Aus den beiden roten Punkten entstanden zwei düster blickende Augen, die mich anstarrten. Ich taumelte zurück bis zur hinter mir liegenden Wand, die ich auf einmal in meinem Rücken spürte. Meine Atmung und mein Herzschlag galoppierten. Ich schloss meine Augen und zitterte vor Schreck. Ich konnte mich kaum beruhigen, da ich so eine Erscheinung nicht erwartet hatte. Beobachteten die Augen mich? Ich traute mich kaum, meine eigenen wieder zu öffnen.
Nachdem sich mein Puls langsam erholt hatte, nahm ich allen Mut zusammen und öffnete meine Lider zu engen Schlitzen. Ich erkannte nichts. Keine Augen, kein Bild, noch nicht einmal das Möbelstück mit der antiken Vase konnte ich sehen. Die Lichter waren wieder aus. Die Dunkelheit umgab mich wieder. Ich hörte meinen Herzschlag überdeutlich und hielt für einen kurzen Augenblick den Atem an. Die akustische Hintergrundkulisse bestand jetzt nur noch aus dem Pochen meines Herzens. In diesem Moment wurde mir diese Stille erst so richtig bewusst. Ich war so sehr mit meiner Situation beschäftigt gewesen, dass mir diese Lautlosigkeit gar nicht aufgefallen war. Nachdem sich meine Lungen wieder mit Luft gefüllt hatten, tastete ich mit meiner linken Hand an der Wand entlang, an der ich mit meinem Rücken angelehnt war. So schlich ich Schritt für Schritt weiter voran. Meine erotische Stimmung war vorerst verschwunden. Ich tappte wieder blind durch die Finsternis. Meine Hand erkundete jeden Bereich an der Wand, den ich erreichen konnte, bis sie auf einen harten, kalten Gegenstand stieß. Er war sehr flach und musste an der Wand hängen. Ich überlegte und fragte mich gerade, ob es wieder ein Bild war, als das Licht wieder aufleuchtete. Wieder wurde ich unvorbereitet geblendet. Diesmal gewöhnten sich meine Augen aber schneller an das diffuse Licht, so dass ich meine Situation besser überblicken konnte.
Im Halbschatten vor mir links erblickte ich den flachen Gegenstand an der Wand, den ich mit meiner Hand ertastet hatte. Er reflektierte das schwache Glimmen, so dass ich mehr von ihm erkennen konnte. Ich löste mich von der Wand und erkannte einen Wandspiegel, der vom Boden bis zur Decke reichte. Erst tauchte ein Bild auf, jetzt ein Spiegel. Was hatte das alles zu bedeuten? Für einen Moment hatte ich etwas Furcht, mich vor den Spiegel zu stellen, um direkt auf die Fläche zu blicken. Was würde ich diesmal sehen? Deshalb schaute ich nur von der Seite hinein. Aus diesem Blickwinkel erkannte ich einen Teil der gegenüberliegenden Wand und den vor mir im Dunkeln liegenden Gang, der mir immer noch unbekannt vorkam.
Immer noch stand ich seitlich neben dem Spiegel und wusste nicht, ob ich mich davorstellen sollte. Trotz meiner leichten Furcht und Sorge, durchzog mich ein Gefühl von Neugierde. War mit mir auch noch alles in Ordnung? In einer normalen Umgebung schauten Frauen sich ja immer gerne im Spiegel an. Jeder Spiegel wurde ja genutzt, um das Sitzen der Frisur zu checken. War das Make-Up auch nicht verschmiert? Passte meine Kleidung auch farblich zueinander? Ließ mich diese Hose etwa zu dick erscheinen? Wenn ja, konnte das ja nur an diesem bösen Spiegel liegen. Ich grinste bei diesen Gedanken, da ich solche Probleme eigentlich nicht hatte.
