Es besteht nur sehr geringes sexuelles Interesse bei der Person
ChristinexJay
Der Ladebalken von Phasmophobia ruckelte endlos langsam vorwärts und Christine seufzte, warum zum Teufel hatte sie sich an einem Samstag einen neuen PC gekauft? Sie hatte absolut nichts zu tun, der Haushalt war schon erledigt und sie saß vor ihrem riesigen Bildschirm, den sie auch für die Arbeit nützte und starrte auf den Ladebildschirm von Steam. Sie hätte in der Zwischenzeit auch ziemlich gut Mittagessen kochen können, immerhin war es bereits halb zwei nachmittags. In ihrem Kühlschrank wartete schon vorgebratenes Hackfleisch darauf zu Lasagne verarbeitet zu werden, aber vor dem PC zu hängen war spannender gerade. Der Ladebalken hatte soeben die 80 Prozent überschritten, allzu lange würde es nicht mehr dauern, bis sie endlich wieder die Geister jagen konnte.
Das dauerte aber auch immer noch ein paar Minuten, sie sie damit verbrachte zumindest schonmal ihre ganzen Zutaten in eine Form zu geben. Tatsächlich startete, während sie den Ofen vorheizte Phasmophobia und das gedämpfte Licht des Startraums erhellte ihren Schreibtisch. Von ihren Freunden konnte heute keiner und sie beschloss sich eine öffentliche Lobby zum Spielen zu suchen. Sie wurde rasch auf eine Deutschsprachige Lobby aufmerksam, die auf Fortgeschritten gestellt hatte, genau das richtige Niveau für sie für den Einstieg heute. Der Host war ein Typ namens Jay, die beiden anderen, eine Frau namens Nora und ein weiterer Typ, Elias waren bereit. „Oh noch jemand, der mitspielen mag", das musste einer der beiden Jungs sein, die Stimme klang männlich und hatte einen leichten, bayrisch klingenden Dialekt.
Der Typ mit dem bayrischen Dialekt, kam aus Kiefersfelden und war Elias wie sich herausstellte, als sie im Truck standen und über die Ausrüstung sprachen. Er war mit Nora zusammen, die nicht weit entfernt von ihm auf der österreichischen Seite der Grenze. Jay war nicht so besonders gesprächig im Gegensatz zu seinen Mitspielern und sagte nur gedämpft, was er mitnahm. Er war es dann allerdings, der den Raum mit dem Geist als erster entdeckte: „Die Treppe hoch und in den ersten Raum auf der linken Seite, da sind minus zwei Grad Celsius." Christine beeilte sich mit dem EMF-Reader in seine Nähe zu kommen, was mit der Taschenlampe nicht allzu schwer war. Aber der EMF-Reader ging nicht über Stufe drei hinaus, auch nicht als Elias im Flur den Namen des Geistes rief.
Einzig ein gereiztes Fauchen, ließ sie auf die Anwesenheit des Geists schließen, der Cooldown musste ja eigentlich schon um sein, das Gebäude war groß und sie hatten sicher fünf Minuten gebraucht, um den Raum zu finden. Elias rief erneut den Namen des Geists, als sie gerade die Kamera im Raum platzierte, ein wütendes Fauchen folgte sogleich und ihre Taschenlampe begann zu flackern. Für einen kurzen Moment glaubte sie die Gestalt eines Mannes zu sehen, der eine Sense in der Hand hielt. „Weg hier", kreischte Nora aus dem Flur und sie witschte gerade noch sie aus der Tür und in einen Schrank, in der Hoffnung dort sicher zu sein. Christine hörte schwere Schritte und jemand knurrte, dann kam das Todesgeräusch.
Der Geist war wirklich wütend geworden, denn erst deutlich später knackte der Funk: „Elias und Nora sind getötet worden. Möchtest du noch weiterspielen, oder sollen wir eine neue Runde anfangen?" „Wir können meinetwegen weiterspielen", erwiderte sie: „Ich habe schon häufiger mit nur einer weiteren Person überlebt." „Gut", Jay schwieg eine Weile: „Ich gehe mal eben die Geisterbox und das Buch holen, magst du auch kurz rauskommen und nach den Orbs Ausschau halten?" „Klar", gab sie knapp zurück und beeilte sich die Treppe herunterzukommen und in den Truck zu gelangen, wo Jay gerade stand und seine Ausrüstung zu sortieren schien. Er hatte einen der ganz gewöhnlichen Phasmoskins, aber seine Stimme harmonierte ihrer Meinung nach perfekt mit dem Aussehen seines Spielcharakters jetzt wo er so still vor ihr stand.
