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Kapitel 1
Gute Neuigkeiten
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Trotz der anfänglichen technischen Schwierigkeiten lief die Bandprobe eigentlich ganz gut. Während der Rest der Band noch zusammensitzt, das eine oder andere Bier trinkt und sich unterhält, bin ich allerdings schon wieder auf dem Weg. Mein nächster sonntäglicher Termin steht an. Ich besuche die wichtigste Frau in meinem Leben: Meine Mom.
Mit meiner Gitarre steige ich die Treppen hinauf, dabei ziehe ich bereits meine Schlüssel aus der Tasche meiner Lederjacke. Das Klimpern des Schlüsselbundes hallt im Treppenhaus. Schnell finde ich, wonach ich suche und schließe die Tür auf.
„Hey, Mom!“, begrüße ich sie laut und schließe die Tür hinter mir. Ich stelle meine Gitarre im schmalen Vorzimmer ab und schlüpfe aus meinen Schuhen.
„Hast du meine Nachricht noch rechtzeitig bekommen?“, fragt sie mich, worauf ich nicke, das kann sie allerdings nicht sehen. Wahrscheinlich steht sie bereits in der Küche. Ich lasse meinen Rucksack zu Boden sinken, um meine Jacke ausziehen zu können.
„Ja, ich habe alles auf der Liste bekommen.“
Jeden Sonntag nach der Bandprobe besuche ich meine Mom, um mit ihr zusammen zu kochen und zu Abend zu essen. Obwohl ich mittlerweile 30 bin, ist mir meine Mom immer noch sehr wichtig. Sie spielt eine große Rolle in meinem Leben. Es ist nicht so, dass ich unter ihrer Fuchtel stehe, ich verbringe einfach gerne Zeit mit ihr. Meiner Ex war das enge Verhältnis zu meiner Mom immer ein Dorn im Auge. Im Nachhinein betrachtet, ist mir allerdings mehr als klar, dass sie einen miesen Geschmack hat. Immerhin mochte sie den Schwanz ihres Ex-Freundes auch lieber als meinen.
Mit meinem Rucksack gehe ich durch das Wohnzimmer und in die Küche, in der Mom bereits die Zwiebel schneidet. Ich stelle meinen Rucksack auf dem Tisch ab, drücke meiner Mom einen Kuss auf die Wange und räume dann den Einkauf weg.
„Wie war die Bandprobe?“, fragt sie mich.
„Ziemlich gut, nachdem wir endlich das Ersatzkabel gefunden haben. Irgendjemand muss den Proberaum aufräumen und ich will es nicht sein. Ich glaube, dass Ian das übernimmt. Er beschwert sich schon eine Weile.“ Ich öffne den Kühlschrank. „Mal sehen, wie lange die Ordnung hält.“ Eier und Milch stelle ich in den Kühlschrank und schließe ihn im Anschluss wieder. Als ich mich zu meiner Mom umdrehe, streicht sie mit dem Messer die Zwiebel in eine Pfanne. „Wie war deine Woche?“, erkundige ich mich.
„Das ereignisreichste war wohl der kaputte Drucker im Büro. Nächste Woche soll ein Techniker kommen.“
„Oh, wie spannend“, antworte ich amüsiert. „Wieso ist es so still. Keine Lust auf Musik?“
Mom sieht mich an und legt das Messer zur Seite. „Das Internet funktioniert nicht. Ich wollte dich nicht damit überfallen.“
„Was genau funktioniert nicht?“, hake ich nach und lehne mich dabei an die Theke neben sie.
„Gestern Abend ist es immer wieder ausgefallen, dann ging es eine Weile und heute ist es ganz aus“, erklärt sie mir. „Netflix hat nicht richtig funktioniert. Ich habe ganz vergessen, wie viel Werbung es im normalen Fernsehen gibt.“
Ich schmunzle. „Ich seh' mir das mal an, okay?“
„Nein, nein, Killian, das hat keine Eile.“ Sie legt eine Hand an meinen Unterarm. „Lass uns kochen und essen. Du hast bestimmt Hunger.“
Ich schnaube und stelle mich wieder gerade hin. „Mom, das dauert 30 Sekunden, es ist keine Raketenwissenschaft.“
„Wenn du das sagst.“
Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und schnappe mir das Modem, dabei lasse ich mich in den Schreibtischstuhl sinken. Der Bildschirm erwacht aus dem Standby-Modus und macht mich auf den Desktop aufmerksam. Das Hintergrundbild kommt mir sehr bekannt vor. Es ist ein Foto von Mom und mir. Dasselbe steht in meinem Wohnzimmer.
