Auf einmal hielten die drei im Sprechen inne. Ein wunderschöner Gesang, klang an ihre Ohren! Es schien vom Wasserfall her zu kommen. «Was ist das?» fragte Pia, ganz von diesem überirdischen Gesang gefangen. «Das könnte vielleicht die Nixe sein,» flüsterte Humbold. «Kommt wir schauen mal nach.» «Ist das wirklich so klug?» wollte Benjamin wissen. «Nixen können ja manchmal etwas unberechenbar sein.» «Von der Nixe hier, habe ich immer nur Gutes gehört,» meinte Humbold. «Ich glaube sie ist ganz nett. Kommt!» Sie schwammen vorsichtig zu der Stelle, wo der Wasserfall sich mit dem klaren Wasser des Teiches vereinte. Die Gischt bespritzte ihre Gesichter. «Da hinter dem Wasserfall, da scheint eine Art Höhle zu sein,» rief Ben. Vorsichtig tauchten die drei durch den Wasservorhang und kurz darauf, standen sie in einer Grotte mit blauschimmerndem Wasser. Auf einem Stein sass dort eine wunderschöne, junge Frau mit hellgrünem Fischschwanz und goldblonden, langen Haaren. Ihre Augen sahen aus wie leuchtenden Smaragde. Sie war wohlgestaltet und ihre wohlgeformte Brust, wurde von einem wundervollen Geschmeide aus Gold und Edelsteinen bedeckt.
Als sie die drei Freunde erblickte, hielt sie im Singen inne und blickte ihnen neugierig entgegen. «Willkommen!» sprach sie mit einer Stimme wie Honigtau: «Es freut mich sehr eure Bekanntschaft zu machen. Wie ihr sicher erkannt habt, bin ich die Hüterin dieses Teiches. Ich habe euch vorhin gehört und danke euch für eure respektvolle Begrüssung. Die wenigsten tun so etwas heute noch. Schon gar nicht diese… grossen Riesen, die hier einfach plötzlich aufgetaucht sind. Die Zwerge und ich lebten stets in gutem Einvernehmen. Sie ehren Mutter Erde und alles was sie ihnen an Schätzen schenkt und nehmen nur das, was sie zum Leben brauchen. Die Riesen jedoch… sie trampeln hier herum, als würde ihnen bereits alles gehören. Sie kommen manchmal hierher, um sich zu waschen. Ich mag sie nicht wirklich, aber ich kann ihnen den Zutritt zu meinem Gewässer auch nicht verwehren. Wasser ist ein kostbares Gut, das allen zur Verfügung stehen sollte. Dennoch… ich vermisse noch oft die stillen Zeiten, als es noch keine Riesen in dieser Umgebung gab.» «Wie kommt es, dass zwei so verschiedene Rassen, wie Zwerge und Riesen so nahe aufeinander leben?» fragte Ben. «Die Riesen sind erst vor Kurzem hier aufgetaucht. Sie reisten über das Meer an diesen Ort und siedelten sich an.» «Gibt es viele von ihnen in dieser Gegend hier?» Nein noch nicht so viele. Bisher weiss ich nur von wenigen, darunter eben das Riesenpaar, dass ihr ja bereits kennengelernt habt. Trotzdem, durch ihre ungezügelte Fresslust und ihre Grösse, wird schon eine geringe Anzahl von ihnen zum Problem. Dieses Land hier, ist eindeutig nicht für diese grossen Kreaturen geeignet. Es ist ein Land der Zwerge und nicht der Riesen. Den Zwergen bleibt durch die Gier dieser Giganten, kaum noch etwas zum Leben. Das ist mit ein Grund, warum sich das Zwergen Volk immer mehr, in die verstecktesten Ecken der Wälder, zurückzieht. Früher haben sie überall ihre Häuschen gebaut, sie betrieben Landwirtschaft, hielten eine Menge Tiere und pflegten den Handel, mit anderen Völkern und Rassen.
Die Riesen blieben eine Zeit lang auch noch unter sich, doch dann nahmen sie immer wenige Rücksicht auf das Zwergen Volk. Darum verstecken sich die Angehörigen desselben, auch um sich zu schützen.
