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Kapitel 24
Rosaroter Alltag
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Eine Woche später ist alles beim Alten. Nach einer Dusche geselle ich mich zu Ilaria auf die Couch, um mit ihr den Samstagabend zu verbringen. Während sie ihr Wochenende genießen konnte, musste ich leider arbeiten.
Auf ihrer Staffelei steht ein signiertes Gemälde, das noch einige Stunden brauchen wird, um zu trocknen. Es zeigt den Strand und das Meer, im Hintergrund ist eine Berglandschaft und ein farbenfroher Sonnenuntergang zu sehen. Am Strand stehen zwei Menschen, die einander an der Hand halten. Auch wenn ich nicht gefragt habe, bin ich ziemlich sicher, dass Ilaria uns beide gemalt hat. Ich bin beeindruckt von ihrem Talent und ihren Fähigkeiten. Ilaria ist eine großartige Künstlerin.
Meine Prinzessin schlingt sofort ihre Arme um mich und küsst meine Wange. Ich bekomme nicht nur einen, sondern mehrere Küsse. So sehr ich es genieße, mit Liebe überschüttet zu werden, ist mir das doch ein wenig zu viel und ein wenig zu stürmisch. Vorsichtig drücke ich sie von mir.
„Ganz ruhig, Prinzessin.“
„Entschuldige, ich muss dich überfallen. Du hast mir heute gefehlt.“ Sie küsst meine Wange ein letztes Mal, dann möchte sie Abstand nehmen, doch ich lege eine Hand an ihre Taille und beuge mich zu ihr, um ihre weichen Lippen noch einmal zu küssen. Sanft erwidert sie den Kuss, dann sieht sie mich an. Mit einem Lächeln streicht sie über meine Wange. „Wie war deine Schicht?“
„Ein Albtraum“, antworte ich ehrlich. „Gestern ist es ja doch ziemlich spät geworden und es war hart aus dem Bett zu kommen, auch wenn ich keine Frühschicht hatte.“ Ich reibe mir über das Gesicht. „Ich bin fix und fertig. Ich bin zu alt dafür, am Abend auf der Bühne zu stehen und dann am nächsten Tag zur Arbeit zu gehen.“
„Hast du ein Glück, dass ich dich heute Abend nicht noch in einen Club oder eine Bar schleife“, meint Ilaria schmunzelnd. Sie streicht durch meine feuchten Haare und lässt ihre Hand zu meinem Nacken gleiten. Ich werde sogar ein wenig massiert. Es tut gut, so viel Liebe und Zuwendung von einer Frau zu bekommen. „Du siehst ziemlich müde aus. Willst du gleich ins Bett?“
„Nein. Wenn ich nur schlafen wollen würde, hätte ich auch gleich in mein Klappbett steigen können.“
Ilaria lässt ihre Hand über meine Schulter und meinen Arm wandern. „Aber du willst bestimmt etwas essen, hm?“
Ich tätschle meinen Bauch. Dass ich großen Hunger habe, kann ich nicht abstreiten. „Ja.“
„Ich hoffe, dass du auf Mac and Cheese stehst.“
„Was würdest du machen, wenn ich ‚Nein‘ sage?“
„Zu meinem Tablet greifen und meinem Mann eine Pizza bestellen, damit er nicht verhungert“, antwortet Ilaria mir, wobei sie schon aufsteht. „Also? Mac and Cheese oder Pizza? Du kannst natürlich auch etwas anderes haben.“
„Setz dich hin, ich hole mir mein Essen selbst“, antworte ich ihr. „Du bist nicht meine persönliche Dienerin.“
„Es macht mir aber nichts aus, dir etwas zu essen zu holen.“
Ich stehe auf, drücke Ilaria einen Kuss auf die Stirn und ziehe einen Mundwinkel hoch. „Das weiß ich sehr zu schätzen, Prinzessin, aber ich bin schon groß und kann das ab und zu selbst.“
„Na wenn das so ist.“ Sie lässt sich auf die Couch sinken und greift nach einer geöffneten Tüte Chips. „Kannst du mir was zu knabbern mitbringen? Ich glaube, dass ich hiermit nicht genug habe.“ Sie wackelt mit der Chipstüte, die unter ihrem Griff knistert.