„Hast du das Internet schon neu gestartet?“, frage ich und tue genau das.
„Killian, für mich ist das schon Raketenwissenschaft.“
Ich lache. „Du musst nur den kleinen Knopf drücken, das ist alles. Das habe ich dir doch gezeigt, als das neue Modem gekommen ist.“
„Wenn es nicht funktioniert, rufe ich dich an. So bekomme ich dich einmal mehr zu Gesicht.“ Ich kann das Lächeln in ihrer Stimme deutlich hören.
„Alles klar, verstehe. “
· • ✤ • ·
Das Internet läuft wieder, im Hintergrund spielen die Beatles ihre größten Hits und Mom und ich sitzen in der Küche und essen Pasta.
„Du hast noch gar nichts erzählt. Wie war deine Woche?“, fragt Mom mich interessiert. Sie richtet ihre blauen Augen auf mich, greift nach ihrem Glas und trinkt einen Schluck Wasser.
„Nicht besonders außergewöhnlich. Einige Schüler sind fleißig, andere werden wohl nie Gitarristen.“ Ich zucke mit den Schultern. „Der Auftritt am Freitag war super. Nachdem der Club geschlossen hatte, ging es inoffiziell noch ein wenig weiter. Uns wurden Drinks spendiert, ich glaube, dass ich noch nie so viel Red Bull in einer Nacht getrunken habe.“
„Es ist zwar nicht gesund, aber lieber Red Bull, als Whiskey“, antwortet sie mit einem Lächeln, worauf ich nicke.
„Ich bin ziemlich spät nach Hause und dann war ich noch in einem Coffeeshop. Da wollte ich mir eigentlich nur einen Kaffee und einen Apple Pie holen.“
Mom mustert mich interessiert. Sie spießt einige Nudeln auf ihre Gabel und führt sie zu ihrem Mund. „Und?“ Mit ihrer freien Hand macht sie eine ausladende Geste, während sie kaut.
Bei meiner Antwort, muss ich lächeln. In meinem Kopf sehe ich sofort wieder Ilaria vor mir. „Ich habe eine Frau kennengelernt.“
Mom lässt ihre Gabel sinken. „Erst sagst du, dass deine Woche nicht außergewöhnlich war und dann sagst du mir, dass du ein Mädchen kennengelernt hast? Wer ist sie? Gefällt sie dir?“
Natürlich ist sie sofort interessiert. Auch wenn sie mir nie Druck nach Hochzeit und Enkelkindern macht, weiß ich, dass sie sich für mich eine Frau wünscht, damit ich nicht einsam bin. Nachdem meine letzte Beziehung in die Brüche gegangen ist, war ich ziemlich geknickt. Es hat lange gedauert, bis ich wieder ehrliches Interesse daran hatte, eine Frau kennenzulernen. Dass ich in diesem Tief einige Pfund zugelegt habe, macht das Dating allerdings nicht leichter.
„Wir kennen uns erst seit gestern, also keine Ahnung. Ich weiß, es klingt nach Klischee, aber sie ist irgendwie anders als andere Frauen. Es liegt wohl an ihrer Ausstrahlung. Sie hat mich angelächelt und eigentlich war ich mir gar nicht sicher, ob sie überhaupt mich anlächelt, aber ich habe sie trotzdem angesprochen.“ Mom lächelt. „Sie hatte zwei Stück Kuchen und hat mir eines davon überlassen. Sie hat gesagt, dass sie damit Männer ködern will. Sie hat eine ausgesprochen charmante Art, wenn sie Witze macht“, erinnere ich mich amüsiert. „Gestern Abend haben wir noch telefoniert. Wir hatten beide nicht viel Zeit, aber sie hat mir sehr deutlich gemacht, dass sie sich darüber gefreut hat, dass ich mich gemeldet habe. Heute Morgen hat sie mir ein Selfie geschickt.“
„Dann seht ihr euch wieder?“, fragt Mom nach.
