Die Verluste waren nicht sehr zahlreich, doch umso schmerzhafter.
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Mirfaks Arbeit war ausgesprochen schwer in jenen Stunden nach dem ersten Schlag. Lupus' Sohn bemühte sich sehr, die Hoffnung der Kämpfer zu erhalten. Doch der furchterregende erste Schlag der Finsternis hatte Angst gesät und trug nun reiche Ernte ein. Gleichzeitig sorgte sich Mirfak um seinen Vater, doch er musste sich optimistisch geben.
Arae war die ganze Zeit an seiner Seite, denn er wusste, dass sein Alpha Trost brauchte. Und auch einige andere Wölfe hatten sich ihm angeschlossen, um zu helfen. Sie waren allesamt Krieger, die Mirfak ausgebildet hatte, und bestrebt, seine Mission nach Kräften zu unterstützen. Der erste von ihnen war ein goldener Wolf mit Namen Sol, der zweite eine silberne Wölfin mit Namen Lunis. Die restlichen drei waren Brüder: Der silberne Sirius, der nebelweiße Canopus und der goldene Arktur. Von ihnen wird noch viel zu berichten sein.
Doch um die Verteidiger stand es schlimm. Pegasus betrauerte den Verlust seiner Gefährtin und war untröstlich. Algieba trauerte nicht nur, sie musste auch fürchten, dass ihr Bruder ein Verräter war. Canis Major hatte nach Lupus' Sturz die Führung übernommen und entschied nach einer kurzen Rücksprache mit den anderen Titanen, die Lichtung Trishanku für alle zu öffnen, damit die Verbündeten dort Schutz suchen konnten, und auch, um Lupus und Cygnus dort zu betten. Viele der Bewohner Andromedas hatten nach diesem ersten Schlag jedoch die Flucht ergriffen und waren in ihre Heimat zurückgekehrt, und Canis Major vermochte nicht, sie zurückzurufen. Dass ihr wunderbarer Anführer gefallen war, den sie für unverwundbar gehalten hatten, hatte sie alle erschüttert, und der Verlust der Berater Lynx und Vulpecula wog ebenfalls schwer.
Einzig Castor und Pollux waren bestrebt, den Kampf fortzusetzen, denn immerhin wussten sie, dass Vulpecula noch lebte. Doch sie verbargen dies vor ihren Verbündeten und stellten sich gelähmt vor Trauer.
In Wahrheit beschäftigte sie die Offenbarung über einen Verräter sehr. Sie gingen davon aus, dass durchaus mehr als ein Spion in ihrem Lager sein könnte, und versuchten, verdächtiges Verhalten zu erspähen. Doch so lange sie auch beobachteten, sie merkten nichts; allein Regulus, der zurückkehrte, ebenso wie die ausgesandten Späher. Doch der Löwe verstellte sich gut, und obwohl viele misstrauisch waren, fand niemand einen Beweis.
"Wieso suchen wir überhaupt die Spione, wenn wir nicht wissen, wie viele es womöglich sind", sagte Castor da. "Ich habe eine bessere Idee: Wir entsenden unseren eigenen Spion."
Pollux stimmte zu. "Aber es wird ein großes Risiko. Wir müssen unseren Spion gut auswählen."
"Er muss schnell sein, und stark. Einer der Titanen. Einer der Boten." Castor hatte bereits darüber nachgedacht. "Pegasus ist jedoch nicht in der Verfassung, etwas so Gefährliches zu wagen. Er muss sich um seine Kinder kümmern."
Also war Lepus ihre Wahl. Der Hase blickte erstaunt auf, als die Füchse in aller Heimlichkeit zu ihm kamen. In ihren Plan eingeweiht, zögerte er nicht eine Sekunde. Denn, das müsst ihr wissen, Welpen: Dieser Hase rannte zwar schnell, doch er kannte keine Furcht.
"Bitte sei dir wirklich sicher", baten die Zwillinge ihn.
"Die Finsternis wird mich nicht einmal sehen, und wenn Gefahr droht, kann ich jeder Gefahr entkommen und mich verstecken." Lepus war entschlossen. "Aber sollte ich versagen, weint nicht um mich, Kinder. Ihr seid die Listenreichen, ihr befehlt mich in den Krieg. Und im Krieg gehen manche Dinge verloren. Ihr habt diesen Plan nicht ohne Grund gefasst, also ist er das Risiko wert."