„Klar.“
„Das Essen ist im Ofen. Ich hoffe, dass es dir noch warm genug ist“, erklärt Ilaria mir, als ich schon auf dem Weg in die Küche bin. „Brauchst du sonst noch etwas?“, frage ich etwas lauter, damit sie mich auch gut verstehen kann.
„Ja, du könntest einen Krug mit Wasser mitbringen.“
„Wird erledigt.“
Ich muss zwar zweimal gehen, doch ich bringe Ilaria ihren Snack, einen Krug Wasser und bediene mich an den Mac and Cheese. Ilarias Kochkünste machen mich skeptisch. Ich bin gespannt, was mich heute erwartet. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass sie nicht perfekt ist und dass nicht jeder kochen kann, aber ihr Fall lässt mich immer wieder stutzen. Manchmal kocht sie ausgezeichnet und an anderen Tagen muss ich ihr den Kochlöffel aus der Hand nehmen und versuchen, das Essen zu retten. Solange sie ein gutes Rezept vor sich hat und es auch gewissenhaft befolgt, bin ich auf der sicheren Seite, sobald es jedoch darum geht, Gewürze nach Gefühl zu dosieren, hat Ilaria Schwierigkeiten.
„Ist das Rezept von deiner Grandma?“, frage ich nach, als ich mich mit meinem Teller auf die Couch setze. Ilaria sieht mich kauend an. Ihre vollen Backen erinnern mich an einen Hamster. Sie nickt, was mich erleichtert. Das ist immer ein gutes Zeichen. Ich probiere einen Bissen und nicke zufrieden.
„Schmeckt es dir?“, erkundigt Ilaria sich.
„Mhm“, antworte ich kauend und schiebe mir gleich einen weiteren Löffel der Nudeln in den Mund.
Ilaria füllt ihr Glas mit Wasser und trinkt dann einen großen Schluck. Mit ihrer Tüte Chips macht sie es sich bequem und bettet ihren Kopf auf einem muschelförmigen Kissen. Sie sieht an die Decke. Als sie sich wieder an ihrer Knabberei bedient, fällt ein Chip auf ihre Brüste und es ist wohl das erste Mal, dass ich ein klein wenig neidisch auf eine in Fett herausgebratene Kartoffelscheibe bin. Bei dem Gedankengang muss ich über mich selbst den Kopf schütteln.
„Wie war eigentlich dein Tag?“, frage ich nach.
„Gut. Ich habe gemalt und nebenbei mit meinen Eltern per Video gequatscht. Sie waren ein wenig enttäuscht, dass du nicht da warst, weil sie dich kennenlernen wollen. Ich habe ihnen aber sofort gesagt, dass ich sie nicht auf dich loslasse, wenn du gar keine Zeit hattest, dich mental vorzubereiten.“
„Das klingt ja nicht besonders positiv. Die denken jetzt mit Sicherheit, dass mit mir irgendwas nicht stimmt, weil ich mich davor drücke, sie kennenzulernen“, gebe ich etwas missmutig von mir.
„Hm? Oh, nein, nein, sie haben das natürlich verstanden. Die Eltern kennenzulernen macht alles ja irgendwie… Naja, noch offizieller?“ Ich senke meinen Blick wieder auf den Teller in meiner Hand und schiebe mir schnell einen Löffel Mac and Cheese in den Mund, um Zeit zu gewinnen. Wir sind nun schon ein halbes Jahr zusammen und ich habe es immer noch nicht geschafft, ihr zu sagen, was mir schon so lange auf der Zunge liegt. Wenn es doch nur so einfach wäre wie in den kitschigen Romanen, die sie so gerne liest. „Ich habe doch jetzt nichts Falsches gesagt, oder?“, fragt Ilaria unsicher nach.
Schnell drehe ich mich wieder zu ihr und schüttle den Kopf. „Nein, viel offizieller kann es ohnehin nicht mehr werden, hm?“ Ich ziehe einen Mundwinkel hoch, vor allem damit sie sich keine großen Sorgen macht. „Einen Ring willst du ja zum Glück noch nicht. Mein Kontostand würde nämlich nur einen Ring aus einem Kaugummiautomaten zulassen und der wird dir nicht gerecht.“
Für einige Sekunden sieht Ilaria mich einfach nur an, dann lacht sie und sieht wieder an die Decke. „Ich hatte schon einen riesigen Diamantring und der hat mich auch nicht glücklich gemacht.“
„Ist es dir eigentlich schwergefallen, dich davon zu trennen?“, erkundige ich mich interessiert.
