Du bist Karja Sturmvogel.
Schweigend gehst du an dem Fischer vorbei. Du versuchst, dir deine Angst nicht anmerken zu lassen, während du zu dem Floß gehst. Allyster und Elred folgen dir, ansonsten ist es nahezu totenstill. Nur ein paar Krähen schreien über dem Wasser, vermutlich hoffen sie auf Fischreste.
Der Fischer ruft euch etwas nach. Du verstehst kein Wort, aber du vermutet, dass er auf einer Antwort beharrt. Mit festen Schritten – jedenfalls hoffst du, dass sie fest wirken – gehst du weiter. Der Drang, zu rennen, lässt dich ins Straucheln geraten.
Jetzt werden auch einige weitere Fischer auf euch aufmerksam, weil euch der eine nun hinterherbrüllt. Was will er bloß?
Die anderen Fischer stehen auf und kommen näher. Du schluckst, als du merkst, wie ihr umzingelt werdet.
„Hey!“, ruft der Fischer hinter euch jetzt in der Gemeinsprache. „Wer seid ihr?“
Du drehst dich langsam zu ihm um. „Wir sind, ähh … wir sollen helfen …“ Du kannst keinen klaren Gedanken fassen. Allyster und Elred werfen dir schnelle, nervöse Blicke zu. Die beiden hoffen sichtlich, dass du weißt, was du tust.
Aber, scheiße, das weißt du nicht!
„Bleibt mal schön da stehen!“, verlangt der Fischer jetzt. „Wem genau sollt ihr helfen?“
Du siehst, wie Langfinger einen Blick auf diesen Auflauf wirft und die Flucht ergreift. Inzwischen seid ihr völlig eingekreist, eine gute Antwort könnt ihr den Fischern nicht liefern. Elred verlangsamt eure Zeitwahrnehmung, doch das bewirkt nur, dass die auf euch einstürmenden Fragen zu einem unverständlichen Stimmengewirr verschwimmen.
Es dauert nicht lange, dann tauchen Wachen mit den Runen der Bären auf. Die Fischer tragen allesamt Karpfensymbole an ihrer Kleidung, doch die Bärenkrieger sind überall in der Stadt postiert. Ihr werdet von je zwei Personen flankiert. Sie ergreifen eure Arme und tasten euch sofort routiniert ab, insbesondere die Hosentaschen und den Hals.
Die Krieger stutzen, als sie dabei bei Elred und Allyster jeweils eine Steinkette finden. Aufgeregt zeigen die Burschen diese dem Anführer des Trupps, worauf sich die Griffe um eure Arme verstärken.
„Abführen!“, befiehlt der Anführer seinen Leuten. Ihr werdet unsanft durch die Straßen gezerrt und kommt in ein Steingebäude, das eher unspektakulär mitten zwischen den Wohnhäusern steht. Hier müsst ihr in einer steinernen Zelle warten, während draußen der Morgen in den Mittag, dann den Abend übergeht.
Langfinger taucht nicht auf, um euch zu helfen. Nicht, dass du dir da besonders viel Hoffnung gemacht hattest. Doch anders könnt ihr nicht aus der Zelle fliehen.
Irgendwann, als es dunkel wird, versammelt sich eine Menge vor dem Gefängnis. Ihr wurdet nur einmal durchsucht, wobei euch alle Waffen und auch das Gold abgenommen wurde. Nahrung habt ihr nicht bekommen, sodass ihr erst hofft, dass es jetzt so weit ist, als ein Soldat zu eurer Zelle kommt. Er öffnet, doch sechs weitere Krieger tauchen hinter ihm auf.
„Oh Mist“, murmelt Elred, ehe ihr auch schon aus den Zellen gezerrt werdet.
Es geht vor das Gefängnis, wo du einen hölzernen Aufbau siehst. Zwei Pfähle befinden sich an den Seiten der erhöhten Bühne, um die dicke Seile geschlungen sind. Die Wikinger treiben den sich sträubenden Elred mit Fausthieben hinauf, die Menge johlt. Du spürst, wie dir vor Angst schlecht wird, als der Elf mit den Händen an die Pfähle gebunden wird. Nun ist er in eine kniende Position gezwungen, die Arme von sich gestreckt. Die Wikinger reißen ihm die gestohlenen Pelze vom Oberkörper.
„Was tun sie da? Karja?“
Du kannst Allyster nicht antworten. Gerade tritt einer der Hünen vor, eine rostige Klinge in den Händen. Im Fackelschein schimmert das Metall finster. Die Zuschauer brüllen und jubeln, als der Mann das Messer hebt. Dann schneidet er in Elreds Rücken.
Der Elf schreit vor Schmerz auf. Er wirft sich in die Fesseln, doch er kann sich kaum bewegen. Von deiner Position aus kannst du sein Gesicht nicht sehen, dafür aber, wie der Folterknecht ihm die Haut von den Rippen schält. Blut fließt über Elreds Hintern auf die Erde. Neben dir stößt Allyster glucksende Laute aus, während er darum kämpft, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten.
Die Schreie des Elfs werden schwächer. Der Hüne lässt das Messer sinken und beugt sich über ihn. Krachend – und mit bloß einem Handgriff – bricht er ihm mehrere Rippen, was Elred nur noch mit Wimmern quittieren kann. Ein Geräusch, das du über die Laute des Publikums kaum hören kannst.
Der Folterknecht greift an Elreds Rippen vorbei und zieht etwas Fleischiges hervor, eine dunkle Masse, die du im Fackelschein flattern siehst. Die beiden Säcke bewegen sich mit jedem von Elreds gequälten Geräuschen.
Es sind seine Lungen. Du kannst noch mehr erkennen. Den Darm, die zuckenden Enden durchtrennter Muskeln, das bebende Herz in seinem geborstenen Käfig. Die Bewegungen im Inneren des Elfen ersterben. Der Hüne legt ihm die Lungenflügel über die Schultern und tritt dann zurück. Elreds Kopf fällt zwischen seinen Schultern nach vorne. Das Blut fließt aus seinem Körper, nicht länger in pulsierenden Strömen, sondern ganz ruhig.
Dir ist furchtbar schlecht. So sollte man das Innenleben eines lebenden Wesens nicht sehen können, niemals! In deinen Ohren klingelt es, das Geschrei der Zuschauer wird übertönt.
Dann deutet der Hüne mit seinen blutigen Händen auf dich. Die Wachen stoßen dich vorwärts, die Treppe hinauf.
Du sollst die nächste sein.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Karjas Teil der Geschichte zu erreichen, musst du den Fischer grüßen.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!