„Sorry musste kurz was an meinen Gamesettings ändern", Jay leuchtete sie mit seiner Taschenlampe an: „Ich gehe mich mal um die Inneneinrichtung kümmern, sag Bescheid, wenn was ist." Sie wandte sich als Bestätigung dem Computer zu und schaltete auf die erste der beiden Kameras, die sie im Raum installiert hatten. Von hier gab es freie Sicht auf Noras leblosen Körper, aber nicht auf Geisterorbs oder Jay, der sich wieder im Haus befand. Der huschte aber wenig später wieder durch die Kamera und dann außer Sichtweite, sie wechselte auf die zweite Kamera. Da war tatsächlich Jay darauf, der gerade anscheinend versuchte mit dem Geist zu sprechen, aber auch direkt über seinem Kopf schwebte eine kleine Kugel, die der anscheinend nicht bemerkt hatte und weitermachte.
Rasch kreuzte sie die beiden Merkmale an und strich EMF 5 in ihrem Journal weg, viel blieb nicht mehr übrig, um an die Lösung zu kommen. Viele Geister konnten es nicht mehr sein, weswegen sie Jay anfunkte: „Ich habe Geisterorbs gesehen, heißt es bleibt nicht mehr viel." „Du kannst die Geisterbox schon rausstreichen", erwiderte Jay: „Das ists auf keinen Fall würde ich sagen." Es herrschte einige Zeit lang Stille, dann: „Okay es ist ein Revenant, er hat gerade ins Buch geschrieben. Um genau zu sein hat er „Kill you" in das Buch geschrieben gerade und oh Gott hat der ne hässliche Handschrift." „Ich komme mit der Fotokamera, falls wir noch den Knochen finden oder den Geist sehen, die schrieb den letzten Beweis auf und lief dann wieder hinein.
Sie hatten am Ende die Beweise richtig geordnet, es war ein Revenant und danach spielten sie eine wesentlich schnellere Runde mit einem Dämon als Geist. Sie überlebten die Runde auch allesamt und Christines Level stieg deutlich durch die Erfolge. „Wir müssen jetzt off, gehen mit meiner Familie essen", erklärte Elias ihnen: „Ihr könnt gerne weiterspielen, bis später!" „Bis später", erwiderte Christine, während sie die Lobby verließen und wandte sich dann an Jay: „Willst du noch weiterspielen?" „Wenn du noch Lust drauf hast gerne", Jays Spielcharakter drehte sich einmal im Kreis, dann stand er vor dem Brett um die Einstellungen zu ändern. Sie stellte sich neben ihn und sah zu, wie er auf Profi stellte: „Woher kommst du denn eigentlich, wenn ich fragen darf?"
Jay schwieg eine Weile, dann antwortete er schließlich: „Ich komme aus einem kleinen Dorf bei Wolfsburg." Er drückte auf bereit und Christine folgte rasch seinem Beispiel, worauf er die Runde startete: „Woher kommst du denn?" „Gar nicht so weit weg", erwiderte sie: „Ich komme aus Wolfenbüttel nicht weit weg von Wolfsburg." „Okay", sie spawnten im Truck und sie wandte sich ihrem Mitspieler zu, der gerade das Brett las und ihr die Informationen weitergab. „Wir können uns Morgen gerne Mal treffen, wenn du Zeit und Lust hast", erklärte er dann plötzlich während sie Ausrüstung suchten. Christine überlegte kurz und sah auf ihr Handy: „Ja wär glaube ich möglich, wie wäre es mit einem neutralen Café in Wolfsburg?" „Klingt gut", war die Antwort: „Ich kenne eins, lass am Hauptbahnhof treffen."
