Der Tag verging und als Miriam immer noch nicht daheim war, rief Lan sie an. Sie teilte ihm mit, dass ein Notfall eingetroffen war und sie mit Papa länger blieb. Lan legte auf und atmete tief ein, doch dann grinste er.
»Hunger auf Pizza?«, fragte er und der Dark Servant blickte ihn fragend an.
»Pizza?«
»Ja, ich will mir Pizza liefern lassen!«
»Warum?«
»Weil ich hunger habe und Mama heute später heimkommt und ich echt keine Lust habe, rüber zu gehen, um zu schauen, was im Kühlschrank oder in der Tiefkühltruhe noch drin ist, und außerdem Beverly mir jedes Mal das Kochen überlässt, deshalb!«
»Geh doch in die Schlossküche. Die Backen dir auch eine Pizza, sogar nach Wunsch!«, gab der Dark Servant zur Antwort. »Und ich sage dir, sie schmeckt sogar besser, als was du an Pizzas je gegessen hast.«
»Hast du Pizza gesagt!«, stürmte Beverly ins Zimmer und grinste. »Mom ist noch nicht da und ... und ich ...«
»Wolltest zu mir und mich dazu bringen, dir etwas zu kochen, weil du ja so einen anstrengenden Tag gehabt hast ... und das am Wochenende!«
»Ähm nein, so ist das nicht ...«, sagte sie verlegen, denn es war genauso, wie Lan es gesagt hatte.
***
Kurz darauf waren Beverly und Lan auf den Weg in die Schlossküche. Beverly ging voraus und Lan wunderte sich nicht einmal darüber, dass sie den Weg bereits kannte. Wie oft, war sie schon in die Küche gegangen, weil sie viel zu spät nach Hause kam und ihre Eltern schon schliefen und sie sie nicht wecken wollte oder einfach zu faul war, ihre eigene Küche zu benutzen, um sich selbst was zu kochen.
Dort angekommen wurde sie ... oh wie überraschend, herzlich begrüßt. Es dauerte auch nicht lange und eine Köchin nahm sich den Pizzas an.
Beverly hatte Lan einfach mitgezogen und sie saßen nun an einem Tisch in einer Ecke, um nicht im Weg zu stehen. Lan schaute sich in der Küche um. Sie war riesig. Er schätzte sogar, dass die Küche größer war, als der Bodengrundriss des Siedlungshauses und es herrschte ein geordnetes Durcheinander. Bei sieben oder acht Köchen und Köchinnen hatte er aufgehört zu zählen. Dazu kamen noch diverse Hilfsarbeiter und Leute, die auf die Vorspeisen und Nachspeisen spezialisiert waren.
»Bevy ... meine Liebe, wollt ihr hier essen oder die Pizza mitnehmen?«, fragte die Köchin, die die Pizzas backte. Beverly blickte fragend zu Lan und er war leicht überfordert.
»Wir essen hier!«, gab sie zur Antwort und kicherte. »Es ist schön hier, gell?«, grinste Beverly ihren Bruder an und Lan nickte. »Auch wenn es hier wie auf dem Stachus zugeht, hast du deine Ruhe und jeder ist lieb und zuvorkommend. Hier ist es wirklich viel schöner als im Restaurant.«
»Das ist schön zu hören, meine Liebe, aber in den nächsten Tagen, werden wir keine Zeit haben ...!«, fing die Köchin zu reden an.
»Warum? Ist etwas passiert?«, fragte Beverly besorgt, weil die Köchin einen ernsten Gesichtsausdruck hatte.
»Nein, nichts ist passiert, aber es werden viele Adelshäuser hier ankommen und deshalb werden wir auch keine Zeit für dich haben. Wir haben dann alle Hände voll zu tun! Außerdem wäre es angebracht, wenn ihr in diesen Tagen in eurem Flügel bleibt. Es gibt immer welche, die auf Ärger aus sind und euch noch nicht kennen und ...«
»Ahh verstehe!«, sagte Beverly und ihr Blick wurde traurig. Lan hingegen schüttelte den Kopf. »Typisch Beverly, sie trauert dem Essen hinterher!«, dachte er, doch was er dann hörte, verschlug ihm die Sprache.