Sie überlegt einen Augenblick, bevor sie meine Frage beantwortet: „Ja und nein.“ Sie knüllt die Chipstüte zusammen und setzt sich auf, um sie auf den Couchtisch zu werfen. Als sie ihre Hand nach der zweiten Packung ausstreckt, reiche ich sie ihr. Dankend nimmt sie die Chipstüte an und öffnet sie. „Der Ring war wirklich sehr schön. Er war schlicht. Weißgold. Mit einem großen, ovalen Diamanten. Müssten drei Karat gewesen sein.“
Erstaunt sehe ich zu ihr. Ich verschlucke mich fast an meinem Abendessen. „Der muss deinem Ex ein Vermögen gekostet haben.“
„Ja, wahrscheinlich. Ich wollte den Preis damals eigentlich gar nicht so genau wissen, weil mich das alles sehr überfordert und überrumpelt hat“, erinnert Ilaria sich, wonach sie mit den Schultern zuckt und sich wieder zurück auf das Kissen sinken lässt. „Aber der materielle Wert war nicht der Grund, wieso es mir schwergefallen ist, ihn abzulegen. Mit dem Ring habe ich mein gesamtes Leben aufgegeben. Meine Beziehung, im Nachhinein betrachtet auch meine Freunde. Die Zukunft, die Matt für uns beide geplant hatte, war nicht das, was ich wollte. Ich habe gezweifelt und sehr, sehr viel geweint das gebe ich zu. Es war hart, wieder alleine zu sein. Ich hatte auch Angst davor, dass ich ein Leben führen muss, dass ich nicht will, gleichzeitig hat es mir aber auch Angst gemacht, das alles aufzugeben. Es war eine emotionale Zeit.“
„Bereust du es manchmal?“, frage ich nach, auch wenn ich die Antwort vielleicht lieber nicht hören möchte.
Ilaria sieht mich an, als hätte ich gerade eine vollkommen absurde Frage gestellt. „Nein“, antwortet sie selbstsicher. „Ich bin glücklich. Im vergangenen Jahr habe ich so viele tolle Erinnerungen gesammelt, die mir niemand mehr nehmen kann. Es gibt nichts das einem mehr Macht verleiht, als sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.“
Ilarias Antwort bringt mich zum Lächeln. „Ja, das stimmt wohl.“ Ich schiebe mir den letzten Löffel Makkaroni in den Mund und stehe auf. „Ich hole mir noch eine Portion.“
„Iss dich ruhig satt, dann kannst du heute nicht mehr vor mir flüchten, wenn ich später kuscheln will“, scherzt sie, als ich an ihr vorbeigehe.
„Ich würde nie flüchten, wenn du mit mir kuscheln willst, Prinzessin“, entgegne ich ihr, ehe ich ihr zuzwinkere.
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„Okay, ich hab' eine.“ Ich greife noch einmal in die Chipstüte und stecke mir einige Chips in den Mund. Ilaria sieht mich an, während ich kaue. „Was würdest du dir als erstes kaufen, wenn du eine Millionen Dollar bekommst?“
„Oh, das ist einfach. Eine Million ist zwar ein knappes Budget, aber ich würde mir ein Haus kaufen.“ Sie lächelt mich an. „Und was ist mit dir?“
„Wären in dem Szenario meine Schulden abbezahlt?“, frage ich nach.
Ilaria zuckt mit den Schultern. „Klar, wieso nicht.“ Sie bedient sich an den Jellybeans. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel sie isst.
