Die Verbündeten hatten einen Sieg errungen, doch der Preis würde schrecklich sein.
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Dracos Verwundung war ein großer Sieg für die Verbündeten gewesen, doch die Finsternis zürnte sehr. Sie zog ihre gesamte Macht zusammen, und sie war gewachsen! All das Leid und all die Trauer, die Draco gesät hatte, hatten der Dunkelheit zu neuer Macht verholfen.
Während die Bewohner Andromedas sich auf der Lichtung Trishanku versammelten, wuchs der Groll der Dunkelheit ins Unermessliche. Die Wut in ihr gärte und sie fasste einen finsteren Plan, um die Verteidiger weiter zu schwächen. Sie berichtete ihren Verbündeten, dass die Klauen für einen zweiten Schlag bereit wären - denn nach dem ersten Schlag hatten sich diese mächtigen Waffen eine Weile erholen müssen, da sie so starke Wesen ausgelöscht haben.
"Direkt nach dem Schlag sind sie verwundbar", berichtete sie ihren Dienern. "Das werden die Narren im Dienste Lupus' irgendwann begreifen. Bis es so weit ist, müssen wir so viele der mächtigen Titanen wie möglich töten! Sind es dann nur noch weniger starke Opfer, ist die Dauer der Erholung kürzer und selbst ihr Wissen um meine Schwäche wird ihnen dann nicht mehr helfen."
Gemeinsam mit Regulus entschied sie darüber, wer die nächsten Opfer sein würden, und bereitete den Schlag vor.
Auf der Lichtung ahnten die Verteidiger nichts von der drohenden Gefahr. Sie beratschlagten in großer Runde, wie der Krieg zu führen sei. Die Schildträger und Aldeban konnten ihnen Zeit erkaufen, doch diese Zeit mussten sie nutzen. Jedoch wusste niemand, wie man der Dunkelheit beikommen sollte. Und auch, wie Draco letztendlich zu töten sei, vermochte niemand zu sagen. Nie hatte jemand Finsternis vernichten können.
Da schlossen sich die Schatten dunkel um die Lichtung und aus dem Himmel fuhren die Klauen der Dunkelheit herab! Schneller, als jemand reagieren konnte, durchbohrten sie nacheinander ihre Ziele.
Die erste Klaue, Sculptor, traf Canis Major, den Zweiten Wolf. Die zweite Klaue, Antlia, streckte Canis Minor nieder, seinen kleinen Bruder. Die dritte Klaue, Octans, zuletzt tötete Ursa Major, die große Bärin.
Stille senkte sich über die Lichtung. Ungläubig begriffen die Verteidiger, dass drei der urältesten Titanen ihnen genommen worden waren - innerhalb eines Wimpernschlags.
Doch der Angriff war noch nicht vorbei. Der Blick der Finsternis jagte in das Lager und er zielte auf Virgo.
Einzig Pegasus konnte reagieren. Zwar war der geflügelte Hengst von Trauer um Lukida erfüllt, doch darum erkannte er den Plan der Finsternis: Alle Lichtbringer von Andromeda zu töten, jene drei, die unter Lynx die Schilde gewirkt hatten. Dies waren Lukida, Phoenix und Virgo; und so sprang der weiße Hengst vor, als der Blick der Dunkelheit sich Virgo näherte, und er nahm die lähmende Kraft des Giftes darin auf und fiel auf der Stelle um.
Gleichzeitig hallte ein lauter Schrei über die Lichtung: Phoenix, der Späher der Mitte, war vom furchtbaren Zahn Pyxis getroffen worden. Und brennend fiel er aus dem Himmel.
Wieder zogen sich die Waffen der Dunkelheit zurück, und wieder drohte Panik. Es war auch eine entsetzliche Lage, in der sich die Verteidiger wiederfanden. Lupus war verstummt. Die großen Wölfe und die großen Bärinnen waren tot, ebenso die beiden Berater - von Vulpeculas List ahnte ja niemand außer seinen Söhnen. Von den Spähern war Phoenix tot, Cygnus gelähmt und Corvus in Ungnade gefallen; die anderen beiden standen als Schilde nicht zur Verfügung. Über Lepus' Verbleib wussten die einfachen Einwohner nichts und Pegasus war, wenn schon nicht tot, so ebenso gelähmt wie Cygnus und Lupus. All ihre großen Helden und Anführer waren ihnen genommen worden!