Erstens trug ich sehr selten Make-Up, und wenn, dann nur sehr dezent. Bei meiner hellen Haut wirkte jede Schminke wie eine unnatürliche Maske, weshalb ich eher darauf verzichtete. Meine langen schwarzen Haare waren glatt und wurden von mir meistens offen getragen. Auch bei meiner Kleidung brauchte ich mir in diesem Moment keine Gedanken über Farbkombinationen zu machen. Ich trug ja nur ein Hemdchen am Leib. Dieser konnte sich aber durchaus sehen lassen. Unnötige Fettpölsterchen waren auf den ersten Blick nicht zu entdecken, da ich sehr auf meine Ernährung achtete und regelmäßig Sport trieb. Ich war eine leidenschaftliche Joggerin, die ihren Körper gerne in hautenger Bekleidung zeigte. Dabei verzichtete ich häufig auf Unterwäsche, die ich beim Sporttreiben eher als unbequem empfand. Da meine Leggings meistens schwarz waren, konnte man zum Glück nicht viel erkennen. Meine Freundin Jana, die mich häufig beim Joggen begleitete, war da forscher in ihrer Farbauswahl. Ihre bunten, knalligen Farben verhüllten kaum ihre weiblichen Rundungen. Sie hatte mich schon mehrmals dazu aufgefordert, es ihr gleichzutun, da sie meinen Körper einfach perfekt dafür hielt.
Bei diesen Gedanken, die mich auch etwas stolz machten, beschloss ich, mir einen Ruck zu geben und trat vor den Spiegel. Da er bis zum Boden reichte, konnte ich gut meine ganze Erscheinung sehen. Zuerst schaute ich meinem Spiegelbild in die dunklen Augen. Es war jedes Mal ein seltsames Gefühl, sich selbst in die Pupillen zu schauen. Denn im Gegensatz zu einer fremden Person kannte man die intimsten Gedanken des Gegenübers und schaute durch ein Tor in seine Seele hinein. Ein leichtes Zittern durchströmte meinen Körper, denn auch die gespiegelten Augen drangen tief in mein Innerstes.
Ich mochte mein Gesicht, aus dem meine Stupsnase hervorstach. Meine langen Haare fielen über meine Schultern. Dann warf ich einen Blick auf meine unbekannte Bekleidung. Wow, was war das für ein Hauch von Nichts? So etwas hatte sich mit Sicherheit nicht in meinem Kleiderschrank befunden. Meine Lieblingsfarbe war, wie gesagt, schwarz, so dass viele meiner Sportbekleidungen diese Farbe besaßen. Der Vorteil davon war einfach der, dass man darunter die Unterwäsche weglassen konnte, ohne dass andere etwas erkennen konnten. Der Stoff des Nachthemdchens war alles andere als unauffällig. Er war hautfarben. Oder war er etwa transparent?
In diesem diffusen Licht ließ es sich nicht eindeutig sagen, aber ich konnte meine Brustwarzen durch den Stoff schimmern sehen. Sie hatten sich bei dem leichten Zittern aufgestellt und drückten nun von innen gegen den kühlen Stoff. Automatisch ließ ich einen Finger über sie kreisen und genoss die Berührung an dieser empfindlichen Stelle. Solche Zärtlichkeiten gaben mir immer ein Gefühl der Geborgenheit. Ein Gefühl, das mir in meiner beklemmenden Lage fehlte. Das Hemdchen reichte mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel, so dass mein Schoß davon eingehüllt wurde. Allerdings schimmerte der sorgsam gestutzte Haarstreifen über meinem Lustzentrum durch den zarten Stoff.
Was für ein erotischer Anblick. Viele Männer hätten jetzt mit ihrer Zunge geschnalzt. Es hätte bestimmt reger Blutaustausch zwischen ihrem oberen und unteren Gehirn stattgefunden. Ich aber ließ meinen Blick noch einmal über die Kurven gleiten. „A body shape like a rock guitar". Dieser Songtext von früher, als ich noch ein kreischender Teenager war, fiel mir in diesem Moment ein, und ich dankte dem lieben Herrn für dieses Geschenk.
Aber so selbstverliebt war ich nun auch nicht und konnte den Blick wieder von meinem Spiegelbild abwenden, das mich ebenfalls mit seinen Augen gemustert hatte. Andere Sorgen waren schließlich in diesem Moment wichtiger, die kurz in Vergessenheit geraten waren. Plötzlich erlosch wieder das Licht über mir und erinnerte mich an meine prekäre Lage. Gleichzeitig wurde es ein paar Meter weiter vorne heller. Ich konnte nun ein wenig weiter in den Gang hineinschauen. Die Perspektive änderte sich aber nicht, der nächste Abschnitt des Ganges glich dem vorherigen in fast allen Details. Außer, dass nun an der rechten Seite eine gläserne Tür zum Vorschein kam.
Brachte diese Tür nun etwas mehr Licht in meine Lage?
Fortsetzung mit Kapitel 1 Teil 4...