Mearis- du Königin der Städte, möge deine Herrschaft bis ans Ende der Tage dauern!
Letzter Ausruf von König Jaakan, dem Segensbringer, auf dem Sterbebett
Mearis war eine wundervolle Stadt. Die Hauptstadt Arthergs erhob sich an einem See, der sich aus den Flüssen Strai und Alai bildete. Im Norden wurde das Landschaftspanorama vom Tiloch-Gebirge abgeschlossen, im Westen erhoben sich waldige Hügelketten, durchzogen von kleinen Bächen und einzelnen Burgen. Im Süden folgten fruchtbare Wiesen und Felder bis zum Horizont und im Osten eine von großen Flüssen geprägte sumpfige und waldige Landschaft, mit großen Feldern an den Ufern, die nun unter Wasser standen und auf denen Reis angebaut wurde. Vor Jahren war er aus Ländern fern des großen Meeres eingeführt worden, auch wenn er gegen die Macht des Getreides nicht ankommen konnte und sich nur an den großen Flüssen ausgebreitet hatte.
Mearis war auf sechs Hügeln erbaut worden und hatte sich im Laufe der Zeit ausgebreitet. Nun standen auf dem höchsten Hügel die Königsburg und auf den anderen fünf kleinere Burgen für die Herzöge.
Von drei Seiten war die Stadt vom Wasser umgeben, über welches steinerne Brücken führten. Im Westen erhob sich das Königstor, das zugleich das Größte war und durch das jetzt Massen von Menschen strömten.
„Macht Platz für den Herzog von Tarea.“, schrieen Herolde, die vor Davrors Pferd und denen seiner Leibwache gingen. Sie bliesen Schofar-Hörner aus kostbarem weißem Horn und kündeten das Kommen eines Herzogs an, der gekommen war, um seinen Eid vor dem Thron des Königs abzulegen. Es war lange her, dass er in Mearis gewesen war. Damals war Davror noch ein Junge gewesen, neugierig und zutiefst beeindruckt. Jetzt versuchte er sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und stolz und unnahbar wie sein Vater zu erscheinen.
Er ritt durch breite Straßen, an mit Blumen geschmückten Holzhäusern, Fachwerkhäuser, an denen Weintrauben wucherten und mit Marmor verzierte Säulenhallen vorbei. Mearis war eine prachtvolle Stadt, auch wenn sie in Größe und Reichtum nicht mit Elam mithalten konnte. Die Stadt des Bären beugte sich vor der des Drachentöters, die des Königs vor der der Herzöge von Tarea. Auf den Stadtmauern flog der schwarze Bär Arthergs auf rotem Grund und die patrouillierenden Wachen der Stadtgarde zeigten mit Stolz die rot-schwarzen Uniformen und das auf der Brust aufgenähte Wappen. Sie musterten die Männer des Herzogs und das fremde Wappen mit Verachtung, doch ließen sie in Ruhe.
Die Straßen stiegen an und nach einer Weile erreichten sie die Burg der Herzöge von Tarea in Mearis. Es war eine kleine Befestigung, nicht zu vergleichen mit seiner Heimatsburg und mit nur einer Ringmauer, wenn auch mit einem kleinen Burggraben, über den eine Zugbrücke führte. Ein Diener hatte vorsorglich die Fahne Tareas gehisst und ein Feuer im Wohnturm angezündet. Es stand ein Bottich mit heißem Wasser bereit und im Bett lagen heiße Steine. So sehr Davror sich auch nach einem Bett und ein wenig Ruhe sehnte, beließ er es bei einem Blick. Stattdessen wusch er sich den Schmutz von der Reise ab und sein Haar wurde von Dienern gewaschen und gekämmt, so dass es ihm in dunkelbraunen Wellen bis zur Schulter fiel. Er zog eine helle Hose aus Leinen und ein sauberes Wams an, das im kräftigen Blau leuchtete und mit Gold durchwirkt war. Dazu kamen dicke Schnürstiefel und nach einem kurzen inneren Kampf schnallte er sich auch Drachenfall an die Hüfte. Noch nie hatte er dieses Schwert gemocht, Zwergenstahl mochte herausragende Fähigkeiten im Kampf haben, doch war es Davror unheimlich. Und dennoch war dieses Schwert ein Zeichen und Symbol seines Geschlechts und er konnte unmöglich ohne es erscheinen. Schon jetzt hörte er das Wispern des Stahls und seine Kälte, die nach seinen Gedanken griff, um sich mit seinem Zorn zu füllen.
