Als Cavon nach dem Gespräch mit dem Direktor zurück ins Zimmer kam und sich kurz mit seinem Werwolffreund unterhalten hatte, ging dieser und verließ die Akademie. Aber blieb noch innerhalb des Grundstückes und rief seinen Bruder an.
»Hey Egan!«, wurde er auch gleich begrüßt. »Wie gehts dir? Ist etwas passiert?«
»Alles in Ordnung Lorcc. Warum ich anrufe, du hast doch gesagt, das ich Cavon Talfon vermehrt im Auge behalten soll und wenn was Ungewöhnliches passieren sollte, ich dich anrufen soll!«
»Ja, das habe ich gesagt und ist was Ungewöhnliches passiert?«
»Eigentlich nein, aber komisch ist es schon!«
»Dann mal raus mit der Sprache!«
»Nun Cav wurde vorhin zum Direktor gerufen und Kadette werden nie zum Direktor gerufen. Alles Wichtige wird immer von den Lehrern mitgeteilt!«
»Und was ist daran so ungewöhnlich oder komisch?«, fragte Lorcc seinen kleinen Bruder.
»Komisch ist es, weil, wenn ein Kadett zum Direktor gerufen wird, er diese Akademie umgehend verlassen muss, und Cav kam zurück und als ich ihn fragte, was los sei und warum er zum Direktor gerufen wurde, er nur mit ›Geheimnis‹ geantwortet hatte!«
»Nun so, wie du es schilderst, ist es wirklich ungewöhnlich. Beobachte ihn weiter und halte mich auf dem Laufenden, okay?«
»Okay ... ach kommst du zum Turnier?«
»Darauf kannst du einen Farn lassen! Ich will doch meinem kleinen Bruder zuschauen!«
»Dann bis morgen!«
»Jou!«
***
Lan hatte mit seiner Familie inzwischen ihre Plätze auf der Tribüne eingenommen und warteten, bis es losging.
»Ich bin schon richtig gespannt!«, freute sich Miriam und rutschte auf ihrem Sitz hin und her. Der Vater, der sich es nicht nehmen ließ, hatte sich ein Hotdog vom Footstand gekauft. Beverly die seit sie den Hinweis von Lan bekommen hatte, dass der Vize-Hauptmann Ian Bhrem Interesse an ihr hegte, blickte sich ständig nach ihm um. Aber er blieb irgendwie unsichtbar und Lan studierte den Flyer.
»Die Vorrunde – Cav ist im dritten Jahr ... hmm es sind jeweils vier Einzelkämpfe pro Jahrgang, also ... ah da steht er ja und er ist erst als Elftes dran. Also als dritter in seinem Jahrgang ...«, las Lan.
In den letzten beiden Jahren, seit Cav auf der Akademie war, gab es kein Turner von dem ersten -und zweiten Jahrgängen. Es wurde nur ein Gesamtturnier von den dritten bis zu den fünften Jahrgängen abgehalten. Dieses Jahr hatten sie die Regeln geändert, weil viele Eltern der Erstklässer, die bereitst, das Niveau erreicht hatten, was erforderlich war, beschwert hatten, warum ihre Kinder nicht teilnehmen durften. Wie sollte es auch sein, waren es Adlige, die sich haushoch beschwert hatten. Sicher die Erst- und Zweitklässler besaßen vielleicht das Niveau, aber noch nicht das Verständnis für einen Kampf.
Der Direktor, der in sein Büro saß, atmete tief ein. Wie gerne würde er das Turnier mit beiwohnen, aber leider, besaß er die mentale Stärke noch nicht, um das Sonnenritual durchzuführen. Er war immer noch ein ›jung‹ und das würde auch noch sehr lange so bleiben. Er zählte kaum 250 Lebensjahre und es klopfte an seiner Tür.
»Herein!«, rief er und Ian betrat das Büro.
»Eure Hoheit!«, begrüßte er ihn und klopfte mit der Faust auf seine Brust. »Mit Verlaub, die Familie Talfon haben ihre Plätze eingenommen!«
»Gab es Schwierigkeiten?«
»Nein!«
»Halten Sie mich weiter auf dem Laufenden!«
»Jawohl!«, sagte Ian und ging wieder.
»Ralf, Miriam, Beverly, Cavon und Phelan Talfon. Eine stinknormale bürgerliche Familie und doch haben sie das Interesse von Vater erlangt. Im Normalfall würde er sich nicht einmal nach ihnen umsehen und doch ... was hat diese Familie nur? Ralf und Miriam Talfon, haben nichts vorzuweisen. Beverly Talfon ebenfalls nicht. Cavon Talfon, Kadett im dritten Jahr, seine Leistungen sind vielversprechend, dennoch nicht hervorragend und Phelan Talfon, seine Fähigkeiten sind jetzt schon auf einem hohen Niveau, dennoch nicht ausschlaggebend, damit Vater die ganze Familie unter seinem persönlichen Schutz stellt. Hat es vielleicht mit Dark Servant zu tun? Damit er ihn besser kontrollieren kann? Nein, das glaube ich nicht. Vater würde nie zu solchen Mitteln greifen. Außerdem ist der Aufwand viel zu groß, weil schon Eindrittel der Bruderschaft für den Schutz abgestellt worden ist. Also was ist es dann? Es muss etwas sehr Bedeutsames und Wichtiges sein, dass Vater mich es nicht wissen lässt.«
***
»Beverly ... seit heute früh bin ich mir sicher ... du bist es ... dieses Gefühl ... dieses Brennen in meiner Brust ... und dann diese Wut, die plötzlich da war ... ja du bist MEIN. Du bist meine Gefährtin!« Dieser Gedanken hing in seinem Kopf und ließ Ian nicht mehr los.
