Kapitel 17 Der Palast
Baltic und ich saßen in seinem Privatjet auf dem Flug nach Rabat, der Hauptstadt Marokkos. Der Sklavenmarkt sollte am darauffolgenden Tag stattfinden, doch die Teilnehmer waren verpflichtet, sich einen Tag zuvor einzufinden und ihre Quartiere zu beziehen. Meine innere Anspannung steigerte sich, je näher wir dem Flughafen kamen. Bilder kamen hoch von Anne und mir in dem kalten Verließ, von dem wilden Treiben auf dem Markt, wo wir beide wie Ware an den jeweils Höchstbietenden verkauft wurden. Es kam mir vor, als würde das alles schon eine halbe Ewigkeit zurückliegen, doch es war nicht mal ein Jahr seitdem vergangen. Als wir zum Landeanflug ansetzten, konnte ich den Palast sehen mit seinen hohen Mauern und Türmen. Die goldenen Kuppeldächer waren mit Figuren verziert und glänzten in der Sonne, sodass man regelrecht geblendet wurde. Ich versuchte, das Frauenlager zu erspähen, doch es wurde durch die hoch aufragenden Palastbauten abgeschirmt. In mir kam der Verdacht auf, dass sie es extra so eingerichtet haben: das Frauenlager im toten Winkel des Königspalastes, damit niemand bemerkt, von wo sich der stete Zustrom an Frauen speist, die im königlichen Harem landen und fortan als Dienerinnen und Sexsklavinnen ihr Dasein fristen wie in einem goldenen Käfig. Baltic bemerkte meine angestrengten Blicke durch das runde Fenster und wusste gleich, wonach ich suchte. „Du wirst das Frauenlager nicht sehen. Es wurde so gebaut, dass man es nicht ausspionieren kann! Wir müssten uns in einem Helikopter direkt über dem Palast befinden, um es sehen zu können.” Ich seufzte. Zwar hatte ich gehofft, dass ich von hier oben etwas sehen würde, doch auch wenn von hier aus der Blick auf das Lager möglich gewesen wäre, hätte man nur schemenhafte Umrisse erkennen können. So musste ich mich mit den Bildern aus meiner Erinnerung begnügen. Aus dem Cockpit vermeldete die Pilotin, dass wir nun zum Landeanflug ansetzen würden, und ich bereitete mich innerlich darauf vor, an den Ort zurückzukehren, der meine persönliche Hölle bedeutete. Baltic drückte zärtlich meine Hand, als er merkte, wie sich meine Nervosität von Minute zu Minute steigerte. Nach der Landung spürte ich, wie die Narbe an meinem linken Oberschenkel wieder zu brennen begann, das Sklavenmahl, das ich nie wieder loswerden würde. Sicherlich wäre es möglich, es operativ entfernen zu lassen, doch dann würde wohl eine noch größere Narbe dauerhaft bleiben. Und jedes Mal, wenn ich Bikini, Badeanzug oder Minirock trug, würde man sie sehen. Daher hatte ich mich damit abgefunden. Der Palast war größer und eindrucksvoller, als ich ihn in Erinnerung hatte. Da wir ihn nun von vorne durch das Prunktor betraten, erschien er mir noch luxuriöser als vor einem Jahr. Die Wände waren aus weißem Marmor, die Treppen mit rotem Teppich belegt. In regelmäßigen Abständen standen kleine, goldene Wasserspeier. Beim Blick aus den meterhohen Fenstern konnte man den Flugplatz unweit des Palastes erkennen, auf dem neben Baltics Privatjet noch etliche andere Flugzeuge aus Privatbesitz standen. In den weitläufigen Gängen und Hallen des Palastes waren unentwegt gut gekleidete Männer und Frauen in schicken, teuren Kleidern unterwegs. Sie kamen aus aller Herren Länder und ich staunte nicht schlecht, so viele Damen und Herren aus der High Society hier zu erblicken. Baltic trug einen edlen Frack mit Fliege und ich ein dazu passendes, prächtiges Abendkleid mit hohem Schlitz, das meine trainierte Figur äußerst vorteilhaft zur Geltung brachte. Als ich es zum ersten Mal anzog, um zu sehen, ob es mir stand, kam Baltic aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nun hakte er