Shape of my heart
Die Form meines Herzens.
Teil 1 – Kapitel 4
Traue NIE einer Schlange! - Diese Warnung kam für Molly Prewett jedoch mehr als zu spät. Nicht, dass sie je vorgehabt hätte, einem Slytherin auch nur die kleinste Spur Vertrauen entgegen zu bringen, denn solche hatten immer noch ein Ass im Ärmel und wussten, wann sie ihre Trümpfe auszuspielen hatten. Einen solchen Trumpf, eher Triumph, hatte Lucius Malfoy vor nicht weniger als zwei Minuten aus seinem nicht vorhandenen Hemdärmel geschüttelt und ihr vor die Füße geworfen.
Der besagte Wetteinsatz, der sich, laut Lucius, erhöht hatte, war die Bedingung, dass Molly für ganze 72 Stunden an die Schlange gebunden war.
Irgendwie musste er ja die verhassten Gryffindors in noch tiefere Demütigungen stürzen!
Von den besagten 72 Stunden blieben nun noch 63 übrig, nachdem man es vorgezogen hatte, die junge Gryffindor ins Bett zu schaffen, damit sie ihren kleinen Rausch ausschlafen konnte.
Die Körner in der Sanduhr verringerten sich mehr und mehr, als Molly den Schock über die besagte Bedingung verkraften musste. Den Rat, sich zur Krankenschwester bringenzulassen, schlug sie aus, auch auf die Gefahr hin, eine Gehirnerschütterung zu riskieren.
Stattdessen fand sie sich erneut in grünen Laken, sowie grüner Bettwäsche wieder. Ihr Schädel pochte und dröhnte noch schlimmer, als es ihr bis dahin vorgekommen war. Wie lange würde es wohl noch andauern, bis sie endlich diese Schmerzen los wurde, die sich voller Schadenfreude in ihrem Kopf breitmachten? Wie viel Anstrengung es das Mädchen kostete, die Lider zu heben und sich umzusehen? Laute der Erschöpfung verließen ihre Lippen und mühselig versuchte Molly, erneut etwas durch dieses schummrige Licht, welches das Zimmer der Schlange in eine diffuse Atmosphäre tauchte, zu erkennen.
Sie war allein.
Allein?
Ja.
Keine Spur von ihrem Kerkermeister.
Was für Absurditäten sich wohl noch ereignet hatten und sich bestimmt ebenso noch ergeben würden? Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend stemmte sich die junge Frau erneut aus dem Bett auf.
»Ich werde ihm den Hals umdrehen!«, zischte Molly wohlweislich wissend, dass sie ihr niemand Gehör schenkte. Ihr besagtes Vorhaben zielte sowohl auf Arthur ab, als auch auf die hinterlistige Schlange, die ihr Nest so urplötzlich verlassen hatte.
Sie war an ihn gebunden? Für sage und schreibe 72 Stunden?
Für das junge Fräulein verhießen jene Stunden Gefangenschaft und Folter, vom Wochenende bis zum darauf folgenden Montag. Um Punkt null Uhr wäre sie somit von dem Bann, oder Fluch, oder wie auch immer man es in ihrer Situation besser hätte beschreiben können, befreit. Der erleichterte Seufzer wollte jedoch nicht ihre Kehle verlassen, stattdessen verharrte er stur und halsstarrig in ihrem Inneren.
Es war nichts zwischen ihnen passiert? Er hatte sie nicht angerührt? Molly schnaubte verächtlich. Wie lächerlich! Dass sie nach all dem, was bis zu diesem Augenblick passiert war, nun ein erschreckender Gedanke erfasste, verwirrte Molly sehr.
Jene Vermutung wäre ihr unter den üblichen Umständen nie und nimmer in den Sinn gekommen, wäre die Situation eine andere gewesen und die Karten hätten anders gelegen. Doch dass sie sich plötzlich fragte, ob sie der Schlange gefiel, war eindeutig auf die Fakten des gestrigen Abends zu schieben.
