Akito versuchte es so gut wie möglich alle Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. Aber es gelang ihm einfach nicht. Warum um alles in der Welt hatte Teo ihm nicht schon früher davon erzählt. Hatte er ihm wirklich so wenig vertraut? Wem hätte er es denn erzählen sollen?
Höchstens Noromis, aber das hätte er niemals getan! Es schmerzte Akito unheimlich zu wissen, dass Teo ihm nicht vertraut hatte. Langsam folgte er der Wache, die ihn wieder zu seinem Zimmer führte.
Gedankenverloren setzte er sich an eines der Fenster.
War wirklich alles gelogen gewesen? Akito konnte sich nicht vorstellen, dass Teo ihm das alles nur vorgespielt hatte.
Grübelnd saß er da, bis er bemerkte, dass er von seinem Fenster aus, den Garten sehen konnte. Es war ein Rosengarten. Ein Gefühl der Nostalgie überkam ihn. Da er eh viel zu aufgeregt war zum Schlafen, konnte er auch genauso gut ein wenig spazieren gehen. Vielleich war es auch genau das, was er gerade am besten gebrauchen konnte. Es dauerte eine Weile, bis er die Wachen davon überzeugen konnte, aber am Ende willigten sie ein ihm den Weg zu zeigen. Am Ende hätten sie ihn ja so oder so begleiten müssen.
Der Weg war nicht weit und schon bald war Akito umhüllt von dem berauschenden Duft von Rosen.
Sofort schien sich sein Körper zu entspannen und er ließ sich auf der nächsten Bank nieder.
Es waren nicht dieselbe Sorte Rosen, wie die von seiner Mutter, aber sie rochen nicht schlecht. Eine Weile atmete er einfach ruhig ein und aus und inhalierte dabei den Geruch. Aber schon bald holten ihn seine Gedanken wieder ein.
Wie sollte er damit am besten umgehen? Teo ignorieren? Das konnte er nicht. Wahrscheinlich wäre es das Beste, sich auf die wichtigeren Dinge zu konzentrieren.
Langsam lehnte er sich nach hinten und legte seinen Kopf in den Nacken. Es tat gut den Mond zu sehen, so hell und strahlend, als würde er sagen wollen „es wird alles gut, ich passe auf dich auf.“ Akito musste über seine eigene Naivität lachen. Was der morgige Tag wohl bringen wird?
Eine Weile blieb er noch sitzen und genoss die Stille der Nacht, bis er sich schließlich wieder von den Wachen zurück in sein Zimmer bringen ließ.
Als er in seinem Bett lag, fielen ihm wieder die Männer ein, die er und Pamil im Wald gesehen hatten, ob sie mittlerweile das Lager schon erreicht hatten? Hoffentlich ging es alles gut.
Am nächsten Morgen wurde er von beunruhigten Wachen geweckt. „Der König möchte Euch unverzüglich sprechen.“ Damit warf ihm eine der Wachen ein paar Kleindungstücke zu und sie verließen das Zimmer wieder.
Müde streckte Akito sich. Es hatte gut getan wieder in einem gemütlichen Bett zu schlafen. Die Betten im Lager bestanden, wenn überhaupt nur aus einem groben Lacken und einem Sack, der mit Stroh gestopft wurde. Danach stand er schnell auf und zog sich um. Sie hatten ihm ausgerechnet eine Jacke mit vielen Knöpfen gegeben. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er es schaffte seine Finger einigermaßen ruhig zu halten. Als er endlich nach draußen trat, wurde er schon von den Wachen erwartet. Strammen Schrittes führten sie ihn in einen kleinen Raum. Vidal, Teo und Pamil standen bereits über eine Karte gebeugt. In dem Zimmer gab es nicht viel mehr als einen großen Tisch und etliche Papierstücke.
Vidal kam ihm freudig entgegen und ließ ihm keine Zeit etwas zu sagen. „Also die Arbeiter werden schon in wenigen Tagen hier sein können. Zudem habe ich einige meiner besten Bauarbeiter und Architekten verpflichtet zu helfen. Jetzt bleibt nur eine Frage zu klären. Womit sollen wir anfangen?“
Akito sah sich die Karte an, welche auf dem Tisch lag. Es war ein alter Grundriss der Stadt. Er musste nicht einmal Fragen, um sich sicher zu sein, dass Vidal diese von Teo hatte.
