Vielleicht küsse ich dich sogar an einem nebeligen Tag wie diesem.“
„Das wäre mein Glück, die Stadt ist oft in Nebel gehüllt.“
„Ich mag dich, Killian. Ehrlich.“
Sie zieht ihre Tasche auf ihren Schoß und holt einen blauen Notizblock heraus. Mit einem rosafarbenen Kugelschreiber notiert sie etwas. Neugierig lehne ich mich nach vorne, um einen Blick zu erhaschen. Ilaria notiert eine Nummer, vermutlich ihre Telefonnummer. Mit geschwungenen Buchstaben schreibt sie außerdem ihren Namen auf. Das kleine I in ihrem Namen wird mit einem Herz versehen. Nach einem Klick lässt sie ihren Stift wieder in ihre Tasche fallen, ehe sie die kleine Notiz aus ihrem Buch reißt und über den Tisch schiebt.
„Bitte ruf mich an. Ich würde dich gerne wiedersehen.“
Lächelnd nehme ich die Telefonnummer an mich und verstaue den kleinen Zettel in meiner Brieftasche. „Vor unserem nächsten Treffen werde ich auch duschen, versprochen.“
Amüsiert sieht Ilaria mich an. Ihre Augen wandern von oben nach unten, dann aber wieder zu meinem Gesicht. „Am besten du stellst auch sicher, dass du ausgeschlafen bist. Ich habe sehr viel Energie und wenn du nicht mithalten kannst, wäre das sehr traurig.“
Ich ziehe einen Mundwinkel hoch. „Auf diese Herausforderung freue ich mich schon.“
Ein letztes Mal nimmt Ilaria ihre Tasse zur Hand. Sie trinkt ihren Kaffee aus, ehe sie die Tasse wieder auf den Tisch stellt. „Es war schön, dich kennenzulernen, aber leider muss ich jetzt gehen.“
Ich nicke zu ihrem letzten Stückchen Kuchen. Ilaria greift nach meiner Gabel, spießt das Stück auf und hält es in meine Richtung. Erst lache ich, doch dann öffne ich bereitwillig meinen Mund und lasse mich von der verführerischen Fremden füttern. Mit vollem Mund und kauend beobachte ich, wie sie ihre Tasche verschließt und damit aufsteht.
Eigentlich möchte ich noch etwas sagen, doch ich will nicht riskieren, ihr meinen Kuchen entgegen zu spucken.
„Wir sehen uns, Killian“, verabschiedet sie sich mit sanfter Stimme.
Als sie an mir vorbei geht, lässt sie ihre Finger über meine Schulter gleiten. Verdutzt sehe ich ihr hinterher. Sie schenkt mir noch ein Lächeln, ehe sie die Tür nach draußen aufdrückt und den Coffeeshop verlässt.
Verdammt.
Sie nicht anzurufen, wäre der größte Fehler meines Lebens.