Gesagt war auch direkt getan, um halb elf am nächsten Morgen stand sie direkt vor dem Bahnhof in der Hoffnung jemanden zu sehen, der Jay sein könnte. Zumindest solange, bis ein gutaussehender, dunkelhaariger junger Mann in einer grünen Jacke auf sie zukam: „Bist du Christine?" „Ja die bin ich", erwiderte sie: „Dann bist du wohl Jay nehme ich an?" „Ja genau", seine dunklen Augen bohrten sich kurz in ihre graublauen: „Schön dich kennenzulernen." Sie lächelte leicht und umarmte ihn kurz spontan: „Das ging ja schnell nach den Runden gestern schätze ich." Sie musterte den Jungen Mann genauer, geschätzt war er Anfang zwanzig genauso wie sie, wirkte aber viel sportlicher. Er hatte gestern gesagt, dass er Fitnesstrainer in einem Fitnesscenter war und nebenbei studierte er auch Sportwissenschaften.
Sie machten sich größtenteils schweigend auf den Weg durch die Straßen, sie begutachtete die Sticker und Aufkleber an Jays Rucksack. Er hatte einen FckAfD Sticker, mehrere Transflaggen und eine Flagge die sie nicht erkannte, sie hatte sie noch nie vorher gesehen. „Was ist das da für eine Flagge da an deinem Rucksack", wollte sie von ihm wissen, als sie wenig später im Café saßen und zeigte auf den entsprechenden Sticker. „Das ist grey-asexuell", Jay berührte den Anstecker kurz mit der Hand: „Das ist meine Sexualität, also abgesehen von Bi. Das bedeutet quasi eigentlich nur, dass ich nur sehr wenig Interesse an Sex und so habe, aber ich habe nicht gar kein Interesse, aber nicht besonders viel und nicht normal schätze ich."
Sie bestellten Kaffee und jeder ein Stück Kuchen während sie sich wieder schweigend gegenübersaßen. „Ich bin übrigens demisexuell und pan", meinte sie schließlich nach längerem Schweigen: „Also gehören wir beide zu LGBTQ+?" „So ist es", Jay strich über den Rand seiner Kaffeetasse: „Ich bin grey-ace, bisexuell und transgender, wie du schon wahrscheinlich erkannt hast, an meinen Stickern." „Find ich nicht schlimm", erwiderte Christine rasch und beobachtete, wie Jays lange Finger vorsichtig über den schön bedruckten Rand strichen: „Ich hätte es ehrlich gesagt nicht gedacht." „Das sagen die Leute selten, die meisten glauben das in meinem Gesicht noch zu sehen", erwiderte er und sie musterte ihn genauer, er hatte hohe Wangenknochen und doch recht weiche Gesichtszüge, aber wenn man nicht perfekt darauf achtete war es unmöglich es zu erkennen.
Sie verfielen wieder ins Schweigen bis die Kellnerin zum Bezahlen kam: „Ich übernehme alles." Erklärte Jay, bevor Christine den Mund aufmachen konnte: „Es war schließlich meine Idee denke ich oder nicht." Christine öffnete kurz den Mund, um zu protestieren, ließ es dann aber doch und folgte Jay wortlos aus dem Café, als er bezahlt hatte. „Magst du mit zu mir nach Hause kommen", schlug Jay vor, während sie weiter durch die Stadt schlenderten: „Soweit weg wohne ich echt nicht, nur so 15 Minuten mit dem Bus von hier entfernt." „Okay", stimmte sie zu: „Ein Busticket brauche ich ja nicht, ich habe das Deutschlandticket, sag mir einfach wo ich lang muss." „Mache ich", Jay lief zur nächsten Bushaltestelle und sie folgte ihm rasch.
„Willkommen bei mir zu Hause", Jay schloss die Wohnungstür auf und ließ sie in die Wohnung hinein. Sie war hell und freundlich mit Möbeln in warmen Farben, zwei Zimmer und Küche und Bad, ihre Wohnung war nicht viel größer. Sie setzte sich auf das Sofa und sah zu wie Jay in seinem Kühlschrank wühlte: „Was möchtest du trinken, ich habe quasi alles außer Alkohol." „Sprite nehme ich gerne", erwiderte sie, na das würde noch ein lustiger Abend werden.