„Dann würde ich meiner Mom etwas Schönes kaufen“, antworte ich, ehe ich eine ausladende Handgeste mache. „Vielleicht eine Handtasche, eine Halskette oder eine schöne Uhr. Außerdem würde ich dafür sorgen, dass auch sie komplett schuldenfrei ist.“
Ilaria rümpft die Nase. „Nach der Antwort klingt meine Antwort ziemlich egoistisch.“ Sie schüttelt den Kopf, lacht dann aber. „Oh, wie wäre es damit.“ Grinsend legt Ilaria eine Hand an meinen Unterarm. „Das verrückteste Date.“
„Puh, schwere Geschütze“, gebe ich überlegend von mir. „Ich glaube nicht, dass es ein spezielles Date gab, das mich besonders gestresst hat. Ich fand es immer sehr anstrengend, mit einer Frau essen zu gehen, die eigentlich nur in ihrem Salat herumstochert. Richtig verrückt war das jetzt nicht, aber ich erinnere mich an eine Frau, die ständig auf ihr Smartphone gestarrt hat. Ihre Antworten auf alle Fragen waren sehr knapp, sie hat von ihrem Hühnchen nur ein paar Bissen gemacht, aber ein Foto davon gemacht und hochgeladen, während ich gegessen habe.“ Ich schnaube amüsiert. „Ich glaube, dass sie nicht einmal bemerkt hat, dass ich das Geld für mein Steak auf den Tisch gelegt habe und dann gegangen bin. Vielleicht sitzt sie heute immer noch an diesem Tisch und ignoriert die reale Welt.“
Ungläubig sieht Ilaria mich an. „Hast du dich denn verabschiedet?“
„Klar“, antworte ich. „Meine Mom hat mich gut erzogen. Die Frau hat nur so etwas wie ‚Mhm‘ gesagt und weitergetippt. Das war so eine unangenehme Atmosphäre, dass ich sogar in Erwägung gezogen habe, mein Steak stehen zu lassen und zu gehen, aber wenn ich dafür bezahle, dann will ich es auch so gut es geht genießen.“
Ilaria greift noch einmal in ihre Tüte. „Verrückt. Sie wollte wahrscheinlich nur zum Essen eingeladen werden. Schnorrerin.“
„Der Schuss ging nach hinten los. Ich bezahle nicht für eine Frau, die mich den ganzen Abend ignoriert. Wenn man bei dem Gespräch feststellt, dass es nicht funkt, kann keiner etwas dafür, aber wenn man sich bei einem Date nicht einmal unterhalten will, wozu geht man dann überhaupt aus?“
Ilaria kichert. „Hast du ein Glück, dass ich so viel rede, hm?“
„Ja“, antworte ich amüsiert, ehe ich lache. „Ich höre Menschen tatsächlich gerne zu, wenn sie etwas zu erzählen haben.“ Ich nicke in ihre Richtung. „Was ist mit dir? Du hattest doch bestimmt viele Dates. Ein hübsches Mädchen wie du bekommt bestimmt hunderte Einladungen.“
Sie wiegt den Kopf hin und her. „Nicht wirklich. In der Highschool hatte ich einen Freund, das ist im College dann im Sande verlaufen, dann habe ich mich eigentlich auf mein Studium konzentriert und dann Matt getroffen. Nach der Trennung hatte ich auch viele andere Prioritäten, an denen ich arbeiten musste.“
„Dann war ich der erste, den du nach der Trennung getroffen hast?“, hake ich nach.