»Okay, dann werde ich das, was du mir gesagt hast, in meiner Küche weiterprobieren!«
»Was probieren?«, fragte Lan verwirrt.
»Beverly lernt kochen. Sie kann schon kochen, aber sie will besser werden!«, gab die Köchin zur Antwort und Lan flog aus allen Wolken.
»Kochen?«
»Ja!«, grinste Beverly. »Und Narla war mal Lehrerin an einer Kochschule und sie hat schon lange ihren Meister und ... sie ist einfach fantastisch, wie das zack, zack, zack und wie viele Rezepte sie im Kopf hat und ...« So enthusiastisch hatte er seine Schwester noch nie gesehen und er musste grinsen.
»So meine Lieben, hier ist eure Pizza. Ich wünsche euch einen guten Appetit«, sagte Narla und die beiden bedankten sich.
»WOW!!! Ist die köstlich!«, mampfte Lan, als er den ersten Bissen im Mund hatte.
»Gell!«
***
Kurz zuvor, bevor Beverly und Lan durch die automatische Schiebetür in die Küche gingen, stand Franziskus in einer offenen Lounge an einem Fenster und telefonierte. Wie seit Tagen kam er bei Beverly nicht durch, was eins bedeutete, sie hatte ihn blockiert, aber das wollte er nicht wahrhaben. Er dachte immer noch, dass sie vergessen hätte den Akku aufzuladen, doch dann, roch er ihr Parfum und drehte sich in diese Richtung. Er sah sie, wie sie mit einem anderen Mann, Richtung Küche ging und ging ihr plötzlich hinterher.
Er wusste nicht, was es war, denn so etwas hatte er noch nie gespürt. Dieser Mann, der neben Beverly lief, dieser Nebenbuhler ... das konnte er so nicht stehen lassen und bevor er diese beiden erreicht hatte, stand plötzlich ein Soldat der Bruderschaft vor ihm.
»Geh mir aus dem Weg!«, rief Franziskus, doch der Soldat bewegte sich nicht von der Seite.
»Mit Verlaub, Ihr dürft diesen Bereich des Schlosses nicht betreten!«
»Seit wann? Das ist die Lounge. Hier darf sich jeder aufhalten!«
»Sicher, aber ab hier ist gesperrtes Gebiet!«, sagte der Soldat unbeeindruckt.
»Das ist doch ein Witz! Dieser Bereich war immer offen!«
»Mag schon sein, aber jetzt ist er für Außenstehende gesperrt. Nur Küchen- und Schlosspersonal hat Zutritt!«
Franziskus konnte dagegen nichts tun. Das waren Schlossregeln und wenn sie nun neu waren, so musste er sich fügen. Da der Bereich um die Küche herum gesperrt war, musste wohl mal was passiert sein, so dachte er und drehte sich um. Dennoch kam es ihm spanisch vor. Gestern sah er Beverly in ihrem Seat und heute lief sie in normaler Freizeitkleidung, die er selbst kannte in die Schlossküche. Da ging auf jeden Fall was vor.
Der Soldat atmete tief ein, als der Herzogsohn außer Sichtweite war.
»Das ging noch mal gut!«, dachte er und gab den Zwischenfall durch.
»Ich mach das schon! Sie sind gerade reingekommen«, gab Narla durch ihr Headset und widmete sich den beiden Neuankömmlinge. Beverly und Lan und versuchte durch Umwegen zu erklären, sich nicht blicken zu lassen.
In etwa zur gleichen Zeit wurde der Dark Servant zum König gerufen. Diesmal kam ein Butler, der ihn abholte, und waren auf dem Weg zum Arbeitszimmer.
Da er so gerufen wurde, war es nicht sehr dringend und der Butler verabschiedete sich, als sie vor dem Sekretariat ankamen.