Doch euch werden sie bestimmt empfangen. Euer Ruf eilt euch bereits voraus. Der Zwergen Stamm der Waldkinder, lebt übrigens ganz hier in der Nähe,». «Sind sie schwer zu finden?» frage Benjamin. «Es kommt immer darauf an, ob sie gefunden werden wollen.» «Wir wissen, dass die Riesen den Erd- Teil haben. Tatsächlich erfuhren wir das von einem Zwerg namens Sturmius, welcher hier in der Nähe leben soll.» «Ja ich kenne Sturmius! Er ist der erfahrenste Krieger und auch ein Art Botschafter für sein Volk. Wenn ihr das von ihm erfahren hat, wird er euch bestimmt empfangen. Der Häuptling der Waldkinder hat ausserdem auch eine seherische Fähigkeit, vielleicht ahnt er bereits, dass ihr hier seid. Versucht doch einfach mal euer Glück. Geht links an meinem Teich vorbei und wendet euch dann nach Osten, dann werdet ihr zum Dorf der Waldkinder kommen. Dieses liegt ziemlich gut versteckt. Euere Herzen werden euch bestimmt richtig führen.» «Wir werden vermutlich die Sphärenwanderung anwenden,» meinte Benjamin. «So finden wir Sturmius schneller.» «Wie ihr wollt,» meinte die Nixe. «Auf jeden Fall wünsche ich euch viel Glück bei eurer Suche.»
«Was soll denn ich in dieser Zeit machen?» wollte Humbold wissen. «Du kannst gerne noch etwas hierbleiben,» meinte die Nixe. «Ich freue mich über so nette Gesellschaft.» Benjamin und Pia grinsten und das Mädchen sprach: «Ja, du musst hier sowieso noch etwas ausharren, bis wir alle Teile des Medaillons gefunden haben. Hier bist du sicher gut aufgehoben. Wenn wir dann die Zwerge finden, bitten wir sie, ebenfalls ein wenig auf die aufzupassen. Aber wir kommen dann nochmals, um uns von dir zu verabschieden. Keine Sorge.» «Sie wandten sich nochmals an die Nixe; «Vielen herzlichen Dank, für deine Hilfe!» Die Nixe lächelte freundlich und erwiderte. «Das ist gerne geschehen. Ihr habt mich freundlich behandelt und ich werde euch ebenfalls freundlich behandeln.» «Das mit der Begrüssung vorhin, war übrigens Humbolds Idee,» sprach Pia verschmitzt lächelnd. Die klaren Augen der Nixe richteten sich nun anerkennend auf den Koch, welcher verlegen von einem Fuss auf den anderen stapfte. Die Nixe musterte Humbold eingehend und sprach: «Du hast seht gute Umgangsformen, es erscheint mir als stammest du aus einem guten Hause.» «Vielen Dank, oh holdselige Nixe, aber ich bin nur ein einfacher Koch.» «Der Koch einer Königsfamilie allerdings,» warf Pia ein. «So etwas habe ich beinahe vermutet. Bei welcher Königsfamilie hast du denn gedient?» «Bei der Königsfamilie aus dem Juwelenreich,» gab der Koch zurück. «Ohjeh! Ich habe von der Tragödie vernommen, die ihnen einst vor vielen Jahren zugestossen ist, als Gob der böse Höllendrache das Juwelenreich angriff! Du gehörst also zu den Verbannten, von denen so viel gesprochen wurde?» «Ja… leider! Es war die dunkle Magie eines bösen Zauberers, welcher mich und all die anderen des Königshauses in verschiedenste Tiere verwandelte und dann in fremde Welten verbannte. Darum kann ich noch nicht zurück. Meine ganze Hoffnung ruht nun auf diesen beiden Kindern, welche sich auf der Suche nach dem Medaillon der vier Gewalten befinden, um uns zu erlösen und der Welt wieder Frieden zu bringen.» «Ja, ich weiss wer sie sind und mein Herz blutet, wenn ich sehe, welch schlimmes Schicksal dich und alle deines Hofstaates, ereilt hat. Es ist schrecklich, wenn man seine Heimat auf so tragische Weise verliert. Es ist, als würde man mit seiner Wurzeln beraubt, die doch so wichtig für jeden sind. Alle brauchen doch einen Platz, einen sicheren Hort, an den sie immer wieder zurückkehren können. Ich werde mein Bestes geben, dass du hier wenigstens auch wieder ein kleines Stück Heimat finden kannst, lieber Humbold.» Der Koch neigte tief bewegt sein Haupt und küsste ehrfürchtig die kühle, zarte Hand der Nixe. «Ich weiss nicht wie ich euch danken soll, oh Schönste, oh Holdeste. Ich bin sprachlos.» «Du wirst deine Sprach schon wiederfinden, nur keine Angst.» Die Nixe wandte sich nun erneut an die Geschwister: «Sorgt euch nicht um euren Freund.» «Das tun wir nicht. Danke liebe Nixe.» «Mein Name ist übrigens Kyrena,» sprach diese nun. Ich freue mich, wenn ihr bald wieder einmal vorbeischaut und nun lebt wohl!»