Sie hätten ihn wenigstens anrufen können. Elias war den ganzen Weg vom Dorf in die Stadt mit dem Bus gefahren, um sich im Café sagen zu lassen, dass sie seine Stelle kürzen mussten. Es war heute kalt und feucht und für die nächsten drei Stunden fuhr nichts mehr zurück in sein Kaff, also saß er hier fest. Er hätte sich irgendwo rein setzen können, seine ehemalige Chefin von einem Tisch im Café aus für die nächsten Stunden schmollend anstarren oder sich im Kino ablenken. Doch er wollte sich zurückziehen, brauchte Abstand von den Menschen, die ihm seine Niedergeschlagenheit ansehen würden, also hatte er sich im Stadtpark auf eine abgelegene Bank gesetzt. Niemand war hier draußen, wo in der letzten Stunde ein dichter Nebel aufgezogen war. Niemand außer ihm ließ sich langsam bis auf die Unterwäsche von der klammen Luft durchweichen. Niemand, hatte er gedacht, bis er in der Ferne einen jungen Mann durch den Nebel spazieren sah. Er schien keine Eile zu haben sich in warme Räume zu retten, obwohl die Feuchtigkeit sicherlich nicht gut für die edle Kleidung war, die er trug. Maßgeschneiderte Hosen, die an den Seiten zugeknöpft waren. Ein sorgsam bestickter Mantel mit einer dazu passenden Weste darunter. Alles in allem sehr extravagant, als sei er aus dem 18. Jahrhundert versehentlich falsch abgebogen. Elias starrte noch einen Moment an die Stelle, wo der Nebel den Mann wieder verschluckt hatte.
„Sie sehen traurig aus.“
Beinahe wäre Elias von der Bank gefallen, als er vor Schreck aufzuspringen versuchte und der nasse Boden unter seinen Füßen nachgab. Doch eine Hand schloss sich um seinen Unterarm und zog ihn zurück auf die Sitzfläche.
„Tut mir Leid“, sagte der Fremde und zog seine Hand fort. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“
„Was zum“, setzte Elias an, besann sich dann jedoch und fuhr freundlicher fort. „Sie waren eben gerade noch da drüben, wie konnten Sie plötzlich neben mir auftauchen?“
Vielleicht war es der Nebel, der sich in ihnen spiegelte, doch etwas schien mit den Augen des Mannes nicht zu stimmen. „Das hat etwas mit dem Nebel zu tun“, erklärte der Fremde und für einen Augenblick schien es Elias, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Meine Name ist übrigens Richard.“
„Elias“, erwiderte Elias und nickte dem Mann neben sich zu. „Was ist mit dem Nebel?“, fragte er und nahm nur am Rande wahr, dass er näher an Richard heran rückte. „Und mit Ihren Augen?“
Richard unterbrach den Blickkontakt nicht, wich nicht zurück, ließ sich eingehend mustern. „Sie sind in eine Zwischenwelt geraten. Das passiert manchmal, wenn Menschen sich in ihren Gedanken verlieren. Ich bin schon so lange hier, dass ich ein Teil von ihr geworden bin.“
„Dann sind Sie ein Geist?“, hätte Elias fragen können, „Wie komme ich hier wieder raus?“ oder „Was liegt auf der anderen Seite?“. Stattdessen starrte er wie gebannt in die grauen Augen des nicht ganz unvertrauten Mannes, in denen ein Stück des Nebels eingeschlossen zu sein schien.
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