„Nein. Ich hatte ganz kurz eine Dating-App und auch ein paar Dates, aber das hat alles nicht gepasst.“ Sie überlegt einige Sekunden. „Ich hatte sogar ein Date, das man mehr oder weniger als verrücktes Date bezeichnen könnte. Ich war mit einem Typen Kaffee trinken. Eigentlich hatte ich nicht unbedingt ein gutes Gefühl bei der Sache, aber ich habe das dann darauf geschoben, dass es noch zu früh ist, mich wieder nach jemandem umzusehen.“ Ilaria greift zu ihrem Glas Wasser und trinkt davon. Ich ziehe die Brauen zusammen. Das klingt ein wenig wie der Beginn einer Horrorgeschichte. „Wir haben uns ganz nett unterhalten, aber er war doch ein recht seltsamer Kerl“, erzählt Ilaria weiter, nachdem sie das Glas wieder abgestellt hat. „Da ich aber keinen festen Typen habe und niemanden nach seinem Aussehen vorverurteilen will, habe ich ihm eine Chance gegeben. Hätte ja sein können, dass er unglaublich witzig und charmant ist und ein wenig Zeit braucht, um aufzutauen.“ Ilaria atmet durch. „Falsch gedacht. Er war unglaublich unheimlich. Wir hatten ein Date. Ein einziges. Er hat mir Komplimente gemacht, aber die Bemerkungen waren nicht nett, sondern eher eklig. Er meinte zum Beispiel, dass ich so schön bin, dass er mich am liebsten an sein Bett fesseln und nie wieder gehen lassen will.“ Es ist Ilaria deutlich anzusehen, dass die Erinnerung an dieses Date ihr heute noch unangenehm ist. „So als Scherz wäre das ja lustig. Wenn du das sagen würdest, würde ich lachen, aber bei ihm hatte das so einen verstörenden Unterton und sein Blick hat seine Aussage nicht besser gemacht. Ich glaube, wenn ich in sein Auto gestiegen wäre, dann wäre ich heute noch an sein Bett gefesselt.“ Ilaria schüttelt sich. „Er hat mir nach diesem Date geschrieben, dass er mich liebt. Nach einem Date. Verstehst du? Er kannte mich doch gar nicht. Dass hat mir so einen Schauer über den Rücken gejagt, dass ich ihn geblockt und mein Profil gelöscht habe. Ich war vorher schon nicht von Dating-Apps begeistert, aber das hat mir dann gezeigt, dass ich lieber im richtigen Leben nach einem sympathischen Mann Ausschau halten möchte.“ Ilaria verzieht die Lippen.
Ungläubig schüttle ich den Kopf. „Gut, dass du den losgeworden bist. Das war bestimmt einer der Typen, der danach im Internet herumheult, dass eine schöne Frau ihm sein Herz gebrochen hat und dass Frauen keine netten Kerle wollen.“
„Ja, er war super nett. Es ist ausgesprochen freundlich, Frauen an sein Bett zu fesseln und sie nie wieder gehen zu lassen“, meint Ilaria sarkastisch. Ich stimme ihr mit einem Nicken zu.
„Sag mal, würde dir das denn gefallen? Ans Bett gefesselt zu werden?“ Ich ernte einen verurteilenden Blick. „Nicht von einem Freak, sondern von einem Kerl, der dich auch wieder losbinden würde, nachdem er dich sehr glücklich gemacht hätte.“
„Sprichst du ganz zufällig von Killian Smith? Der dürfte das nämlich machen“, antwortet Ilaria nun wieder lockerer.
Mit meiner Faust schlage ich auf meinen Oberschenkel. „Ach Mist, Killian Smith müsste man sein. Was für ein glücklicher Mistkerl.“
Ilaria lacht los. „Ja, was für ein Glückspilz.“ Meine Prinzessin legt ihre Jellybeans auf den Couchtisch. Sieht so aus, als hätte sie genug genascht. „Aber wenn wir schon bei delikaten Angelegenheiten sind: Was ist deine verrückteste Sexfantasie?“
„Ausgelebt oder unausgelebt?“
In Ilarias Gesicht erkenne ich sofort, dass sie nun mehr als nur interessiert ist. Sie beugt sich in meine Richtung. „Oh, jetzt bin ich neugierig. Ich will alles über deine verrückten Fantasien hören.“
„Sicher?“, frage ich vorsichtshalber nach.