„Ja, ich rufe sie später an. Hoffentlich will sie nicht frühstücken gehen. Sie hat mir um kurz nach 6 schon ein Selfie geschickt. Du kannst dir also vorstellen, wann sie morgens aufsteht.“ Mom lässt eilig ihre Gabel sinken, sie hält sich die Hand vor den Mund, als sie herzhaft lacht. „Mom. Wirklich?“
„Entschuldige“, nuschelt sie unter ihrer Hand hervor. Sie ist sichtlich amüsiert. „Das Mädchen wird dir Feuer unter deinem Hintern machen. Das finde ich gut. Vielleicht schafft sie das, was ich nie geschafft habe.“
Ich spieße einige Nudeln auf meine Gabel auf und stopfe sie mir in den Mund. Kauend grummle ich vor mich hin. Natürlich lacht sie darüber. Es war immer schwer für sie, mich morgens aus dem Bett zu bekommen und mich zur Schule zu schicken. Mit dem Alter ist es sogar schlimmer geworden. Mein Schlaf ist mir heilig. Die erste Stunde nach dem Aufwachen weckt jedes Mal tiefsitzenden Hass in mir. Ich bin der Inbegriff eines mürrischen Morgenmuffels. Ohne meinen ersten Kaffee bin ich selten ansprechbar. Eigentlich sollte man mich morgens vollkommen meiden.
„Ich bin neugierig. Was gefällt dir an ihr?“, erkundigt Mom sich weiter. „Wie heißt sie überhaupt?“
„Ihr Name ist Ilaria“, antworte ich. „Sie ist sehr attraktiv und süß. Irgendwie wie eine Prinzessin, aber auch natürlich, also nicht übermäßig aufgetakelt, aber trotzdem irgendwie elegant. Sie hat ein schönes Lächeln.“ Ich reibe mir den Nacken. „Eigentlich kenne ich sie ja auch noch gar nicht, aber sie schien sehr angetan. Sie fand mich wohl sehr lustig.“
Mom sieht mich besorgt an. „Ist alles in Ordnung?“
Ich zucke mit den Schultern, ehe ich ihr antworte: „Ich frage mich nur, wieso sich eine Frau wie sie für mich interessieren sollte.“
Mom isst ihren letzten Bissen. Sie kaut und scheint zu überlegen. Als sie hinuntergeschluckt hat, bekomme ich eine Antwort. „Dafür bin ich die falsche Ansprechpartnerin“, erklärt sie. „In den Augen ihrer Mütter sind alle Söhne ein Hauptgewinn. Sei du selbst. Sie mag deinen Humor, das ist ein guter Anfang. Du hast ihr gefallen, sonst hätte sie dir nicht ihre Nummer gegeben. Mach dir keinen Druck und lern das Mädchen in Ruhe kennen.“
Ich schnaube. Hauptgewinn, klar.
Nickend denke ich über ihre Worte nach. Sie hat schon Recht. Ich sollte mir keine Gedanken machen, sondern alles auf mich zukommen lassen.
Nach dem Essen helfe ich Mom noch dabei, die Glühbirne im Badezimmer auszuwechseln, wir plaudern noch ein wenig über dies und das, aber dann mache ich mich auf den Weg nach Hause. Bevor ich jedoch nach Hause gehe, hole ich mir noch ein paar Donuts.
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Zu Hause angekommen, setze ich Kaffee auf und springe in der Zwischenzeit unter die Dusche. Obwohl es noch nicht besonders spät ist, habe ich dennoch das Gefühl, als wäre ich schon wieder ewig wach. Ich bin müde.
Erfrischt und mit einer Tasse Kaffee setze ich mich auf die Couch. Ein kleiner Bluetooth Lautsprecher sorgt für Musik. Ich lehne mich zurück und beiße in meinen Donut, dabei sehe ich auf das Display meines Smartphones. Ich sehe mir das Foto an, das Ilaria mir geschickt hat. Dass sie morgens schon so hübsch aussieht, bringt mich zum Nachdenken. Wenn ich morgens als erstes ihr Gesicht und dieses wundervolle Lächeln sehe, würde mir das Aufwachen bestimmt leichter fallen.
Mein Bildschirm verdunkelt sich, dann erscheint ihr Name.
Ilaria. Ich atme tief durch, ehe ich den Anruf entgegennehme.
„Hey“, begrüße ich sie. Meinen angebissenen Donut lege ich zurück in die rosafarbene Pappschachtel.