Auch sein Pferd nahm es wahr, als er wieder in den Sattel stieg. Es scheute und tänzelte nervös. Wie hatte sein Vater es geschafft, dem Stahl zu entkommen, wo er es doch so oft getragen hatte? Oder war es am Ende gar ein Teil von ihm geworden?
Wenn er genau darüber nachdachte, wollte er es überhaupt nicht wissen. Doeros war tot und was zählte, war allein die Zukunft.
Kronprinz Jasreel empfing ihn vor der Ratshalle. Sein Gesicht leuchtete vor Freude und seine Augen strahlten, während er auf den jungen Herzog zueilte und ihn in die Arme schloss.
„Willkommen in Mearis, mein Freund.“.
„Es freut mich Euch zu sehen.“, antwortete Davror wahrheitsgemäß. Er hatte Jasreel schon, bevor sie beide Mündel geworden waren, gemocht, doch an Havinons Hof hatte sich eine tiefe Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, sofern es die zwischen einem zukünftigen König und einem Herzog geben konnte.
„Wie ist die Reise verlaufen?“, fragte der Prinz, während sie zwischen Ginsterbüschen auf ein Gebäude zugingen, dessen Eingang zwei steinerne und zwei Ritter aus Fleisch und Blut bewachten.
„Sehr gut. Es gab keinerlei Probleme.“, berichtete der Neuankömmling.
Davror stieß eine mächtige Tür auf, in dessen dunkles Holz sich die Wappen aller Herzogsgeschlechter, auch die, welche nicht wahlberechtigt waren, um das des Königs verteilten.
Der Raum war zu groß für die drei Männer, die darin saßen und so weit voneinander entfernt waren wie es nur möglich war. Es gab keine festen Throne, sondern nur mit Schnitzwerken verzierte Stühle, deren Armlehnen das Wappentier darstellten und in dessen Rückwand das ganze Wappen eingelassen war. Herzog Alemets Hände ruhten auf zwei Stierköpfen und konnte Davror sein Wappen nicht sehen, doch wusste er, dass es sich um zwei rote Stiere auf schwarzem Grund, die miteinander kämpften, sowie ein einzelner Stern, der über ihren Köpfen stand, handelte.
Herzogs Asriels Wappen zeigte dagegen eine Askindis auf dunkelgrünem Grund, halb in der Verwandlung, mit einem menschlichen Gesicht, und dem Körper einer gewaltigen, grauen Katze. Sie schien auf den Beobachter zuzuspringen und unter ihren sich grade in die Luft erhebenden Pfoten, sah man die zerbrochenen Waffen ihrer Feinde.
Herzog Beeras knochigen Hände umklammerten den Luchs seines Hauses, als wollte er ihn erwürgen. Sein Wappen zeigte den Luchs mit aufmerksamen Augen auf einem Baumstamm.
Dann blieben noch die drei unbesetzten Sitze. Das steigende Pferd von Herzog Havinon, der gekrönte und aufgerichtete Bär von König Jerimot und der Drache mit dem Ritter des Hauses Tarea.
Mit hallenden Schritten ging Davror auf den Thron seines Hauses zu, sich der Blicke in seinem Rücken sehr wohl bewusst. Die Kälte des Schwertes an seiner Seite lähmte seine Gedanken, doch als er es löste und griffbereit an seinen Stuhl lehnte, fühlte er sich wohler.
Er betrachtete die Versammelten. Der dicke Alemet mit dem aufgeschwemmten Gesicht und den stechenden brauen Augen, der unscheinbare Asriel, schlank und gut aussehend mit dunklem Haar und Augen und einer von der Sonne geküssten Haut, doch so in Prunk und Schmuck gekleidet, dass er darin schier erstickte. Herzog Beera mit den eingefallenen Wangen, Haut wie trockenem Pergament, stechenden hellgrünen Augen und einer mehrfach gebrochenen Nase, sowie ohne linken Arm. Kronprinz Jasreel jung und selbstsicher, schön ohne sich anstrengen zu müssen und einem ewigen Lächeln im Gesicht.
