Stichworte:
Blade | Rodent
Klinge | Kleintier
Die Nebelschwaden wurden dichter, sorgten dafür, dass sie immer wieder auf Kompass und Tracker sahen, um sicher zu gehen, dass sie nicht in die falsche Richtung gingen. Das letzte, was sie gebrauchen konnten, war, dass sie sich selbst verirrten. Das würde nur noch fehlen. Nein. Sie mussten zusehen, dass sie irgendetwas fanden oder ihren Radius fertig abdeckten. Immerhin konnte der Junge irgendwo sein. In irgendeiner Richtung. Vielleicht fand ein anderes Team ihn.
Cyan war versucht, nachzufragen, noch einmal ins Funkgerät zu sprechen. Doch dann würde sie nur unnötig die Leitung blockieren. Würde jemand den Jungen finden, gäbe es einen Ruf an alle Kanäle, dass die Suche beendet wäre.
Sie hielt sich sich näher an Heath, der nun ebenfalls angespannt wirkte. Seine Hand lag auf dem Schaft seines Messers – ein einfaches Überlebensmesser, wie es jeder von ihnen hatte. Seine Knöchel traten hervor.
„Was machst du?“, fragte sie.
Überrascht sah er sie an, sah dann an sich selbst hinunter und bemerkte seine Hand. Er ließ los, räusperte sich dann verlegen. „Mir gefällt das hier nicht“, gab er zu.
„Ja“, murmelte sie. „Das ist nicht das Wetter um auf einen Berglöwen zu treffen.“
„Oder einen Bären“, erwiderte Heath.
„Das ist unwahrscheinlicher.“
„Ist aber schon vorgekommen.“
Reden tat gut. Auch wenn sie so weniger hörten. „Vielleicht sollten wir Rufen“, meinte Cyan.
„Ja. Stimmt.“ Für einen Moment blieb Heath stehen und legte die Hände an den Mund. „Jim!“, brüllte er in den Wald hinein. „Jimmy!“
Cyan tat es ihm gleich. Die laut sie konnte rief sie den Namen des Jungens. Dann schwiegen sie, lauschten. Und für einen Moment war der Wald still. Gespenstisch still. Nicht einmal das übliche Rauschen der Bäume war zu hören. Wahrscheinlich nur die veränderte Akustik durch den dicken Nebel …
Dann, auf einmal, ein Laut. Es klang wie ein Schrei, nur lauter, schriller. Unnatürlich. Unmenschlich. Es jagte Cyan einen Schauer über den Rücken. Das Kreischen hielt für mehrere Sekunden an, ehe es verklang und die Stille sich wieder über sie senkte.
Halb wartete sie darauf, dass ein weiterer Schrei kam. Doch nichts. „Was war das?“, hauchte sie. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Wahrscheinlich nichts“, erwiderte Heath. „Wahrscheinlich nur ein Tier. Hasen und so ein Kleinvieh kann ganz schön laut sein. Vielleicht ein Fuchs oder so.“
Ja, Füchse konnten gespenstisch klingen, das stimmte. Dennoch wollte sich ihr Instinkt mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. Sie wollte einfach hier weg, wollte zurück zur Station, wo es warm und sicher war. Irgendetwas stimmte an diesem Tag nicht im Wald. So gar nicht.