Er seufzte und versuchte den Gedanken sofort wieder zu verscheuchen. „Zunächst würde ich gerne den Namen der Stadt ändern. Er wurde ihr vom flakrisischem König gegeben und ich will nicht jedes Mal an ihn denken müssen, wenn ich meine Heimat auch nur erwähne.“ Die Männer nickten zustimmend und Pamil fragte neugierig: „Und? Wie soll die Stadt heißen?“ „Kallev.“
Pamil sah ihn verwundert an. „Nach deiner Mutter?“ „Ja, ursprünglich gehörte diese Stadt meiner Mutter, ihr zu ehren sollte sie nach ihr benannt werden.“ Wieder nickten Teo und Pamil zustimmend, nur Vidal sah Akito überrascht an. Als Akito seinen Blick erwiderte, sah dieser schnell weg.
Erneut wandte Akito sich der Karte zu. „Wie viel von der Stadt steht noch?“ Überrascht mischte Vidal sich ein. „Du warst noch nicht einmal dort?“ Er schüttelte den Kopf.
Pamil räusperte sich. „Viel ist nicht mehr da. Der König hat ordentliche Arbeit geleistet. Vielleicht ein, zwei Grundrisse.“ Traurig schüttelte er den Kopf.
Akito hingegen kam dies ganz gelegen. „Gut, dann können wir wirklich von vorne anfangen. Wenn es euch recht ist eure Hoheit, würde ich euch gerne um drei weitere Gefallen bitten.“
Vidal, der mittlerweile wie ein kleiner, gelangweilter Junge in der Ecke saß, sah nun belustigt auf. „Und die wären?“ „Zunächst würde ich euch bitten, mir etwas Schreibzeug zu überlassen, damit ich einen groben Stadtplan entwerfen kann, bis die Architekten eintreffen und ich einen Brief zu unserem Lager schicken kann. Weiter würde ich euch bitten, jemanden zu entsenden, um den Brief zu überbringen. Und weiter würde ich euch um den Gefallen bitten, mir eine bestimmte Sorte an Rosen zu besorgen, damit wir diese direkt bei Beginn der Bauarbeiten anpflanzen können.“
Pamil sah ihn besorgt an und auch Teo schien ihn aufmerksam zu mustern. Vidal hingegen schien regelrecht entzückt. Breit grinsen nickte er. „Gut, ich denke das sollte kein Problem sein. Aber wärst du auch so freundlich mir zu sagen, nach welcher Sorte Rosen es dir verlangt?“
Akito überlegte, wie hießen die Rosen seiner Mutter noch gleich? Aber bevor er auch nur richtig nachdenken konnte mischte sich Teo ein. „Sie heißen Seelenschall, eure Hoheit.“ Zufrieden winkte Vidal einen seiner Boten zu sich heran und trug ihm die nötigen Aufgaben auf.
„Meine Wachen werden dich später zum Studierzimmer bringen, wo ein Bote darauf warten wird, dass du ihm den Brief gibst.“ Fröhlich sprang Vidal auf. „Nun, ich habe noch etwas zu erledigen. Bis später.“
Akito nickte Teo einmal kurz zu, danach wandte er sich an Pamil. „Würdest du mich zum Studierzimmer begleiten? Ich will sichergehen, dass das Lager alle nötigen Informationen erhält.“
Pamil nickte nur knapp und folgte ihm nach draußen. Akito wusste, dass Teo ihnen nachblickte, wahrscheinlich hatte er gehofft auch helfen zu können. Aber so sehr Akito es auch versuchte, er konnte ihn nicht ins Gesicht sehen.
Wie Vidal versprochen hatte, führten die Wachen sie ins Studierzimmer. Papier und Schreibzeug lagen bereit. Pamil setzte sich ans Fenster hinter dem Schreibtisch und Akito machte sich daran zu schreiben. Es dauerte lange bis er einigermaßen mit dem Ergebnis zufrieden war und Pamil war längst eingeschlafen.
Eine kurze Weile sah er Pamil dabei zu, bis der Bote sich unruhig zu räuspern begann.