CN Genderdysphorie (feminine Kleidung).
Anm: Genderdysphorie ist ein panikähnliches Gefühl, das viele genderfluide oder nicht-binäre Personen (aber auch binäre Transsexuelle) bekommen, wenn ihr Körper "nicht zum gefühlten Geschlecht passt". Sie kann sehr überraschend auftreten, besonders wenn unerwartet ein Umschwung zwischen verschiedenen Geschlechtsidentitäten stattfindet.
Sie hatte sich darauf gefreut, Sophie wieder zu sehen. Auf Felix‘ Geburtstagsparty hatten sie sich gut verstanden, sehr gut, aber sie hatte sich nicht getraut, ihr ihre Nummer zu geben. Sophie stand auf Frauen, so viel war sicher, aber sobald sie erfuhr mit wem oder was sie es zu tun hatte, würde garantiert jedes Interesse erlöschen. Nun saßen sie an der selben Ecke des Tischs in der Kneipe, Sophie auf der Bank an der Wand, Lexi auf einem Stuhl mit dem Rücken zum Raum, ihre gemeinsamen Freunde ringsum. Doch der freudige Schlag ihres Herzens war verschwunden, mehr noch, in beinahe panisches Klopfen verkehrt. Nachdem Florian ihr gesagt hatte, dass Sophie hier sein würde, hatte sie sich großartig gefühlt und besonders schöne Kleidung ausgesucht. Ein Überbrustkorsett und ein langer Rock sollten es sein, warm genug war es dafür und sie hoffte, es würde Sophie gefallen. Was sie nicht erwartet hatte, war, dass ausgerechnet an diesem Abend die Dysphorie auf sie niederschlagen würde. Es reichte nicht, dass sie befürchtete, Sophie hätte kein Interesse an einer genderfluiden Person. Nein, jetzt machte sie vor den Augen ihres Schwarms auch noch einen Wechsel durch. Begann sie, sich männlich zu fühlen? Geschlechtslos? Egal, auf jeden Fall waren diese Brüste zu sichtbar.
„Lexi?“, erkundigte sich eine helle Stimme und ein Finger bohrte sich in die bare Haut ihres Oberarms. „Ist alles in Ordnung?“
Sie wagte es nicht, Sophie in die Augen zu sehen, die sie besorgt musterten. Stattdessen warf sie Florian einen Blick zu, der mit gerunzelter Stirn zurück sah. Er wusste von ihren Problemen und schien ganz genau zu erkennen, was gerade in ihr vorging.
„Alles gut“, brachte Lexi schließlich knapp hervor und fixierte einen Punkt an Sophies Schulter.
„Komm mit raus“, forderte Sophie sie auf. Keine Frage, ob sie sie begleiten würde, sondern eine unmissverständliche Ansage.
Mit einem angedeuteten Nicken zu Florian folgte Lexi der jungen Frau wortlos auf die Straße. Die frische Luft und der Schutz vor unnötig vielen Augenpaaren würden ihr gut tun.
Draußen drehte Sophie sich zu ihr um und sah sie ernst an. Erstaunlich eindrucksvoll dafür, dass sie ein Kleid mit hellgelben Blümchen und eine kuschlige Strickjacke trug. „Gehts dir nicht gut? Wir können gehen, wenn du möchtest.“
Wir? Meinte sie es tatsächlich so, sie beide allein? Lexi schüttelte den Kopf.
„Nein, aber.. naja.“ Sie holte tief Luft, schloss für einen Moment die Augen. Besser, jetzt mit der Sprache heraus zu rücken, als Sophie auf die falsche Fährte zu locken. „Ich bin genderfluid und wurde gerade von einem Wechsel überrascht und die Dysphorie kickt dermaßen, weil..“ Hilflos gestikulierte Lexi mit den Händen vor der Oberweite entlang. Vielleicht war jetzt alles erklärt, wenn Sophie mit irgend einem dieser Begriffe überhaupt etwas anfangen konnte.
Mit einem Ausdruck, den Lexi nicht deuten konnte, starrte Sophie ihn für eine Sekunde oder eine halbe Ewigkeit an, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Sie schlüpfte aus ihrer Jacke und hielt sie offen vor sich. „Hier, Arme rein!“, forderte sie und es war deutlich, dass jeder Widerstand zwecklos wäre. „Also ab jetzt männliche Pronomen, ja?“, erkundigte sie sich, während sie ihm die Strickjacke über die Schultern warf.
Dieses mühelose Verständnis, die bedingungslose Hilfe, hatten ihm erneut die Sprache verschlagen. Also nickte Lexi nur, während er die junge Frau dabei beobachtete, wie sie die Jacke vor ihm zuknöpfte. Kurz über den nun verhüllten unaussprechlichen Körperteilen hielt sie inne, fasste den Kragen, fing seinen Blick mit ihrem. Mit dem zusätzlichen Stoff am Leib schien die ganze Welt wieder um ein Vielfaches freundlicher. Mit der zierlichen Nase und den zarten Lippen, die beinahe an seine stießen, ließ es sich tatsächlich fast wieder aushalten.
Sophie hielt in ihrer Bewegung inne, wich jedoch auch keinen Millimeter wieder fort. „Geh‘n wir ne Pizza essen?“, hauchte sie mit einem neckischen Lächeln in den Mundwinkeln.
---
Bitte scheut euch nicht, schonungslose Kritik und Verbesserungsvorschläge in den Kommentaren zu hinterlassen. Sie helfen mir, meinen Stil in Zukunft zu verbessern.