sich bei mir ein und wir stolzierten durch die langen, marmorgesäumten Gänge wie das Königspaar persönlich. Ein kleinwüchsiger Mann mit einem Sklavenmal mitten auf der Stirn trat zu uns heran und verbeugte sich tief, als wären wir König und Königin. Er war gerade so groß, wie der Vorderschlitz meines Abendkleids lang war. Ich sah den Kleinwüchsigen an und empfand Mitleid mit dem Mann. Wie konnte man jemanden so brandmarken? Wie sollte er je wieder in sein altes Leben zurückkehren, wo er das Brandmahl doch mitten auf der Stirn trug. Ich konnte mich glücklich schätzen, das Mal am Oberschenkel zu haben, auch wenn ich es natürlich für besser gehalten hätte, gar keines zu besitzen. Baltic bemerkte meine Anspannung und zog mich sanft an seinem Arm durch die Gänge. Wir folgten dem kleinwüchsigen Sklaven die Treppen hoch in Richtung Thronsaal. Die hohen Gänge und Säle waren gesäumt von bunten Fahnen, handgemachten Teppichen und prachtvollen Mosaiken an Decken und Böden. Goldene Kronleuchter mit Kristallen und Edelsteinen zeugten von unermesslichem Reichtum. Zahlreiche Gemälde von alten Meistern waren beleuchtet und zierten die Wände, in den Gängen standen Ritterrüstungen und gepanzerte Vitrinen mit seltenen Artefakten. Gerne hätte ich mir das eine oder andere genauer angesehen, doch Baltic zog mich stetig weiter durch die endlosen und verwinkelten Gänge der Palastanlage. Wir bogen um mehrere Ecken und stiegen geschwungene Treppenaufgänge empor. Überall herrschte reges Treiben und unzählige Sklaven wuselten herum. Man erkannte sie sofort an ihrem gesenkten Blick und der gebeugten Haltung. Es waren zwar überwiegend männliche Sklaven, doch ich erblickte auch ein paar Frauen in der typischen, landesüblichen Tracht, die mit Tabletts herumliefen und den internationalen Gästen Getränke und Gebäck reichten. Es musste ein ganzes Heer von Sklaven, Dienerinnen und Hostessen sein, die hier als Palastpersonal beschäftigt waren. Nach weiteren Minuten erreichten wir schließlich das Ziel: unser Palastquartier, das wir während der Markttage bezogen. Der kleinwüchsige Sklave hatte seine liebe Mühe, die hohe und schwere, zweiflügelige Zimmertür für uns zu öffnen. Wir traten ein und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das war kein Zimmer, das war eine Luxus-Suite. Das riesige Himmelbett war mit weißem Leinen bezogen, auf dem sich ein mit Goldfäden gesticktes Muster befand. Die Suite war mit edlen Echtholzmöbeln ausgestattet, die mit orientalischen Mustern verziert waren. Auf der massiven Kommode standen wundervolle Vasen aus chinesischem Porzellan, auf dem gläsernen Couchtisch glitzerten edelsteinbesetzte Kristallschalen. Der Teppich wartete mit kunstvollen, orientalischen Mustern auf und rundete das gesamte Interieur stilecht und geschmackvoll ab. Baltic redete noch ein paar Minuten mit dem Palastsklaven, doch ich bekam nichts davon mit, so fasziniert war ich von dieser exotischen Pracht. Weitere Palastdiener traten ein und stellten unser umfangreiches Gepäck ab. Zwei morgenländisch gekleidete Dienerinnen bestückten die Kristallschalen mit frischem Obst und stellten einen Bleikristallkrug mit frischem Mineralwasser auf den Tisch. Wie auf ein Zeichen hin verschwanden plötzlich alle auf einmal und ich war mit Baltic allein.
„Geht es dir gut?”, fragte Baltic und nahm mich in den Arm. Er musste gespürt haben, dass ich am ganzen Körper zitterte. „Es wird schon wieder!”, sagte ich und entzog mich seiner Umarmung, um mich um die vielen Koffer und Taschen zu
kümmern, die eine regelrechte Dienerschar uns hinterhergetragen hatte. Ich begann mit dem Auspacken, als Baltic sagte: „Kätzchen, du wolltest mitkommen.