»Bei Merlin, drehe ich jetzt durch? Was bei allen Zauberern und Hexen ist mit mir passiert?«, murmelnd verließen die wirren Fragen ihr Innerstes. »Sei nicht so dumm, Molly! Du hast Arthur, den du liebst und von Liebe kann zwischen dir und diesem kleinen Gnom nun wirklich keine Rede sein! Es ist absurd! Und völlig inakzeptabel, auch nur einen Gedanken an diesen überheblichen Schnösel zu verschwenden! Du bist nur verletzt und traurig, dass ist alles!«
Die junge Frau ertappte sich dabei, wie es wohl aussehen mochte, wenn man sie dabei erwischte, wie sie sich zur Meisterin im Führen von Selbstgesprächen mauserte. Aber es waren nun einmal Dinge, die nicht unausgesprochen bleiben durften. Es war sowieso schon verrückt genug, dass sie sich in den Kerkern befand und zu allem Übel auch noch im Bett eines Jungen, der ihr dermaßen unerträglich erschien! Ein Kind, ein kleiner Junge, dem die Hormone einen Streich spielten und der sich einbildete, der Herr der Schlangen zu sein!
Anziehend? Er? Lucius Malfoy?
Lächerlich!
Molly würde sich zusammenreißen. Was waren denn schon drei Tage? Und mit jeder Minute, die verstrich, verringerten sich die Möglichkeiten, ihre Meinung doch noch zu ändern. Zumindest konnte sie, wenn sie sich nun bei den Slytherins aufhielt, etwas Abstand zu Arthur gewinnen. Denn die Erkenntnis, dass sie ihren Freund nicht gut genug kannte um seine Vorhaben vorher zusehen, quälte sie noch immer.
Je mehr sich die junge Gryffindor in Erinnerung rief, was geschehen war, desto mehr weigerten sich die Schmerzen in ihrem Schädel, das Feld zu räumen, um ihr wenigstens ein paar Minuten Zeit zu geben, das zu verarbeiten, was man ihr angetan hatte.
Zu allem Übel hatte sie nach der Hetzjagd, die sie veranstaltet hatten, als Lucius sie zur Weißglut trieb, Bekanntschaft mit den kalten, harten Mauern der Kerker gemacht und prompt erneut dröhnendes Kopfweh kassiert.
Sie hatte sich also wirklich betrunken und hatte wahrhaftig die Fassung verloren?
Wie sollte sie denn jetzt unter ihresgleichen treten, wenn man sie nun als Schlägerin abtat?
Ihre größte Sorge galt in diesem Moment unweigerlich Arthur. Ob er jemals wieder mit ihr sprechen würde? Doch eigentlich war das Veilchen, dass sie ihm verpasst hatte, ja bereits die Quittung für die Demütigung, die sie empfand! Sie war gekränkt, war verraten worden und da hatten auch die Worte ihres Freundes nicht darüber hinweghelfen können, dass er ihr vertraute, sie als sein bezeichnete und der Meinung war, dass sie, Molly, standhaft genug war, um dieser Schlange, die den Namen Malfoy trug, zu widerstehen.
Nun, sie war immer noch wütend und würde es auch vorerst bleiben, beschloss sie. Es geschah Arthur Weasley ganz recht, dass sie ihm, trotz aller Unzurechnungsfähigkeit, ein blaues Auge verpasst hatte und sie sich betrank.
Allmählich füllten sich die Lücken, die der böse, diabolische Feuerwhiskey in ihrem Gehirn hinterlassen hatte. Und all das, was sie nicht mehr zu wissen glaubte, ließ sich ja, notgedrungen, erfragen.
Wenn sie sich schon erniedrigen musste, dann wäre es ihr gleich, jetzt irgendetwas daran ändern zu wollen. Mehr Schaden konnte nun nicht mehr angerichtet werden, hoffte sie. Vielleicht konnten sie und Arthur einfach vergessen, was passiert war? Dass er sie verkauft und sie ihn verprügelt hatte?