Alemet musterte Davror, ohne eine Meinung zu zeigen, Asriel schenkte ihm ein freundliches Lächeln, Beera ignorierte ihn schlichtweg und Jasreel nickte ihm zu.
„Wird Euer Vater kommen?“, begann Herzog Beera die Besprechung mit heiserer und kratziger Stimme.
„Mein Vater ist momentan zu beschäftigt, doch hat er mit sämtliche Vollmachten für diese Besprechung überlassen.“, antworte Jasreel mit ruhiger Stimme.
Wahrscheinlich war König Jerimot also betrunken oder mit einer seiner Mätressen im Bett. Keiner von ihnen sprach es aus, doch wussten sie es alle.
„Wir sind heute hier versammelt, um einen neuen Kurfürsten und Herzog in unseren Reihen zu begrüßen, Davror von Tarea.“, begann Jasreel erneut mit einer offiziellen Begrüßung.
„Hebt jemand dagegen Einspruch ein?“.
Alle drei Herzöge verneinten, doch hatte Davror das auch nicht erwartet, da er der einzige Sohn seines Vaters war und sich nichts Schlimmes zuschulden hatte kommen lassen.
„Was ist mit Havinon?“, fragte Asriel, „Hat er sich dazu geäußert?“.
„Er hat meinem verehrten Vater einen Brief übergeben.“. Jasreel suchte ein Pergament hervor und hielt es den Herzögen hin, so dass alle das ungebrochene Siegel sehen konnten.
„Kraft meines Amtes erkläre ich, Havinon, Sohn von Gindayis, Kurfürst von Artherg, Herzog von Scheeru, Protektor von Servina und Herr über Telach, mein Einverständnis zur Nachfolge Davrors, Herzog Doeros’ von Tareas einzigen Sohn, auf seinen Vater. Möge seine Regierungszeit gesegnet sein.“
„Stimmt jemand der Richtigkeit dieses Pergamentes nicht zu?“.
Alle Herzöge verneinten, doch hätte es sowieso keinen Unterschied gemacht.
Kronprinz Jasreel neigte den Kopf leicht in Richtung Davrors und erklärte: „Die Krone stimmt dem Beschluss des Rates zu und erklärt Davror als rechtmäßigen Nachfolger von Herzog Doeros von Tarea. Kniet nieder.“.
Davror schritt mit Drachenfall in der Hand auf Jasreel zu und kniete vor dem Thron nieder.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, das Land Euer Väter und Vatersväter gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen, solange Ihr lebt?“.
„Ich schwöre.“. Seine Stimme kratzte und er hoffte, dass man ihm die Nervosität nicht ansah.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, als allererstes Euer Volk zu schützen?“.
„Ich schwöre.“.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, gerecht zu urteilen und zu sprechen?“.
„Ich schwöre.“.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, der Krone zu dienen und ihr gegen alle Feinde beizustehen, wenn sie ruft?“.
„Ich schwöre.“.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, nie vor einem Feind zu fliehen und bis zum Ende Euer Land zu verteidigen?“.
„Ich schwöre.“.
„Schwört Ihr, Davror von Tarea, Euer Land auf immer zu lieben und zu ehren?“.
„Ich schwöre.“.
„Davror von Tarea, Ihr knietet nieder, als Sohn eines Herzogs, nun erhebt Euch als Herzog und Kurfürst, als Vater Eures Geschlechtes.“.
Davror erhob sich und hielt Drachenfall in seiner Scheide dem Kronprinzen entgegen.
„Solange ich lebe, soll dieses Schwert allein Euch zur Seite stehen und allein der Sicherheit des Reiches dienen. Dies schwöre ich, Davror, Herzog von Tarea.“.
„Ich nehme diesen Eid an.“. Jasreels Hand umfasste den Knauf des Schwertes, nahm es kurz in die Hand, um es dann in Davrors zurückzulegen.
„Dieses Schwert übergebe ich in Eure Hände, möge es das Glück unseres Volkes und der Schrecken unserer Feinde sein.“.
Die Herzöge klatschten und Davror schritt mit neuer Stärke und Selbstsicherheit zu seinem Platz zurück. In diesen wenigen Augenblicken war er tatsächlich Unmengen gewachsen.