„Hi“, begrüßt auch Ilaria mich. „Ich konnte nicht mehr länger warten. Hast du schon Zeit oder soll ich in zehn Minuten wieder anrufen?“
Ich schnaube. „Nein, alles gut. Sorry noch einmal, dass ich erst so spät auf deine Nachricht geantwortet habe.“
Sie kichert. „Du bist kein Morgenmensch.“
„Nein, überhaupt nicht. Ist das ein Problem?“
„Ganz und gar nicht“, entgegnet sie mir. „Ich dachte mir schon, dass du eine Nachteule bist. Euch Musikern gehört die Nacht.“
„Kann man so sagen, ja.“ Ich höre Ilaria seufzen. „Ist alles okay?“
„Ja, ich bin nur froh, endlich im Bett zu liegen. Umziehen ist hart. Ich habe viel zu viele Dinge.“
Ich schnaube. „Was hast du heute so angestellt?“
„Ich bin früh aufgestanden und habe einem Kerl, den ich gut finde, ein Selfie geschickt. Dann war ich frühstücken und habe mir etwas Süßes mitgenommen und als ich wieder zu Hause war, habe ich angefangen, Umzugskartons auszuräumen und meine Wohnung zu dekorieren.“
„Klingt nach einem erfüllten Tag. In welcher Gegend wohnst du eigentlich?“, frage ich interessiert nach.
„Pacific Heights.“
„Wow, wirklich?“ Überrascht hebe ich die Brauen. „Noble Gegend.“
„Ursprünglich habe ich mir einige Wohnungen in Tenderloin angesehen. Aber mein Daddy hat gesagt, dass er nie wieder in Ruhe schlafen kann, sollte ich tatsächlich eine dieser Wohnungen beziehen. Meine Eltern haben sich abgesprochen und unterstützen mich bei der Miete.“
„Das ist nett von ihnen“, antworte ich, wobei ich mich in meiner winzigen Wohnung umsehe. „Ich könnte übrigens auch schlecht schlafen, wenn ich wüsste, dass du nachts alleine in Tenderloin unterwegs bist.“
Ilaria kichert. „Das ist süß, danke, Killian. Weißt du, eine der Wohnungen hätte mir sogar richtig gut gefallen, aber im Treppenhaus ist uns ein sehr seltsamer Mann entgegengekommen. Er hat mir direkt einen Schauder über den Rücken gejagt. Außerdem könnte ich schwören, dass ich vor dem Gebäude eine gebrauchte Spritze gesehen habe.“
Angeekelt verziehe ich das Gesicht. „Ein Glück, dass du etwas Besseres gefunden hast.“
„Ja, es ist hier wirklich sehr nett. Ich habe zwar keine Badewanne, aber dafür eine große Dusche und die Wohnung ist frisch renoviert. Kommst du mich besuchen, sobald ich mich eingerichtet habe? Ich besorge auch Apple Pie.“
Ich kann mir mein breites Grinsen nicht verkneifen. „Gerne. Ich kann dir aber auch helfen, falls du einen starken Mann brauchst. Kartons schleppen, Möbel aufbauen, Löcher in Wände bohren, Glühbirnen wechseln.“
„Das ist wirklich süß von dir, Killian. Das könnte ich gar nicht annehmen, selbst wenn ich deine Hilfe brauchen würde. Mein Daddy hat mir in den letzten Tagen geholfen. Er ist am Donnerstag nach Hause geflogen. Ich habe ziemlich viele Kartons zerlegt und damit begonnen, meine Bücher zu sortieren und wegzuräumen, meine Bilder aufzuhängen und es mir richtig gemütlich zu machen. Heute ist mein Schlafzimmer halbwegs fertig geworden. Langsam aber sicher fühlt sich die Wohnung wie mein Zuhause an.“
Aufmerksam lausche ich Ilarias Erzählungen und nicke. In meinem Kopf entwickelt sich ein Bild. Volle Bücherregale mit Geschichten über Meerjungfrauen, Prinzessinnen und Ritter in schimmernden Rüstungen, viele Pflanzen und Blumen. Wahrscheinlich sitzt in ihrem Bett sogar ein Teddybär. Es würde zu ihr passen. Das kurze, rosa Kleid, welches sie am Samstag getragen hat, schreit förmlich nach Prinzessin.