»Wie tief bist du gesunken?«, fluchte Molly leise. Die Gefühle für Arthur täuschten in diesem Moment ihren klaren Verstand. »Er hat dich verraten, dich hintergangen!«
Eins zu Null für ihren messerscharfen Verstand!
Wollte sie wirklich so schnell aufgeben und ihm seine Taten verzeihen? Hatte sie keinen Stolz und kein Ehrgefühl? Offensichtlich nicht, zumindest nicht mehr so viel, als sie noch bis vor den tiefen Gefühlen hatte, die sie für Arthur empfand. Das Spektakel war noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden her und Molly fand sich erneut in dem Strudel aus verletzten Gefühlen wieder.
Die eiligen, aber dennoch gleichmäßig klingenden Schritte vor der Tür ließen Molly die Stirn runzeln. Vorsichtig wurde die Pforte aufgedrückt und ein ihr seit neustem bekanntes Gesicht kam zum Vorschein: Blass, spitz und mit einem überraschten Ausdruck, auch wenn es Lucius nie und nimmer zugegeben hätte, lugte der junge Mann in das Zimmer. Die Mimik im Gesicht des Mädchens blieb unverändert, als sie auf das Tablett starrte, welches die Schlange in den Händen balancierte.
»Für mich?«, fragte Molly unverfroren.
Lucius schwieg und blieb stumm, als er die Tür mit einem Tritt schloss und auf sie zu kam. Seinen Blick wusste sie nicht zu deuten, obwohl ihr das Lesen in Gesichtern anderer Menschen oft viel über diese verriet. Eine Maske, versteinert, eisern und unantastbar.
»Hast du dich von dem weiteren Schock erholt, oder muss ich dich wirklich zu Pomfrey schleifen und ihr sagen, wie unvernünftig es war, mit dem Kopf gegen Wände rennen zu wollen?«, fragte er. Molly zog es vor, trotz ihres gefühlten Riesenschädels, wie ihr Kopf ihr unweigerlich vor kam, nicht darauf zu antworten. Nie im Leben würde sie zugeben, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nun, vielleicht doch ärztliche Hilfe, aber auf keinen Fall Hilfe von einer Schlange!
Mit verengten Augen starrte sie zu ihm. Offensichtlich hatte er sich umgezogen, als sie benommen in den Kissen gelegen hatte. Zumindest trug er etwas vernünftiges, im Gegensatz zu ihr, die immer noch das Hemdchen und ihre Unterwäsche am Leib hatte.
Das schwarze Seidenhemd sah recht teuer aus, ebenso die Stoffhose, in die er geschlüpft war. Seine Kleidung vertrug sich unweigerlich gut mit seiner hohen Statur und seinem Äußeren. Zähneknirschend musste Molly zugeben, dass ihm seine Robe hervorragend stand.
»Hier«, sagte er knapp, als sie noch immer stumm wie ein Fisch in sein Gesicht starrte.
Lucius warf ihr eine kleine Papiertüte zu und schaffte es tadellos, das Tablett im Gleichgewicht zu halten. Ungläubig beäugte Molly das Tütchen, nachdem sie es, etwas ungeschickt, aufgefangen hatte.
»Kopfschmerztabletten. Ich dachte mir, dass du sie brauchen könntest.«, ließ er verlauten.
Molly erwartete Spott, der nur so aus seinen Worten strotzen würde, doch die erwartete Pfütze auf dem Boden blieb aus.
Zögernd öffnete die Gryffindor die Tüte und holte ein Röhrchen daraus hervor, in dem drei Perlen munter von einem Ende zum anderen rollten. Nun, es waren weniger Tabletten als Kügelchen, wie Molly feststellte.
»Alle zwei Stunden eine. Und für den Fall, dass es dir dennoch nicht besser gehen sollte, schleppe ich dich, trotz wahrscheinlich auftretender Gegenwehr, zu Pomfrey!«, stellte Lucius klar und setzte einen überlegenden Blick auf. »Es hat zwar etwas gedauert, bis sie sie herausgeben wollte, aber drei sollten wohl hoffentlich ausreichen.«
»Danke«, murmelte Molly und legte das kleine Röhrchen beiseite.