Es folgten die fürs Protokoll benötigten Floskeln, die jeder der Herzöge kannte, die dennoch festgehalten werden mussten.
„Deine Frau ist?“.
„Amasa, Prinzessin von Artherg.“.
„Dein Erbe?“.
„Ich besitze keinen Sohn, doch wird mein Weib mir – sofern der Hüter es will – noch dieses Jahr einen gebären. Mein Erbe ist im Falle meines frühzeitigen Todes Tarendor, der Bruder meines Vaters.“.
„Geschwister?“.
„Marisa verehelicht mit Fariart aus dem Hause Reamoig, sowie Kiandri, verheiratet mit Zephinus aus dem Hause Hiatur. Vier von meinem Vater anerkannte Bastarde, wobei drei jedoch Mädchen sind und der Junge erwiesen schwachsinnig ist. Gut zwei Dutzend weitere Bastardgeschwister.“.
„Kinder?“.
„Jarila und Tuwila, sieben und fünf Jahre. Beide sind noch unverlobt.“.
Es folgten noch einige weitere Daten über die ihm unterstehenden Fürsten, die Größe Elams und des Herzogtums, Probleme, Steuereinnahmen, Schulden und weitere Fakten, die alle sorgfältig von Schreibern notiert wurden.
Doch am Ende erhielt Davror ein Dokument, dass ihn endgültig als Herzog Tareas auswies, bekam sein Siegel zugestanden und durfte nun das Banner seines Hauses offiziell führen.
Es war ein gutes Gefühl.
„Du hast was gefunden?“. Mearestjohrg schrie fast und starrte seine Schwester Hadassa überrascht an.
„Wie ich schon sagte. Ich fand den Körper eines toten Jungen und frag mich nicht, was es damit auf sich hat, denn das wollte ich dich grade fragen.“.
„Das ist unmöglich.“. Wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, hätte Hadassa jetzt gelacht, denn es war unfassbar schwer, ihren Bruder aus der Fassung zu bringen. Doch das war sie und so blieb ihr nur ein wages Gefühl von Gefahr, das alle Freude über das Wiedersehen mit Mearestjohrg verschwinden ließ.
„Ich fürchte jedoch, dass es so ist, auch wenn ich mir wünschen würde, dass ich dir eben eine Lüge erzählte.“.
„Ich glaube dir, doch es ist…“. Er lief hin und her und sein Schwanz peitschte eine Sandwolke hoch. „Es ist einfach unmöglich. Es ist gegen die Natur.“.
„Jetzt ist es möglich geworden.“, entgegnete Hadassa ruhig.
„Wie kann das sein? Waren Elben in der Nähe? Vielleicht kennen sie einen Zauber, der so etwas möglich macht.“.
Auch Hadassa hatte sich schon Dutzende von Antworten gesucht, eine unwahrscheinlicher als die Nächste, doch am Ende hatte sie sie alle verworfen.
„Ich habe noch nie Elben gesehen und ich bezweifle, dass sie sich soweit in den Süden wagen, wenn es sie überhaupt noch gibt. Außerdem können sie ihre Gaben nicht gegen andere einsetzen.“.
„Und wenn sich das geändert hat? Seit Jahrhunderten hat niemand mehr einen Blick auf dieses Volk geworfen.“.
„Und dafür gibt es auch einen guten Grund, nicht wahr? Seit dem Zerfall Ciyens vor tausendachthundert Jahren nach dem zweiten Krieg des Grauens leben sie zurückgezogen und haben kein Interesse daran, diesen alten Konflikt wieder aufwallen zu lassen.“.
„Dabei ist doch grade das ein Grund! Immerhin war es unser Volk, das durch das Bündnis mit den Menschen den Untergang des Elbenreiches besiegelte. Warum sollten sie sich nicht an uns rächen?“.
Hadassa lachte spöttisch auf. Sonderlich klug gewesen, war ihr Bruder noch nie.
„Wenn würden sie es an einer bedeutenden Person tun und nicht an irgendeinem Kind mitten in der Wüste, das nur durch Zufall gefunden wurde. Und warum sollten sie ihren sorgfältig bewahrten Frieden und ihre schwer errungene Souveränität riskieren? Das waren keine Elben. Ich kann es nicht beschreiben, doch weiß ich ganz sicher, dass es keine Elben, Menschen, Zwerge oder Hersor waren und auch niemals von unserem eigenen Volk.“.
