Du bist Allyster der Sehende.
Ihr holt die Pferde und wendet euch direkt dem Wald zu. Auf fast gerader Linie geht ihr vom Stall fort, damit euch dieser Deckung bietet, bis die Schatten des Waldes euch umschließen.
Ihr müsst nicht weit reiten. Die Nadelkrone über euch wird rasch dichter und sperrt alles Licht aus. Die Stämme uralter Tannen sind so dicht verwachsen, dass sie nahezu undurchdringliche Wände bilden. Oft ist zwischen den Bäumen nicht genug Platz für die Pferde, ganz abgesehen davon, dass die Äste euch auch nicht durchkommen lassen würden.
Da es so dunkel ist, irrt ihr hilflos durch das finstere Labyrinth.
Dann allerdings hörst du Bewegung vor euch. Du hältst an, Elred und Karja stoppen an deinen Seiten. Ihr könnt kaum eine Pferdelänge weit sehen. Alles, was weiter entfernt liegt, ist vor euren Blicken verborgen.
Du erschauderst im kühlen Wind. „Könnt ihr etwas erkennen?“
Karja und Elred schütteln die Köpfe. Elred zieht langsam den Bogen hervor, um einen Pfeil einzulegen.
„Dachtet ihr, ihr könntet euch vor den Abgaben drücken?“, kommt da eine grollende Stimme aus der Finsternis vor euch.
Du schrickst zusammen. Die Steuereintreiber haben euch hier draußen aufgelauert!
„Ich hätte echt mehr erwartet.“ Äste brechen unter schweren Schritten. Jemand kommt auf euch zu. „Jetzt ist es an der Zeit, dass ihr euch stellt.“
Du reißt Melréd herum. Noch halten sie euch offenbar für die Bauern, doch das wird sich ändern, wenn sie euch gegenüberstehen. So schnell du es wagst – was nur ein langsamer Trab ist, da du so wenig sehen kannst – fliehst du in den Wald hinein. Hinter euch werden Rufe laut. Es sind mehrere Steuereintreiber, die hier lauern.
Während ihr reitet, fluchst du in Gedanken. Natürlich warten sie hier. Die Flucht in den Wald ist der offensichtlichste Weg. Du hättest es eigentlich besser wissen müssen – aber das Eintreffen der Gruppe hat dich überrumpelt, vor allem so kurz nachdem ihr schon den Hof überfallen musstet.
Du hörst Bewegung auf allen Seiten. Blind orientiert ihr euch nach dem Gehör. Vor allem Elred scheint genau zu hören, wo die Lücken im Ring eurer Verfolger sind. Immer wieder treibt der Elf Coritas voran oder gibt euch ein Zeichen, eine andere Richtung einzuschlagen, worauf er mit euch in eine scharfe Kurve verfällt. Du vertraust seinem Urteil bedingungslos.
Endlich werden die Geräusche ein wenig leiser. Ihr gewinnt Abstand zu den Verfolgern. Seite an Seite trabt ihr durch den Forst und bückt euch gelegentlich unter Ästen hinweg, die ohne Vorwarnung aus der Dunkelheit kommen.
„Weiß noch einer, in welche Himmelsrichtung wir gerade reiten?“, fragst du. Zu wissen, wo ihr ungefähr aus dem Wald kommen werdet, wäre von Vorteil.
Doch deine Gefährten schütteln die Köpfe.
„Wir müssen bis zum Sonnenuntergang warten“, sagt Karja. „Ich kann nicht mal erkennen, wo die Sonne gerade steht, aber Auf- und Untergang müsste ich bestimmen können.“
Ehe ihr euch jedoch weiter mit dem Problem befassen könnt, werdet ihr durch ein Hornsignal unterbrochen. Dann erklingen hinter euch viele Rufe und das Bersten von Zweigen unter trampelnden Schritten.
„Die sind ja immer noch da!“, ruft Elred geradezu empört.
„Verdammte Scheiße. Reitet!“ Du schnalzt mit Melréds Zügeln, das Fohlen, Coritas und der Esel folgen. Ihr beugt euch dicht über die Hälse der Pferde, um den niedrigen Ästen zu entgehen, und versucht, im Dunkeln vor euch etwas zu erkennen. Die Pferde werden nur zögerlich schneller. Doch inzwischen sind sie alle gut trainiert, sodass sie sich auch dieser Gefahr stellen.
Ihr braucht solche Tiere, auf die ihr euch blind verlassen könnt. Andere Pferde hätten euch vielleicht abgeworfen.
Die Steuereintreiber lassen sich nicht so leicht abschütteln, obwohl sie nur zu Fuß unterwegs sind. Aber sie kennen den Wald, während ihr immer wieder an Stellen kommt, wo es kein Weiterkommen gibt. Dann müsst ihr an dichten Wänden aus lebenden Bäumen oder an moosbewachsenen Felswänden entlangreiten oder sogar umkehren. Der Lärm hinter euch kommt bedrohlich näher.
Du glaubst, noch ein anderes Geräusch zu hören. Eine Art Rauschen. Doch es wird von allem anderen übertönt – bis es zu spät ist. Eure galoppierenden Pferde sacken mit einem Mal ab. Ihr habt sie ins Nichts gejagt, über eine Klippe hinweg. Schrill wiehernd stürzen sie ab, wild mit den Hufen ausschlagend.
Dann prallst du seitlich auf Wasser und kannst dich nicht länger um die Pferde kümmern. Ihr seid in einen Fluss gefallen – das war das Rauschen, was du gehört hast. Die Fluten sind eisig kalt, sodass deine Glieder sofort taub werden. Es nimmt dir den Atem. Du schnappst nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen, schluckst aber vor allem Wasser. Die Pelze saugen sich sofort voll und ziehen dich nach unten. Du strampelst zwar mit aller Macht, aber deine Bewegungen sind ungelenk. Du zitterst vor Kälte unkontrolliert.
Längst hat dich die Strömung von deinen Gefährten getrennt. Du kannst nur vermuten, dass es ihnen in diesem eisigen Grab ähnlich ergeht wie dir. Es ist finster, selbst über dem breiten Fluss wachsen die Tannen so dicht, dass kein Licht zu dir dringen kann.
Du wirst die Sonne nie wiedersehen.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Allysters Teil der Geschichte zu erreichen, musst du dich am Stall verstecken.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!