"Talfan Desidero von Vascagni - komm her!"
Die zornige Stimme meines Vaters klingt durch das halbe Anwesen bis hinaus in den Hof, in dem ich mich versteckt halte. Er hat mich bei meinem vollen Namen gerufen, jetzt habe ich keine Wahl mehr.
Ich beiße die Zähne zusammen, stehe auf und recke mich zu meiner vollen Größe, was mit acht Jahren zugegebenermaßen immer noch nicht allzu viel ist. Entschlossen betrete ich das Hauptgebäude durch seine einladend aussehende, offene Doppeltür - auf mich wirkt sie eher wie das geöffnete Maul eines Ungeheuers. Innerlich wappne ich mich für das, was mir blüht. Es wird wieder wehtun, und ich darf es mir keinesfalls anmerken lassen.
Tief atme ich durch und gehe ohne Hast und, besonders wichtig, ohne Furcht in den Augen auf meinen Vater zu, dessen ungeduldige Augen zornige Funken zu versprühen scheinen.
"Hier bin ich!" Ich bemühe mich, meine Stimme so hart klingen zu lassen wie die der Vasallen, die für uns in den Kampf ziehen.
Der bedrohlich aussehende Rohrstock liegt bereits in seiner kräftigen Hand, deren Knöchel vor Wut weiß hervortreten. Es ist schon wieder ein neuer Stock, wieder an meine größer werdende Gestalt angepasst: schwer genug, um möglichst wehzutun, aber nicht so schwer, dass meine Knochen brechen werden.
‘Ihr Götter, steht mir bei!’ Mit emotionsloser Miene sende ich ein kurzes Stoßgebet an alle Zwölfe - außer Boron, das ist mir dann doch ein wenig zu riskant - und stelle mich gehorsam an die Wand, auf die mein Vater mit seiner bebenden Linken weist, ziehe das Hemd aus, damit es keinen Schaden nimmt. Meine Hände zittern nicht, als ich sie in Erwartung der Prügel an der Wand abstütze. ‘Nicht zucken!’, ermahne ich mich, meiner bisherigen Erfahrungen gedenkend, ‘Sonst wird es noch viel, viel schlimmer’. Ich warte angespannt.
"Du weißt, dass du dich nicht mit diesen nichtsnutzigen Kindern herumtreiben darfst!", zischt mein Vater zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. "Sie sind vom gemeinen Volk! Du musst endlich lernen, was es heißt, zu dieser Familia zu gehören! Sie sind deiner Aufmerksamkeit nicht würdig!" Die letzten Worte schreit er fast, dann lässt er den Stock auf mich niedersausen.
Ich unterdrücke ein gepeinigtes Stöhnen - er zielt genau auf die Knochen, wie immer. Maximaler Schmerz, minimale äußere Spuren, sodass offene Wunden nicht verraten können, dass ich mich mal wieder nicht richtig verhalten hatte.
Der Schmerz explodiert wieder und wieder auf meinem ungeschützten Rücken und erzeugt unwillkommene Tränen in meinen Augen, die mir über das Gesicht laufen, aber ich bleibe standhaft und lasse die Schläge wie üblich über mich ergehen, bis ich den Stock fallen und meinen Vater den Raum verlassen höre. Er sieht nie zurück; er will sich die Schmach meines Anblicks stets ersparen.
Leise stöhnend lasse ich mich an der Wand zu Boden gleiten, beiße die Zähne zusammen und trockne beschämt mein Gesicht. Sobald ich ein wenig Kraft geschöpft habe, hole ich vorsichtig, aber tief Atem, um die Folgen meines Fehlverhaltens aufzuspüren, bevor ich ihn entschlossen wieder ausstoße. Ich werde es lernen, verspreche ich mir. Ich werde mich als würdig erweisen, den Familiennamen fortzuführen, so hart die Lektionen auch sind! Meine Fehler werden zwar immer seltener, aber die Strafe für begangene Verstöße gegen die Etikette oder seine anderen Erwartungen werden auch immer härter.