„Und wer dann?“. Bei dem Vorbringen seiner Theorie hatte Mearestjohrg still gehalten, doch jetzt fing er wieder an, zu laufen.
„Ich weiß es nicht und hatte gehofft, dass dir etwas bei deinen Reisen aufgefallen ist.“.
„Außer das sonstige? Eine etwas komplexe Stammesfehde, die sich auszuweiten droht, weil der eine Lavkinrowkjestion dem anderen die Frau gestohlen hat.“.
„Er hat was?“. Das war tatsächlich eine etwas ungewöhnliche Fehde. Sphinxe heirateten nur einmal in ihrem Leben und wer Ehebruch beging, war des Todes. Dies würde auch für den Clanführer gelten und Hadassa überraschte es, dass er es überhaupt gewagt hatte, eine Tat zu begehen, die so offensichtlich gegen die Gesetze verstoßen hatte.
„Ja, Bentjavkil Astjolivt hat ihm einige Krieger hinterhergeschickt, doch hat er sich in das Asylgebiet am See von Tscheh zurückgezogen – mitsamt der Sphinx. Jetzt patrouillieren überall Männer, um ihn abzufangen, wenn er es wieder verlässt.“.
„Und der Bentjavkil hat sie nicht angeführt?“. Normalerweise wäre es die Pflicht eines Landesfürsten gewesen, eine so bedeutende Fehde persönlich zu beenden.
„Nein.“, gab ihr Bruder zu, „Das wunderte mich auch, allerdings soll der Ritjost bald zusammentreten.“.
„Der Rat der Landesfürsten tritt zusammen?“, hackte sie nach, denn davon hatte selbst sie als die Botin des Königs noch nichts gehört.
„Mach dir keine allzu großen Hoffnungen, es wird wohl um Artherg und sein Machtstreben gehen, sowie unsere Handlungen darauf.“.
„Glaubst du, dass es Krieg geben wird?“, fragte sie ihren Bruder, denn sie hatte nur wenig Ahnung, was die letzten Monate in den Menschenreichen geschehen war. Die Begebenheiten dort veränderten sich so schnell wie die Jahreszeiten in ihren Reichen. In Ikantjey gab es nur die kurzen Regenzeiten und die langen Trockenperioden, die mehr als die Hälfte eines Menschenlebens zählten.
„Früher oder später wird es ihn geben. Die einzige Frage, die bleibt, ist wer ihn beginnt, doch dies kann noch nicht einmal ein Hersor wissen.“.
„Ein Hersor! Tichre!“. Hadassa sprang auf, Elan jagte durch ihre Muskeln und ihre ermüdeten Hoffnungen brannten erneut. Wie hatte sie diese Möglichkeit vergessen können? Kilchre. Natürlich.
„Wohin willst du?“, rief Mearestjohrg und sie stoppte den begonnenen Lauf, um zu rufen: „Nach Varyny.“.
Von all den Ländern Anthars war dies das Reich, das Mearestjohrg am wenigsten in Betracht gezogen hätte, doch war seine Schwester schon immer etwas anders gewesen und so konnte ihn selbst das nicht mehr wirklich überraschen.
Sie kam noch einmal zurück, um ihn als Frau zu umarmen. Das war nun wirklich sonderbar, denn schätzte Hadassa ihre menschliche Gestalt nicht sonderlich und das sie sie wählte, um ihre Liebe zu ihm auszudrücken, zeugte davon, dass für sie dieses Rätsel wirklich von großer Bedeutung war.
„Und erzähle nichts davon Bentjavkil Astjolivt.“, befahl sie ihm wieder als Löwin. Doch war sie fort, bevor er ihr antworten konnte.
Ein ferner Schatten blieb sie, der immer mehr in der Ferne verblasste und schließlich gänzlich verschwand, um nur noch als Erinnerung weiter zu existieren.
Mearestjohrg wandte sich ab und lief die Düne herab, um zu seinem Herrn Bentjavkil Astjolivt zurückzukehren, dem er aus freier Entscheidung seine Dienste angeboten hatte.
Er war frei und wollte es auch für immer bleiben.