Schon beim ersten Mal, als er Beverly sah, war es um ihn geschehen, aber er hatte es nicht richtig registriert, denn er hatte sich schon oft Hals über Kopf in jemanden verliebt, doch diesmal war es intensiver und um dieses Brennen aus seinem Herzen zu bekommen, hatte er sich in seine Arbeit gestürzt, aber es brachte nichts. Immer wieder huschte ihr Gesicht durch seinen Verstand, tagsüber und nachts. Manchmal hielt er sich schon für verrückt und er hatte in keiner Weise daran gedacht, dass es eventuell das Gefährtenband sein könnte. Auch verfiel er nicht den Wahnsinn und nun konnte er es sich so erklären, dass es daran lag weil er jeden Tag mit dieser Familie, auf irgendeiner Weise zu tun hatte und Beverly immer in seiner Nähe war. Als ihm das plötzlich so klar wurde, stellte er sich die Frage, warum sie auf das Gefährtenband keine Reaktion zeigte oder gezeigt hatte und er konnte es sich nur so erklären, dass es mit Franziskus Manipulationsfähigkeit zu tun hatte, und schon wuchs in ihm wieder diese Wut. Er musste sich kontrollieren, sich beruhigen und komischer weise, wollte er jetzt gerade, jede Tür, die er sah, eintreten. Nein, er wollte diesem verlogenen und verzogenen Herzogsohn den Hals umdrehen, die Rippen quetschen und das Herz mit seinen bloßen Händen rausreißen. Und vor allem, wollte er ihn die Antwort rausprügeln, warum er sie manipuliert hatte. Aus welchem Grund?
Er kam an dem Eingang der Tribüne an, der sich unweit bei den Talfons befand und lehnte sich an die Wand. Kurz schloss er seine Augen und atmete tief durch. Er musste sich beruhigen.
Doch das konnte er nicht, allein der Gedanken daran, dass dieser, dieser ... ihm vielen viele Wörter ein, mit denen er ab jetzt Franziskus bezeichnete, und das waren keine schöne.
Lan beobachtete den ersten Kampf und es war das erste Mal, das er sah, wie magische Fähigkeiten benutzt wurden. Es war ganz anders, wie im Fernsehen. Sicher versuchten die Techniker, es so realsnah wie möglich zu machen, aber sie kamen bei Weitem nicht hin. Und der erste Kampf entschied die gegnerische Akademie.
»Nun ist ja klar, dass sie weiterkommt ...«, mampfte Ralf, der sich wohl schon wieder ein Hotdog gekauft hatte. »Sie ist eine Waldelfe und im Kampf bereits erprobt. Während unsere Erstklässlerin, eine pure Anfängerin ist und zudem ein Mensch!«
»Aber ist die Aufstellung dann nicht etwas unverschämt?«, fragte Miriam und Ralf schüttelte den Kopf.
»Nein warum? Beide Gegner sind Erstklässler.«
»Ich finde es trotzdem nicht schön!«
»Mama das kannst du nehmen, wie du willst, wenn unsere ausgewählt wurde, an dem Wettkampf teilzunehmen, dann muss sie gut genug dafür sein!«
Den zweiten Kampf entschieden den Gegner für sich und den dritten.
»Also jetzt, wenn alle unsere Schüler so schlecht sind, dann sehe ich schwarz!«, sagte Miriam.
»Mama es ist ein Wettkampf zwischen zwei Akademien, da zählen nicht die Punkte des Einzelnen, sondern die Gesamtpunktzahl. Alle Punkte werden zusammengezählt und eigentlich kommt es nicht darauf an, ob jemand verliert oder gewinnt. Das denke ich, hat die andere Akademie nicht verstanden!«, sagte Lan.
»Wie kommst du darauf?«, fragte Miriam und Lan hob den Flyer.
»Steht drin!«
»Zeig mal ... ja du hast recht, aber für den Sieg werden trotzdem Punkte vergeben.«
»Schon aber was bringt dir das, wenn du zum Beispiel, nur zwei Punkte während des Kampfes gemacht hast, siegst und dafür noch weitere drei Punkte bekommst, aber dein Gegner während des Kampfes sechs, und verliert, wer gewinnt dieses Match dann? In diesem Wettkampf steht der Sieg nicht im Vordergrund, sondern das Können«, sagte Lan und jemand der das Gespräch mit angehört hatte, grinste herablassend.
»Was suchen solche Hinterweltler hier im VIP-Bereich? Vom Adel sind sie nicht und wenn ja, dann mittellose und ohne Bedeutung und außerdem ist Sieg alles! Im Krieg ist der Sieg das Entscheidendste, nicht das Können.«