Sie kannte diese Art von Heilmitteln und wusste, dass man diese heimtückischen Stücke nur mit genügend Flüssigkeit herunter bekommen würde. Man durfte sich eben nicht von dem harmlosen Äußeren täuschen lassen! Diese Art von Kügelchen hatte es wahrlich in sich. Klein aber oho!
»Kein Problem, schließlich bist du mein Eigentum, wenn auch nur noch für zweiundsechzig Stunden, dreizehn Minuten und acht Sekunden, Molly Prewett.«, raunte er plötzlich.
»Dein was?«, fauchte sie ungehalten.
»Mein Eigentum, und da ich das, was mir gehört, nicht verkommen lassen will, sehe ich mich gezwungen, mich um selbiges zu kümmern«, sagte er in ruhigem Ton und schob ihr das Tablett zu.
Molly legte die Stirn in Falten und betrachtete die Menge an Lebensmitteln.
»Das ist nicht alles für dich«, meinte Lucius und setzte sich auf die Kante seines Bettes. »Nur, weil ich so gnädig war, das Frühstück für dich zu besorgen, und die Schmerzstiller, bleibt ein Deal ein Deal. Die Misere, in der du dich momentan befindest, hast du einzig und allein deinem Freund zu verdanken!«
Wieder erinnerte er sie an das, was ihr sowieso schon keine Ruhe lassen wollte.
»Jetzt gib dir die Kugel und dann wird gegessen!«, befahl Lucius und konnte sich ein gehässiges Grinsen und ein ebenso boshaften Unterton nicht verkneifen.
»Dafür brauche ich mindestens einen Liter Kürbissaft.«, meinte Molly und deutete auf die Arznei. »Ich weiß, wie diese kleinen Dinger funktionieren und ohne genügend Flüssigkeit würden die meinen Mund, Hals oder Magen sprengen. Oder gib mir doch am besten etwas Butterbier oder Feuerwhiskey!«
»Kommst du auch mit einem halben Liter Kaffee aus?«, wollte Lucius wissen und warf einen kurzen Blick auf die Kanne, die sich auf dem Tablett befand.
»Kaffee?«, schnaubte Molly verächtlich.
»Ich bin schließlich ein großer Junge«, gab er ungehalten zurück.
»Ja, ein Mann gefangen im Körper eines ...«, setzte die mutige Löwin an, doch das, was sie eigentlich hatte vorbringen wollen, blieb in der Schwebe.
»Trink den Kaffee oder bleib mit Kopfschmerzen gestraft!«, fügte der junge Slytherin hinzu, taxierte sie mit verengten Augen und ließ keinen Widerspruch gelten.
Murrend griff Molly abermals nach dem Röhrchen, öffnete die Kappe, ließ ein Kügelchen auf ihre Handfläche gleiten, warf es sich in den Mund und fuchtelte fordernd mit den Hände, dass Lucius ihr ein Gefäß geben solle. Dabei war es ihr letztendlich egal, was für ein Gebräu in dem Becher verweilte, solange sie nur schnell diese tickende Zeitbombe in ihrem Mund loswurde.
Molly war bekannt, dass die Wirkung dieser Kugeln erst nach ein paar Minuten einsetzte. Sie schüttelte den Kopf und spie dabei Töne aus, die mit Erbrechen vergleichbar wären.
»Kaffee, bitter«, entkam es ihr und plötzlich fühlte sie sich recht unbehaglich.
»Ich hätte dir auch Milch und Zucker anbieten können«, bot Lucius in gedehntem Ton an, dennoch schien er amüsiert.
»Und warum hast du das nicht?«, fauchte Molly, die sich nun in der Lage sah, wieder etwas Anständiges von sich zugeben, statt gestammelter Worte.
»Du hast nicht gefragt und außerdem ziehe ich schwarzen Kaffee vor«, mit gewohnter Arroganz verließen die Silben seinen Mund.