Mein Grinsen wird immer breiter. „Verurteile mich nicht, aber irgendwie stelle ich mir dein Schlafzimmer sehr girly vor. Rosa Vorhänge und Kissen, Fotos von deinen Freunden an den Wänden, so ein Tisch mit Spiegel, auf dem verschiedene Parfumflaschen und ein Schmuckkästchen stehen. Vielleicht noch Lichterketten. Oh, so eine Lichterkette mit Klammern, auf denen man Fotos befestigen kann.“
Ilaria lacht. „Du bist so ein Arsch.“ Sie kichert amüsiert weiter. „Nein, so ist es nicht, aber ich habe Lichterketten, das stimmt.“
„Keine Fotos von Freunden?“
„Eher nicht, nein“, antwortet sie mir. Sie kichert noch einmal, ehe sie weiterspricht: „Aktuell habe ich nicht besonders viele Kontakte. Mein erster Tag in meinem neuen Job ist erst nächste Woche und bis jetzt war ich hauptsächlich damit beschäftigt, mich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Ich war jeden Morgen wo anders frühstücken, um zu sehen, wo es mir am besten gefällt und danach wieder in meiner Wohnung. Nächste Woche kommen noch ein paar Kisten mit meinen Sachen. Ich bin also auch nächste Woche noch mit sortieren und wegräumen beschäftigt.“
„Findest du trotzdem Zeit, ein Date einzuschieben? Ich würde gerne mit dir essen gehen.“ Ich möchte gerade weitersprechen, da antwortet Ilaria mir schon.
Sie klingt aufgeregt, als sie spricht: „Ich würde mich sehr freuen, dich wiederzusehen, Killian. Hast du schon etwas geplant?“
„Um die Ecke wäre ein Burgerladen, den ich ganz gut finde. Keine Sorge, es ist nicht McDonalds.“
„Oh“, gibt Ilaria von sich. Sie klingt enttäuscht.
„Äh… wir können auch wo anders hingehen, wenn dir das für ein erstes Date nicht schick genug ist. Kein Problem.“
„Nein, nein, das ist es nicht. Kannst du mir den Namen des Restaurants nennen? Dann könnte ich mich im Vorfeld erkundigen, was ich essen kann.“
Ich runzle die Stirn. Bitte lass es eine Allergie und keine verdammte Diät sein. Es gibt nichts, dass bei einem Date unangenehmer ist, als alleine zu essen, während eine Frau vor dir sitzt und traurig in ihrem Salat herumstochert. Frauen mit gesundem Appetit sind mir um einiges lieber, als Frauen, die ständig darüber nachdenken, was und wie viel sie gegessen haben.
„Kann ich machen. Gibt’s irgendein Problem? Allergien oder so?“, frage ich vorsichtig nach.
„Nein, ich bin Pescetarierin.“
Erleichtert atme ich durch. Sie isst Fisch, damit kann ich etwas anfangen. „Gut, dann wechseln wir das Restaurant, mir fällt da sofort eine Alternative ein.“
„Und das ist für dich und deine Planung nicht zu umständlich?“, fragt Ilaria unsicher nach.