"Sehr gut. Denn wir müssen wissen, was sie plant. Von ihrer Schöpfung Draco wissen wir, und nun kennen wir auch ihre Waffen. Doch vielleicht gibt es noch andere Gefahren, von denen Deneb nicht wusste."
Lepus nickte.
"Und noch etwas", sagte Pollux. "Sprich nur mit uns darüber. Wir wissen nicht, wer der Dunkelheit womöglich noch dient. Wenn es Regulus ist, könnte es jeder sein - selbst ein Titan."
Auch dieser Bedingung stimmte Lepus zu, und so hoppelte er davon.
Währenddessen hatte auch die Finsternis beschlossen, einen Spion zu entsenden. Der Verräter Regulus war gesichtet worden, und sie fürchtete, dass er bald enttarnt sein würde. Deshalb schickte sie Musca los, die Fliege, denn diese war klein und würde kaum beachtet werden.
Der erste Auftrag des winzigen Spions war es, herauszufinden, welche Verbündeten der Dunkelheit nach Denebs Flucht bekannt waren. Wie sich herausstellte, wussten die Verteidiger von den Schlangen, Cancer und Draco, nicht jedoch von Musca, Indus oder Auriga, und auch Regulus' Rolle lag noch verborgen. So wurden die Menschen zusammen mit der Fliege ins Lager geschickt, um Informationen zu sammeln und nach Kräften Schaden zu verursachen.
Auriga gegenüber herrschte viel Misstrauen, sodass er von Anfang an nicht viel Freiraum hatte, doch Indus wurde kaum beachtet. Er trat zu den Kindern Lukidas, Kitalpha und Kentaur, und spendete ihnen Trost, um dadurch Zugang zu ihren Herzen zu gewinnen. Musca blieb, wie zuvor, verborgen und lauschte.
Erst nachdem diese aufgebrochen waren, traf Lepus beim Lager der Finsternis ein. Es war geschehen, dass sich die Spione beider Seiten verpasst hatten und somit nicht voneinander wussten. Im Falle von Musca war das schlecht, denn dieser Spion war unmöglich aufzuspüren. Doch Lepus war ein großer Gewinn für die Verteidiger. Die Finsternis rechnete nicht damit, dass die Verteidiger ihren Schock so rasch überwunden hätten, und zweifelte gar, dass die Bewohner von Andromeda auf die Idee kommen würden, Spione zu entsenden. Musca berichtete ihr von verzweifelten Verteidigern, deren größte Sorge es war, ein Grab für Lukida und Lynx auszuheben. Dies war Mira, das Grab der Hoffnung.
Nun waren die Verteidiger im Vorteil, auch wenn es ein geringer Vorteil war. Castor und Pollux wollten bereits Hoffnung schöpfen, da kam Lepus mit einem finsteren Bericht zu ihnen.
Wie der Hase erklärte, hatte das Monster der Dunkelheit sich zu rühren begonnen.
Draco war erwacht.
Sofort wussten die Zwillinge, dass eine neue Katastrophe bevorstand. Doch sie wussten nicht, wie sie die Bewohner warnen sollten, ohne preiszugeben, dass sie einen Spion im Reich der Finsternis besaßen.
"Ihr müsst sie aber warnen", sagte Lepus drängend. "Sonst werden zu viele sterben."
"Natürlich warnen wir sie!" Die Zwillingsbrüder überlegten, was zu tun sei. Späher könnten den Drachen sichten, wenn sie zufällig, durch einen Tipp gestupst, am richtigen Ort wären. Oder vielleicht könnten sie das Lager durch eine List leeren. Doch sie benötigten Hilfe, und dafür mussten sie jemanden finden, dem sie vertrauen konnten.
Ihre Wahl fiel schließlich auf Mirfaks Rudel, jene Wölfe, die unermüdlich um die Moral der Kämpfer rangen. Rasch eilten die Zwillinge zu ihnen und berichteten, dass sie wüssten, dass Draco auf dem Weg wäre. Sie baten Mirfak, die Bewohner Andromedas unter dem Vorwand einer Trauerzeremodie für Lupus von der Lichtung zu bringen.
Etwas widerstrebend stimmte Mirfak zu, die Wahrheit durch diese Lüge zu verschleiern, und sie begaben sich an die Arbeit. Nicht viel später erklang ein mächtiges Brüllen vom Himmel.
Der Drache war gekommen.