Molly warf ihm einen wütenden Blick zu, dann richtete sie ihr Augenmerk auf die Fülle an Essbarem auf dem Tablett. Sie knapste eine Weintraube von dem Stängel und kaute mit säuerlicher Miene darauf herum.
»Sauer?«, hakte Lucius nach und Molly nickte zögernd.
»Eigentlich mag ich keine Trauben«, gab sie zu.
»Aber dennoch steckst du dir eine in den Mund, obwohl in der Schale auch noch Äpfel, Pfirsiche und Bananen ein trostloses Dasein fristen?«, wieder verspottete er das Mädchen.
»Und wenn schon«, schnappte Molly und griff nach einem brötchenähnlichem Klops, riss diesen in kleine Stücke und steckte sich die Teigfetzen in den Mund.
»Du scheinst nicht viel von Dankbarkeit zu halten, hm?«, Lucius beobachtete in Seelenruhe, wie das Mädchen einen Teigkloß nach dem anderen verspeiste.
Gerade wollte sie fauchen, dass er genauso wenig von Gastfreundschaft verstand, doch blieb ihr dies, ebenso wie ein kleiner Rest des Kloßes, im Halse stecken. Stattdessen hustete sie und hielt sich mit dem Handrücken den Mund.
»Danke«, grummelte sie und zog es vor, auf das Tablett zu starren, als in das Gesicht der Schlange zu blicken. Lucius schnaubte und ließ sich nach hinten auf das weiche Laken sinken. Eine Weile schwieg er und schloss die Augen, während Molly unschlüssig auf dem Rest ihres brötchenartigen Klopses herumkaute. Warum überkam sie plötzlich Nervosität? Sie war nicht nervös, nur angespannt, mahnte sie sich.
»Gefällt dir, was du siehst?«, seine Stimme riss sie augenblicklich aus ihren Gedanken.
»Was?«, Stirnrunzeln überkam sie. Lucius schielte zu ihr herüber.
»Ob dir gefällt, was du siehst?«, wiederholte er und genoss die Verwirrung auf ihrem Gesicht.
»Was soll ich denn sehen?«, verlangte Molly mit forschem Unterton zu wissen.
»Na mich«, gab Lucius ungehalten zurück.
»Dich?«, hakte sie nach und konnte das Schnauben nicht unterdrücken.
»Ja. Ein Prachtexemplar an Disziplin, Klugheit ...«, begann er.
»Arroganz, Starrköpfigkeit, Selbstsucht.«, fügte Molly ungehindert hinzu.
»Oh, nicht so barsch und garstig, wenn ich bitten darf. Du verletzt meine Gefühle!«, verteidigte sich Lucius.
»Gefühle?«, dem Mädchen entfloh ein Lachen, doch der Junge setzte sich abrupt auf und taxierte sie.
»Ja, Gefühle«, setzte er nach. Ein Funken blitzte für den Hauch eines Wimpernschlages in seinen Augen auf.
»Was sagt Narzissa dazu, dass du ihre unter Umständen verletzt hast, mit dem Zustimmen der Wetteinsätze?«, fragte Molly angriffslustig, dieses Spiel vermochte sie ebenso gut zu spielen, wie Lucius selbst, dessen Lippen sich soeben zu einem diabolischen Grinsen verbogen.
»Was Arthur Wiesel ...«, war er gerade im Begriff anzusetzen, ehe Molly ihm in die Parade fuhr.
»Weasley!«, zischte sie.
»Was Arthur Weasley wohl dazu sagt, dass er deine Gefühle verletzt hat, indem er diesen dämlichen Einsatz überhaupt gebracht hat?«, fuhr er unbeirrt fort.
»Dämlich?«, kreischte Molly plötzlich auf. »Nu hältst mich also für dämlich?«
»Das habe ich nie behauptet«. Lucius blieb seelenruhig.
»Du hast doch gerade gesagt, dass die Einsätze dämlich gewesen wären!«, fauchte Molly zurück und Röte ließ ihr hübsches Gesicht noch wütender aussehen.