„Nein, ganz und gar nicht. Ich will nicht vor dir sitzen und einen Burger verdrücken, während du unmotiviert auf deinem Veggie-Burger herumkaust, weil dass das einzige ist, dass du essen kannst.“ Ich schmunzle. „Ich will, dass wir uns einen schönen Abend machen und gutes Essen gehört dazu.“
„Ja, da hast du Recht. Danke.“ Ich höre, dass sie sich in ihrem Bett bewegt. Ihr Kissen oder ihre Decke sorgen für ein Knistern. „Ich liebe es zu essen, auch wenn ich mich oft übernehme und mich dann kaum noch bewegen kann.“
Ilaria bringt mich zum Grinsen. „Das ist ziemlich sexy.“
„Wenn ich dir deine Fritten oder das letzte Stück Pizza wegesse, findest du das nicht mehr sexy“, antwortet sie lachend. „Du wirst noch deine Snacks vor mir verstecken, Killian.“
„Blödsinn“, antworte ich amüsiert, aber auch selbstsicher. „Ich teile meine Snacks mit dir, außer du stehst nicht auf Chili und Wasabi.“
„Das ist mir tatsächlich zu scharf. Ich bleibe lieber bei geriffelten Chips mit Meersalz.“
Ich nicke. Das merke ich mir. „Und wie isst du deine Pizza? Mit Thunfisch? Oder Meeresfrüchten?“
„Klassische Käsepizza.“
„Wirklich?“, frage ich erstaunt. „So mag ich sie auch am liebsten, aber ich gebe noch Tabasco darauf.“
Ich höre Ilarias Kichern. „Du liebst es scharf, hm?“
„Ja und wie.“
„Dann muss ich zusehen, dass ich immer Tabasco zu Hause habe, wenn du mich besuchen kommst. Außer es reicht dir, dass ich scharf bin.“ Sie lacht über ihren eigenen Witz, ich stimme sofort in das Lachen mit ein. „Entschuldige, das war so albern. Ich bin ein bisschen nervös. Ich freue mich schon sehr darauf, dich wiederzusehen.“
„Ich mich auch“, stimme ich ihr zu. „Sag mal, gibt’s eine Chance, dass du auch auf Donuts stehst?“
„Ich liebe sie“, antwortet Ilaria mir sofort. „Hast du irgendwelche Empfehlungen für mich?“
„Wo wohnst du genau?“, frage ich nach.
„1890 Vallejo Street.“
Ich nicke. „Happy Donuts ist in der Nähe, die sind ganz gut, aber meine Lieblinge sind Bob’s Donuts. Da kannst du nichts falsch machen.“
„Warte, ich schreibe mir das gleich auf. Gib mir eine Minute.“
„Du bekommst sogar zwei.“
„Killian, du bist ein ausgesprochen großzügiger Mann.“ Nach einigen Geräuschen, die so klingen, als würde sie etwas suchen, und einem Räuspern spricht Ilaria wieder weiter: „Bob’s Donuts. Ist notiert.“
„Sehr gut.“ Da ich mir nun mehr als sicher bin, dass Ilaria mich genauso gerne sehen will, wie ich sie, komme ich wieder auf das Thema zurück. „Den nächsten Gastronomie-Tipp bekommst du, wenn wir essen gehen. Wann hast du Zeit?“
„Nächste Woche bin ich sehr flexibel. Mir ist jeder Wochentag recht.“
„Dann…“ Ich zögere, da ich ihr nicht das Gefühl geben will, sie zu drängen. Auch Ilaria ist für einige Sekunden still.
„Was soll’s. Ich frage einfach: Hast du morgen Abend etwas vor?“
„Ja, ich gehe mit einem hübschen Mädchen essen“, antworte ich grinsend. „Soll ich dich abholen? Ich habe kein Auto, also würde ich dich nur an der Hand nehmen, anstatt dich zu fahren.“
„Awww“, erklingt Ilaria gerührt. „Das klingt perfekt. Ich freue mich darauf.“ Nun höre ich, dass sie murrt. „Entschuldige, meine Mom ruft an. Ist 18 Uhr für dich in Ordnung?“
„Klar, 18 Uhr klingt gut.“
„Ich schreibe dir, wenn meine Mom genug gequatscht hat.“
Sie bringt mich ein weiteres Mal dazu, zu lächeln. „Okay, dann bis später.“
„Bis später, Killian.“
Als Ilaria auflegt, sehe ich auf das schwarz gewordene Display. Ich beuge mich nach vorne und lege mein Smartphone auf meinen schmalen Couchtisch. In der Bewegung greife ich auch gleich nach meinem Donut und lege mich dann hin. Ich esse das süße Gebäck und sehe dabei an die Decke über mir. Ilaria ist wirklich ein sehr nettes Mädchen. Ich darf das nicht versauen. Vielleicht sollte ich ihr Blumen mitbringen. Rosen vielleicht? Sind Rosen zu ‚ernst‘ für ein erstes Date? Kann man das machen? Ich stopfe das letzte Stück meines Donuts in meinen Mund und greife dann nach dem nächsten. Sollte ich vielleicht meine Mom fragen? Kaum ist mein Gedankengang beendet, schnaube ich über meine Idee.
Oh, klasse, Dude.
‚Hier, Blumen für dich. Meine Mama hat geholfen, sie auszusuchen.‘
Das wird sie ganz bestimmt beeindrucken.
Ich schüttle über mich selbst den Kopf.
Wieso kann Dating nicht einfacher sein?