»Toll!«, dachte der Dark Servant, nichts Umständlicheres als sich anzumelden, und betrat, ohne anzuklopfen, das Sekretariat. Der Sekretär war wohl dabei Feierabend zu machen und blickte hoch.
»Ihr wünscht!«, fragte er und der Dark Servant schüttelte verdrossen den Kopf. Was würde er wohl wollen, wenn er so erscheint? Es gab immer nur eins, der König wollte ihn sprechen.
»Der König lässt mich rufen!«, war alles, was er sagte und der Sekretär hob den Hörer an sein Ohr.
»Ihr könnt reingehen, eure Majestät erwartet Euch!«
»War ja klar!«, dachte er sich, aber es war immer noch besser, als zwangsteleportiert zu werden, und betrat das Arbeitszimmer. Und wie immer ging er vor dem Schreibtisch in die Knie. Wie lästig das immer war.
»Schön das du Zeit gefunden hast!«, sagte der König.
»Spart Euch das!«, gab er nur zur Antwort.
»Wie ich sehe, hat sich Lans Zeitlimit verlängert. Wie lange schätzt du ein?«, fragte er.
»Woher soll ich das wissen?«
»Ich will eine Antwort und keine lapidare Gegenfrage!«, sagte der König scharf und schon zuckte der Dark Servant auf.
»Es ist so, wie ich es gesagt habe. Ich weiß es nicht!«
»Wirklich? Oder hast du meine Frage nicht richtig verstanden. Ich denke nämlich, dass du zu einem Ergebnis gekommen bist und das will ich wissen!«, sagte er und der Dark Servant blickte zu ihm. »Na sag ich doch! Also noch einmal. Wie lange SCHÄTZT du Lans Zeitlimit jetzt ein?«
»Tzz ... Wenn man nach Lans prozentualen Vampiranteil geht, könnte es sein, dass er wie vorher kein Zeitlimit mehr hat, aber es könnte auch sein, dass es sich wie bei einem Jungvampir verhält.«
»Verstehe!«, sagte der König, stand vom Stuhl auf und blickte durch das Fenster zum Nachthimmel. Der Dark Servant folgte ihm mit seinem Blick und der König drehte sich um. »In ein paar Tagen geht die Familie Talfon zum Turnier ihres Sohnes. Du wirst sie nicht begleiten!«, sagte er und ihre Blicke trafen sich. Die Augen von Dark Servant glühten rot auf und der König lächelte etwas. »Allerdings wirst du sie beschatten und deinen Gefährten so im Auge behalten, und zwar so, dass er dich nicht bemerkt. Er ist ein Empath, der bereits auf Level 4 steht, aber seine Fähigkeit noch nicht richtig einsetzen kann. Level 4 Empathen können einen Umkreis von 8 bis 10 Kilometer in ihrem Radar einspannen.«
»Das ist sogar für mich zu weit. Mein Sonar kann ich maximal bis zu 5 Kilometer ausdehnen.«
»Das ist mir klar, aber hast du nicht jemanden an der Akademie und außerdem, wird die kleine Familie von der Bruderschaft noch mit geschützt. Deine Missionsaufgabe beträgt darin, deinen Gefährten zu beobachten, wie er sich verhält, wenn er von dir getrennt ist, und 10 Kilometer sind für dich nichts!«
»Was soll das Ganze überhaupt?«
»Seit wann darfst du deine Missionen infrage stellen? Und überhaupt, warum fragst du, wenn du es eh schon weißt. Dark Servant! Aber diesmal will ich nicht so sein und gebe dir die Antwort, um deinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Weil du mein Sklave bist und ich nicht länger auf dich verzichten kann. Es wird Zeit, dass du deinen Platz als Dark Servant wieder voll und ganz aufnimmst! Verstanden?«
Der Dark Servant sank seinen Kopf und antwortete: »Ja mein Gebieter!« Kurz verzog er seine Lippen zu einem Strich. Das war´s dann wohl mit der ›Freiheit‹.