»Die Idee, diese Einsätze gebracht zu haben, war dämlich. Es war dumm von ihm, einen Menschen gegen einen schnöden, alten Hauspokal setzen zu wollen!«, trotz der bewundernswerter Beherrschtheit, hatte Lucius seine Stimme erhoben und beinahe schrie er fast.
Molly war so perplex, dass ihr die Worte fehlten, stattdessen stiegen ihr ungewollt Tränen in die Augen, doch sie schluckte diese tapfer herunter. Schwäche zeigen war das Letzte, was sie wollte und dann auch noch vor einer machtbesessenen, arroganten Schlange, wie Lucius Malfoy eine war. Sie war zwar tief gesunken in den letzten Stunden, doch diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben. Den Triumph der Überlegenheit.
»Wenn du jetzt anfängst zu heulen, nur weil ich die Wahrheit gesagt habe, dann ...«, drohte er und seine Miene erblühte vor Zorn. Weitere Ausführungen kamen jedoch nicht zum Vorschein. Lucius erhob sich vom Bett und ging in dem Zimmer auf und ab. Molly saß betreten auf ihrem angestammten Platz und wagte nicht, eine Silbe hervorzubringen.
»Du ... hast ja recht«, sagte sie leise und verabscheute sich in diesem Moment zutiefst, dem Slytherin eine Steilvorlage zu bieten, in dem sie ihn in seinen Worten bekräftigte und ihm, wahrheitsgemäß, darin zustimmte.
»Du hast zehn Minuten«, sagte Lucius und sah sie eindringlich an. »Keine Gespräche mit Freundinnen, oder Freunden. Geschweige denn mit dem Wiesel!«
»Sonst was?«, fauchte Molly und hielt die Träger ihres magentaroten Stofffetzens zusammen.
»Zehn Minuten«, beharrte der junge Slytherin weiter und nickte mit dem Kopf in Richtung des Portraits der fetten Dame.
Er ließ ihre Frage absichtlich unbeantwortet. Nachdem Molly sich und ihm zu gestand, dass seine Argumente doch nicht so abwegig gewesen waren, bestand Lucius darauf, dass sie sich für die Zeit, die beide noch miteinander verbringen würden, etwas zum Anziehen besorgen sollte. Etwas nervös war Molly hinter ihm durch den Gemeinschaftsraum der Slytherins geirrt und hatte Mühe, überhaupt etwas erkennen zu können, so finster war in dem Nest der Schlangen gewesen. Die vereinzelten Slytherins, die sich auf den Ledersofas räkelten, hatten sie nur abschätzig angeblickt, zu Lucius hingegen sahen sie mit Ehrfurcht in den Augen auf.
Molly war sich sicher, vom gestrigen Tage an für immer und ewig das Gespött von ganz Hogwarts zu sein. Vom Freund hintergangen und in die Fänge des Bösen geraten! Kopfschüttelnd drehte sich Molly zu ihm um.
»Neun Minuten«, sagte Lucius kühl und das Mädchen verzog zorngeschwängert das Gesicht.
Noch war sie weder Narzissa im Gemeinschaftsraum der Schlangen über den Weg gelaufen, oder war ihr Arthur in ihrem eigenen Terrain begegnet. Sowie Molly das Bild, und das Portal durchquert hatte, verstummten die Gespräche im Gemeinschaftsraum der Löwen schlagartig. Molly blickte in schockierte und fassungslose Gesichter. Sie sah ihre Freundinnen und die anderen Gryffindors, die ihr mitleidige Blicke zuwarfen. Von Arthur fehlte, zu seinem und zu Mollys Glück, jede Spur.
Hastig sprang sie die Stufen zu den Mädchenschlafsälen hinauf und konnte das Gemurmel hinter sich mehr als deutlich vernehmen. Mehr Erniedrigung konnte man wohl wirklich nicht ertragen.
»Molly?«, Sarah Freelands Stimme klang verwirrt, als Molly die Tür zu ihren Gemächern öffnete. Die rothaarige Hexe blieb stumm und starrte ihrer Zimmerkameradin mit großen Augen entgegen.