In diesem Chaos erhob Mirfak die Stimme.
"Haltet ein!", rief er das Volk zusammen. "Verzaget nicht!"
Sabik und Kornephorus traten zu ihm, dann Arae und das Rudel: Sol und Lunis, Sirius, Canopus und Arktur. Und dann folgten ihnen die Bewohner von Andromeda gesenkten Hauptes. Zwar hatten sie keine Hoffnung mehr, doch Treue und Freundschaft hielt sie bei Lupus' Sohn. Die drei Schilde und Aldeban Rubinstern hielten ihre Stellung.
So fand Lepus die Runde vor. Der Hase stürzte außer Atem auf die Lichtung, gekommen vom Lager der Finsternis. Er war losgerannt, sobald er vernommen hatte, wie der finstere Plan gefasst worden war, doch er war nicht schnell genug gewesen, um die Tode zu verhindern.
Lepus senkte nicht in Trauer das Haupt, als er sein Versagen erkannte, sondern eilte zu Castor und Pollux. Eilig berichtete er dem weißen und dem schwarzen Fuchs, was er noch erfahren hatte: Dass die Klauen der Finsternis verwundbar seien und gebrochen werden konnten.
Während andere trauerten, schmiedeten die Zwillingsfüchse einen verzweifelten Plan: Den Klauenbruch. Um den Spion Lepus zu schützen, verbargen sie ihr Tun vor allen und suchten heimlich geeignete Kämpfer. Diese durften nicht aus den Reihen der großen Helden stammen, da sie fürchteten, die Spione wären genau dort. Nach langem Suchen fiel ihre Wahl auf jene, die nur wenig Beachtung erhielten: Pavo, der Pfau, die Fische Aboras und Shemali und zuletzt Kentaur, Pegasus' Sohn, der zwar zu den Reihen der Titanenkinder zählte, jedoch den geringsten Ruhm von ihnen innehatte.
Eingeweiht, dass die Klauen verletzlich seien, zogen diese vier im Auftrag der Zwillinge los. Die Fische, Schwertfisch und Wal, eilten durch die Flüsse und trafen bald auf die Klaue Sculptor, welche Canis Majors und Lukidas Blut vergossen hatte. Und Shemali, die Walin, zerbrach diese Klaue.
Kentaur eilte weit über die Wiesen und entdeckte bald die Klaue Antlia, welche Lynx und Canis Minor getötet hatte. Mit einem Tritt zerbrach er diese Klaue.
Pavo glitt durch die Wolken in Corvus' Reich, gesandt als Späher an des geschwärzten Rabens Statt, und er erspähte die letzte Klaue, Octans, welche Vulpecula angeblich und Ursa Major tatsächlich gestürzt hatte, und mit einem hellen Lied ließ er sie zersplittern.
Rasch kehrten die vier zu den Zwillingsfüchsen zurück und berichteten von diesem Sieg. Castor und Pollux sprachen mit Vulpecula, der sich im Grab Mira verborgen hielt.
"Ein schöner Sieg", sprach der Fuchstitan, "doch wird er uns noch nicht retten. Zwei Waffen bleiben der Dunkelheit noch. Ich fürchte, wen sie treffen könnten. Gebt ihr nur gut acht auf euren Boten, denn nun wird die Finsternis noch mehr Zorn in sich tragen."
Lepus wurde diese Warnung übermittelt, doch der Hase fürchtete sich nicht und eilte los, sich wieder bei der Dunkelheit zu verstecken.
Jedoch hatte ihn die Fliege Musca gesehen, der heimliche Spion im Lager der Verbündeten, und sie hatte der Finsternis von Lepus berichtet. So erwartete die Dunkelheit seine Rückkehr bereits und entsandte Serpens, die große Schlange, um den Hasen zu töten.
So wurde auch der flinke Bote geschlagen, und er fand kein Grab in Mira, kein Sang galt seiner heimlichen Heldentat und kein Blick bezeugte sein Ende; nur die Fuchszwillinge würden bald merken, dass Lepus nicht wiederkehrte.