Nun lehnt sie sich wieder zurück. Ihr Blick ist skeptisch. „Sie haben doch nichts mit Körperausscheidungen zu tun, die lieber im Badezimmer bleiben sollten, oder?“
Angeekelt verziehe ich das Gesicht. „Nein, bestimmt nicht. Jeder kann seine Kinks haben, aber damit will ich lieber nichts zu tun haben.“
„Ich auch nicht“, stimmt Ilaria mir erleichtert zu. „Also?“
„Ich finde es ganz reizend, es in der Öffentlichkeit zu machen. Als ich vor ein paar Jahren noch etwas wilder war, war ich auch auf ein paar Sexpartys.“
„Sexpartys? So mit Partnertausch und BDSM?“
„Nein, BDSM liegt mir nicht.“ Ich mache eine ausladende Handgeste. „Das waren eher Partys bei denen sich eine leidenschaftliche Frau mehreren Männern hingegeben hat.“
„Das ist ja eine elegante Formulierung für das Wort Gangbang“, antwortet Ilaria, ehe sie loslacht. Sie legt schnell eine Hand an ihren Mund. „Entschuldige.“
Ich schnaube. „Nein, schon gut. So wollte ich es nicht formulieren, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Jedenfalls gibt mir das nichts mehr. Ich hätte allerdings nichts dagegen, dir den Hintern zu versohlen, wenn du frech bist.“ Da Ilaria grinst, grinse auch ich. „Hast du auch ein paar Fantasien, die ich dir vielleicht erfüllen könnte?“
„Ich bin eigentlich ziemlich langweilig, was Sex angeht“, meint Ilaria, ehe sie mit den Schultern zuckt. „Ich mag es, wenn wir die Stellungen variieren, aber das zeige ich dir ohnehin immer. Einmal hatte ich Sex in einem Auto, das war aber sehr beengend und gekommen bin ich auch nicht. Anfangs war es sehr reizvoll, weil es an einem ungewöhnlichen Ort war, aber eigentlich war ich froh, dass es dann vorbei war. Aber ich denke, wenn man in der Öffentlichkeit einen halbwegs bequemen Platz findet, dann wäre ich nicht abgeneigt, das spontan auszuprobieren.“
„Gut zu wissen“, gebe ich grinsend von mir und lege dann die Chipstüte weg. Mit einem Taschentuch wische ich mir die Finger ab.
Ilaria greift nach ihrem Glas. „Oh, jetzt fällt mir doch etwas ein. Ich hätte nichts dagegen, ab und zu neue Spielzeuge auszuprobieren. Seit ich mich von Matt getrennt habe, hat sich meine Schublade immer mehr gefüllt und ich glaube, dass es den Sex interessanter gestalten könnte, wenn man nicht immer dasselbe macht.“ Sie legt eine Hand an meinen Oberarm. „Nicht, dass ich mich langweilen würde, ganz im Gegenteil, ich bin sehr zufrieden mit unserem Sexleben.“
„Nein, schon gut, ich verstehe, was du meinst. Gegen Abwechslung ist nichts einzuwenden. Wenn du das möchtest, könnten wir auch zusammen im Internet stöbern und schauen, ob wir etwas Interessantes finden.“
„Gute Idee, das können wir gleich morgen machen. Lass mich nicht vergessen, ja?“
Ich zucke mit den Schultern. „Das kann ich dir nicht versprechen, ich bin ziemlich vergesslich.“
„Dann schreibe ich es mir gleich auf!“, meint Ilaria motiviert und klettert von der Couch. Sie hüpft zu ihrem Schreibtisch und schnappt sich einen Stift aus einer Tasse. „So, ist notiert. Aber eine andere Frage: Hast du die Bewerbung schon abgeschickt?“
„Ja. Ich glaube am Dienstag oder am Mittwoch, aber ich hatte gestern keine Antwort.“ Ich stehe auf und sammle die leeren Snackverpackungen ein. „Ist das ein schlechtes Zeichen?“
„Ich denke nicht. Es haben sich wohl ziemlich viele Leute beworben.“
„Okay, das ist ein schlechtes Zeichen. Dann sollte ich mir wohl nicht zu viele Hoffnungen machen“, gebe ich geschlagen von mir.
„Noch ist der Job nicht besetzt“, tröstet Ilaria mich. „Das heißt, dass du immer noch eine Chance hast.“
Ich gehe in die Küche, um den Müll zu entsorgen. Ilaria folgt mir und streichelt meinen Rücken. Sie öffnet den Kühlschrank, schließt ihn aber gleich wieder. „Eigentlich will ich gar nichts.“
Müde reibe ich mir das Gesicht. „Ich geh jetzt ins Bett. Kommst du auch?“
„Mhm“, antwortet sie mir und streckt sich in meine Richtung, um meine Wange zu küssen.
Im Badezimmer putzen wir uns noch die Zähne. Mein Spiegelbild verrät sofort, dass ich schon längst im Bett liegen sollte. Morgen werde ich wahrscheinlich den ganzen Tag verschlafen. Am Montag muss ich schon wieder im Laden stehen und Regale auffüllen. Kurze Wochenenden sind doch beschissen.