»Molly, was?«, stotterte Sarah ungläubig, als das Mädchen nach einem kleinen Koffer griff und wahllos diverse Sachen darin verstaute. »Molly, was hast du vor? Wo willst du hin?« Sarahs Stimme schlug einen äußerst hysterischen Ton an. Die junge Frau hatte mit einem knappen »weg« gerechnet, doch stattdessen hielt Molly in ihrem Tun inne, wandte sich zu ihr um, setzte ein Lächeln auf und verschwand mit einem langen, im roten Schottenmuster karierten Rock, sowie einer weißen Bluse, in dem angrenzenden Badezimmer.
Nach wenigen Minuten öffnete Molly die Tür, trat aus dem Bad, kämmte sich schnell ihre Locken und band diese mit einem Haarband zu einem Zopf zusammen. Sarah musterte ihre Freundin ungläubig.
»Molly«, beharrte sie erneut, doch diese wiegelte ihr Anliegen ab.
»Keine Angst, ich gehe nicht weg. Ich bin nur bis Montagnacht vierundzwanzig Uhr keine Gryffindor, sondern, dank Arthur, eine Slytherin, nett was?«, Mollys Worte sollten vor Verachtung und Hohn nur so triefen, doch stattdessen brach ihre Stimme und schlug einen weinerlichen Ton an.
»Aber ...«, die Worte ihrer Freundin konnte Molly nicht mehr verstehen, so schnell war sie aus dem Zimmer verschwunden, die Stufen zum Gemeinschaftsraum herunter und durch das Portrait der fetten Dame gestürzt.
Lucius wartete bereits mit verschränkten Armen vor der Brust auf das Mädchen. Sowie sie an seine Seite trat, ließ er von ihrer Erscheinung ab und wandte sich zum Gehen. Molly schwieg und war plötzlich dankbar dafür, dass auch der Slytherin es vorzog, einmal nicht seinen Mund zu öffnen, um Arroganz, Hohn und Abscheu zu versprühen.
Der junge Mann bog um diverse Ecken und schritt abermals vielerlei Gänge und Flure entlang, bis Molly erkannte, dass er wohl beabsichtigte, in die Bibliothek gehen zu wollen.
»Was ist in dem Ding da?«, wollte Lucius wissen. Immer noch lief er voraus und dachte wohl nicht daran, sich zu dem Mädchen umzudrehen, geschweige denn, ihr das »Ding« höflicherweise abzunehmen. Molly blickte auf das Köfferchen in ihren Händen.
»Was soll da schon drin sein? Klamotten natürlich, oder denkst du ich wollte ewig in dem Kleid herumlaufen?«, fauchte sie.
»Offensichtlich nicht«, gab Lucius zurück.
»Was willst du in der Bibliothek?«, fragte Molly ungerührt und hatte Mühe, mit ihm Schritt zuhalten. Dass Lucius auf seinen Stelzen sehr viel schneller voran kam als sie, empfand sie als ungerecht.
»Wer sagt, dass ich in die Bibliothek will?«, wieder war es sein arroganter Tonfall, der Molly nicht behagte.
»Weil ich weiß, wo wir uns befinden«, sagte sie mit Gereiztheit in der Stimme. Hielt er sie für so dumm? Lucius entfloh nur ein schnaubender Laut.
»Du scheinst mich zu unterschätzen, Malfoy!«, zischte Molly. »Wenn ich gegen dich gespielt hätte, dann ...«
Abrupt blieb der junge Slytherin stehen, sodass das Mädchen geradewegs in ihn hinein rannte.
»Glaubst du. Bist du dir da sicher? Immerhin hat es Arthur auch versucht und das Resultat seiner Unfähigkeit ist gerade in mich hinein gelaufen!«, spottete er und Wut flammte abermals in den Augen Mollys auf.
»Du Ekel«, giftete die rothaarige Hexe. Dass Lucius plötzlich auflachte, verwirrte sie.
»Ekel? Ja, da könntest du nicht ganz Unrecht haben«, frohlockte er.